Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_45/2007 
 
Urteil vom 31. Januar 2008 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Parteien 
X.________ AG, Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Reber, Gurzelngasse 12, 4500 Solothurn, 
 
gegen 
 
beco Berner Wirtschaft, Arbeitsvermittlung, Rechtsdienst, Lagerhausweg 10, 3018 Bern, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 29. Januar 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die Firma X.________ AG fabriziert, montiert und handelt (gemäss Handelsregister) mit Einzäunungen aller Art und führt alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten, insbesondere Druckimprägnierung von Holz und Schlossereiarbeiten aus. Weiter ist sie in der Planung, Herstellung und Montage von Peripherieschutzanlagen tätig. Die Firma meldete dem beco Berner Wirtschaft (nachstehend: beco) am 24. März 2006 wetterbedingte Arbeitsausfälle von drei Arbeitnehmern an fünf Arbeitstagen im Monat März 2006, welches verfügungsweise am 3. Mai 2006 dagegen keinen Einspruch erhob. Auf Einsprache des Staatssekretariates für Wirtschaft (seco) hin, das die Verneinung des Anspruchs auf Schlechtwetterentschädigung beantragte, erhob das beco mit Verfügung vom 15. Juni 2006 nun Einspruch gegen die ersuchte Zusprechung von Schlechtwetterentschädigung und schrieb die Einsprache des seco verfügungsweise am 19. Juni 2006 ab. Zur Begründung führte das Amt aus, nicht die ausgeführten Arbeiten, sondern die Branchenzugehörigkeit sei massgebend und ein auf Fabrikation und Montage von Zäunen spezialisierter Betrieb könne keinem anspruchsberechtigten Erwerbszweig zugeordnet werden. Daran hielt das beco mit Einspracheentscheid vom 21. Juli 2006 fest. 
 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 29. Januar 2007 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die Firma X.________ AG ihr Begehren um Ausrichtung von Schlechtwetterentschädigung erneuern. 
Beco und seco haben auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung (Art. 42 Abs. 1 und 2 AVIG, Art. 65 Abs. 1 AVIV) sowie die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 111 V 390, 113 V 353) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
Unter Hinweis auf Art. 65 Abs.1 AVIV gelangte die Vorinstanz zur Auffassung, der auf die Zaunmontage spezialisierte Betrieb sei in der abschliessenden Aufzählung der Erwerbszweige mit Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung weder ausdrücklich aufgeführt, noch könne er unter einer der genannten Zweige subsumiert werden. Beim gemischten Fabrikations- und Montagebetrieb müsse überdies auch mit Blick auf die in BGE 113 V 353 ergangene Rechtsprechung, wonach ein einzelner Betriebszweig innerhalb eines Unternehmens unter gewissen Voraussetzungen für sich allein zu den in der Liste aufgeführten Erwerbszweigen mit Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung gehören könne, eine Leistungsberechtigung verneint werden. Dies mit der Begründung, bei der hier gegebenen Betriebsstruktur sei davon auszugehen, dass aufgrund einer erheblichen Anzahl von Personen, welche ganzjährig sowohl in der Fabrikation als auch in der Montage beschäftigt würden, den handwerklich ausgebildeten Montagearbeitern unter entsprechender Anleitung auch Fabrikationsarbeiten übertragen werden könnten. Zumindest sei den betroffenen Monteuren, zumal es nur drei von sechzehn Arbeiter betreffe, Hilfsarbeiten, beispielsweise in der Arbeitsvorbereitung, zumutbar. 
 
4. 
4.1 Die Beschwerdeführerin wendet sich zur Hauptsache gegen die - wie ausgeführt wird - nicht mehr zeitgemässe Auffassung, dass die Liste der anspruchsberechtigten Erwerbszweige (Art. 65 Abs. 1 AVIV) abschliessend sei. Sollte an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung festgehalten werden, sei die Firma X.________ AG im Sinne des Gleichbehandlungsgebots den im Landschaftsgartenbau tätigen Betrieben (Art. 65 Abs. 1 lit. d AVIV) gleichzustellen. 
 
4.2 Unbestritten ist, dass die auf Herstellung und Montage von Zäunen aller Art spezialisierte Firma die vorausgesetzte Zugehörigkeit zu einem der in Art. 65 Abs. 1 AVIV aufgeführten Erwerbszweige nicht erfüllt und damit vom Entschädigungsanspruch grundsätzlich ausgenommen ist (BGE 111 V 390; ARV 1989 Nr. 11 S. 48). Hierbei ist mit der Vorinstanz zu wiederholen, dass es nicht auf die Art der einzelnen Tätigkeiten ankommt, sondern vom Charakter des Betriebes abhängt, in welchem die entsprechenden Tätigkeiten erfolgen (Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Band XIV, Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel 2007, Rz. 543). Kann nach dem Gesagten die Zaunmontage als solche nicht unter einen der in der Liste von Art. 65 Abs. 1 AVIV erfassten Erwerbszweige subsumiert werden, erübrigt sich auch die Frage, ob hier im gemischten Fabrikations- und Montagebetrieb die Zaunmontage einen selbstständigen Betriebszweig darstellt, der allenfalls einen eigenen Entschädigungsanspruch begründen könnte (BGE 113 V 353 unter Hinweis auf BGE 111 V 390 E. 4d S. 397). Die Ausführungen in der Beschwerde zu den einzelnen Arbeiten in der Herstellung und der Montage sind daher unbehelflich. 
4.3 
4.3.1 Mit Blick auf den numerus clausus der entschädigungsberechtigten Erwerbszweige übersieht die Beschwerdeführerin bei ihrer Argumentation, dass es dem Gesetzgeber darum ging zu verhindern, die Arbeitslosenversicherung jede Art schlechtwetterbedingter Arbeitsverhinderung entschädigen zu lassen (BGE 111 V 390 E. 4c S. 397). Der Bundesrat war dabei bei der vom Gesetzgeber an ihn delegierten Aufgaben unter Beachtung des Willkürverbots grundsätzlich frei, Erwerbszweige von der Liste auszuschliessen, welche an sich mit guten Gründen als listenwürdig hätten bezeichnet werden können (Urteil vom 19. Dezember 1997, C 225/97). 
4.3.2 Die Rechtsprechung hat die abschliessende Aufzählung wiederholt als gesetzes- und verfassungskonform beurteilt (BGE 111 V 390, 112 V 140 E. 2b, 115 V 157 E. 1b; Thomas Nussbaumer, a.a.O. Rz. 539 mit Hinweisen), was unzweifelhaft auch dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Der Bundesrat sprach sich in seiner Botschaft zu einer Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 23. August 1989 ausdrücklich für die abschliessende Aufzählung der Erwerbszweige in Art. 65 AVIV aus, weil "sowohl das Prinzip des Numerus clausus der anspruchsberechtigten Erwerbszweige wie auch eine restriktive Umschreibung der Anrechenbarkeit von Arbeitsausfällen als unentbehrliche Instrumente der Anspruchseingrenzung beibehalten werden müssen" (BBl 1989 III 396). Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht (heute: Bundesgericht) in dem in BJM 2003 S. 135 erwähnten Urteil vom 28. April 2000, C 219/99, ausführte, ist in Anbetracht des dem Bundesrat eingeräumten Auswahlermessens sowie des Umstandes, dass es bei der Bestimmung der Erwerbszweige mit Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung vorwiegend um rechtspolitische Fragen ging, auch bei der höchstrichterlichen Überprüfung der Gesetz- und Verfassungsmässigkeit von Art. 65 Abs. 1 AVIV grundsätzlich Zurückhaltung auszuüben (BGE 111 V 396 E. 4c). Unter Berücksichtigung des klaren Willens des Gesetzgebers ist demzufolge bei der Willkürprüfung im Einzelfall nicht nach mehr oder weniger auffälligen Unterschieden zwischen einzelnen Erwerbszweigen zu suchen, um die Nichterwähnung eines Erwerbszweiges in der Liste von Art. 65 Abs. 1 AVIV zu begründen und das vom Bundesrat bestätigte Auswahlermessen zu rechtfertigen, zumal es an praktikablen Abgrenzungskriterien fehlt. Vielmehr könnte Willkür nur bejaht werden, wenn Verhältnisse dargetan werden, welche den Ausschluss eines Erwerbszweiges aus der Liste als offensichtlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung erscheinen lassen. Dies dürfte indessen bei einem Instrument zur Eingrenzung von Leistungsansprüchen in der Praxis nur ganz ausnahmsweise zutreffen. 
4.3.3 Wie schon die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, worauf verwiesen wird, bringt die Beschwerdeführerin keine stichhaltigen Gründe vor, weshalb die Regelung, wonach Landschaftsgartenbau- und Tiefbauunternehmungen, die - im Gegensatz zum spezialisierten Zaunbauunternehmen nur gelegentlich und somit nicht den Betriebscharakter bestimmend - die Zaunmontage anbieten, als anspruchsberechtigte Erwerbszweige erfasst wurden, eine willkürliche, offensichtlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne eines völlig sachfremden Ausschlusses (vgl. Thomas Nussbaumer, a.a.O. Rz. 539) darstellt. Wie bereits dargelegt (E. 4.2) beurteilt sich die Frage, ob ein Betrieb unter einen der aufgezählten Erwerbszweige fällt, nicht nach der Art der ausgeübten einzelnen Tätigkeit, sondern nach dem Charakter des Betriebes oder des Betriebszweiges. Ob, wie behauptet wird, jeder zweite Zaun von einem Gartenbauer montiert wird, ist somit ohne Belang, zumal das Anbieten der Zaunmontage im Sinne einer Nebentätigkeit im Rahmen des Gartenbaus oder der Tiefbautätigkeit wohl branchenüblich ist, den massgebenden Charakter einer Gartenbau- oder Tiefbauunternehmung - im Gegensatz zu einem auf den Zaunbau spezialisierten Betrieb - aber nicht bestimmt. Der Ausschluss von Betrieben der Zaunmontage (und -herstellung) ist demnach auch unter den heutigen Verhältnissen gesetzes- und verfassungskonform (BGE 111 V 390). Die vorinstanzlich bestätigte Verneinung eines Anspruchs auf Schlechtwetterentschädigung hält somit vor Bundesrecht stand. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 31. Januar 2008 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Polla