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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 235/05 
 
Urteil vom 29. September 2005 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Krähenbühl 
 
Parteien 
Z.________, 1965, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urban Bieri, Ober-Emmenweid 46, 6020 Emmenbrücke, 
 
gegen 
 
Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft, Steinengraben 41, 4051 Basel, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
(Entscheid vom 11. Mai 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1965 geborene Z.________ zog sich am 12. März 1989 bei einem Skiunfall eine Verletzung des linken Knies zu, welche mehrere operative Eingriffe erforderlich machte. Die Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft (nachstehend: National) kam als Unfallversicherer für die Folgen dieses Ereignisses auf und erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Am 1. Juni 1994 stellte sie diese mit der Begründung ein, der Endzustand der Heilung sei erreicht. Am 13. Dezember 1995 rutschte Z.________ auf Schnee aus und stürzte auf ihr vorgeschädigtes linkes Knie. Damals war sie nicht mehr bei der National versichert und diese lehnte es mangels eines natürlichen Kausalzusammenhanges zu dem bei ihr versicherten Unfallereignis vom 12. März 1989 auch ab, die anhaltenden - und weitere Operationen bedingenden - Beschwerden im Sinne eines Rückfalles oder einer Spätfolge anzuerkennen. Mit in Rechtskraft erwachsenem Entscheid vom 7. Dezember 2000 schützte das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern den Standpunkt der National. Als im Jahre 2002 erneut Beschwerden im linken Knie auftraten, wandte sich Z.________ wiederum an die National. Diese lehnte es indessen mit Verfügung vom 20. Mai 2003 und Einspracheentscheid vom 7. Oktober 2003 nach wie vor ab, Leistungen zu erbringen, da ein Kausalzusammenhang zwischen dem Skiunfall vom 12. März 1989 und den beklagten Beschwerden nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 11. Mai 2005 ab, soweit es darauf eintrat. 
C. 
Z.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Begehren, die National sei zu verpflichten, ihr "die gesetzlichen Leistungen nach UVG zu erbringen". Zudem ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
Die National schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das kantonale Gericht hat die Begriffe Rückfall und Spätfolge (Art. 11 UVV) zutreffend dargelegt und zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Leistungspflicht des Unfallversicherers auch bei Rückfällen und Spätfolgen einen natürlichen (BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 406 Erw. 4.3.1, 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen) und adäquaten (BGE 129 V 181 Erw. 3.2, 405 Erw. 2.2, 125 V 461 Erw. 5a mit Hinweisen) Kausalzusammenhang zwischen einem versicherten Unfallereignis und dem bestehenden Gesundheitsschaden voraussetzt. Richtig ist auch, dass für die Leistungspflicht der Unfallversicherung ein überwiegend wahrscheinlicher Kausalzusammenhang mit dem versicherten Unfallereignis erstellt sein muss. Eine allfällige Beweislosigkeit wirkt sich zum Nachteil der versicherten Person aus, welche einen Rückfall oder eine Spätfolge geltend macht und daraus einen Leistungsanspruch ableiten will (BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweisen). 
1.2 Zum Begriff des auf Grund der Parteivorbringen primär zu prüfenden natürlichen Kausalzusammenhangs ist ergänzend festzuhalten, dass Ursachen im Sinne dieses für allfällige Leistungen notwendigen Erfordernisses alle Umstände sind, ohne deren Vorhandensein der eingetretene Erfolg nicht als eingetreten oder nicht als in der gleichen Weise bzw. nicht zur gleichen Zeit eingetreten gedacht werden kann. Entsprechend dieser Umschreibung ist für die Bejahung des natürlichen Kausalzusammenhangs nicht erforderlich, dass ein Unfall die alleinige oder unmittelbare Ursache gesundheitlicher Störungen ist; es genügt, dass das schädigende Ereignis zusammen mit anderen Bedingungen die körperliche oder geistige Integrität der versicherten Person beeinträchtigt hat, der Unfall mit andern Worten nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch die eingetretene gesundheitliche Störung entfiele (BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 406 Erw. 4.3.1, 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen). 
 
Ob zwischen einem schädigenden Ereignis und einer gesundheitlichen Störung ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht, ist eine Tatfrage, worüber die Verwaltung bzw. im Beschwerdefall das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung nach dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu befinden hat. Die blosse Möglichkeit eines Zusammenhangs genügt für die Begründung eines Leistungsanspruches nicht (BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 119 V 338 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen). 
2. 
Anlässlich des Skiunfalles vom 12. März 1989 zog sich die Beschwerdeführerin am linken Knie eine Ruptur des medialen Seitenbandes und eine Meniskusläsion medial sowie eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes zu. Nach dem am 13. Dezember 1995 erlittenen zweiten Unfall war über wiederkehrende mediale Subluxationen der linken Patella und insbesondere die damit verbundene Knieinstabilität zu befinden. Diesbezüglich wurde erkannt und vom kantonalen Verwaltungsgericht auch rechtskräftig bestätigt, dass diese mit dem Skiunfall vom 12. März 1989 nicht in einem überwiegend wahrscheinlichen Kausalzusammenhang stehen. Wegen der im Jahr 2002 aufgetretenen Kniebeschwerden wurden am 23. April 2002 in der Klinik X.________ eine MRT-Untersuchung und in der Folge eine Arthroskopie des linken Kniegelenks durchgeführt. Der damit betraute Dr. med. B.________, Spezialarzt FMH für orthopädische Chirurgie an der Klinik X.________, diagnostizierte am 11. Oktober 2002 eine spornartige Apposition am Vorder- und Hinterrand des medialen Condylus am linken Knie bei leichter Pangonarthrose bei Status nach multiplen Knieoperationen sowie Status nach VKB-Plastik links mit minimaler Restinstabilität, welche seines Erachtens für die Restbeschwerden jedoch nicht verantwortlich sei. 
 
Der von der National beigezogene Vertrauensarzt Dr. med. V.________, Spezialarzt für Chirurgie FMH, vertrat demgegenüber nach Einsichtnahme in die Berichte des Dr. med. B.________ und die vorhandenen bildgebenden Untersuchungsergebnisse in seiner Stellungnahme vom 23. Dezember 2002 die Ansicht, die aktuellen Beschwerden seien vor allem auf die Spornbildung zurückzuführen, welche ganz eindeutig erst ab 1995 aufgetreten und auf die durch den Sturz vom 13. Dezember 1995 verursachte Patellainstabilität zurückzuführen sei. Am 5. April 2003 äusserte sich Dr. med. V.________ nochmals zu den Ausführungen des Dr. med. B.________ und führte aus, es treffe ohne Zweifel zu, dass die Entwicklung von posttraumatischen Gonarthrosen nicht linear und insbesondere nicht genau vorausberechenbar auftreten und verlaufen würde; es sei aber sehr unwahrscheinlich, dass gonarthrotische Veränderungen, welche sich über vier bis sechs Jahre nach einem ersten Trauma (1989) nicht wesentlich verstärkten und im Anschluss an eine richtunggebende, verschlimmernde und neue operative Massnahmen erfordernde zweite Verletzung (1995) deutlich zunahmen, auf das zeitlich frühere Ereignis zurückzuführen seien. 
3. 
Anders als noch im vorinstanzlichen Verfahren sind sich die Parteien darüber einig, dass über die vorhandenen Subluxationen am linken Knie und deren Zusammenhang mit dem versicherten Skiunfall vom 12. März 1989 bereits mit Entscheid des kantonalen Gerichts vom 7. Dezember 2000 rechtskräftig entschieden worden ist und darauf im jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zurückzukommen ist. Aktuell zur Diskussion steht lediglich noch die Frage, ob zwischen der festgestellten Spornbildung (Osteophyten) bzw. den gonarthrotischen Veränderungen und dem Skiunfall im Jahre 1989 ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht. 
4. 
4.1 Die Beschwerdeführerin stellt zwar direkt ein Begehren auf Zusprechung von Versicherungsleistungen. Die Begründung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde läuft dann aber eher auf einen Rückweisungsantrag hinaus, indem primär beanstandet wird, dass trotz einander widersprechender Meinungsäusserungen von zwei ausgewiesenen Spezialisten keine weitere Expertise eingeholt wurde. 
 
Es trifft zwar zu, dass sich die erfolgte Verneinung eines Kausalzusammenhangs einzig auf die Stellungnahme des von der National beauftragten Dr. med. V.________ stützt, sodass die Rechtfertigung der Forderung nach einer weiteren Begutachtung nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist. Der Vorinstanz kann indessen durchaus darin beigepflichtet werden, dass die Begründung des Dr. med. V.________ für den von ihm eingenommenen Standpunkt einen überzeugenden Eindruck hinterlässt und kaum Zweifel an der Zuverlässigkeit seiner Ausführungen aufkommen können. Auch deutet nichts darauf hin, dass Dr. med. V.________ in seiner Stellung als Vertrauensarzt der Beschwerdegegnerin nicht zu einer objektiven Betrachtungsweise in der Lage wäre und statt dessen eher dazu neigen würde, finanzielle Interessen seiner Auftraggeberin in den Vordergrund zu stellen. Insofern besteht denn auch kein Anlass, den Beweiswert der Berichte des Dr. med. V.________ in Frage zu stellen. Daran ändert der Einwand der Beschwerdeführerin nichts, Dr. med. V.________ könne nicht auf die Ergebnisse selbst durchgeführter Untersuchungen zurückgreifen, sondern stütze sich nur auf das Studium der vorhandenen Akten. Da für die Beantwortung der Kausalitätsfrage nicht allein der aktuelle Gesundheitszustand der betroffenen Person von Bedeutung ist, sondern vielmehr die gesamte Entwicklung seit dem versicherten Unfallereignis im Vordergrund steht, vermag das Fehlen einer persönlich vorgenommenen Untersuchung die Aussagekraft der Stellungnahmen des Dr. med. V.________ nicht zu mindern. Im Übrigen müsste sich auch eine - wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zumindest sinngemäss beantragt - andernorts zusätzlich in Auftrag gegebene Expertise auf eine Beurteilung auf Grund der Akten beschränken. Da nach dem Gesagten kein Anlass besteht, die Objektivität des Dr. med. V.________ anzuzweifeln, und zusätzliche Abklärungen ohnehin einzig bezüglich des aktuellen Zustands des Knieleidens der Beschwerdeführerin, nicht aber bezüglich des Heilungsverlaufs seit dem Unfall vom 12. März 1989 möglich wären, ist auch nicht zu beanstanden, dass Vorinstanz und Verwaltung von der Anordnung einer weiteren Begutachtung abgesehen haben. 
4.2 Dr. med. V.________ spricht sich in seinen Berichten vom 23. Dezember 2002 und 5. April 2003 klar gegen das Vorliegen eines überwiegend wahrscheinlichen natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem Skiunfall im Jahre 1989 und den im Jahre 2002 aufgetretenen Kniebeschwerden aus. Es kann diesbezüglich auf die Erwägungen im kantonalen Entscheid verwiesen werden. Dr. med. B.________ führt demgegenüber Argumente an, welche die Annahme eines Kausalzusammenhangs zwar allenfalls rechtfertigen könnten, einen solchen aber nicht als mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben erscheinen lassen. So legt er gemäss Angaben des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin vom 31. März 2003 etwa dar, dass arthrotische Veränderungen in der ersten Phase nach einem Unfall nur langsam zunehmen und typischerweise erst nach vielen Jahren zu wirklich störenden Osteophyten (Spornbildung) führen können. Daraus, dass dies grundsätzlich zutreffen mag - was auch Dr. med. V.________ in seiner Stellungnahme vom 5. April 2003 einräumt - kann die Beschwerdeführerin indessen schon deshalb nichts zu ihren Gunsten ableiten, weil damit lediglich eine Möglichkeit aufgezeigt wird, was - wie in Erw. 1.2 hievor erwähnt - nicht genügt. Davon, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen wäre, dass sich nach dem zweiten Unfall im Jahre 1995 ein noch vom früheren Unfall im Jahre 1989 herrührendes Leiden plötzlich massiv verstärkt hätte, kann jedenfalls nicht die Rede sein. Auch der Hinweis des Dr. med. B.________ auf Knorpelschäden am medialen Condylus, welche er anlässlich einer am 2. April 1997 durchgeführten Rekonstruktion des lateralen Retinakulums vorgefunden hat und nunmehr auf den Skiunfall vom 12. März 1989 zurückführen will, vermag den behaupteten Kausalzusammenhang nicht hinreichend zu belegen. Vielmehr kann es sich bei diesem Erklärungsversuch des Dr. med. B.________ - wie die Beschwerdegegnerin schon im vorinstanzlichen Verfahren mit Recht eingewendet hat - bloss um eine Vermutung handeln, wurde dieser Eingriff doch erst durchgeführt, nachdem die Beschwerdeführerin auch ihren zweiten Unfall schon erlitten hatte. Im Übrigen lässt die Bejahung des fraglichen Kausalzusammenhangs durch Dr. med. B.________ ohnehin jegliche Begründung vermissen. 
 
Unter diesen Umständen muss es aber damit sein Bewenden haben, dass der streitige natürliche Kausalzusammenhang zwischen den im Jahre 2002 aufgetretenen Kniebeschwerden und dem Skiunfall im Jahre 1989 nicht als mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt gelten kann, womit die Beschwerdegegnerin keine Leistungspflicht trifft. 
5. 
Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten erweist sich daher als gegenstandslos. Die unentgeltliche Verbeiständung kann hingegen gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt Urban Bieri, Emmenbrücke, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 29. September 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: 
i.V.