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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_269/2009 
 
Urteil vom 29. Mai 2009 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber, 
Gerichtsschreiber R. Widmer. 
 
Parteien 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
A.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Patronato INCA, 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 19. Februar 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1946 geborene A.________ war von 1989 bis Ende 2001 als Schlossereimitarbeiter/Schleifer bei der B.________ AG tätig. Mit Verfügung vom 26. September 2005, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 14. Dezember 2005, lehnte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen das von ihm am 17. Februar 2004 eingereichte Rentengesuch ab. 
Am 3. Oktober 2006 meldete sich A.________ wiederum bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Gestützt auf die beigezogenen Arztberichte, worunter eine Expertise des Medizinischen Gutachtenzentrums X.________ vom 20. Juni 2007, lehnte die IV-Stelle nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens den Anspruch auf eine Invalidenrente mit Verfügung vom 24. September 2007 erneut ab. 
 
B. 
In teilweiser Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde hob das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die angefochtene Verfügung auf und sprach A.________ rückwirkend ab 1. Januar 2006 eine Viertelsrente der Invalidenversicherung zu (Entscheid vom 19. Februar 2009). 
 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben. 
A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
Wurde eine Rente wegen eines zu geringen Invaliditätsgrades verweigert, so wird eine neue Anmeldung nach Art. 87 Abs. 4 IVV nur geprüft, wenn die Voraussetzungen gemäss Abs. 3 erfüllt sind. Danach ist vom Versicherten im Revisionsgesuch glaubhaft zu machen, dass sich der Grad der Invalidität in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat. Tritt die Verwaltung auf die Neuanmeldung ein, so hat sie die Sache materiell abzuklären und sich zu vergewissern, ob die vom Versicherten glaubhaft gemachte Veränderung des Invaliditätsgrades auch tatsächlich eingetreten ist. Im Beschwerdefall obliegt die gleiche materielle Prüfungspflicht auch dem Richter (BGE 117 V 198 E. 3a). 
 
3. 
3.1 Die Vorinstanz stellte im Wesentlichen gestützt auf die interdisziplinäre Expertise des Medizinischen Gutachtenzentrums X.________ vom 20. Juni 2007 fest, der Beschwerdegegner sei in seinem früheren Beruf voll arbeitsunfähig; hingegen wäre ihm eine körperlich leichte, abwechslungsweise im Sitzen und Stehen zu verrichtende Tätigkeit ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg im Umfang von 80 % zumutbar. Bei seinem Einkommensvergleich ging das Versicherungsgericht von einem hypothetischen Einkommen ohne Invalidität (Valideneinkommen) von Fr. 67'016.- (entsprechend dem Durchschnitt der vom Versicherten bei der B.________ AG in den Jahren 1996 bis 2001 erzielten Einkommen [ohne den höchsten und den tiefsten Jahreslohn]) zuzüglich eines ausgewiesenen Nebenerwerbs von Fr. 4464.-, total somit Fr. 71'480.- im Jahr, aus. Diesen Betrag stellte es dem Durchschnittslohn gemäss Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik 2006 für einfache und repetitive Tätigkeiten im privaten Sektor bei einer betriebsüblichen Arbeitszeit von 41,7 Stunden wöchentlich in der Höhe von Fr. 59'197.- gegenüber. Nach Berücksichtigung der teilweisen Arbeitsunfähigkeit von 20 % resultierte ein Invalideneinkommen von Fr. 47'357.- (Fr. 59'197.- x 80 %). Hievon wiederum nahm die Vorinstanz einen behinderungsbedingten Abzug von 15 % vor, welcher der Tatsache Rechnung trage, dass der Beschwerdegegner aufgrund der Behinderung selbst bei leichten Arbeiten eingeschränkt ist. Lohnmindernd auswirken dürften sich überdies die langjährige Betriebszugehörigkeit und das fortgeschrittene Alter sowie die geringere Entlöhnung von Teilzeitarbeit im tiefsten Anforderungsniveau. Damit ergab sich ein Invalideneinkommen von Fr. 40'253.- (Fr. 47'357.- x 85 %) und verglichen mit dem Valideneinkommen von Fr. 71'480.- eine Erwerbseinbusse von Fr. 31'227.-, entsprechend einem Invaliditätsgrad von aufgerundet 44 %. 
 
3.2 Die IV-Stelle wendet ein, seit der ursprünglichen Ablehnungsverfügung vom 26. September 2005, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 14. Dezember 2005, sei keine erhebliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Der Gesundheitszustand des Versicherten sei im Wesentlichen unverändert geblieben, und in erwerblicher Hinsicht bestehe kein Anlass, von einem höheren Valideneinkommen als jenem auszugehen, das der Verfügung zugrunde gelegt wurde. Auch wenn die Vorinstanz zulässigerweise das Valideneinkommen neu hätte festlegen können, wäre dieses als unrichtig ermittelt zu erachten. Es bestehe keine Möglichkeit, an das bei der B.________ AG erzielte Einkommen anzuknüpfen. Der Versicherte habe die Stelle aus invaliditätsfremden Gründen verloren und dass er den damals erzielten, Schichtzulagen und Mehrarbeitsentschädigung umfassenden Lohn wieder hätte erreichen können, erscheine nicht als realistisch. Das Valideneinkommen wäre daher ebenfalls gestützt auf die Tabellenlöhne festzusetzen. 
 
4. 
4.1 Ebenso wie bei einer Rentenrevision nach Art. 17 ATSG setzt auch eine Rentenzusprechung aufgrund einer Neuanmeldung nach vorangegangener Ablehnung eines Rentengesuchs gemäss Art. 87 Abs. 4 IVV in Verbindung mit Abs. 3 dieser Bestimmung voraus, dass seit der letzten rechtskräftigen Verfügung, die auf einer materiellen Prüfung des Anspruchs mit rechtskonformer Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Durchführung eines Einkommensvergleichs beruht (BGE 133 V 108 E. 5 S. 110, 130 V 71 E. 3.2.3 S. 75 ff.), eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten ist, welche zu einem höheren Invaliditätsgrad führt, der nunmehr einen Rentenanspruch begründet (BGE 133 V 108 E. 5 S. 111). 
 
4.2 Eine solche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz im massgeblichen Vergleichszeitraum zwischen der Ablehnung des ursprünglichen Rentengesuchs mit Einspracheentscheid vom 14. Dezember 2005 und der erneuten Verneinung eines Rentenanspruchs gemäss Verfügung der IV-Stelle vom 24. September 2007 nicht eingetreten. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen (E. 1 hievor) Feststellungen des kantonalen Gerichts hat sich namentlich in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit seit der Begutachtung im Medizinischen Zentrum Y.________ (Expertise vom 6. Juli 2005) keine wesentliche Veränderung ergeben. Eine Änderung ist des Weiteren aber auch in erwerblicher Hinsicht nicht erstellt. Denn der Beschwerdegegner hat seit dem Verlust des Arbeitsplatzes bei der B.________ AG Ende 2001 keine neue Stelle angetreten. Dass die Vorinstanz trotz im Vergleich zu 2005 unverändert gebliebenen Sachverhalts einen rentenbegründenden Invaliditätsgrad von 44 % ermittelt hat, ist einzig Anpassungen der hypothetischen Vergleichseinkommen sowie einem höheren leidensbedingten Abzug zuzuschreiben, was im Rahmen einer Neuanmeldung nicht ausreicht, einen Rentenanspruch zu begründen. Mit dem gewählten Vorgehen und der Zusprechung einer Viertelsrente der Invalidenversicherung, obwohl keine rentenrelevante Veränderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten ist, hat die Vorinstanz Bundesrecht verletzt. 
 
5. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
In Gutheissung der Beschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 19. Februar 2009 aufgehoben. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewiesen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 29. Mai 2009 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Meyer Widmer