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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
P 15/05 
 
Urteil vom 30. September 2005 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Seiler; Gerichtsschreiber Grunder 
 
Parteien 
B.________, Beschwerdeführer, vertreten durch die Amtsvormundschaft der Stadt A.________ 
 
gegen 
 
Amt für AHV und IV des Kantons Thurgau, Ausgleichskasse, EL-Stelle, St. Gallerstrasse 13, 8501 Frauenfeld, Beschwerdegegner 
 
Vorinstanz 
AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, Weinfelden 
 
(Entscheid vom 24. März 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1952 geborene B.________ meldete sich am 22. März 1999 zum Ergänzungsleistungsbezug an. Das Amt für AHV und IV des Kantons Thurgau sprach ihm mit Verfügung vom 16. April 1999 rückwirkend ab 1. März 1999 eine Ergänzungsleistung zu der von ihm bezogenen Invalidenrente zu, welche mehrmals den geänderten Verhältnissen angepasst wurde. Gemäss zwei unangefochten gebliebenen Verfügungen vom 19. April 2004 belief sich die Ergänzungsleistung ab 1. September 2003 auf Fr. 494.- und ab 1. Januar 2004 auf Fr. 506.- im Monat. 
 
Mit Schreiben vom 7. Juni 2004 teilte die Amtsvormundschaft der Stadt A.________ mit, B.________ wohne seit 24. November 2003 im Männerheim X.________. Das Amt für AHV und IV berechnete den Anspruch neu und setzte die Ergänzungsleistung ab 1. Juni 2004 auf monatlich Fr. 2'554.- fest (Verfügung vom 18. Juni 2004). Eine Einsprache wies sie ab (Einspracheentscheid vom 11. Januar 2005). 
B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau ab (Entscheid vom 24. März 2005). 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Amtsvormundschaft der Stadt A.________ als Vertreterin von B.________ die Zusprechung der Ergänzungsleistung von Fr. 2'554.- ab 1. Dezember 2003. 
 
Das Amt für AHV und IV schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Streitig und zu prüfen ist einzig, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf Nachzahlung der Ergänzungsleistung von Fr. 2'554.- für die Zeit vom 1. Dezember 2003 bis 31. Mai 2004 hat. 
1.1 Die Vorinstanz hat die hier anwendbaren Bestimmungen zur Revision der jährlichen Ergänzungsleistung (Art. 17 Abs. 2 ATSG; Art. 25 Abs. 1 ELV), insbesondere bei Eintritt einer voraussichtlich längere Zeit dauernden Erhöhung der vom ELG anerkannten Ausgaben (Art. 25 Abs. 1 lit. c ELV), sowie zum Zeitpunkt, auf welchen die jährliche Ergänzungsleistung diesfalls neu zu verfügen ist (Art. 25 Abs. 2 lit. b ELV), zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu wiederholen ist, dass in Ziff. 4021 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL) des BSV für die Geltendmachung gewisser Sachverhaltsänderungen (Heimeintritt, Änderung der Heimtaxe, Pflegestufe oder Krankenversicherungsleistung) in Abweichung von Art. 24 Abs. 1 und 25 Abs. 2 lit. b ELV keine unverzügliche Meldepflicht verlangt, sondern eine Frist von sechs Monaten gesetzt wird. 
1.2 Gemäss Art. 53 Abs. 1 ATSG müssen formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung vorher nicht möglich war (vgl. zu der vor In-Kraft-Treten des ATSG am 1. Januar 2003 erfolgten Rechtsprechung BGE 127 V 469 Erw. 2c mit Hinweisen). Die prozessuale Revision dient der Korrektur der anfänglich fehlerhaften tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen und bezweckt die Verwirklichung des materiellen Rechts (BGE 115 V 313 Erw. 4a/aa mit Hinweis). Prozessualrevisionsrechtlich erheblich sind nur Tatsachen und Beweismittel, welche zur Zeit der rechtskräftigen Entscheidung schon bestanden haben und welche die Partei aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen nicht in das frühere Verfahren einbringen konnte (BGE 112 V 371 Erw. 2a, 110 V 393 ff. Erw. 2a). 
2. 
2.1 Die Gemeinde A.________ gab dem Beschwerdeführer auf eigenes Begehren ab 28. Mai 2003 einen Beistand bei. Der hiezu eingesetzte Amtsvormund teilte dem Amt für AHV und IV mit Schreiben vom 3. Oktober 2003 mit, künftig alle Korrespondenz ihm zuzustellen. Weiter ist unbestritten und steht auf Grund der Akten fest, dass der Beschwerdeführer nach einem längeren Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik (vom 22. Juli bis 24. November 2003) seit 24. November 2003 im Männerheim X.________ wohnt. Die zwei Verfügungen vom 19. April 2004 sind dem Amtsvormund zusammen mit dem Berechnungsblatt eröffnet worden und mangels Anfechtung innerhalb der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen. Vom Eintritt in das Männerheim X.________ erhielt das Amt für AHV und IV erstmals mit Schreiben vom 7. Juni 2004 Kenntnis. 
2.2 Angesichts der dargestellten Sach- und Rechtslage ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den Antrag auf rückwirkende Zusprechung der Ergänzungsleistung von Fr. 2'554.- für den Zeitraum von Dezember 2003 bis Mai 2004 abgewiesen hat. Die Meldung der geänderten Wohnverhältnisse hätte gemäss Ziff. 4021 der WEL innerhalb der Frist von sechs Monaten, mithin bis am 24. Mai 2004, erfolgen müssen, um den Nachzahlungsanspruch zu wahren. Nachdem diese Frist versäumt worden ist, musste die Verwaltung nach der Vorschrift des Art. 25 Abs. 2 lit. b ELV die Erhöhung der Ergänzungsleistung zufolge des eingetretenen Ausgabenüberschusses auf den Beginn des Monats verfügen, in dem diese Änderung gemeldet wurde. 
 
Abzulehnen ist weiter mit der kantonalen AHV/IV-Rekurskommission auch eine prozessuale Revision der formell rechtskräftigen Verfügungen vom 19. April 2004, mit welchen die Ergänzungsleistungen rückwirkend ab 1. September 2003 neu festgesetzt worden sind. Der Beschwerdeführer hätte den Heimeintritt, welcher eine Erhöhung der Ausgaben zur Folge hatte, auf dem ordentlichen Beschwerdeweg geltend machen können. Auf Grund des Gesagten kann im vorliegenden Verfahren die Berechnung der Ergänzungsleistung für die Periode von Dezember 2003 bis Mai 2004 nicht mehr überprüft werden. Das Amt für AHV und IV könnte darauf lediglich im Rahmen einer Wiedererwägung (Art. 53 Abs. 2 ATSG; vgl. zu der vor In-Kraft-Treten des ATSG erfolgten Rechtsprechung BGE 127 V 469 Erw. 2c mit Hinweisen), zu der sie praxisgemäss weder vom Betroffenen noch vom Gericht verhalten werden kann (BGE 117 V 12 Erw. 2a, 116 V 63), zurückkommen. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 30. September 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: 
i. V. i. V.