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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_553/2007 
 
Urteil vom 29. September 2008 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Müller, 
nebenamtlicher Bundesrichter Locher, 
Gerichtsschreiber Fux. 
 
Parteien 
X.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch T & R AG, 
 
gegen 
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern. 
 
Gegenstand 
Kantons- und Gemeindesteuern sowie direkte Bundessteuer 2004, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 6. September 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die X.________ AG, mit Sitz in R.________/BE, bezweckt laut Handelsregistereintrag die Planung und Ausführung sämtlicher Installationsarbeiten im Bereich von Heizungs- und Sanitäranlagen sowie den Handel mit einschlägigen Produkten; sie kann sich an anderen Unternehmungen beteiligen und Grundstücke erwerben. Die Gesellschaft schliesst ihre Bücher per Ende Juni ab. In den hier massgebenden Geschäftsjahren erzielte sie die folgenden Umsätze, welche sie zur Bemessung von Garantierückstellungen heranzog: 
Geschäftsjahr Umsatz CHF Garantierückstellung 2 %Total 2 Jahre 
01.07.02 - 30.06.03 1'757'399.-- 35'148.-- 
01.07.03 - 30.06.04 1'667'737.-- 33'355.-- 68'503.-- 
 
B. 
Die Steuerverwaltung des Kantons Bern veranlagte mit Verfügung vom 12. Oktober 2005 die X.________ AG für die Steuerperiode 2004 abweichend von ihrer Selbstschatzung auf einen steuerbaren Gewinn von Fr. 100'553.-- bei den Kantons- und Gemeindesteuern sowie bei der direkten Bundessteuer und auf ein steuerbares Kapital von Fr. 793'773.--. Die Abweichung beruht auf der Kürzung der Garantierückstellung um Fr. 33'350.--. 
 
C. 
Die Steuerrekurskommission des Kantons Bern hiess auf Einsprache hin den (Sprung-)Rekurs und die (Sprung-)Beschwerde gegen die Veranlagungsverfügung gut und setzte den steuerbaren Gewinn für die Kantons- und Gemeindesteuer sowie für die direkte Bundessteuer der Steuerperiode 2004 auf Fr. 77'203.-- herab (Entscheid vom 17. Oktober 2006). 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess seinerseits eine Beschwerde der Steuerverwaltung des Kantons Bern mit Einzelrichterentscheid vom 6. September 2007 gut und setzte den steuerbaren Gewinn bei der Kantons- und Gemeindesteuer sowie für die direkte Bundessteuer auf Fr. 102'353.-- fest, das steuerbare Kapital auf Fr. 795'573.--. 
 
D. 
Die X.________ AG hat am 5. Oktober 2007 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht. Sie beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 6. September 2007 sei aufzuheben, der steuerbare Reingewinn 2004 sei für die Kantons- und Gemeindesteuer sowie für die direkte Bundessteuer auf Fr. 77'203.-- festzusetzen und das steuerbare Kapital pro 2004 auf Fr. 770'423.--. Die Beschwerdeführerin macht geltend, indem die Vorinstanz für die Berechnung der zulässigen, pauschalisierten Rückstellungen nur den garantiepflichtigen Umsatz des laufenden Jahres berücksichtige und nicht auch denjenigen des Vorjahres oder gegebenenfalls der Vorjahre, missachte sie den relevanten Bemessungszeitraum. Sie rügt ausdrücklich eine unrichtige Auslegung und Anwendung der einschlägigen bernischen Abschreibungsverordnung. 
 
E. 
Die Steuerverwaltung und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, welches Rechtsmittel zulässig und in welchem Umfang darauf einzutreten ist (BGE 134 II 120 E. 1 S. 121, mit Hinweisen). 
 
1.1 Gegen den Entscheid des bernischen Verwaltungsgerichts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht sowohl hinsichtlich der kantonalen Steuern als auch der Bundessteuern zulässig (Art. 82 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110]; Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11] sowie Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]). 
 
1.2 Mit der Beschwerde kann (unter anderem) die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG; vgl. hierzu BGE 133 II 249 E. 1.2.1 S. 251 f., mit Hinweisen). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an, ohne an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente oder an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden zu sein (vgl. Art. 106 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254, mit Hinweisen). Dabei legt es seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG sowie BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f., mit Hinweisen). 
 
1.3 Die Beschwerdeführerin ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt (vgl. hierzu BGE 133 II 249 E. 1.3.1 S. 252 f., mit Hinweisen). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten (Art. 100 BGG). 
 
1.4 Die Beschwerdeschrift hat unter anderem die Begehren und deren Begründung zu enthalten; in der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Die Vorbringen müssen sachbezogen sein, damit aus der Beschwerdeschrift ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid beanstandet wird (Urteil 2C_416/2007 vom 29. August 2007, E. 3.2, mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine entsprechende Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. hierzu BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254, mit Hinweisen). 
Es ist fraglich, ob hier diese gesetzlichen Begründungsanforderungen erfüllt sind und ob überhaupt eine rechtsgenügende Rüge vorliegt. Immerhin kann die in der Beschwerdeschrift vorgebrachte Kritik bei wohlwollender Lesart sinngemäss so verstanden werden, dass die von der Vorinstanz vertretene Auslegung der bernischen Abschreibungsverordnung vom 18. Oktober 2000 (AbV/BE) gegen übergeordnetes Bundesrecht (DBG, StHG) verstösst. Die Eintretensfrage kann aber letztlich offenbleiben, weil die Beschwerde in der Sache ohnehin abzuweisen ist. 
 
2. 
Die bernische Abschreibungsverordnung lässt Rückstellungen zu "für Verpflichtungen, die im Geschäftsjahr bestehen" (Art. 15 Abs. 1 AbV/BE). Für Garantie- und Gewährleistungspflichten sind Rückstellungen "auf dem garantiepflichtigen Umsatz" ohne nähere Prüfung zu einem Pauschalsatz (1 % bzw. 2 %) zulässig, höhere Rückstellungen nur gegen Nachweis (Art. 1 Abs. 4 AbV/BE). 
Umstritten ist, ob für die pauschale Berechnung der Rückstellungen nur der Umsatz des laufenden Geschäftsjahrs oder auch derjenige der Vorjahre zu berücksichtigen ist. 
 
2.1 Bei der direkten Bundessteuer sind nach Art. 63 Abs. 1 DBG Rückstellungen zu Lasten der Erfolgsrechnung zulässig für im Geschäftsjahr bestehende Verpflichtungen, deren Höhe noch unbestimmt ist (lit. a); Verlustrisiken, die mit Aktiven des Umlaufvermögens, insbesondere Waren und Debitoren, verbunden sind (lit. b); andere unmittelbar drohende Verlustrisiken, die im Geschäftsjahr bestehen (lit. c) und - unter gewissen Bedingungen - für künftige Forschungs- und Entwicklungsaufträge (lit. d). Der Rückstellungsbegriff von Art. 63 DBG erfasst damit neben eigentlichen Rückstellungen (vgl. Art. 669 OR) zusätzlich auch Wertberichtigungen und Rücklagen zu Sonderzwecken. Die Rückstellungen haben nur vorübergehenden Charakter. Auch wenn Rückstellungen in der Folgeperiode erfolgswirksam aufgelöst (und dann allenfalls neu gebildet) werden, verbietet das Periodizitätsprinzip eine Schmälerung des steuerbaren Gewinns mittels übersetzter Rückstellungen (Urteil 2A.464/2006 vom 15. Januar 2007, E. 5.1; Urteil 2A.99/2004 vom 27. Oktober 2004, E. 2, in: StR 60 S. 117 ff.). Gemäss dem im schweizerischen Steuerrecht geltenden Periodizitätsprinzip hat ein Unternehmen im Steuerjahr denjenigen Gewinn zu versteuern, den es in der entsprechenden Steuerperiode erzielt hat. Es dürfen demnach nicht die Ergebnisse der Geschäftsperiode untereinander ausgeglichen werden, indem diejenigen einer Periode zugunsten oder zu Lasten einer andern vermindert oder erhöht werden. Liegt eine Verletzung des Periodizitätsprinzips vor, so ist eine steuerliche Korrektur vorzunehmen (vgl. Urteil 2A.549/2005 vom 16. Juni 2006, E. 2.2, in: StE 2007 B 72.11 Nr. 14; zur steuerrechtlichen Verbindlichkeit der handelsrechtlichen Bilanz vgl. ebenda, E. 2.1). 
Für Garantieleistungen ist die Höhe der Rückstellung aufgrund der bisherigen Aufwendungen für Garantiearbeiten im Vergleich zum jeweiligen Umsatz zu berechnen (Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, Therwil/Basel 2001, Rz. 23 zu Art. 29 DBG; Jürg Stoll, Die Rückstellung im Handels- und Steuerrecht, Diss. ZH 1992, S. 251). Allerdings werden in der Praxis immer mehr pauschalisierte, auf dem Umsatz bemessene Rückstellungen zugelassen. So hat sich im Kanton Zürich beispielsweise im Baugewerbe in der Praxis durchgesetzt, dass 1-2 % der letzten beiden dem Bilanzstichtag vorangegangenen Jahresumsätze als Bruttogarantierückstellungen anerkannt werden (Felix Richner/Walter Frei/Stefan Kaufmann/Hans Ulrich Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. Aufl. Zürich 2006, Rz. 81 zu § 64 StG/ZH). Im Kanton St. Gallen werden Rückstellungen für Baugarantien im Baugewerbe als Pauschale mit 1 % des gesamten garantiepflichtigen Umsatzes der letzten zwei Jahre zugestanden (Heinz Weidmann/Benno Grossmann/Rainer Zigerlig, Wegweiser durch das St. Gallische Steuerrecht, 6. Aufl. Muri-Bern 1999, S. 66). Im Kanton Aargau hat sich in der Praxis die Regel durchgesetzt, dass 1 % auf dem letzten und ½ % auf dem vorletzten Jahresumsatz als Bruttogarantierückstellungen zugelassen werden (Philipp Funk, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Band 1, 2. Aufl. Muri-Bern 2004, Rz. 35 zu § 36 StG/AG). Im Kanton Thurgau schliesslich wird dem Bau- und Baunebengewerbe eine Garantierückstellung von 1 % des gesamten garantiepflichtigen Umsatzes des letzten Jahres zugestanden (Stoll, a.a.O., S. 251). 
Es ist davon auszugehen, dass diese Praxen nicht nur für die jeweiligen kantonalen Steuern, sondern ebenso für die direkte Bundessteuer angewendet werden (vgl. etwa Richner/Frei/Kaufmann, a.a.O., Rz. 9 zu Art. 29 DBG). Daraus erhellt, dass die bernische Pauschale von 2 % auf dem Umsatz des laufenden Jahres gemäss dem angefochtenen Entscheid betragsmässig durchaus im Rahmen liegt und insofern mit Art. 63 DBG in Einklang steht. Jedenfalls behauptet die Beschwerdeführerin nicht, sie habe in der Vergangenheit regelmässig Garantieverpflichtungen gehabt, welche über der so bemessenen Pauschale lagen. 
 
2.2 Bei den kantonalen Steuern ergibt sich die Zulässigkeit von Rückstellungen bei juristischen Personen aus Art. 24 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 lit. b StHG und Art. 92 des bernischen Steuergesetzes vom 21. Mai 2000 (StG/BE). Danach sind Rückstellungen und Wertberichtigungen zu Lasten der Erfolgsrechnung insbesondere zulässig für "im Geschäftsjahr bestehende Verpflichtungen, deren Höhe noch unbestimmt ist" (Art. 92 Abs. 1 lit. a StG/BE). Die oben (sub E. 2.1) gemachten Ausführungen zur direkten Bundessteuer gelten für die kantonalen Steuern sinngemäss. Die von der Vorinstanz (und von der Steuerverwaltung) befürwortete Auslegung von Art. 15 AbV/BE, wonach der Pauschalsatz auf den Umsatz des laufenden Geschäftsjahrs angewendet wird, ist durch den Wortlaut der Bestimmung gedeckt und entspricht, wie oben aufgezeigt, der Steuerpraxis in anderen Kantonen. Im Übrigen bleibt es der Beschwerdeführerin wie gesagt unbenommen, einen höheren Rückstellungsbedarf konkret nachzuweisen (vgl. Art. 15 Abs. 4 AbV/BE). 
 
3. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht zu tragen (Art. 65 f. BGG). Parteientschädigung ist keine auszurichten (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 29. September 2008 
Im Namen der II. Öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Merkli Fux