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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1B_254/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 29. Juli 2014  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Chaix, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Hensch, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, Bahnhofplatz 10, Postfach, 8953 Dietikon.  
 
Gegenstand 
Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss vom 13. Juni 2014 des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis führt gegen A.________ ein Strafverfahren wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Ausländergesetz, Sachbeschädigung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte und wegen Hinderung einer Amtshandlung. A.________ wurde am 21. Februar 2014 in Untersuchungshaft versetzt und befindet sich seit dem 24. April 2014 im vorzeitigen Strafvollzug. Die Staatsanwaltschaft erhob am 28. April 2014 Anklage. 
Ein vom 7. Mai 2014 datierendes Entlassungsgesuch wies das Zwangsmassnahmengericht des Bezirksgerichts Dietikon mit Verfügung vom 20. Mai 2014 ab. Eine von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 13. Juni 2014 ebenfalls ab. 
 
B.   
Mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht vom 14. Juli 2014 beantragt A.________, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und er selbst sei unter Anordnung von Ersatzmassnahmen aus dem vorzeitigen Strafvollzug zu entlassen. 
Das Obergericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Die Staatsanwaltschaft hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der angefochtene Entscheid betrifft die Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug. Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG gegeben. Der Beschwerdeführer ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Auf seine Beschwerde ist unter dem Vorbehalt einer hinreichenden Begründung einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer befindet sich im vorzeitigen Strafvollzug. Dies hindert ihn nicht daran, ein Gesuch um Haftentlassung zu stellen. Auf Gesuch um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug hin ist zu prüfen, ob die Haftvoraussetzungen gegeben sind (BGE 117 Ia 72 E. 1d S. 79 f.; Urteil 1B_214/2009 vom 21. August 2009 E. 2.1; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Nach Art. 221 StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft unter anderem zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (Abs. 1 lit. a). An ihrer Stelle sind Ersatzmassnahmen anzuordnen, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 212 Abs. 2 lit. c und Art. 237 ff. StPO).  
 
2.3. Der Beschwerdeführer richtet sich teilweise gegen die Annahme eines dringenden Tatverdachts durch die Vorinstanz (E. 3 hiernach) und ist der Ansicht, es bestehe keine Fluchtgefahr bzw. einer solchen könnte mit Ersatzmassnahmen begegnet werden (E. 4 hiernach).  
 
2.4. Das Bundesgericht prüft nur hinreichend begründete Rügen; diese müssen sich zudem gegen den angefochtenen Entscheid richten (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer kritisiert in verschiedener Hinsicht das Verfahren und die Staatsanwaltschaft und macht zudem geltend, die migrationsrechtlichen Aspekte seien ausgeblendet und seine Grundrechte verletzt worden. Inwiefern die betreffenden Vorbringen die Rechtmässigkeit des angefochtenen Entscheids in Frage stellen sollen, ist unklar, weshalb in dieser Hinsicht auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer bestreitet den dringenden Tatverdacht in Bezug auf die Tatbestände der Sachbeschädigung (Art. 144 StGB), der Hinderung einer Amtshandlung (Art. 286 StGB), der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Art. 285 StGB) sowie der Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung (Art. 115 Abs. 1 lit. c AuG) nicht. Er geht jedoch davon aus, dass kein dringender Verdacht des rechtswidrigen Aufenthalts in der Schweiz (Art. 115 Abs. 1 lit. b AuG) besteht. Gemäss der letztgenannten Bestimmung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft, wer sich rechtswidrig, namentlich nach Ablauf des bewilligungsfreien oder des bewilligten Aufenthalts, in der Schweiz aufhält. Das Obergericht führte dazu unter Verweisung auf einen früheren Beschluss aus, der Beschwerdeführer sei rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen worden. Seine Argumentation, es sei ihm objektiv nicht möglich gewesen, gültige Reisepapiere zu beschaffen, überzeuge nicht. Als er in der Schweiz eine B-Bewilligung beantragt habe, habe er es ebenfalls geschafft, einen angolanischen (mittlerweile abgelaufenen) Reisepass zu erlangen. Er selbst habe zudem angegeben, er habe nicht versucht, über einen Anwalt in Angola einen Geburtsschein zu beschaffen, mit dem er auf der angolanischen Botschaft einen Reisepass erhalten hätte.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer erhebt in seiner Beschwerdeschrift verschiedene Einwendungen, welche sich sinngemäss gegen die Rechtmässigkeit der Wegweisung richten. Diese sind jedoch nicht geeignet, diese als nichtig erscheinen zu lassen, was der Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht behauptet. Mithin ist zusammen mit der Vorinstanz von einer rechtskräftigen Wegweisung auszugehen. Weiter bezeichnet der Beschwerdeführer als krass willkürlich, dass ihm die Vorinstanz eine mangelnde Mitwirkung bei der Beschaffung von Reisepapieren vorwirft und macht geltend, die Behörden selbst hätten das Ihrige beitragen müssen. Auf die entsprechenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid geht er jedoch nicht ein. Insofern ist seine Kritik unzureichend begründet (Art. 42 Abs. 2 BGG) und gibt nicht Anlass, die Bejahung des dringenden Tatverdachts auch hinsichtlich des rechtswidrigen Aufenthalts in der Schweiz in Frage zu stellen.  
 
4.  
 
4.1. Das Obergericht geht von Fluchtgefahr aus. Die Staatsanwaltschaft habe eine unbedingte Freiheitsstrafe von neun Monaten beantragt. Dem Beschwerdeführer drohe demnach eine längere Freiheitsstrafe. Zudem müsse er mit Ausschaffungshaft und der zwangsweisen Sicherstellung des Wegweisungsvollzugs rechnen. Bei einer Hafteinvernahme habe er im Übrigen erklärt, nach Frankreich reisen zu wollen, wo er Freunde habe.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, die erstandene Haft habe ihre Wirkung auf ihn nicht verfehlt. Hinzu komme, dass er in der Schweiz Kinder habe. Die Kindsmutter habe ihn zudem im Gefängnis besucht. Die Schweiz wolle er nicht verlassen. Schliesslich habe er auch bewiesen, dass er sich an behördliche Anweisungen halte. Deshalb könnte einer Fluchtgefahr auch mit Ersatzmassnahmen, insbesondere einer Eingrenzung, begegnet werden.  
 
4.3. Beim Haftgrund der Fluchtgefahr gemäss Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO geht es um die Sicherung der Anwesenheit der beschuldigten Person im Verfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts braucht es für die Annahme von Fluchtgefahr eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich die beschuldigte Person, wenn sie in Freiheit wäre, dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Im Vordergrund steht dabei eine mögliche Flucht ins Ausland, denkbar ist jedoch auch ein Untertauchen im Inland. Bei der Bewertung, ob Fluchtgefahr besteht, sind die gesamten konkreten Verhältnisse zu berücksichtigen. Es müssen Gründe bestehen, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Schwere der drohenden Strafe darf als Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden, genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen (BGE 125 I 60 E. 3a S. 62 mit Hinweisen). Miteinzubeziehen sind die familiären und sozialen Bindungen, die berufliche und finanzielle Situation und die Kontakte zum Ausland (Urteil 1B_424/2011 vom 14. September 2011 E. 4.1 mit Hinweis). Selbst bei einer befürchteten Reise in ein Land, welches die beschuldigte Person grundsätzlich an die Schweiz ausliefern bzw. stellvertretend verfolgen könnte, ist die Annahme von Fluchtgefahr nicht ausgeschlossen (Urteil 1B_422/ 2011 vom 6. September 2011 E. 4.2 mit Hinweis).  
 
4.4. Der Beschwerdeführer befindet sich seit mittlerweile fünf Monaten in Haft und angesichts des Strafantrags der Staatsanwaltschaft von neun Monaten Gefängnis kann kaum gesagt werden, es drohe ihm eine längere Freiheitsstrafe. Trotzdem ist die Fluchtgefahr zu bejahen. Gemäss dem angefochtenen Entscheid ist der Beschwerdeführer rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen worden und droht ihm die Ausschaffungshaft. Unter diesen Voraussetzungen spricht sein Wille, in der Schweiz zu bleiben, nicht gegen Fluchtgefahr. Vielmehr ist in dieser Hinsicht zu befürchten, dass er sich den schweizerischen Behörden und damit auch dem Strafverfahren durch ein Untertauchen im Inland zu entziehen versuchen könnte. Angesichts der drohenden Ausschaffung hat der Beschwerdeführer dabei kaum etwas zu verlieren. Die Fluchtgefahr kann unter diesen Voraussetzungen bejaht werden und es ist nicht ersichtlich, inwiefern sie mit Ersatzmassnahmen gebannt werden könnte. Die Rüge ist somit unbegründet.  
 
5.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann dem Gesuch entsprochen werden (Art. 64 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
2.2. Rechtsanwalt Guido Hensch wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'000.-- entschädigt.  
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Juli 2014 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold