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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_893/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. Juni 2017  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Bügler, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Cao, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Abänderung Scheidungsurteil, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 21. Oktober 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
 
A.a. Mit Urteil des Bezirksgerichts U.________ vom 2. Dezember 2008 wurde die Ehe von B.________ und A.________ geschieden. Die Kinder der Parteien C.________ (2004) und D.________ (2006) wurden unter die elterliche Sorge von A.________ gestellt und B.________ verpflichtet, ihr monatliche und indexierte Kinderunterhaltsbeiträge von je Fr. 590.--, zuzüglich allfälliger Kinderzulagen zu bezahlen. Im Urteil wurde das Einkommen von B.________ mit Fr. 4'000.-- pro Monat, jenes von A.________ mit Fr. 0.--, der Bedarf von B.________ mit Fr. 2'813.-- und jener von A.________ inkl. Kinder mit Fr. 3'562.-- angegeben.  
 
A.b. Am 17. Juli 2009 heiratete B.________ E.________. Aus dieser Verbindung gingen die Kinder F.________ (2009) und G.________ (2009) hervor.  
 
B.   
 
B.a. Am 21. März 2012 klagte B.________ (Kläger) gegen A.________ (Beklagte) mit dem Begehren, die mit Scheidungsurteil vom 2. Dezember 2008 festgesetzten Unterhaltsbeiträge für die gemeinsamen Kinder auf Fr. 0.-- herabzusetzen. Mit Urteil vom 7. Dezember 2015 reduzierte das Einzelgericht im ordentlichen Verfahren des Bezirksgerichts V.________ die Unterhaltsbeiträge auf monatlich je Fr. 211.-- pro Kind. Das Einzelgericht ging dabei von einem Einkommen des Klägers von Fr. 3'500.-- netto aus.  
 
B.b. Mit Urteil vom 21. Oktober 2015 setzte das Obergericht des Kantons Zürich die Unterhaltsbeiträge für die Kinder in Abänderung des Urteils des Bezirksgerichts U.________ vom 2. Dezember 2008 auf je Fr. 287.50 ab dem 21. März 2012 bis 30. September 2015 und auf Fr. 362.50 pro Kind ab dem 1. Oktober 2015 bis zum Abschluss der ordentlichen Erstausbildung des jeweiligen Kindes, auch über die Mündigkeit hinaus fest und regelte die nicht strittigen Zahlungsmodalitäten. Das Obergericht legte seinem Urteil ein hypothetisches Einkommen des Klägers von Fr. 4'000.-- netto pro Monat sowie ein Einkommen der Beklagten von Fr. 0.-- zugrunde.  
 
C.   
Die Beklagte (Beschwerdeführerin) hat am 23. November 2016 gegen das vorgenannte Urteil beim Bundesgericht Beschwerde erhoben. Sie beantragt im Wesentlichen die Abweisung der Abänderungsklage. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege. 
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Angefochten ist der Endentscheid eines oberen kantonalen Gerichts, das auf Rechtsmittel hin kantonal letztinstanzlich über die Abänderung eines Scheidungsurteils bezüglich des Kinderunterhalts und damit in einer Zivilsache entschieden hat (Art. 90, Art. 75 und Art. 72 Abs. 1 BGG). Der Streitwert übersteigt den gesetzlichen Mindestbetrag (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Voraussetzungen von Art. 76 Abs. 1 BGG sind erfüllt. Die im Übrigen fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist damit grundsätzlich zulässig (vgl. Urteil 5A_496/2013 vom 11. September 2013 E. 1.1). 
 
2.   
 
2.1. Das Obergericht hat mit Bezug auf die Einkommensverhältnisse erwogen, der seit 2009 arbeitslose Beschwerdegegner habe nicht ansatzweise hinreichende Suchbemühungen dargetan. Seine Aussagen anlässlich der Parteibefragung vermöchten schriftliche Bewerbungen ebensowenig zu ersetzen wie das ausgefüllte Formular "Nachweis der persönlichen Arbeitsbemühungen", zumal dieses Formular lediglich einige Monate abdecke. Der Beschwerdegegner habe zwar seit seiner Entlassung verschiedene Arbeitstätigkeiten ausgeübt, was allerdings nicht als Nachweis genüge, dass er bei gesteigerten Bemühungen nicht eine reale Chance gehabt hätte, sein früheres Einkommen zu verdienen. Mangels ausreichender Bemühungen könne nicht festgestellt werden, dass er keine Arbeit zu den bisherigen Bedingungen hätte finden können: Persönliche Eingenschaften und sein Alter von damals 39 Jahren seien dem Beschwerdegegner nicht im Weg gestanden. Die Vorinstanz hob im Weiteren hervor, für die Ermittlung der Verdienstmöglichkeiten könnten die Lohnstrukturerhebungen des Bundesamtes für Statistik (LSE) herangezogen werden. Trotz der in diesem Beleg aufgeführten höheren Durchschnittslöhne nahm das Obergericht lediglich einen Nettolohn von Fr. 4'000.-- an und führte dazu aus, dem Beschwerdegegner werde vorgeworfen, nicht das im Scheidungsurteil aufgeführte Einkommen von Fr. 4'000.-- zu erzielen, um seine vorbestehende Unterhaltspflicht zu erfüllen. Im Scheidungsurteil sei nicht die Rede davon gewesen, er schöpfe mit seinem damaligen Einkommen seine Erwerbskraft nicht genügend aus. Entsprechendes werde von der Beschwerdeführerin im Abänderungsverfahren auch nicht behauptet. Im Abänderungsverfahren sei sie mit diesem Einwand ausgeschlossen, zumal insoweit keine veränderten Verhältnisse auszumachen seien. Daher könne nicht vom Einkommen von Fr. 4'000.-- abgewichen und von einem höheren hypothetischen Einkommen ausgegangen werden.  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin geht davon aus, mit der Geburt der beiden Kinder des Beschwerdegegners aus zweiter Ehe im Jahr 2009 sei eine erhebliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, die allerdings nicht automatisch zu einer Abänderung der im Scheidungsurteil festgesetzten Unterhaltsbeiträge für die Kinder aus erster Ehe führe. Bei der Neufestsetzung des Unterhaltsbeitrages seien in einem ersten Schritt die einzelnen Parameter, zu denen auch das Einkommen gehöre, zu aktualisieren. Indem die Vorinstanz davon ausgehe, der Beschwerdegegner habe seine Erwerbskraft bereits zum Zeitpunkt der Scheidung voll ausgeschöpft, weshalb insoweit keine veränderten Verhältnisse vorlägen, habe sie Art. 134 Abs. 2 ZGB i.V.m. Art. 286 Abs. 2 ZGB verletzt bzw. die dazu ergangene Rechtsprechung nicht beachtet.  
 
2.3.   
 
2.3.1. Bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse setzt das Gericht den Unterhaltsbeitrag auf Antrag eines Elternteils oder des Kindes neu fest oder hebt ihn auf (Art. 286 Abs. 2 ZGB). Die Abänderungsklage kann nicht dazu dienen, ein allenfalls fehlerhaftes rechtskräftiges Urteils zu korrigieren (BGE 137 III 604 E. 4.1.1 S. 606; Urteil 5A_253/2016 vom 24. November 2016 E. 4.1 mit weiteren Hinweisen). Keinen Grund zur Anpassung bilden ferner absehbare Veränderungen der massgeblichen Verhältnisse, die bei der Festsetzung des Unterhaltsbeitrages schon berücksichtigt worden sind (zur Abänderung vorsorglicher Massnahmen im Scheidungsverfahren: BGE 141 III 376 E. 3.3.1 S. 378). Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorhandensein eines Aufhebungs- oder Abänderungsgrundes trifft den Abänderungskläger (für die Abänderung vorsorglicher Massnahmen für die Dauer des Scheidungsverfahrens: Urteil 5A_117/2010 vom 5. März 2010 E. 3). Demgegenüber trifft die Beklagte die Behauptungs- und Beweislast für gegenüber dem Scheidungszeitpunkt verbesserte wirtschaftliche Verhältnisse des Klägers resp. für die weiterhin bestehende Leistungsfähigkeit auf anderer Grundlage (DANIEL SUMMATTER, Zur Abänderung von Kinderalimenten, FamPra.ch 2012 S. 49). Erweisen sich die Voraussetzungen für eine Abänderung des Unterhaltsbeitrages als erfüllt, sind bei der Neufestsetzung der Kinderalimente die einzelnen Parameter der Unterhaltsbemessung zu aktualisieren (BGE 137 III 604 E. 4.1.1 und 4.1.2 S. 606).  
 
2.3.2. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und mit der Geburt der beiden Kinder des Beschwerdegegners aus zweiter Ehe im Jahr 2009 eine erhebliche und dauernde Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Das Obergericht geht davon aus, der Beschwerdegegner habe den Nachweis für eine ausreichende Bemühung in der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz nicht erbracht und erachtet daher die Anrechnung eines hypothetischen Einkommens für opportun. Im vorliegenden Fall ist von Bedeutung, dass die Scheidung der Parteien und damit die Festsetzung des Unterhaltsbeitrages im Jahr 2008 vorgenommen und nur gerade vier Jahre später eine Anpassung des Unterhaltsbeitrages verlangt worden ist. Im Scheidungsurteil wurde das tatsächlich erzielte Einkommen des Beschwerdegegners bei Vollbeschäftigung mit Fr. 4'000.-- netto pro Monat angegeben. Die Beschwerdeführerin behauptet in der Tat nicht, dem Beschwerdegegner im Scheidungsverfahren die mangelnde Ausschöpfung seiner Leistungskraft vorgeworfen zu haben. Das im Scheidungsurteil berücksichtigte tatsächliche Einkommen des Beschwerdegegners darf somit auch im nur wenige Jahre später durchgeführten Abänderungsverfahren ohne Willkür als das mögliche Einkommen des Beschwerdegegners berücksichtigt werden (Art. 9 BV; zum Begriff: BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 und 167 E. 2.1 S. 168). Das Obergericht war daher nicht gehalten, auf die in den Lohnstrukturerhebungen des Bundesamtes für Statistik (LSE) enthaltenen Lohnangaben abzustellen. Eine Verletzung von Art. 134 Abs. 2 ZGB i.V.m. Art. 286 Abs. 2 ZGB bzw. ein rechtswidriges Abweichen von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt nicht vor.  
 
3.   
Damit ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat jedoch die Gegenpartei für das bundesgerichtliche Verfahren nicht zu entschädigen, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist. 
 
4.   
Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, hat sich die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos erwiesen. Fehlt es somit an einer der materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege, ist das entsprechende Gesuch der Beschwerdeführerin abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. Juni 2017 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Zbinden