Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 133/03 
 
Urteil vom 29. Oktober 2003 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber Flückiger 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dominik Frey, Stadtturmstrasse 10, 5400 Baden, 
 
gegen 
 
Arbeitslosenkasse SYNA, Regionalsekretariat, Neumarkt 2, 5200 Brugg AG, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
(Entscheid vom 18. März 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________, arbeitete ab 1. Juli 2001 als Gruppenleiter beim Arbeit-geber Y.________ Nachdem zuvor Gespräche geführt worden waren, teilte der Vorgesetzte X.________ mit Schreiben vom 26.Februar 2002 mit, er betrachte ihn als für diese Führungsfunktion nicht geeignet, und bot ihm eine Vertragsänderung und Weiterbeschäftigung als IC-Berater an. X.________ lehnte diese Vertragsänderung ab, worauf der Arbeitgeber Y.________ am 19. März 2002 das Anstellungsverhältnis per 30. Juni 2002 kündigte. 
X.________ beantragte daraufhin Arbeitslosenentschädigung. Mit Verfügung vom 1. Oktober 2002 stellte ihn die Arbeitslosenkasse SYNA für die Dauer von 45 Tagen ab 1. Juli 2002 wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit in der Anspruchsberechtigung ein. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau teilweise gut und reduzierte die Dauer der Einstellung auf 31 Tage (Entscheid vom 18. März 2003). 
C. 
X.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und er sei nicht in seiner Anspruchsberechtigung einzustellen. Eventualiter sei die Einstellung auf maximal 20 Tage zu reduzieren. 
Die Arbeitslosenkasse und das Staatssekretariat für Wirtschaft und Arbeit verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung bei selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit (Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG und Art. 44 Abs. 1 AVIV) zutreffend dargelegt, ebenso die dazu ergangene Rechtsprechung (ARV 1998 Nr. 9 S. 44 Erw. 2b; SVR 1997 ALV Nr. 105 S. 324 Erw. 2a; ARV 1998 Nr. 7 S. 89 Erw. 1a mit Hinweisen). Gleiches gilt für die Ausführungen zur Anwendbarkeit des ATSG (vgl. BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen; BGE 129 V 115 Erw. 2.2). Darauf wird verwiesen. 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer rügt, das kantonale Gericht habe die Frage der Einstellung fälschlicherweise unter dem Blickwinkel von Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV geprüft. Der Arbeitgeber und nicht der Versicherte habe die Kündigung ausgesprochen. Da er den ihm angebotenen neuen Arbeitsvertrag nicht angenommen habe, wäre eine allfällige Sanktion wegen unbegründeter Ablehnung einer nicht amtlich zugewiesenen zumutbaren Stelle (Art. 30 Abs. 1 lit. c AVIG i.V.m. Art. 44 Abs. 2 AVIV) zu prüfen gewesen. 
2.2 Der Argumentation des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Er lehnte das Angebot einer Vertragsänderung und eine Weiterbeschäftigung als IC-Berater ab, obwohl ihm bewusst war, dass der Arbeitgeber ihm bei Nichtakzept kündigen werde. Damit hat er auf eine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses verzichtet, weshalb eine selbstverschuldete Arbeitslosigkeit im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG zu prüfen ist. Nach der Rechtsprechung ist Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV auch anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Kündigung ausspricht, weil der Arbeitnehmer seine Zustimmung zu einer Vertragsänderung verweigert (ARV 1986 Nr. 23 S. 91 Erw. 1 mit Hinweisen; Jacqueline Chopard, Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung, Diss. Zürich 1998, S. 119). 
3. 
Unbestritten ist, dass dem Versicherten im Zeitpunkt der Kündigung keine andere Stelle zugesichert war. Streitig ist jedoch, ob ihm das Verbleiben an der Arbeitsstelle zugemutet werden konnte (vgl. Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV). 
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die im neuen Vertrag vorgesehene Tätigkeit wäre unzumutbar gewesen, da er die Funktion eines bisher Untergebenen hätte übernehmen müssen und sowohl unter seinen Kollegen wie auch dem Vorgesetzen - einem Klima des Mobbings - zu leiden gehabt hätte. Die angebotene Arbeit habe weder angemessen auf seine bisherige Tätigkeit als ehemaliger Vorgesetzter Rücksicht genommen, noch wäre sie seinen persönlichen Verhältnissen und seinem Gesundheitszustand angemessen gewesen. 
3.2 Die Frage der Zumutbarkeit des Verbleibens an der bisherigen Arbeitsstelle ist nach Art. 16 AVIG zu beurteilen, wonach grundsätzlich jede Arbeit zumutbar ist (Abs. 1), ausser es sei einer der in Abs. 2 abschliessend aufgelisteten Ausnahmetatbestände erfüllt (BGE 124 V 63 Erw. 3b). Nach der Rechtsprechung ist die Zumutbarkeit jedoch beim Verbleiben am Arbeitsplatz strenger zu beurteilen als bei der Annahme einer neuen Stelle (Urteil S. vom 30. März 2001, C 122/00, Erw. 2a; SVR 1997 ALV Nr. 105 S. 324 Erw. 2a). 
Ein schlechtes Arbeitsklima oder Spannungen zwischen dem Versicherten und seinen Arbeitskollegen oder Vorgesetzten begründen noch keine Unzumutbarkeit (SVR 1997 ALV Nr. 105 S. 324 Erw. 2a; ARV 1986 Nr. 23 S. 90). Sie können allenfalls im Rahmen der Verschuldensbeurteilung berücksichtigt werden. Eine Unzumutbarkeit aus gesundheitlichen Gründen (Art. 16 Abs. 1 lit. c) ist im vorliegenden Fall nicht - wie von der Rechtsprechung gefordert (BGE 124 V 238 Erw. 4b/bb) - mit einem ärztlichen Zeugnis ausgewiesen. 
3.3 Gemäss Art. 16 Abs. 2 lit. b AVIG ist eine Arbeit unzumutbar, die nicht angemessen auf die Fähigkeiten oder die bisherige Tätigkeit des Versicherten Rücksicht nimmt. Mit der Rücksicht auf die Fähigkeiten soll der Versicherte wohl vor Überforderung, nicht aber vor Unterforderung geschützt werden (Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz. 239; Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. I, N 16 zu Art. 16). Die geforderte Rücksichtnahme auf die bisherige Tätigkeit soll verhindern, dass der Versicherte seine bereits vorhandenen beruflichen Qualifikationen verliert, weil ihm eine ausserberufliche Arbeit zugewiesen wird. Besonders bedeutsam ist dies bei hoch qualifizierten Berufsleuten (Gerhards, a.a.O., N 18 zu Art. 16) sowie in Berufen mit schnell änderndem Fachwissen. 
Der Beschwerdeführer war erst seit acht Monaten Gruppenleiter, als ihm der Arbeitgeber mitteilte, er erachte ihn als für diese Funktion nicht geeignet, und einen Wechsel zum IC-Berater anbot. Eine spezielle Qualifikation als Führungskraft ist beim Beschwerdeführer weder durch Weiterbildung noch durch langjährige Berufspraxis ausgewiesen. Da ihm auch keine ausserberufliche Arbeit zugewiesen wurde, ist die Rüge der mangelnden Rücksichtnahme auf seine Fähigkeiten und bisherige Tätigkeit unbegründet. 
3.4 Dem Beschwerdeführer wäre es demnach zumutbar gewesen, die Vertragsänderung und damit den Wechsel in die Funktion eines IC-Beraters anzunehmen und aus dieser Position eine neue Stelle zu suchen. 
4. 
4.1 Die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung richtet sich nach dem Verschulden (Art. 45 Abs. 2 AVIV). Ein schweres Verschulden liegt vor, wenn der Versicherte ohne entschuldbaren Grund eine zumutbare Arbeitsstelle ohne Zusicherung einer neuen aufgegeben oder eine zumutbare Arbeit abgelehnt hat (Art. 45 Abs. 3 AVIV). Wie die Vorinstanz richtig ausgeführt hat, kommt dem konkreten Sachverhalt für die Verschuldensbeurteilung beim Einstellungsgrund der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Zusicherung einer neuen Stelle im Allgemeinen grössere Bedeutung zu, als bei der Ablehnung einer zumutbaren Arbeit, wo Tatsache und Schwere des Verschuldens meist klar feststehen. Art. 45 Abs. 3 AVIV kann deshalb bei Einstellungen nach Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV lediglich die Regel bilden, von welcher beim Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall abgewichen werden darf (ARV 2000 Nr. 8 S. 38 Erw. 2c; ARV 2000 Nr. 9 S. 45 Erw. 4b/aa). 
4.2 Wie das kantonale Gericht richtig erkannt hat, ist zu Gunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, dass er eine Lohneinbusse von rund 25 Prozent hätte in Kauf nehmen müssen und das Verhältnis zum Vorgesetzten sowie zu den Arbeitskollegen erheblich belastet war. So wurden gemäss den glaubhaften Darlegungen des Beschwerdeführers während seiner Abwesenheit ohne sein Einverständnis private Mails geöffnet und deren Inhalt weiterverbreitet. Zu beachten ist auch die hierarchische Rückstufung vom Gruppenleiter zum IC-Berater. Damit sind - entgegen der implizit geäusserten Auffassung der Vorinstanz - besondere Umstände gegeben, welche es rechtfertigen, die Einstellungsdauer innerhalb des für ein mittelschweres Verschulden vorgesehenen Rahmens festzusetzen. Gemäss Art. 45 Abs. 2 lit. b AVIV dauert die Einstellung in der Anspruchsberechtigung bei mittelschwerem Verschulden zwischen 16 und 30 Tagen. Innerhalb dieser Bandbreite erscheint der Mittelwert von 23 Einstellungstagen als angemessen. 
5. Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend, steht dem Beschwerdeführer eine reduzierte Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 18. März 2003 dahingehend abgeändert, dass die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung von 31 auf 23 Tage herabgesetzt wird. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die Arbeitslosenkasse SYNA hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wird über eine Neuverlegung der Parteikosten für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Aargau und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 29. Oktober 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: