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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_181/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 28. Juni 2016  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Näf. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ SA, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Grass, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Leitender Oberstaatsanwalt, An der Aa 4, 6300 Zug, 
2. X.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Betrug, Konkursdelikte), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, I. Beschwerdeabteilung, vom 13. Januar 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die A.________ SA erstattete am 16. Oktober 2013 bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland gegen X.________ in dessen Eigenschaft als Verwaltungsrat der B.________ AG (B.________) Strafanzeige und Strafantrag wegen Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Diese Widerhandlungen soll X.________ dadurch begangen haben, dass er eine von der A.________ SA seit Jahrzehnten im Markt eingeführte Kondensmilchtube im äusseren Erscheinungsbild nachgeahmt und dadurch versucht habe, sich mittels Verwechslung mit einer eigenen, in Polen produzierten Kondensmilch einen Markteintritt in der Schweiz zu verschaffen. Am 3. März 2015 schlossen die A.________ SA und die B.________ vor dem Handelsgericht des Kantons Bern eine Vereinbarung ab. Darin verpflichtete sich die B.________, der A.________ SA den Betrag von CHF 15'000.-- zu bezahlen. Die A.________ SA ihrerseits verpflichtete sich zum Rückzug des Strafantrags. Am 28. April 2015 wurde über die B.________ der Konkurs eröffnet. 
 
Mit Eingabe vom 6. Oktober 2015 erstattete die A.________ SA gegen X.________ bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug Strafklage. Sie verlangte die Eröffnung einer Strafuntersuchung gegen X.________ wegen Konkursdelikten gemäss Art. 163 ff. StGB zu ihrem Nachteil und zum Nachteil der Gläubigergemeinschaft im Konkursverfahren der B.________ sowie wegen Prozessbetrugs zu ihrem Nachteil. 
 
B.  
 
B.a. Mit Verfügung vom 30. Oktober 2015 entschied die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug gestützt auf Art. 310 StPO, dass die Strafuntersuchung gegen X.________ betreffend Betrug, Gläubigerschädigung durch Vermögensverminderung, Misswirtschaft, Unterlassung der Buchführung und Bevorzugung eines Gläubigers nicht an die Hand genommen werde.  
 
Dagegen erhob die A.________ SA Beschwerde. 
 
B.b. Die I. Beschwerdeabteilung des Obergerichts des Kantons Zug hob mit Urteil vom 13. Januar 2016 in teilweiser Gutheissung der Beschwerde die Verfügung der Staatsanwaltschaft auf, soweit die Strafuntersuchung gegen X.________ betreffend Unterlassung der Buchführung nicht an die Hand genommen wurde. Im Übrigen wies sie die Beschwerde ab.  
 
C.   
Die A.________ SA erhebt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts sei insoweit aufzuheben, als in Bestätigung der Verfügung der Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung nicht an die Hand genommen wurde. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug sei anzuweisen, das Verfahren gegen X.________ an die Hand zu nehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wenn sie am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG) und wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Diese Regelung betreffend das Erfordernis der Auswirkungen des Entscheids auf die Beurteilung der Zivilansprüche entspricht der Regelung im früheren Bundesgesetz über den Bundesstrafprozess (aBStP), wonach das Opfer respektive der Geschädigte zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde berechtigt war, soweit sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung der Zivilansprüche auswirken konnte (siehe BGE 120 IV 44 E. 6; 127 IV 185 E. 1a; 137 IV 246 E. 1.3.1). Dieses Erfordernis bedeutet, dass sich der angefochtene Entscheid angesichts des Ergebnisses und der darin enthaltenen Begründung negativ auf die Beurteilung der Zivilansprüche auswirken können muss. Unter den Zivilansprüchen sind im Besonderen Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung zu verstehen, die auf die inkriminierte strafbare Handlung gestützt werden (siehe nun Art. 122 Abs. 1 StPO) und daher adhäsionsweise im Strafverfahren geltend gemacht werden können.  
 
Nach der Praxis ist die Privatklägerschaft zur Beschwerde in Strafsachen im Strafpunkt - wie vormals das Opfer respektive der Geschädigte zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde - grundsätzlich nur legitimiert, wenn sie, soweit zumutbar, ihre Zivilansprüche aus den inkriminierten strafbaren Handlungen im Strafverfahren adhäsionsweise geltend gemacht hat. Anders verhält es sich bei Beschwerden in Strafsachen gegen Einstellungs- und Nichtanhandnahmeverfügungen. Diesfalls kann nicht verlangt werden, dass die Zivilforderungen bereits adhäsionsweise geltend gemacht wurden. Erforderlich ist aber, dass in der Beschwerde dargelegt wird, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann (BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 IV 246 E. 1.3.1; 131 IV 195 E. 1.1.1; je mit Hinweisen). Genügt die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen nicht, wird darauf nicht eingetreten, es sei denn, dass völlig klar ist, welche Zivilforderungen die Privatklägerschaft geltend machen könnte und inwiefern sich der angefochtene Entscheid negativ auf deren Beurteilung auswirken kann (BGE 141 IV 1 E. 1.1; 131 IV 195 E. 1.1.1; 123 IV 254 E. 1; je mit Hinweisen). 
 
1.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei als Privatklägerin zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert, nachdem sie schon am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen habe und dort mit ihren Anträgen unterlegen sei. Sie habe eine offene Forderung gegenüber der B.________ in Liquidation in der Höhe von CHF 15'000.-- aus dem gerichtlichen Vergleich vom 3. März 2015, die sie im Anschluss an den Schuldenruf beim Konkursamt Zug eingegeben habe. Ihr komme mithin hinsichtlich der zur Anzeige gebrachten Tatbestände Geschädigtenstellung zu. Mit Strafanzeige vom 6. Oktober 2015 an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug habe sie erklärt, sich als Privatklägerin zu konstituieren. Unter diesen Voraussetzungen sei ihre Beschwerdelegitimation nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ohne weiteres zu bejahen.  
 
Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, der gerichtliche Vergleich vom 3. März 2015 erlange für die vorliegende Strafuntersuchung deshalb Bedeutung, weil dem Beschwerdegegner 2 im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vergleichs klar gewesen sei, dass die B.________ den Betrag von CHF 15'000.-- nicht werde bezahlen können. Mit der Vortäuschung der Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit der B.________, über welche wenig später der Konkurs eröffnet worden sei, habe der Beschwerdegegner 2 arglistig letztlich den Rückzug des Strafantrags wegen Widerhandlungen gegen das UWG bewirkt. Die Beschwerdeführerin macht im Weiteren geltend, sie habe nach der am 28. April 2015 erfolgten Konkurseröffnung über die B.________ Einsicht in die Konkursakten genommen. Dabei habe sich der Verdacht erhärtet, dass sich der Beschwerdegegner 2 nicht nur des Prozessbetrugs vor dem Handelsgericht des Kantons Bern schuldig, sondern auch in mehrfacher Hinsicht wegen Konkursdelikten strafbar gemacht habe. 
 
1.3. Mit diesen Ausführungen legt die Beschwerdeführerin nicht dar, welche Zivilforderung sie in einem Strafverfahren adhäsionsweise geltend machen würde und inwiefern sich die angefochtene Nichtanhandnahme des Verfahrens betreffend Betrug und Konkursdelikte angesichts ihrer Begründung negativ auf die Beurteilung dieser Zivilforderung auswirken kann.  
 
Die Beschwerdeführerin scheint davon auszugehen, sie sei deshalb zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert, weil sie eine offene Forderung von CHF 15'000.-- gegen die B.________ habe. Die Forderung von CHF 15'000.-- ist indessen nicht ein Anspruch auf Ersatz eines Schadens, der durch den inkriminierten Betrug und/oder die inkriminierten Konkursdelikte verursacht worden wäre. Die Forderung stützt sich vielmehr auf die Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der B.________ vom 3. März 2015 vor dem Handelsgericht des Kantons Bern im Verfahren wegen angeblichen unlauteren Wettbewerbs. Die Forderung ist nicht aus den inkriminierten Straftaten, sondern unabhängig davon entstanden. Sie ist kein Anspruch "aus der Straftat" (siehe Art. 122 Abs. 1 StPO) und kann deshalb nicht adhäsionsweise im Strafverfahren geltend gemacht werden. Sie kann daher nicht zur Begründung der Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin herangezogen werden. 
 
Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, welcher Vermögensschaden ihr durch den inkriminierten Betrug entstanden ist und inwiefern sie im Adhäsionsverfahren Schadenersatz aus Betrug verlangt hätte. Dass sie in der Vereinbarung vom 3. März 2015 vor dem Handelsgericht des Kantons Bern den Strafantrag gegen den Beschwerdegegner 2 wegen Widerhandlungen gegen das UWG zurückzog und ihr vollständiges Desinteresse an der Strafverfolgung des Beschwerdegegners 2 erklärte, ist betrugsrechtlich irrelevant, da es sich dabei nicht um Vermögensverfügungen handelt. Dass die durch den Vergleich begründete Forderung von CHF 15'000.-- zufolge der allenfalls vorgetäuschten allfälligen Zahlungsunwilligkeit und Zahlungsunfähigkeit des Beschwerdegegners 2 respektive der B.________ quasi objektiv weniger wert war, als die Beschwerdeführerin sich dies täuschungsbedingt subjektiv vorstellte, begründet das Merkmal des Irrtums und stellt keinen Betrugsschaden dar, für welchen die Beschwerdeführerin in einem Strafverfahren wegen Betrugs adhäsionsweise Schadenersatz verlangen könnte. Unerheblich ist entgegen einer Bemerkung in der Beschwerde (S. 7/8), dass gemäss Ziff. 6 der Vereinbarung vom 3. März 2015 die B.________ sich unter anderem verpflichtete, der Beschwerdeführerin einen Parteikostenbeitrag von CHF 3'000.-- für die laufenden Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner 2 zu zahlen. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, inwiefern sie durch die Einwilligung darin einen Vermögensschaden erlitten habe, dessen Ersatz sie adhäsionsweise in einem Strafverfahren wegen Betrugs hätte verlangen können. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, dass und inwiefern sie durch den Abschluss der Vereinbarung vom 3. März 2015 auf Forderungen gegen die B.________ beziehungsweise den Beschwerdegegner 2 verzichtet und dadurch einen Vermögensschaden erlitten habe, für welchen sie in einem Strafverfahren wegen Betrugs adhäsionsweise Schadenersatz verlangt hätte. 
 
Die Beschwerdeführerin legt auch nicht dar, inwiefern sie durch die inkriminierten Konkursdelikte einen Vermögensschaden erlitten habe, für welchen sie im Adhäsionsverfahren Ersatz verlangt hätte, und inwiefern der angefochtene Entscheid sich angesichts seiner Begründung auf die Beurteilung eines solchen Zivilanspruchs negativ auswirken kann. 
 
Auf die Beschwerde ist daher mangels hinreichender Begründung der Beschwerdelegitimation nicht einzutreten. 
 
 
2.   
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen. Dem Beschwerdegegner 2 hat sie keine Entschädigung zu zahlen, da ihm im bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die bundesgerichtlichen Kosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, I. Beschwerdeabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. Juni 2016 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Näf