Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.120/2006 /zga 
 
Urteil vom 30. Juni 2006 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch, 
Bundesrichter Mathys, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Parteien 
X.________, 
Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Raymond Bisang, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beklagten und Berufungsbeklagten, vertreten durch Rechtsanwältin Jolanda Fleischli. 
 
Gegenstand 
Mäklervertrag, 
 
Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz, Zivilkammer, vom 10. Januar 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.a Am 23. April 1999 schloss X.________ (Klägerin) unter ihrer als "X.________ und Partner" bezeichneten Einzelfirma mit Y.________ (Beklagter) folgende Vereinbarung: 
"Leistungen der Fa. Y.________ Generalunternehmung 
- -:- 
- Erteilt das Alleinverkaufsrecht an Fa. X.________ & Partner 
- Bestehende Interessenten resp. Reservationen werden an X.________ & Partner übergeben 
- Übernahme der Käuferschaft nach Kaufzusage 
- Personelle Unterstützung an "Tag der offenen Tür" 
- Bei Rücktritt einer Käuferschaft kann die Fa. X.________ & Partner den Arbeitsaufwand in Rechnung stellen. (Fr. 130.--/Std.) 
- Alle Insertions- und Verkaufskosten gehen zu Lasten der Fa. Y.________ 
- Verkaufsprovision 1,1% 
Leistungen der Fa. X.________ & Partner 
- Verkauf von allen Eigentumswohnungen der Ueberbauung "A.________ 
- Kundenkontakte und Wohnungsbesichtigungen 
- Ueberwachung und Plazierung (sic) der Inserate 
- Organisation und Durchführung von "Tag der offenen Tür" 
- Betreuung der Käuferschaft bis zur Unterzeichnung der Kaufzusage". 
A.b In der Folge hat die Klägerin Kaufinteressenten vermittelt, die vom Beklagten Eigentumswohnungen erwarben. Einen Teil der Eigentumswohnungen verkaufte der Beklagte ohne Mitwirkung der Klägerin. Am 23. Dezember 2000 kündigte er den der Beklagten erteilten Verkaufsauftrag mit sofortiger Wirkung. 
B. 
Mit Klage vom 25. Mai 2001 belangte die Klägerin den Beklagten vor Bezirksgericht March auf Zahlung von Fr. 148'203.25 nebst Zins. In teilweiser Gutheissung der Klage verpflichtete das Bezirksgericht March den Beklagten am 22. Dezember 2003, der Klägerin Fr. 6'987.50 nebst Zins zu bezahlen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Es kam zum Ergebnis, dass sich die Parteien weder schriftlich noch mündlich auf eine verschärfte Exklusivklausel geeinigt oder auf den Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Mäklers und dem erfolgten Verkauf verzichtet hätten. Es hielt daher die eingeklagten Provisionsansprüche von Fr. 133'016.--, welche die Klägerin aus den direkt und unter Umgehung der Klägerin durch den Beklagten getätigten Verkäufen ableitete, für unbegründet. Das Kantonsgericht des Kantons Schwyz bestätigte dieses Urteil auf Berufung der Klägerin und Anschlussberufung des Beklagten am 10. Januar 2006. 
C. 
Die Klägerin beantragt dem Bundesgericht mit Berufung, den Beklagten zu verpflichten, ihr Fr. 140'003.50 nebst Zins zu bezahlen. Der Beklagte schliesst auf kostenfällige Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Unter den Parteien herrscht Einigkeit darüber, dass ihr Vertragsverhältnis als Mäklervertrag (Art. 412 ff. OR) zu qualifizieren ist. Hingegen streiten sie über die Bedeutung des vereinbarten Alleinverkaufsrechts. Der Beklagte ist der Meinung, er sei zu Direktverkäufen aufgrund eigener Bemühungen ohne Einschaltung eines anderen Mäklers berechtigt gewesen, weshalb er der Klägerin für solche Verkäufe keine Provision schulde. Die Klägerin vertritt demgegenüber die Auffassung, dem Beklagten seien auch Direktverkäufe verboten gewesen, was sich insbesondere aus der Verpflichtung des Beklagten ergebe, bestehende Interessenten resp. Reservationen der Klägerin zu übergeben. 
2. 
2.1 Durch den Mäklervertrag erhält der Mäkler den Auftrag, gegen eine Vergütung Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen oder den Abschluss eines Vertrages zu vermitteln (Art. 412 Abs. 1 OR). Der Mäklervertrag steht im allgemeinen unter den Vorschriften über den einfachen Auftrag (Art. 412 Abs. 2 OR). Der Mäklerlohn ist verdient, sobald der Vertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Mäklers zustande gekommen ist (Art. 413 Abs. 1 OR). Charakteristisch für den Mäklervertrag ist dessen Entgeltlichkeit und Erfolgsbedingtheit aufgrund der Tätigkeit des Mäklers zum Nachweis oder zur Vermittlung eines Vertrages, der seinerseits unterschiedlichster Natur sein kann. Der Mäklerlohn ist geschuldet, wenn der im Mäklervertrag bezeichnete Hauptvertrag infolge der Bemühungen des Mäklers abgeschlossen worden ist, wobei der Mäkler die Erfüllung dieser Bedingungen nachzuweisen hat (BGE 131 III 268 E. 5.1.2 S. 275; 124 III 481 E. 3a S. 483, je mit Hinweisen). 
2.2 Art. 413 OR ist jedoch dispositiver Natur. Die Parteien können insbesondere den in zweifacher Hinsicht aleatorischen Charakter des Mäklervertrages (Unsicherheit, ob ein Interessent gefunden und - gegebenenfalls - der Auftraggeber mit diesem zum Abschluss kommen wird, Hofstetter, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. VII/6 S. 171) mildern und eine Provisionsgarantie in dem Sinne vereinbaren, dass der Auftraggeber dem Mäkler den Lohn ganz oder teilweise auch für den Fall zusichert, dass nicht dieser den Abschluss herbeigeführt hat oder dass ein Abschluss unterbleibt (BGE 131 III 268 E. 5.1.2 S. 275, mit Hinweisen; 100 II 361 E. 3d S. 365; Ammann, Basler Kommentar, 3. Auflage, N. 13 zu Art. 413 OR). Wird die Entlöhnung nicht an den Erfolg, sondern zum Beispiel an die vom "Mäkler" aufgewendete Zeit und den Aufwand gebunden, charakterisiert sich der Vertrag unter Umständen nicht als Mäklervertrag, sondern als gewöhnlicher Auftrag, bei welchem der Beauftragte in der Gestaltung der für den Auftraggeber zu entfaltenden Aktivität weniger frei ist als der Mäkler (BGE 131 III 268 E. 5.1.2 S. 276 mit Hinweisen). Ebenso können die Parteien Exklusivität vereinbaren, indem der Auftraggeber etwa verspricht, keine weiteren Vermittler einzuschalten. Im Gegenzug ist der Mäkler jedoch verpflichtet, für seinen Auftraggeber tätig zu werden (BGE 103 II 129 E. 3 S. 133 f.). Die vereinbarte Ausschliesslichkeit kann sogar so weit gehen, dass dem Auftraggeber verboten wird, sich selbst um den Abschluss zu bemühen, was bedeutet, dass er den Mäkler auch beiziehen muss, wenn er selbst den Vertragspartner gefunden hat. Die Gültigkeit auch einer derart verschärften Ausschliesslichkeitsklausel könnte nach Lehre und Rechtsprechung nur dann zweifelhaft sein, wenn der Mäkler danach, ohne in irgend einer Weise für den Auftraggeber aktiv geworden zu sein, Anspruch auf Provision erheben könnte, weil eine solche Klausel auf ein Schenkungsversprechen hinausliefe (BGE 100 II 361 E. 3d S. 366; Bundesgerichtsurteil 4C.228/2005 vom 25. Oktober 2005 E. 3, mit Hinweisen; vgl. aber auch Hofstetter, a.a.O., S. 182, der die Verpflichtung des Mäklers zur Tätigkeit als Gültigkeitserfordernis im Blick auf die jederzeitige Widerruflichkeit des Auftrags für entbehrlich hält). 
2.3 Der Mäklervertrag unterliegt keinen Formvorschriften und kann auch konkludent abgeschlossen werden. Was die Parteien im Einzelnen vereinbart haben, bestimmt sich nach den allgemeinen Auslegungsregeln (BGE 113 II 49 E. 1 S. 50 ff.; Bundesgerichtsurteil 4C.228/2005 E. 3 mit Hinweisen). Danach ist in erster Linie der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien festzustellen (vgl. Art. 18 Abs. 1 OR). Diese subjektive Vertragsauslegung beruht auf Beweiswürdigung, die vorbehältlich der Ausnahmen von Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG der bundesgerichtlichen Überprüfung im Berufungsverfahren entzogen ist (BGE 132 III 268 E. 2.3.2 S. 274; 131 III 606 E. 4.1 S. 611, je mit Hinweisen). Erst wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten. Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von Willenserklärungen im Berufungsverfahren als Rechtsfrage, wobei es an Feststellungen des kantonalen Richters über die äusseren Umstände sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist (Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG; BGE 132 III 24 E. 4 S. 28; 268 E. 2.3.2 S. 274 f.; 131 III 606 E. 4.1 S. 611, je mit Hinweisen). Massgebend ist dabei der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Nachträgliches Parteiverhalten ist bei der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip nicht von Bedeutung; es kann höchstens - im Rahmen der Beweiswürdigung - auf einen tatsächlichen Willen der Parteien schliessen lassen (BGE 129 III 675 E. 2.3 S. 680; 118 II 365 E. 1 S. 366; 107 II 417 E. 6 S. 418). 
3. 
Die Vorinstanz führt aus, es lasse sich mangels entsprechender übereinstimmender Willenserklärung in tatsächlicher Hinsicht nicht ermitteln, ob die Parteien übereingekommen seien, auch nach Abschluss der Vereinbarung vom 23. April 1999 dem Beklagten das Recht vorzubehalten, Direktverkäufe zu tätigen, ohne dafür der Klägerin eine Provision zu schulden. Es sei deshalb der mutmassliche Parteiwille zu ermitteln. Dabei berücksichtigte die Vorinstanz neben dem Wortlaut "als ergänzendes Auslegungsmittel" das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss. In dieser Hinsicht stellte die Vorinstanz fest, der Beklagte habe im Mai, August und September 1999 Inserate erscheinen lassen, in denen er selbst als Kontaktperson für Beratung und Verkauf der Wohnungen aufgeführt worden sei. Er habe den Personen, die sich darauf gemeldet hätten, Verkaufsunterlagen zugestellt und lediglich einen Teil der Kaufinteressenten für weitere Kontakte an die Klägerin verwiesen, den anderen Teil selbst weiter betreut. Davon habe die Klägerin bereits am 21. Mai 1999 gewusst. Dennoch habe sie während rund eineinhalb Jahren nichts dagegen unternommen, nicht gegen die Direktverkäufe opponiert und keine Provisionsrechnung gestellt, weil sie nach eigenen Angaben befürchtete, der Auftrag werde gekündigt, wenn sie Rechnung stelle. Erst mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 habe sie die vom Beklagten vorgenommenen Direktabschlüsse beanstandet. Nach Auffassung der Vorinstanz deutet das beschriebene nachträgliche Verhalten der Parteien klar darauf hin, dass sie mit Vereinbarung vom 23. April 1999 keine verschärfte Exklusivklausel abgeschlossen haben, sondern davon ausgegangen sind, der Beklagte sei zum Direktverkauf von Wohnungen ohne Mitwirkung der Klägerin berechtigt. Zusammenfassend erwog die Vorinstanz, die Auslegung der Vereinbarung vom 23. April 1999 nach dem Vertrauensprinzip führe zum Schluss, dass nicht der Abschluss einer verschärften, sondern lediglich einer einfachen Exklusivklausel dem mutmasslichen Parteiwillen entsprochen habe. 
3.1 Soweit die Vorinstanz ausführt, sie habe die Vereinbarung nach dem Vertrauensprinzip ausgelegt, verkennt sie, dass dabei das nachträgliche Verhalten der Parteien ausser Betracht zu bleiben hat, da es sich logisch verbietet, gestützt auf einen in der Zukunft liegenden, den Parteien noch unbekannten Umstand (deren Verhalten nach Abschluss des Vertrages) festzulegen, zu welchen Annahmen über den Inhalt des Vertrages sie bei dessen Abschluss berechtigt waren. Bereits in BGE 107 II 417 E. 6 S. 418 stellte das Bundesgericht klar, dass für die Vertrauensauslegung nur Umstände mit zu berücksichtigen sind, die den Parteien bei Vertragsschluss bekannt oder erkennbar waren. Später eintretende Umstände wie das nachträgliche Verhalten der Parteien lassen dagegen erkennen, wie sie selbst den Vertrag seinerzeit gemeint hatten. Darauf gestützte Erkenntnisse ergeben aber den wirklichen, nicht den hypothetischen Parteiwillen. Die Vorinstanz hat mithin entgegen ihren Ausführungen die Vereinbarung nicht nach dem Vertrauensprinzip ausgelegt, sondern vielmehr aus dem nachträglichen Verhalten der Parteien auf deren tatsächlichen Willen bei Vertragsschluss geschlossen. Derartige tatsächliche Schlussfolgerungen sind der Überprüfung durch das Bundesgericht im Berufungsverfahren entzogen (BGE 132 III 268 E. 2.3.2 S. 274; 131 III 606 E. 4.1 S. 611, je mit Hinweisen), weshalb auf die entsprechenden Vorbringen der Klägerin nicht einzutreten ist. Haben die Parteien tatsächlich keine verschärfte Exklusivklausel vereinbart, ist die Berufung zum Scheitern verurteilt, unabhängig davon, ob die übrigen Ausführungen der Vorinstanz zutreffen. Auch insoweit ist auf die Berufung nicht einzutreten, da dies auf einen blossen Streit über Entscheidungsgründe hinausliefe, wofür kein Rechtsschutzinteresse besteht (BGE 122 III 43 E. 3 S. 45; 116 II 721 E. 6a S. 730). 
3.2 Selbst wenn sich aus dem nachträglichen Verhalten der Klägerin nicht deren tatsächlicher Wille bei Vertragsschluss ergeben sollte, wie die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich angenommen hat, wäre darin jedenfalls eine konkludente Vertragsänderung zu erblicken, sollte denn anzunehmen sein, die Parteien hätten sich ursprünglich auf den von der Klägerin behaupteten Inhalt geeinigt (vgl. dazu Kramer, Berner Kommentar, N. 28 zu Art. 18 OR). Indem die Klägerin den ihrer Meinung nach vertragswidrigen Aktivitäten des Beklagten über eineinhalb Jahre lang ohne jegliche Abmahnung zusah, liess sie ihn im Glauben, sie billige sein Verhalten. Er war nach Treu und Glauben zur Annahme berechtigt, die Klägerin sei nunmehr damit einverstanden, dass er sich selbst um Verkäufe bemühe und diese abwickle. Im Ergebnis hat die Vorinstanz daher kein Bundesrecht verletzt, wenn sie der Klägerin allfällige Ansprüche gestützt auf Art. 2 ZGB versagte, beruht doch die normative Auslegung letztlich auf dieser Bestimmung. 
4. 
Aus den dargelegten Gründen kann auf die Berufung insgesamt nicht eingetreten werden, so dass die Klägerin kosten- und entschädigungspflichtig wird (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die Berufung wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'500.-- wird der Klägerin auferlegt. 
3. 
Die Klägerin hat den Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 30. Juni 2006 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: