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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_418/2009 
 
Urteil vom 28. Juli 2009 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Hofer. 
 
Parteien 
N.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Evalotta Samuelsson, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Ausstand), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 
vom 24. März 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die 1962 geborene N.________ meldete sich im Juli 2008 bei der Invalidenversicherung an und beantragte eine Rente. Mit Schreiben vom 6. November 2008 teilte ihr die IV-Stelle Bern mit, dass eine medizinische Abklärung durch die Medizinische Abklärungsstation (MEDAS) am Spital X.________ notwendig sei. Das Aufgebot werde direkt durch die beauftragte Stelle erfolgen. Am 6. Januar 2009 gab die MEDAS der Versicherten Termin und Programm der Untersuchung sowie die Namen der drei Gutachter (Dres. med. H.________, E.________ und B.________) bekannt. Mit Eingabe an die IV-Stelle vom 15. Januar 2009 liess die nunmehr anwaltlich vertretene N.________ eine Begutachtung durch die MEDAS am Spital X.________ ablehnen. Sie machte u.a. Befangenheit geltend, Dr. med. E.________ sei wegen einer Sorgfaltspflichtverletzung in einen Haftpflichtfall verwickelt, der durch die Medien publik geworden sei. Zudem fehle ihm die fachliche Eignung zur Begutachtung ihres komplexen Krankheitsbildes. Überdies sei ihr die angeordnete Begutachtung aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar. Mit Verfügung vom 23. Januar 2009 hielt die IV-Stelle trotz der erhobenen Einwände an der Begutachtung durch die MEDAS am Spital X.________ fest. Gleichzeitig wies sie die Versicherte auf die Mitwirkungspflichten hin und drohte im Falle einer Verletzung eine Beurteilung aufgrund der Akten oder Nichteintreten an. 
 
B. 
Auf die von N.________ hiegegen erhobene Beschwerde trat das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 24. März 2009 nicht ein. 
 
C. 
N.________ lässt Beschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Sache sei an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit diese nach Vornahme zumutbarer medizinischer Abklärungen über den Leistungsanspruch befinde. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Nach Art. 43 Abs. 2 ATSG (in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1 Abs. 1 IVG) hat sich die versicherte Person ärztlichen oder fachlichen Untersuchungen zu unterziehen, soweit diese für die Beurteilung notwendig und zumutbar sind. Die Mitwirkung kann von der betroffenen Person dann ohne rechtliche Folgen verweigert werden (Art. 43 Abs. 3 ATSG), wenn sie begründete Ausstands- oder Ablehnungsgründe anfügen kann (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 31/07 vom 7. Dezember 2007 E. 5). Allein darüber hat die IV-Stelle mit Verfügung vom 23. Januar 2009 entschieden und bezüglich der vorgesehenen Gutachter das Vorliegen eines schützenswerten Ausstands- oder Ablehnungsgrundes verneint. Diese Verfügung bildete Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens. 
 
1.2 Mit Vorbescheid vom 18. Februar 2009 hat die IV-Stelle der Versicherten eine Abweisung des Leistungsbegehrens gestützt auf die Akten in Aussicht gestellt. Ob die angeordneten ärztlichen Untersuchungen für die Versicherte aus gesundheitlicher Sicht zumutbar sind und - bejahendenfalls - welche Auswirkungen ihre allfällige ungerechtfertigte Weigerung einer Teilnahme auf die Beweiswürdigung hat, wird nach Abschluss des vorliegenden Prozesses in jenem Verfahren zu prüfen sein. Soweit die vorliegende Beschwerde die Zumutbarkeit der Begutachtung aus gesundheitlichen Gründen zum Gegenstand hat, ist darauf mangels Anfechtungsgegenstand (vgl. BGE 131 V 164 E. 2.1, 125 V 413 E. 1a S. 414 je mit weiteren Hinweisen) nicht einzutreten. Auf die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und von Art. 8 Abs. 2 BV sowie Art. 14 EMRK braucht daher nicht näher eingegangen zu werden. 
 
2. 
2.1 Muss die IV-Stelle zur Abklärung des Sachverhaltes ein Gutachten einer oder eines unabhängigen Sachverständigen einholen, gibt sie der Partei deren oder dessen Namen bekannt. Diese kann den Gutachter aus triftigen Gründen ablehnen und kann Gegenvorschläge machen (Art. 44 ATSG). Für Sachverständige gelten grundsätzlich die gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für Richter vorgesehen sind. Danach ist Befangenheit anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die in objektiver Weise und nicht bloss aufgrund des subjektiven Empfindens der Partei geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit der sachverständigen Person zu erwecken (BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 109 mit Hinweis). 
 
2.2 Über Einwendungen formeller Natur gegen Sachverständige ist in einer selbständig anfechtbaren Zwischenverfügung zu entscheiden. Zu den Einwendungen formeller Natur gehören im Wesentlichen die Ausstandsgründe gemäss Art. 36 Abs. 1 ATSG, welche mit denjenigen nach Art. 10 Abs. 1 VwVG (u.a. ein persönliches Interesse in der Sache, enge verwandtschaftliche oder freundschaftliche Verbundenheit mit einer Partei oder Befangenheit in der Sache aus anderen Gründen) übereinstimmen (SVR 2008 IV Nr. 22 S. 69, 9C_67/2007 E. 2.2). Demgegenüber betreffen Einwendungen materieller Natur - auch soweit sie sich gegen die Person des Gutachters richten - Fragen, welche mit der Beweiswürdigung zu tun haben und daher in der Regel mit dem Entscheid in der Sache zu behandeln sind (BGE 132 V 93 E. 6.5 S. 108; Urteil 8C_777/2007 vom 28. April 2008 E. 2.1). 
 
3. 
3.1 Das kantonale Gericht hat erwogen, die Versicherte mache keine formellen Ausstandsgründe gegen die vorgesehenen Gutachter geltend. Vielmehr bringe sie einzig materielle Gründe vor, indem sie die Ansicht vertrete, den Gutachtern der beauftragten MEDAS fehle die Qualifikation zur Begutachtung ihres besonderen Falles. Darüber sei mit dem Entscheid in der Sache und nicht in einem Zwischenentscheid zu befinden. 
 
3.2 In der Beschwerde wird nicht dargetan, inwiefern diese Auffassung Bundesrecht verletzt (vgl. zu den Beschwerdegründen Art. 95 ff. BGG). Insbesondere rügt die Beschwerdeführerin zu Recht nicht, die Vorinstanz hätte in ihrem Vorbringen, Dr. med. E.________ sei in einen in den Medien diskutierten Haftpflichtfall verwickelt, weil er trotz deutlicher medizinischer Anzeichen und Klagen eines Patienten ein Loch in der Lunge "übersehen" habe, einen formellen Ausstandsgrund erblicken müssen. 
 
3.3 Die fehlende Sachkunde eines Gutachters bildet keinen besonderen Umstand, der Misstrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen erweckt. Dieser ist vielmehr bei der Würdigung des Gutachtens zu berücksichtigen (BGE 132 V 93 E. 6.5 S. 109). 
 
3.4 Auch soweit die Versicherte die Gutachterpraxis der IV-Stelle mit sogenannten Fallpauschalen gerichtlich überprüfen lassen will, wird sie gegen den Endentscheid und nicht gegen die die Gutachter bestätigende Verfügung Beschwerde zu erheben haben. 
 
4. 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin als der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 28. Juli 2009 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Hofer