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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.654/2002 /dxc 
 
Urteil vom 31. März 2003 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident, 
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, 
Bundesrichter Aeschlimann, 
sowie Gerichtsschreiber Störi. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Kunz, Touring-Haus, Bielstrasse 111, Postfach 316, 4503 Solothurn, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Bielstrasse 9, 4509 Solothurn, 
Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, Amthaus 1, 4502 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV (Strafverfahren), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer, 
vom 13. September 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Das Amtsgericht Solothurn-Lebern verurteilte X.________ am 9. Januar 2001 wegen mehrfacher Begünstigung, mehrfachen untauglichen Begünstigungsversuchs, Sich bestechen lassens und mehrfacher Amtsgeheimnisverletzung zu vier Monaten Gefängnis bedingt. Ausserdem erklärte es ihn - ebenfalls bedingt - für zwei Jahre unfähig, Mitglied einer Behörde oder Beamter zu sein. 
 
X.________ appellierte ans Obergericht des Kantons Solothurn, wobei er die vorinstanzlichen Schuldsprüche wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses in drei Fällen, mehrfacher Begünstigung sowie mehrfachen untauglichen Versuchs der Begünstigung akzeptierte, hingegen beantragte, ihn von den Vorwürfen der passiven Bestechung nach Art. 315 aStGB, der Annahme von Geschenken nach Art. 316 StGB sowie der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach Art. 320 StGB in zwei Fällen freizusprechen, die Gefängnisstrafe auf höchstens einen Monat zu reduzieren und die Nebenstrafe aufzuheben. 
 
Das Obergericht des Kantons Solothurn stellte fest, dass X.________ in verschiedenen Punkten vom Amtsgericht rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde. Es sprach ihn vom Vorhalt der Amtsgeheimnisverletzung in einem Punkt frei. Hingegen verurteilte es ihn in einem andern Punkt wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses sowie wegen passiver Bestechung (Art. 322quater StGB) und bestätigte das vorinstanzliche Urteil im Strafpunkt. 
 
In Bezug auf den Vorwurf der passiven Bestechung hielt das Obergericht für erwiesen, dass sich X.________, damals als Adjunkt für Ausländerfragen des Amtes für öffentliche Sicherheit indirekt mit Bewilligungen für ausländische Tänzerinnen befasst, entgegen den schriftlichen Weisungen seiner Vorgesetzten regelmässig in der Cabaret-Szene aufgehalten hatte. Insbesondere habe er sich von A.________, dem Betreiber des "Club E.________" und des "Night Club D.________" in Zuchwil sowie des "Pub E.________" in Dulliken, in dessen Lokalen wiederholt Getränke - Bier und Wein - offerieren lassen und sich mehrfach - allein im März/April 1998 fünf Mal - in Begleitung von Tänzerinnen zum Essen einladen lassen. In der Folge hätten X.________ und sein Untergebener Y.________ - offensichtlich auch wegen der offerierten Leistungen - A.________ von einer bevorstehenden Polizeikontrolle in dessen "Club E.________" gewarnt. 
In Bezug auf den Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung ging das Obergericht davon aus, dass X.________ den Polizeibeamten Z.________ über eine bevorstehende Kontrolle des "F.________" in Rickenbach orientierte, was nicht geboten gewesen war, da der Polizist mit der konkreten Kontrolle nichts zu tun hatte. 
B. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 9 BV beantragt X.________, den Schuldspruch wegen passiver Bestechung aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung ans Obergericht zurückzuweisen. 
 
Das Obergericht beantragt in der Vernehmlassung, die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Vernehmlassung. 
 
In seiner Replik hält X.________ an seiner Beschwerde vollumfänglich fest. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Beim angefochtenen Entscheid des Obergerichtes handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer ist durch die strafrechtliche Verurteilung in seinen rechtlich geschützten Interessen berührt (Art. 88 OG), weshalb er befugt ist, die Verletzung verfassungsmässiger Rechte zu rügen. 
 
Die staatsrechtliche Beschwerde ermöglicht indessen keine Fortsetzung des kantonalen Verfahrens. Das Bundesgericht prüft in diesem Verfahren nur in der Beschwerdeschrift erhobene, detailliert begründete und soweit möglich belegte Rügen. Der Beschwerdeführer muss den wesentlichen Sachverhalt darlegen, die als verletzt gerügten Verfassungsbestimmungen nennen und überdies dartun, inwiefern diese verletzt sein sollen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 127 I 38 E. 3c; 125 I 492 E. 1b; 122 I 70 E. 1c). 
 
Die Beschwerde erschöpft sich weitestgehend in appellatorischer Kritik am angefochtenen Entscheid. Soweit im Folgenden auf Ausführungen in der Beschwerdeschrift nicht eingegangen wird, genügen sie den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht. 
2. 
Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, die Beweise willkürlich zu seinen Lasten gewürdigt und den Grundsatz "in dubio pro reo" in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel verletzt zu haben. 
2.1 Bei der Beweiswürdigung geht der Schutz der aus der Unschuldsvermutung von Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK abgeleiteten Rechtsregel "in dubio pro reo" nicht über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinaus. Zu prüfen ist daher im Folgenden, ob das Obergericht die Beweise willkürlich zu Lasten des Beschwerdeführers würdigte. 
2.2 Willkürlich handelt ein Gericht, wenn es seinem Entscheid Tatsachenfeststellungen zugrunde legt, die mit den Akten in klarem Widerspruch stehen. Im Bereich der Beweiswürdigung besitzt der Richter einen weiten Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde nur ein, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Versehen beruht (BGE 124 I 208 E. 4a; 117 Ia 13 E. 2c; 18 E. 3c, je mit Hinweisen). 
3. 
3.1 Das Obergericht geht im angefochtenen Entscheid davon aus, der Beschwerdeführer habe sich von A.________ wiederholt zum Essen einladen und in dessen Nachtlokal Getränke offerieren lassen und ihn als Gegenleistung von einer bevorstehenden Razzia gewarnt. "Der Beschuldigte bestreitet jegliche Vereinbarung mit A.________, wonach er diesen informieren sollte, sobald eine Kontrolle anstand. Er räumt indes ein, dass ihn A.________ nach einer früheren Razzia gefragt habe, weshalb er ihn nicht vorher gewarnt habe; A.________ habe ihm auch gesagt, dass er wegen Widerhandlungen gegen das ANAG zwei Monate Gefängnis bedingt offen habe und es sich nicht leisten könne, Leute ohne Bewilligung zu beschäftigen. Damit brachte A.________ klar zum Ausdruck, was sein Ansinnen an die Adresse des Beschuldigten war: Wer sich darüber beschwert, nicht vor einer Razzia gewarnt worden zu sein und gleichzeitig erwähnt, bereits eine einschlägige Vorstrafe aufzuweisen und in der Probezeit zu stehen, macht unmissverständlich deutlich, dass er künftig orientiert werden will, wann eine Kontrolle bevorsteht; dies muss umso mehr gelten, wenn der Adressat dieser Äusserung nicht in der Lage ist, bei der Erteilung von Bewilligungen - und damit der Legalisierung der Situation - behilflich zu sein. Der Beschuldigte hat denn auch den Wunsch des A.________ sehr genau verstanden, warnte er diesen doch - anders als früher - sofort, als er das nächste Mal von einer geplanten Razzia Kenntnis erhielt. Somit muss man davon ausgehen, dass in der Tat eine Abmachung bestand, der Beschuldigte werde A.________ vor weiteren Polizeikontrollen warnen. Diese Übereinkunft muss zwangsläufig auch die Zuwendungen des A.________ umfassen. Dieser hatte keinen Grund, den Beschuldigten zum Essen einzuladen - was er ja auch mit anderen Stammgästen nicht tat -, es sei denn wegen künftiger Gegenleistungen. Solche können indes nicht darin gesehen werden, dass der Beschuldigte den Tänzerinnen half, denn diese Dienste erfolgten, wie bereits festgestellt, im eigenen Interesse des Beschuldigten und grösstenteils unabhängig von A.________" (angefochtener Entscheid S. 12 zweiter Absatz). 
3.2 Der Beschwerdeführer anerkennt diesen äusseren Ablauf des Geschehens. Er macht jedoch geltend, das Obergericht habe willkürlich angenommen, er habe A.________ als Gegenleistung für die offerierten Getränke und Mittagessen über eine bevorstehende Razzia informiert. Er sei diesem vielmehr freundschaftlich verbunden gewesen und habe ihn auch zu sich eingeladen. Zudem habe er dessen Freundin B.________ bei sich beherbergt und eine Arztrechnung für sie bezahlt, welche ihm A.________ nicht zurückerstattet habe. Er sei daher vielleicht in einer gewissen Naivität davon ausgegangen, die Einladungen von A.________ seien im Rahmen ihrer freundschaftlichen Beziehungen erfolgt, und er habe diesen auch aus Freundschaft vor der Razzia gewarnt; die Annahme des Obergerichts, er habe dies wegen einer Gegenleistung - den Einladungen - getan, sei willkürlich. 
3.3 Damit legt der Beschwerdeführer indessen bloss seine Sicht der Dinge dar, wie er es bereits vor Obergericht tat. Seine Argumentation ist nicht geeignet, die Schlussfolgerung des Obergerichts, dass er A.________ nicht (nur) aus Freundschaft, sondern (auch) als Entgelt dafür, dass er ihn wiederholt mit Tänzerinnen zum Essen eingeladen hatte, vor der bevorstehenden Razzia warnte, als willkürlich nachzuweisen. Das Obergericht hat auch in haltbarer Weise begründet, weshalb es davon ausging, der Beschwerdeführer habe B.________ aus Sympathie geholfen, und nicht etwa als Gegenleistung für die Einladungen ihres Freundes A.________. Die Willkürrüge ist somit, soweit sie überhaupt den gesetzlichen Anforderungen entspricht, offensichtlich unbegründet. 
4. 
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 156 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 31. März 2003 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: