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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 300/02 
 
Urteil vom 28. Juli 2003 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Scartazzini 
 
Parteien 
E.________, 1965, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Lind, Bachmattweg 1, 5070 Frick, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
(Entscheid vom 28. August 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
E.________, geboren 1965, war seit dem 15. März 1986 als Bauarbeiter bei der Firma M.________ AG, Hoch und Tiefbau, beschäftigt und bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) für Unfälle und Berufskrankheiten versichert. Am 25. April 1991 stürzte er während der Arbeit auf einer Baustelle auf den Rücken und zog sich dabei massive Schmerzen im thorako-lumbalen Bereich zu. Der am 26. April 1991 aufgesuchte Hausarzt diagnostizierte ein akutes Lumbovertebralsyndrom nach Rückenkontusion. Bereits im Jahre 1986 hatte der Versicherte bei einem nicht nach UVG versicherten Unfall eine Kompressionsfraktur des 12. Brustwirbels erlitten. Nachdem E.________ am 3. Juni 1991 seine Arbeit wieder vollumfänglich aufgenommen hatte, erlitt er mehrere Rückfälle, welche ihn jeweils zu längeren Arbeitsunterbrüchen zwangen. Vom 21. Juni bis 15. Juli 1993 hielt er sich zwecks Therapie in der Rheumatologischen Abteilung des Spitals X.________ auf und auf Ende Oktober 1994 wurde das Arbeitsverhältnis bei der Firma M.________ AG gekündigt. Am 2. Juni 1995 verfügte die SUVA bei einem Invaliditätsgrad von 20 % eine entsprechende Rente sowie eine 10%ige Integritätsentschädigung. Dies wurde mit Einspracheentscheid vom 12. Juli 1995 und Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 22. November 1995 bestätigt. 
 
Nach einer im Rahmen einer Eingliederungsmassnahme der Invalidenversicherung abgeschlossenen dreijährigen Lehre zum Werkzeugmaschinisten meldete der Versicherte bei der SUVA am 27. Juli 2000 sinngemäss einen Rückfall an. Er hielt sich vom 20. September bis 20. Oktober 2000 zur therapeutischen Behandlung einer psychosomatischen Störung in der Klinik Y.________ auf, wo im Wesentlichen eine Anpassungsstörung mit Angst und Depression sowie degenerative Veränderungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule diagnostiziert wurden. Mit Verfügung vom 5. März 2001 lehnte die SUVA eine weitergehende Leistungspflicht ab, was sie mit Einspracheentscheid vom 24. August 2001 bestätigte. 
B. 
Beschwerdeweise liess E.________ beantragen, Verfügung und Einspracheentscheid seien aufzuheben und es seien ihm für die Folgen des Unfalles vom 25. April 1991 ab 1. Juli 2000 und bis auf weiteres Versicherungsleistungen zu erbringen, insbesondere Taggeldzahlungen und Heilkostenersatz, bzw. eine volle Rente. Mit Entscheid vom 28. August 2002 wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die Beschwerde ab. 
C. 
E.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin die vorinstanzlichen Rechtsbegehren um Ausrichtung von Taggelder und Übernahme von Heilungskosten sowie Zusprechung einer vollen Invalidenrente erneuern. Ferner ersucht er um unentgeltliche Verbeiständung. 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung sich nicht vernehmen lässt. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die Vorinstanz hat die massgebende Bestimmung und die Grundsätze über die Gewährung von Versicherungsleistungen bei Unfällen (Art. 6 Abs. 1 UVG) zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) im Allgemeinen (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen) und bei Verschlimmerung eines krankhaften Vorzustandes durch einen Rückfall im Besonderen (BGE 118 V 296 f. Erw. 2c mit Hinweisen) sowie über das Dahinfallen der kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen eines Gesundheitsschadens (RKUV 2000 Nr. U 363 S. 46 Erw. 2, 1994 Nr. U 206 S. 328 Erw. 3b mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Richtig wiedergegeben ist ferner die Rechtsprechung zum Erfordernis des adäquaten Kausalzusammenhangs (BGE 125 V 461 f. Erw. 5a, 123 V 103 Erw. 3d, 139 Erw. 3c, 122 V 416 Erw. 2a, 121 V 49 Erw. 3a; RKUV 1997 Nr. U 272 S. 172 Erw. 3a), namentlich bei psychischen Unfallfolgen (BGE 115 V 138 ff. Erw. 6f.; vgl. auch BGE 120 V 355 f. Erw. 5b/aa), sowie zu dem im Sozialversicherungsrecht allgemein üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 119 V 338 Erw. 1, 118 V 289 f. Erw. 1b, je mit Hinweisen; siehe auch BGE 121 V 47 Erw. 2a, 208 Erw. 6b) und zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 122 V 160 Erw. 1c; RKUV 1991 Nr. U 133 S. 312 f. Erw. 1b; vgl. auch BGE 125 V 352 ff. Erw. 3a und b). Darauf wird verwiesen. 
1.2 Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 24. August 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
2. 
Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen aus dem Unfall vom 25. April 1991 bis zum 28. Februar 1995 und schloss danach den Versicherungsfall mit Verfügung vom 2. Juni 1995, in welchem sie eine Invalidenrente von 20 % sowie eine 10%ige Integritätsentschädigung zusprach, ab. Streitig und zu prüfen ist, ob dem Versicherten auf Grund des am 27. Juli 2000 gemeldeten Rückfalls weitere Versicherungsleistungen wie Taggelder und Heilkostenersatz oder eine volle Invalidenrente zustehen. 
2.1 Zur Beurteilung der seit dem am 27. Juli 2000 gemeldeten Rückfall vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und zur Beantwortung der Frage, ob zwischen den geltend gemachten Beschwerden und dem Unfallereignis vom 25. April 1991 ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht, hat sich das kantonale Gericht in einlässlicher und sorgfältiger Würdigung auf die im Administrativ- und Einspracheverfahren eingeholten, alle rechtsprechungsgemäss erforderlichen Kriterien für beweiskräftige ärztliche Entscheidungsgrundlagen erfüllenden (vgl. BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis) medizinischen Unterlagen gestützt. Dabei kam es zum Schluss, dass die neueren Gutachten keine zusätzlichen erheblichen organischen Schäden nachweisen, die nicht schon in den vor dem letzten Fallabschluss erstellten Berichten aufgeführt worden waren, dass indessen zunehmend eine Überlagerung der alten organischen Schäden durch psychische Probleme stattgefunden hatte. Auf Grund der ärztlichen Berichte konnte die Frage des natürlichen Kausalzusammenhangs bezüglich der psychischen Unfallfolgen nicht abschliessend geprüft werden. Nachdem die Vorinstanz den Unfall als mittelschwer qualifiziert und das Ereignis im Grenzbereich zu den leichten Fällen eingeordnet hatte, konnte sie jedoch offen bleiben, da die Voraussetzungen des adäquaten Kausalzusammenhangs fehlten. 
2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, der natürliche und der adäquate Kausalzusammenhang seien klar zu bejahen und der Unfall sei als mittelschwer an der Grenze zu den schweren Fällen zu beurteilen. Er erfülle sowohl das Kriterium der psychischen Fehlentwicklung, welche die erlittenen Verletzungen erfahrungsgemäss auszulösen geeignet sind, als auch die Kriterien der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung, der körperlichen Dauerschmerzen und der Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit. 
2.3 Den - in beweismässiger Hinsicht überzeugenden - medizinischen Angaben des Dr. med. S.________, Oberarzt des Externen Psychiatrischen Dienstes, vom 3. August 2000, sowie der Dres. med. W.________ und H.________, die in einem Austrittsbericht vom 20. Dezember 2000 ausführlich über den stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Klinik Y.________ vom 20. September bis 20. Oktober 2000 berichteten, ist zu entnehmen, dass der Versicherte seit ca. einem Jahr ein depressives Syndrom (ICD-10 F32.1) bei anhaltender somatoformer Schmerzstörung (ICD-10 F45.4), bestehend seit ca. zwei Jahren, aufwies. Er leide unter einer Anpassungsstörung mit Angst und Depression im Sinne von ICD-10 F43.2 bei degenerativen Veränderungen der HWS/BWS und LWS und Status nach Wirbelkörperfraktur BWK 12 mit keilförmiger Wirbelkörperdeformierung ICD-10 M54.5 und M54.6 bei Status nach Autounfall 1986 mit Th-12-Kompressionsfraktur und Status nach Sturz im April 1991 mit LWS-Kontusion. Beim Beschwerdeführer sei eine ausgeprägte Symptomausweitung mit Tendenz zu ausgeprägter Somatisierung bei initial thorakolumbalem Schmerzsyndrom festzustellen. Zusätzlich habe sich eine depressive Entwicklung, ausgelöst durch diverse Ereignisse und Kränkungen im Sinne einer Anpassungsstörung, ergeben. 
 
Vor diesem Hintergrund hat die Vorinstanz zu Recht eine Adäquanzbeurteilung nach der in BGE 115 V 133 ff. zitierten Rechtsprechung vorgenommen. Zutreffenderweise ausgehend von im mittleren Bereich den leichteren Ereignissen zuzuordnenden Unfällen (vgl. hierzu auch RKUV 1999 Nr. U 330 S. 122 ff. Erw. 4b/bb und 1995 Nr. U 215 S. 91 Erw. b) hat sie alsdann richtig erkannt - auf die diesbezüglichen Erwägungen im kantonalen Entscheid kann verwiesen werden -, dass die rechtsprechungsgemäss in die Prüfung miteinzubeziehenden Kriterien (BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa) weder in gehäufter Weise erfüllt sind noch eines der Kriterien in besonders ausgeprägter Form gegeben ist. Immerhin ist entgegen der vorinstanzlichen Würdigung gestützt auf die medizinischen Akten zu erkennen, dass beim Versicherten das Adäquanzkriterium einer ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung zu bejahen ist, wenn auch nicht in ausgeprägter Form. Nachdem der SUVA-Kreisarzt in seiner medizinischen Beurteilung vom 20. Dezember 1994 auch das Vorhandensein von körperlichen Dauerschmerzen ermittelt hatte, ist dieses Kriterium ebenfalls zu bejahen, jedoch auch nicht in ausgeprägter Form. Demzufolge sind die Voraussetzungen für den adäquaten Kausalzusammenhang insgesamt nicht erfüllt. Unter diesen Umständen kann die Frage nach dem natürlichen Kausalzusammenhang offen bleiben. 
2.4 Nach dem Gesagten kam es verglichen mit dem Zustand vor Juli 2000 zu keiner Verschlimmerung der auf das Unfallereignis vom 25. April 1991 zurückzuführenden somatischen Folgen und ebenso kamen keine neuen organischen Beschwerden hinzu. Im Hinblick auf eine leichte, nicht allzu stark rückenbelastende, ganztags und ohne nennenswerte Einschränkungen auszuübende Tätigkeit nahm die IV-Stelle des Kantons Aargau eine Umschulung des Beschwerdeführers zum Werkzeugmaschinisten vor, deren Ausbildung der Versicherte im Jahr 2002 mit gutem Erfolg abschloss. Die zunehmend psychischen Beschwerden in Form einer Symptomausweitung mit Tendenz zu ausgeprägter Somatisierung und depressiver Entwicklung begründen daher weder die Ausrichtung von Taggelder und Übernahme von Heilungskosten noch die Zusprechung einer höheren Invalidenrente. 
3. 
Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Die unentgeltliche Verbeiständung kann gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwältin Barbara Lind für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 28. Juli 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: 
i.V.