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[AZA 0/2] 
1P.683/2001/sta 
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG 
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Beschluss vom 30. November 2001 
 
Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident 
der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Aeschlimann, 
Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichtsschreiberin Leuthold. 
 
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In Sachen 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Marcus Andreas Sartorius, Bälliz 32, Thun, 
 
gegen 
Untersuchungsrichter 1 des Untersuchungsrichteramtes IIEmmental-Oberaargau, Staatsanwaltschaft II Emmental-Oberaargau, Haftgericht II Emmental-Oberaargau, 
 
betreffend 
Haftentlassung, hat sich ergeben: 
 
A.- Der Untersuchungsrichter 1 des Untersuchungsrichteramtes II Emmental-Oberaargau eröffnete am 17. August 2001 gegen X.________ die Strafverfolgung wegen Verdachts der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG). Er wirft dem Angeschuldigten Anbau von Hanf zur Gewinnung von Betäubungsmitteln und Handel mit diesen vor, wobei eine gewerbsmässige (und eventuell mengenmässig qualifizierte) Widerhandlung gegen das BetmG zur Diskussion stehe. Am 9. Oktober 2001 dehnte der Untersuchungsrichter die Strafverfolgung gegen X.________ auf den Vorwurf der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (Beschäftigen von Ausländern ohne Bewilligung) aus. 
X.________ wurde am 16. Oktober 2001 festgenommen. Mit Entscheid vom 18. Oktober 2001 versetzte ihn das Haftgericht II Emmental-Oberaargau wegen Kollusions- und Wiederholungsgefahr in Untersuchungshaft. 
 
B.- X.________ liess dagegen am 22. Oktober 2001 durch seinen Anwalt staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht erheben. Er beantragte, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Haftgericht sei anzuweisen, ihn sofort aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Ausserdem sei der Staat Bern zu verurteilen, ihm angemessene Schadenersatz- und Genugtuungsleistungen zu entrichten. 
Im Weiteren ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. 
 
Mit Eingabe vom 26. Oktober 2001 reichte er eine Beschwerdeergänzung ein. 
 
C.- Am 26. Oktober 2001 wurde X.________ aus der Untersuchungshaft entlassen. 
 
In einem an das Bundesgericht gerichteten Schreiben vom 1. November 2001 führte er aus, es sei ihm während der ganzen Haftdauer verunmöglicht worden, an die frische Luft zu gehen. Als Folge dieser EMRK-widrigen Haftbedingungen habe sich sein Gesundheitszustand massiv verschlechtert. Zum Beweis dafür reichte er dem Bundesgericht mit Eingabe vom 14. November 2001 ein ärztliches Zeugnis ein. 
 
 
D.- Das Bundesgericht gab dem Beschwerdeführer Gelegenheit, sich zu einer allfälligen Abschreibung der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Gegenstandslosigkeit zu äussern. Der Beschwerdeführer tat dies mit Schreiben vom 5. November 2001. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 88 OG muss ein Beschwerdeführer grundsätzlich ein aktuelles praktisches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids bzw. an der Behandlung der von ihm erhobenen Rügen haben, damit auf seine staatsrechtliche Beschwerde eingetreten werden kann (BGE 125 I 394 E. 4a S. 397; 120 Ia 165 E. 1a S. 166 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat wiederholt erklärt, das aktuelle praktische Interesse an der Behandlung einer Haftbeschwerde entfalle, wenn der Beschwerdeführer während der Hängigkeit des bundesgerichtlichen Verfahrens aus der Haft entlassen werde. Es betonte, ein solches Interesse könne auch nicht unter dem Gesichtswinkel eines späteren Entschädigungsbegehrens bejaht werden (BGE 125 I 394 E. 4 S. 397; 110 Ia 140 E. 2a S. 141 ff.). Die Rügen der Verletzung von Art. 5 EMRK sowie der verfassungs- und gesetzmässigen Verteidigungsrechte könnten im Entschädigungsverfahren geltend gemacht werden (BGE 125 I 394 E. 5a und b S. 398 ff.). 
 
Im vorliegenden Fall erhob der Beschwerdeführer gegen den Entscheid des Haftgerichts II Emmental-Oberaargau vom 18. Oktober 2001, mit dem er in Untersuchungshaft versetzt worden war, am 22. Oktober 2001 beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde. 
Am 26. Oktober 2001 wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen. 
 
Der Beschwerdeführer vertritt in seinem Schreiben vom 5. November 2001 die Ansicht, mit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft sei die staatsrechtliche Beschwerde nicht gegenstandslos geworden, soweit er darin beantragt habe, der Staat Bern sei zur Leistung von Schadenersatz und Genugtuung wegen rechtswidriger Haft zu verurteilen. 
Diese Auffassung ist unzutreffend. Wie dargelegt wurde, kann nach Beendigung der Untersuchungshaft ein aktuelles praktisches Interesse für deren Anfechtung mit staatsrechtlicher Beschwerde auch nicht im Hinblick auf die Geltendmachung von Schadenersatz- und Genugtuungsansprüchen bejaht werden. 
 
Die Voraussetzungen, unter denen das Bundesgericht ausnahmsweise trotz Wegfalls des aktuellen praktischen Interesses auf eine staatsrechtliche Beschwerde eintritt, sind hier nicht erfüllt (BGE 125 I 394 E. 4b mit Hinweisen). Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher als gegenstandslos zu erklären und vom Geschäftsverzeichnis abzuschreiben. 
 
2.- Wird eine Beschwerde gegenstandslos, so ist nach Art. 72 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG über die Prozesskosten mit summarischer Begründung aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes zu befinden. Bei der Beurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist in erster Linie auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen. Dabei geht es nicht darum, die Prozessaussichten im Einzelnen zu prüfen; vielmehr muss es bei einer knappen, d.h. Prima-facie-Beurteilung der Aktenlage sein Bewenden haben. 
 
a) Auf den Antrag, der Staat Bern sei zur Leistung von Schadenersatz und Genugtuung an den Beschwerdeführer zu verurteilen, hätte nicht eingetreten werden können, da mit einer staatsrechtlichen Beschwerde kein solches Begehren gestellt werden kann. 
 
b) Der Beschwerdeführer beklagte sich vor allem über eine Verletzung der Garantie der richterlichen Unabhängigkeit nach Art. 30 Abs. 1 BV. Er machte geltend, die Gerichtspräsidentin 4 des Gerichtskreises V Burgdorf-Fraubrunnen, welche den angefochtenen Haftentscheid gefällt habe, sei voreingenommen gewesen, weil sie sich schon früher mit einer gegen ihn im Zusammenhang mit angeblichen Widerhandlungen gegen das BetmG eröffneten Strafsache befasst habe. 
 
Den Akten ist zu entnehmen, dass der Untersuchungsrichter 1 des Untersuchungsrichteramtes II Emmental-Oberaargau den Beschwerdeführer mit Strafmandat vom 8. Januar 2001 wegen Widerhandlung gegen das BetmG, begangen durch unerlaubten Anbau von Hanf zur Gewinnung von Betäubungsmitteln, zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 30 Tagen verurteilte. Nachdem der Beschwerdeführer dagegen Einspruch erhoben hatte, wurden die Akten an das Strafeinzelgericht des Gerichtskreises V Burgdorf-Fraubrunnen überwiesen, und der Fall wurde der Gerichtspräsidentin 4 zugeteilt. Aus diesem Umstand kann nicht geschlossen werden, die Gerichtspräsidentin 4 hätte in der hier in Frage stehenden, neuen Strafsache nicht unvoreingenommen über den vom Untersuchungsrichter gestellten Antrag auf Anordnung der Untersuchungshaft entscheiden können. Der Beschwerdeführer hält in der staatsrechtlichen Beschwerde fest, es verstehe sich von selbst, dass als Haftrichter nur tätig sein könne, wer mit der materiellen Behandlung der betreffenden Strafsache bisher nichts zu tun gehabt habe. Diese Voraussetzung war im vorliegenden Fall erfüllt, denn die Gerichtspräsidentin 4 hatte mit der am 17. August 2001 gegen den Beschwerdeführer eröffneten Strafverfolgung bisher nichts zu tun. Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf einen unabhängigen Richter wäre somit unbegründet gewesen. 
 
Das Gleiche gilt für die Rügen des Beschwerdeführers, es habe weder Kollusions- noch Wiederholungsgefahr bestanden und die Anordnung der Untersuchungshaft sei unverhältnismässig gewesen. 
Die Begründung im Haftanordnungsantrag des Untersuchungsrichters, auf die sich die Haftrichterin im angefochtenen Entscheid stützte, hält vor der Verfassung und der EMRK stand. 
 
Eine Prima-facie-Beurteilung der Aktenlage ergibt, dass der Beschwerdeführer mit seinen Rügen nicht durchgedrungen wäre. 
Die Beschwerde hätte somit keine Aussicht auf Erfolg gehabt, weshalb das Begehren um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist (Art. 152 OG). Es kann indes von der Erhebung von Kosten abgesehen werden. 
 
Demnach beschliesst das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 72 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und vom Geschäftsverzeichnis abgeschrieben. 
 
2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.- Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4.- Dieser Beschluss wird dem Beschwerdeführer, dem Untersuchungsrichter 1 des Untersuchungsrichteramtes II Emmental-Oberaargau, der Staatsanwaltschaft II Emmental-Oberaargau und dem Haftgericht II Emmental-Oberaargau schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 30. November 2001 
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Die Gerichtsschreiberin: