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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_404/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 28. Oktober 2013  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Briw. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dieter Aebi, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Versuchte vorsätzliche Tötung usw.; Willkür, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 12. März 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Gemäss Anklage versetzte X.________ am Samstagmorgen des 26. Juli 2008 um 6 Uhr, nachdem er von der Wohnungsinhaberin eingelassen worden war, dieser mehrere heftige Faustschläge ins Gesicht. Ihrer durch den Lärm aufgeweckten Tochter schlug er ebenfalls ins Gesicht. Als ihr Freund auftauchte, holte X.________ in der Küche ein Rüstmesser, stiess es ihm in die linke Halsseite und verletzte ihn zudem im Bereich des Rippenbogens. Die Halsverletzung hätte ohne ärztliche Intervention zum Tod geführt. 
 
B.   
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte am 25. April 2012 X.________ wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und einfacher Körperverletzung zu 10 Jahren Freiheitsstrafe (wovon 903 Tage durch Haft und vorzeitigen Strafvollzug erstanden waren). 
 
Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 12. März 2013 auf Berufungen von X.________ und der Staatsanwaltschaft (sowie der Wohnungsinhaberin) die bezirksgerichtlichen Schuldsprüche und erhöhte die Freiheitsstrafe auf 12 Jahre (wovon 1'224 Tage durch Haft und vorzeitigen Strafvollzug erstanden waren). 
 
C.   
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und ihn freizusprechen, ihn eventuell milder zu bestrafen, die Zivilforderungen abzuweisen oder eventuell auf den Zivilweg zu verweisen, die vorinstanzlichen Kostenfolgen ausgangsgemäss neu zu verteilen, ihn für die Haft zu entschädigen oder eventuell die Sache dazu an die Vorinstanz zurückzuweisen sowie ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer macht Notwehr geltend und verneint jeden Tötungsvorsatz. Er rügt eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung. Die Vorinstanz habe Entlastungsbeweise (Aussagen der Privatkläger zu einem Gerangel während der Messerstiche, ein zweites Messer und ein Telefongespräch über den Vorfall), sowie offensichtliche Widersprüche der Privatkläger zum Kerngeschehen nicht berücksichtigt. Selbst nach den vorinstanzlichen Feststellungen sei auf eine Notwehrsituation zu schliessen. Es sei davon auszugehen, dass er zu Beginn nicht aggressiv war und keine Drogen entwenden wollte. Man habe ihn nicht gehen lassen wollen. Weil die anderen zu Dritt waren und einer offenbar selber ein Messer hatte und ihn "schlitzen" wollte, erscheine der Griff zum Rüstmesser verständlich und der Situation angemessen, um sich den Weg freizumachen. 
 
Die Vorinstanz verweist auf die Erwägungen des Bezirksgerichts und pflichtet diesem bei, dass sich die behauptete Notwehrsituation aus mehreren Gründen als nicht überzeugend erweist (Urteil S. 10). Nach dem Spurenbild im Schwenkbereich der Zimmertür, dem von der Wohnungstür am weitesten entfernten Raum, könne sich der Beschwerdeführer nicht auf dem Weg zum Verlassen der Wohnung befunden haben. Die Küche könne er nur aufgesucht haben, um das Tatmesser zu behändigen. Konnte er die Küche aufsuchen, hätte er auch die Wohnung verlassen können, liege die Küche doch in der gleichen Richtung. Dass das Opfer blutüberströmt noch vor ihm die Wohnung verlassen hatte, passe nicht zur Darstellung des Beschwerdeführers, wonach er die Privatkläger nur deshalb verletzte, weil sie ihn am Verlassen der Wohnung hinderten. Gegen eine Notwehrsituation spreche auch, dass der Beschwerdeführer selber keine Verletzungen erlitten hatte (Urteil S. 10 f.). 
 
Die Vorinstanz setzt sich mit der Darstellung des Beschwerdeführers auseinander und kommt zum Ergebnis, die Wohnung habe zwar als Drogenbunker gedient, das Motiv für die Wohnungsaufsuche und die Gewalttätigkeit müsse aber letztlich offenbleiben. Das Brechen des Widerstandes der beiden Frauen habe sich wegen der überraschenden Anwesenheit des Opfers als schwieriger denn vorausgesehen herausgestellt. Er sei der Aggressor. Von Notwehr könne nicht ansatzweise die Rede sein (Urteil S. 15). 
 
Die Beweiswürdigung erscheint nicht als offensichtlich unhaltbar (Art. 97 Abs. 1 BGG) und damit willkürlich im Sinne von Art. 9 BV (vgl. BGE 136 II 304 E. 2.4). Zu verweisen ist insbesondere auf die glaubwürdige Erstaussage des Opfers vom 26. Juli 2008 (Beschwerdebeilage, act. 3/1 S. 3), die durch die weiteren Aussagen auch der übrigen Beteiligten in keiner Weise in Frage gestellt wird. 
 
2.   
Es ist glücklichen Umständen und einem ärztlichen operativen Eingriff zuzuschreiben, dass der Tod beim Opfer nicht eintrat. Indem der Beschwerdeführer diesem mit dem Messer in den Hals stach, nahm er den Todeseintritt zumindest in Kauf. Der Wohnungsinhaberin fügte er direktvorsätzlich eine Hirnerschütterung, einen doppelten Bruch des Jochbeins rechts und einen Nasenbeinbruch zu (Urteil S. 16). Für die behauptete Notwehrsituation (Art. 15 StGB) finden sich keine Anhaltspunkte. Die Schuldsprüche erfolgten zu Recht. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer ficht die Strafzumessung mit einem Hinweis auf die Strafmilderungsgründe der schweren Bedrängnis oder des Affekts an. Solche Gründe sind nicht ersichtlich. 
 
4.   
Die übrigen Rechtsbegehren stellt der Beschwerdeführer für den Fall der Gutheissung seiner Beschwerde und begründet sie nicht weiter. Darauf ist nicht einzutreten. 
 
5.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren (vgl. BGE 138 III 217 E. 2.2.4) abzuweisen (Art. 64 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist mit herabgesetzten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 und Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.  
 
 
Lausanne, 28. Oktober 2013 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Der Gerichtsschreiber: Briw