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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_619/2007 
 
Urteil vom 29. Januar 2008 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Parteien 
T.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonalen Versicherungsgerichts des Wallis vom 4. September 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1979 geborene T.________ war seit 3. April 2000 als Mineur bei der Firma X.________ angestellt und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch unfallversichert. Am 9. Februar 2004 stürzte er bei der Arbeit auf den Rücken und zog sich dabei eine superiore Berstungsfraktur des Lendenwirbelkörpers (LWK) 1 mit Kyphosierung zu. Vom 10. bis 17. Februar war er im Spital A.________ hospitalisiert, wo er am 12. Februar 2004 operiert wurde (Frakturaufrichtung und Stabilisierung mittels Fixateur interne Th12-L2, monosegmentale dorso-laterale Spondylodese Th12/L1, Augmentation LWK 1 mit Chonos). Vom 17. bis 19. Februar 2004 war er im Regionalspital B.________, vom 12. Mai bis 8. Juni 2004 im Rehazentrum C.________ und vom 5. bis 25. August 2004 in der Klinik Y.________ hospitalisiert. Weitere Operationen im Spital A.________ erfolgten am 8. Oktober 2004 (Metallentfernung zur Freigabe des Bewegungssegments L1/L2; Hospitalisation vom 7. bis 10. Oktober 2004). und am 2. Februar 2005 (ventrale Teilcorpectomie und Synexcage-Implantation, dorsale Re-Osteosynthese; Hospitalisation vom 1. bis 9. Februar 2005). Vom 30. August bis 13. September 2005 hielt sich der Versicherte stationär in der Rehaklinik D.________ auf, die im Austrittsbericht vom 3. Oktober 2005 folgende Diagnosen stellte: A. Kompressionsfraktur LWK 1, Pseudoarthrose LWK 1; B. Anpassungsstörung mit maladaptivem Krankheits- und Bewältigungsverhalten im Sinne einer Symptomausweitung (ICD-10: F43.23); C. prolongierter Morphinkonsum (die drei Folgeoperationen vom 12. Februar und 8. Oktober 2004 sowie 2. Februar 2005 wurden diagnostisch ebenfalls festgehalten). Mit Verfügung vom 13. Juni 2006 sprach die SUVA dem Versicherten ab 1. Mai 2006 eine Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 25 % und eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 25 % zu. Die dagegen erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 11. Oktober 2006 ab. Am 23. Oktober 2006 stellte die Kantonale IV-Stelle Wallis der SUVA ein polydisziplinäres (rheumatologisch-psychiatrisches) Gutachten der Klinik E.________, Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS), vom 30. Mai 2006 zu. Darin wurde folgende Diagnose mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit gestellt: persistierendes thorakolumbovertebrales Syndrom mit spondylogenen Ansätzen bei Status nach Arbeitsunfall am 9. Februar 2004 (ICD-10: M54.6 und Z98.8; die drei Folgeoperationen vom 12. Februar und 8. Oktober 2004 sowie 2. Februar 2005 wurden diagnostisch ebenfalls aufgeführt). Die Diagnosen ohne Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit lauteten wie folgt: Status post Meniskektomie rechts (2001); Lumbovertebralsyndrom L4 L5 bei Beckenschiefstand links und Transitionsanomalie; zervikospondylogenes Syndrom beidseits bei muskulärer Dysbalance; Fehlhaltung (Streckhaltung und Hyperkyphose); anhaltende somatoforme Störung (ICD-10: F45.4; bestehend seit mindestens Mitte 2005). 
 
B. 
Die gegen den Einspracheentscheid vom 11. Oktober 2006 eingereichte Beschwerde wies das Kantonale Versicherungsgericht Wallis mit Entscheid vom 4. September 2007 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde beantragt der Versicherte die Aufhebung des kantonalen Entscheides und Rückweisung der Sache zur ergänzenden medizinischen Abklärung (Einholung eines somatisch-psychiatrischen Gutachtens mit anschliessender Neuverfügung) an die SUVA. Weiter verlangt er die Sistierung des Verfahrens bis zur Vorlage der privat beantragten Expertise. Ferner ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das letztinstanzliche Verfahren. 
 
Mit Verfügung vom 7. Dezember 2007 wies das Bundesgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab. Mit Verfügung vom 19. Dezember 2007 forderte es den Versicherten auf, bis spätestens 16. Januar 2008 einen Kostenvorschuss von Fr. 500.- einzuzahlen, was er fristgemäss tat. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2. 
Das kantonale Gericht hat die Grundsätze über den für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen), die vorausgesetzte Adäquanz des Kausalzusammenhangs im Allgemeinen (BGE 129 V 177 E. 3.2 S. 181 mit Hinweis) und bei psychischen Unfallfolgen (BGE 129 V 177 E. 4.1 S. 183, 115 V 133 ff.; vgl. auch SVR 2007 UV Nr. 37 S. 125 E. 1 f., U 292/05) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt zum erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 150 E. 2.1 S. 153 mit Hinweisen) und zum Beweiswert von Arztberichten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; SVR 2007 UV Nr. 33 S. 111 E. 4.2, U 571/06). Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
3.1 Die Vorinstanz hat nach eingehender und sorgfältiger Würdigung der medizinischen Akten, insbesondere des Berichts der Rehaklinik D.________ vom 3. Oktober 2005 und des Gutachtens der Klinik E.________ vom 30. Mai 2006, mit einlässlicher Begründung, auf die verwiesen wird, zutreffend erwogen, dass der Beschwerdeführer aus somatischer Sicht in einer angepassten leichten bis mittelschweren Tätigkeit zu 100 % arbeitsfähig ist. Weiter hat die Vorinstanz in Anwendung der Rechtsprechung zu den psychischen Unfallfolgen (BGE 115 V 133 ff.) richtig erkannt, dass die adäquate Kausalität zwischen dem als mittelschwer zu qualifizierenden Unfall vom 9. Februar 2004 (zur Unfalleinstufung vgl. Urteil U 503/05 vom 17. August 2006, E. 2.2 und 3.1 f.) und den psychischen Beschwerden zu verneinen ist, da keines der massgebenden Kriterien erfüllt sei; namentlich liege keines besonders ausgeprägt vor. 
 
3.2 Die letztinstanzlichen Einwendungen des Beschwerdeführers vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. 
3.2.1 Der Versicherte macht geltend, er habe beim Unfall vom 9. Februar 2004 auch ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule (HWS) erlitten, was von der SUVA sowie den zugezogenen Experten bisher nie in Betracht gezogen worden sei. Bei einem HWS-Schleudertrauma mit einer Häufung von Beschwerden sei der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und der Erwerbsunfähigkeit in der Regel anzunehmen. Er habe demnach Anspruch auf therapeutische Behandlung. 
 
Die Frage, ob sich die versicherte Person ein Schleudertrauma der HWS oder eine äquivalente Verletzung zugezogen hat, ist ausgehend von den medizinischen Befunden zu beantworten. Grundlage für die Kausalitätsbeurteilung bilden die fachärztlichen Erhebungen über Anamnese, objektiven Befund, Diagnose, Verletzungsfolgen, unfallfremde Faktoren, Vorzustand usw. Das Vorliegen eines HWS-Schleudertraumas wie seine Folgen müssen durch zuverlässige ärztliche Angaben gesichert sein (BGE 119 V 335 E. 2b S. 340). Erforderlich ist, dass sich die HWS- oder Nackenbeschwerden innert einer Latenzzeit von 24 bis höchstens 72 Stunden manifestieren. Nicht vorausgesetzt wird hingegen, dass sämtliche der zum typischen Beschwerdebild eines HWS-Schleudertraumas oder einer äquivalenten Verletzung gehörenden festgestellten Symptome (BGE 117 V 359 E. 4b S. 360; SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 E. 2) innert dieser Latenzzeit aufgetreten sein müssen (RKUV 2000 Nr. U 359 S. 29, U 264/97; Urteil U 88/06 vom 18. Juli 2007, E. 4.1). 
 
Es ist medizinisch nicht belegt, dass der Versicherte beim Unfall vom 9. Februar 2004 ein HWS-Schleudertrauma erlitten hätte, weshalb eine solche Verletzung nicht angenommen werden kann. 
3.2.2 Es ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Kriterien der besonders dramatischen Begleitumstände oder besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls (hiezu vgl. RKUV 1999 Nr. U 335 S. 207 E. 3b/cc) sowie der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung nicht als erfüllt angesehen hat. Der pauschale Einwand des Versicherten, dies sei offensichtlich aktenwidrig, ist unbehelflich. 
3.2.3 Der Versicherte bringt vor, es liege ein schwieriger Heilungsverlauf vor. 
 
Die Kriterien des schwierigen Heilungsverlaufs und der erheblichen Komplikationen müssen nicht kumulativ erfüllt sein. Aus der blossen Dauer der ärztlichen Behandlung und der geklagten Beschwerden darf nicht schon auf einen schwierigen Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen geschlossen werden. Es bedarf hiezu besonderer Gründe, welche die Heilung beeinträchtigt haben (Urteil U 503/06 vom 7. November 2007, E. 7.6 mit Hinweis). Solche Gründe sind hier nicht gegeben. Hievon abgesehen würde selbst die Annahme eines schwierigen Heilungsverlaufs für sich allein nicht zur Bejahung der Adäquanz führen, da dieses Kriterium nicht in besonders ausgeprägter Weise erfüllt wäre (BGE 115 V 133 E. 6c/bb S. 140 f.). 
3.2.4 Der Versicherte wendet weiter ein, der adäquate Kausalzusammenhang setze voraus, dass dem Unfall für die Entstehung einer psychisch bedingten Erwerbsunfähigkeit eine massgebende Bedeutung zukomme. Aktenmässig sei belegt, dass er vor dem Unfall weder körperliche noch psychische Probleme gehabt habe, zu 100 % arbeitsfähig und gut integriert gewesen sei. Dieses Vorbringen ist unbehelflich, da es einem unzulässigen "post hoc ergo propter hoc"-Argument gleichkommt (BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341 f.; Urteil U 375/06 vom 6. September 2007, E. 4.2.2). 
3.2.5 Der Versicherte macht geltend, gemäss dem psychiatrischen Gutachten der Klinik E.________ vom 30. Mai 2006 sei seitens der SUVA kein konsequenter psychiatrisch-psychotherapeutischer Therapieansatz unternommen worden, obwohl ihm diesbezüglich ein gesetzlicher Anspruch auf Heilbehandlung zustehe. Dieses Vorbringen ist unbehelflich, da die SUVA für die psychiatrische Behandlung mangels Adäquanz zwischen dem Unfall vom 9. Februar 2004 und den psychischen Beschwerden nicht leistungspflichtig ist. 
3.2.6 Da der Bericht der Rehaklinik D.________ vom 3. Oktober 2005 sowie das Gutachten der Klinik E.________ vom 30. Mai 2006 die Anforderungen an eine medizinische Beurteilungsgrundlage erfüllen (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) und von einer zusätzlichen medizinischen Abklärung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, konnte die Vorinstanz auf die Durchführung einer solchen in antizipierter Beweiswürdigung verzichten. Hierin liegt entgegen der Auffassung des Versicherten kein Verstoss gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV (dazu BGE 131 I 153 E. 3 157, 124 V 90 E. 4b S. 94; SVR 2005 MV Nr. 1 S. 1 E. 2.3, M 1/02). Unter diesen Umständen ist das Verfahren auch nicht bis zur Vorlage der privat beantragten Expertise zu sistieren. Dieser käme unter den gegebenen Umständen nur der Charakter einer "second opinion" zu, worauf kein Anspruch besteht (SVR 2007 UV Nr. 33 S. 111 E. 4.2; Urteil 8C_439/2007 vom 24. Oktober 2007, E. 4.2). Somit kann offen bleiben, ob eine letztinstanzlich neu aufgelegte medizinische Expertise im Rahmen der Kognition nach Art. 97 Abs. 2 BGG als unzulässiges Novum im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG zu gelten hätte (vgl. auch Urteil 8C_260/2007 vom 31. Oktober 2007, E. 2). 
 
4. 
Die Vorinstanz hat den von der SUVA vorgenommenen Einkommensvergleich (vgl. Art. 16 ATSG; RKUV 2006 Nr. U 568 S. 65 E. 1, U 87/05) mit einer Erwerbseinbusse von 25 % bestätigt. Dies wird vom Versicherten masslich nicht bestritten und ist nicht zu beanstanden, weshalb es diesbezüglich sein Bewenden hat. 
 
5. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Versicherungsgericht des Wallis und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 29. Januar 2008 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Ursprung Jancar