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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_520/2021  
 
 
Urteil vom 30. August 2021  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Koch, 
nebenamtliche Bundesrichterin Lötscher, 
Gerichtsschreiberin Rohrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
2. B.________, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Sexuelle Nötigung; Willkür; Grundsatz "in dubio pro reo", 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 29. Januar 2021 (SK 20 88). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Regionalgericht Bern-Mittelland sprach A.________ mit Urteil vom 6. Dezember 2019 der versuchten schweren Körperverletzung, der einfachen Körperverletzung, des Hausfriedensbruchs, der sexuellen Nötigung, des versuchten strafbaren Schwangerschaftsabbruchs, der versuchten einfachen Körperverletzung, der mehrfachen Drohung sowie der mehrfachen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig. Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren unter Anrechnung von 44 Tagen Haft sowie zu einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- als Zusatzstrafe zum Urteil der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 30. März 2015 bei einer Probezeit von vier Jahren. 
 
B.  
Das Obergerichtdes Kantons Bern bestätigte die Schuldsprüche mit Urteil vom 29. Januar 2021, soweit sie noch Verfahrensgegenstand bildeten. Es verurteilte A.________zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren unter Anrechnung von 44 Tagen Haft sowie zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- als Zusatzstrafe zum Urteil der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 30. März 2015 bei einer Probezeit von drei Jahren. 
 
C.  
A.________führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragtsinngemäss, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern sei aufzuheben und er sei vom Vorwurf der sexuellen Nötigungfreizusprechen. Er sei zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten zu verurteilen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" und eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung in Bezug auf den Vorwurf der sexuellen Nötigung. Zusammengefasst bringt er vor, die Vorinstanz schliesse zu Unrecht auf die Glaubwürdigkeit der Aussagen der Beschwerdegegnerin 2. Deren belastende Aussagen seien nicht glaubhaft. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz sei willkürlich und nicht faktenbasiert. Dass er die Beschwerdegegnerin 2 an den Armen festgehalten habe, sodass sie sich nicht mehr bewegen konnte, erscheine lebensfremd. Es bestünden nicht zu unterdrückende Zweifel am vorinstanzlich festgehaltenen Sachverhalt.  
 
1.2. Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Beschwerdeführer die Beschwerdegegnerin 2 durch Anwendung von Gewalt gegen ihren Willen während fünf bis zehn Minuten zu Analverkehr genötigt habe. Dabei stelltsie beweiswürdigend auf die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 ab. Diese seien in hohem Masse glaubhaft, konstant, inhaltlich stimmig und detailliert. Demgegenüber seien die Aussagen des Beschwerdeführers in sich widersprüchlich, ausweichend, flach und gesamthaft nicht glaubhaft.  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1; 88 E. 1.3.1). Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; 143 IV 241 E. 2.3.1; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1; 88 E. 1.3.1).  
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung zu (BGE 145 IV 154 E. 1.1; 144 IV 345 E. 2.2.3.3; je mit Hinweisen). 
 
1.4. Dem Beschwerdeführer gelingt es nicht, Willkür in der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung aufzuzeigen. In seinen Ausführungen beschränkt er sich grösstenteils darauf, seine eigene Sicht der Dinge darzustellen. Soweit sich seine Vorbringen nicht in einer unzulässigen appellatorischen Kritik erschöpfen, sind sie nicht dazu geeignet, Willkür dazutun. Der Beschwerdeführer vermag die sorgfältige Begründung der Vorinstanz, weshalb auf die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 abzustellen sei, nicht zu erschüttern. Mit der überzeugenden vorinstanzlichen Würdigung seiner eigenen Aussagen setzt sich der Beschwerdeführer sodann nicht auseinander. Die Vorinstanz bezeichnet seine Angaben als oberflächlich, ausweichend, beschönigend und gesamthaft wenig überzeugend und begründet ausführlich, wie sie zu diesem Schluss gelangt. Sie führt nachvollziehbar aus, dass der Beschwerdeführer den glaubhaften Aussagen der Beschwerdegegnerin 2, namentlich zur Frage der möglichen Gegenwehr, nichts entgegensetze, was diese zu entkräften vermöchte. Dagegen bringt der Beschwerdeführer nichts vor. Die Vorinstanz gelangt willkürfrei zum Schluss, dass der Analverkehr gegen den Willen der Beschwerdegegnerin 2 stattgefunden hat, wie diese es detailliert, überzeugend und gleichbleibend glaubhaft geschildert habe. Einseitige Untersuchungshandlungen zulasten des Beschwerdeführers sind entgegen seinen Ausführungen nicht ersichtlich. Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist nicht verletzt. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer macht weiter eine Verletzung von Art. 189 StGB geltendund bringt vor, dass sein Verhalten nicht tatbestandsmässig sei. Er habe, wenn überhaupt, nur geringfügig Kraft während des Sexualaktes einsetzen müssen. Damit habe er nicht das nach Art. 189 Abs. 1 StGB notwendige Mass an Gewalt angewendet, um das Opfer gefügig zu machen oder den Widerstand der Beschwerdegegnerin 2 auszuschalten.  
 
2.2. Die Vorinstanzerwägt, der Beschwerdeführer habe den Analverkehr gegen den Willen der Beschwerdegegnerin 2 vollzogen und dabei Gewalt im Sinne von Art. 189Abs. 1 StGB angewendet.Der Tatbestand der sexuellen Nötigung sei damit erfüllt.  
 
2.3. Eine sexuelle Nötigung nach Art. 189 Abs. 1 StGB begeht, wer eine Person zur Duldung einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht.Gewalt im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn sich der Täter mit körperlicher Kraftentfaltung über die Gegenwehr des Opfers hinwegsetzt. Eine körperliche Misshandlung, rohe Gewalt oder Brutalität etwa in Form von Schlägen und Würgen ist indes nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Täter seine überlegene Kraft einsetzt, indem er das Opfer festhält oder sich mit seinem Gewicht auf dieses legt. Vom Opfer wird nicht verlangt, dass es sich gegen die Gewalt mit allen Mitteln zu wehren versucht. Dieses muss sich nicht auf einen Kampf einlassen oder Verletzungen in Kauf nehmen. Die von der Rechtsprechung geforderte Gegenwehr des Opfers meint eine tatkräftige und manifeste Willensbezeugung, mit welcher dem Täter unmissverständlich klargemacht wird, mit sexuellen Handlungen nicht einverstanden zu sein (Urteile 6B_1/2021 vom 10. Mai 2021 E. 2.2; 6B_1444/2020 vom 10. März 2021 E. 2.3.2; 6B_479/2020 vom 19. Januar 2021 E. 4.3.3; je mit Hinweisen). Der Tatbestand der sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung ist auch erfüllt, wenn das Opfer unter dem Druck des ausgeübten Zwangs zum Voraus auf Widerstand verzichtet oder ihn nach anfänglicher Abwehr aufgibt (BGE 126 IV 124 E. 3c; Urteile 6B_1/2021 vom 10. Mai 2021 E. 2.2; 6B_1444/2020 vom 10. März 2021 E. 2.3.2; 6B_479/2020 vom 19. Januar 2021 E. 4.3.3; 6B_1260/2019 vom 12. November 2020 E. 2.2.2).  
 
2.4. Die Rüge des Beschwerdeführers ist unbegründet. Gemäss denwillkürfreien (vgl. E. 1 hiervor), für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz, war die Beschwerdegegnerin 2 zwar ursprünglich mit dem Analverkehr einverstanden, gab dem Beschwerdeführer dann aber unmissverständlich zu verstehen, dass sie Schmerzen habe und dass er aufhören solle. Der Beschwerdeführer drückte die Beschwerdegegnerin 2 daraufhin auf den Bauch, legte sich von hinten auf sie und hielt ihre an den Seiten liegenden Arme fest, sodass sie sich nicht mehr bewegen konnte. Der Beschwerdeführer hatte kräftemässig die Oberhand. Die Vorinstanz geht zutreffend davon aus, dass der Beschwerdeführer durch die beschriebene Vorgehensweise das Tatbestandsmerkmal der Gewaltanwendung gegen die Beschwerdegegnerin 2 erfüllt hat. Der Schuldspruch wegen sexueller Nötigung verletzt kein Bundesrecht.  
 
3.  
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Reduktion der Strafe bezieht sich offensichtlich auf den Fall des Freispruchs vom Vorwurf der sexuellen Nötigung. Da der vorinstanzliche Schuldspruch zu bestätigen ist und der Beschwerdeführer keine Ausführungen zum Strafmass macht, erübrigt es sich, darauf einzugehen. 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen. Seiner finanziellen Lage ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdegegnerin 2 ist keine Entschädigung zuzusprechen, da sie im bundesgerichtlichen Verfahren nicht zur Vernehmlassung eingeladen wurden und ihr somit keine Umtriebe entstanden sind. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. August 2021 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rohrer