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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2P.270/2002 /bmt 
 
Urteil vom 31. März 2003 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiberin Müller. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Herbert Bracher, Hauptgasse 35, Postfach 139, 4502 Solothurn, 
 
gegen 
 
1. B.________ AG, vertreten durch Fürsprecher Philippe Landtwing, Tillierstrasse 4, 3005 Bern, 
2. Ausgleichskasse C.________, vertreten durch Fürsprecher Jean-Louis Scheurer, Monbijoustrasse 73, Postfach, 3000 Bern 23, 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, Einzelrichter, Speichergasse 12, 3011 Bern, 
 
Gegenstand 
Art. 9 und 29 Abs. 1 BV (Kinderzulagen), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, Einzelrichter, 
vom 10. Oktober 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________ war ab 1. August 1990 bei der B.________ AG angestellt. In seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer standen ihm gemäss dem bernischen Gesetz über Kinderzulagen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom 5. März 1961 (KZG) für seine beiden 1987 und 1990 geborenen Kinder Kinderzulagen zu. Im September 1999 wurde er arbeitsunfähig, und das Arbeitsverhältnis wurde auf Ende Februar 2000 aufgelöst. Vom 26. Oktober 1999 an bezog A.________ während drei Monaten Krankentaggelder. Die Kinderzulagen wurden noch bis und mit Januar 2000 ausgerichtet. 
B. 
Am 5. Dezember 2000 stellte A.________ bei der Ausgleichskasse C.________ das Gesuch, die Kinderzulagen seien ihm weiterhin auszurichten. Mit Verfügung vom 3. Juni 2002 wies die Ausgleichs-kasse das Gesuch ab. Eine dagegen erhobene Beschwerde, mit der A.________ verlangt hatte, die Kinderzulagen seien ihm bis zum 30. April 2000 auszubezahlen, wurde vom Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 10. Oktober 2002 abgewiesen. 
C. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt A.________ dem Bun-desgericht die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts. 
 
Die Ausgleichskasse C.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während die B.________ AG und das Verwaltungsgericht auf Vernehmlassung verzichtet haben. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Gemäss Art. 1 Abs. 3 KZG entsteht und erlischt der Anspruch auf Kinderzulagen mit dem Lohnanspruch; bei Unfall, Krankheit, Schwangerschaft, Militärdienst oder Todesfall sind die Zulagen nach Erlöschen des Lohnanspruches noch während drei Monaten weiter auszurichten, längstens aber bis zum Ablauf der Vertragsdauer. Der Beschwerde-führer macht geltend, mit dieser Regelung werde der Anspruch auf Kinderzulagen von einer zivilrechtlichen Vorfrage, nämlich der Dauer des Lohnanspruchs, abhängig gemacht. Er habe seine Beschwerde an das Verwaltungsgericht damit begründet, dass der Lohnanspruch wegen ungenügender Versicherungsdeckung durch den Arbeitgeber nicht bloss bis Ende Oktober 1999, sondern bis 31. Januar 2000 bestanden habe, weshalb die Kinderzulagen bis 30. April 2000 geschuldet seien. Das Verwaltungsgericht habe jedoch seine Vorbringen betreffend die Dauer der Lohnfortzahlung nicht geprüft. Damit habe es Art. 1 Abs. 3 KZG willkürlich angewendet und ihm das Recht verweigert. Indem es sich trotz vollständigem Eintreten auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde für eine in seinen Zuständigkeitsbereich fallende Vorfrage für sachlich unzuständig erklärt habe, habe es überdies in willkürlicher Weise gegen Art. 125 Abs. 1 des bernischen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 23. Mai 1989 (VRPG) verstossen, wonach die sozialversicherungsrechtliche Abteilung des Verwaltungsgerichts alle Streitigkeiten aus dem Bereich des Sozialversicherungsrechts beurteile. 
2. 
Nach Lehre und Rechtsprechung sind Verwaltungsbehörden und Gerichte zur selbständigen Entscheidung von Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten befugt, sofern das Gesetz nichts anderes vorschreibt und die zuständige Behörde über die Vorfrage noch nicht entschieden hat (BGE 120 V 378 E. 3a S. 382, mit Hinweisen). Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass Behörden und Gerichte in allen Fällen zur selbständigen Prüfung von Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten verpflichtet wären. Der Beschwerdeführer vermag auch keine kanto-nale Gesetzesbestimmung zu nennen, aus der sich eine solche Pflicht ergäbe. Der von ihm angerufene Art. 125 Abs. 1 VRPG sagt zu dieser Frage nichts aus. Dieser Zuständigkeitsvorschrift lässt sich nichts darüber entnehmen, wie die sozialversicherungsrechtlichen Abteilung des Verwaltungsgerichts zivilrechtliche Vorfragen zu behandeln hat. Es sind hier verschiedene Lösungen möglich. So könnte die Abteilung beispielsweise ein bei ihr hängiges Verfahren auch sistieren und es den Parteien anheimstellen, die streitige Frage dem Zivilrichter zu unterbreiten. Denkbar wäre aber auch, dass sie die Vorfrage prima-facie selber beurteilt, aber unter dem Vorbehalt eines abweichenden Entscheids des zuständigen Zivilrichters. Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht diesen zweiten Weg gewählt. Es hat im angefoch-tenen Entscheid ausgeführt, der Beschwerdeführer sei unbestrittener-massen ab September 1999 vollständig arbeitsunfähig gewesen und habe ab Ende Oktober 1999 einzig noch Krankentaggelder bezogen. Das habe automatisch die Weiterausrichtung der Kinderzulagen noch bis Ende Januar 2000 nach sich gezogen. Unter diesen Umständen erschienen die Vorbringen des Beschwerdeführers rein theoretisch. Es sei aus Gründen mangelnder sachlicher Zuständigkeit nicht am ange-rufenen Gericht, im Rahmen eines Kinderzulagenverfahrens über arbeitsrechtliche Fragen aus der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts zu befinden. Die Lohnfortzahlungspflicht könnte denn auch nur im Rah-men einer arbeitsgerichtlichen Streitigkeit für den Arbeitgeber verbind-lich entschieden werden. Sollte der Beschwerdeführer in einem sol-chen Verfahren tatsächlich vom ehemaligen Arbeitgeber noch weiter Lohn zugesprochen erhalten, könnten gestützt darauf (im Sinne eines Rückkommenstitels) die Kinderzulagen für die vorliegend streitige Zeit allenfalls noch nachträglich geltend gemacht werden. 
 
Es ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Begründung willkürlich sein soll. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Rechtskraft des Beschwerdeentscheids verbiete es der Verwaltung, auf ihre Verfügung zurückzukommen, übersieht er, dass das Verwaltungsgericht den Fall einer abweichenden Beurteilung der Frage der Lohnfortzahlungspflicht durch das Arbeitsgericht ausdrücklich vorbehalten hat, weshalb nicht angenommen werden kann, die Rechtskraft seines Entscheids stehe insoweit einer Neubeurteilung durch die Ausgleichskasse entgegen. 
3. 
Die Beschwerde erweist sich somit als offensichtlichen unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 36a OG abzuweisen. 
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Die Ausgleichskasse hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung, weil sie als eine mit öffentlichrechtlichen Auf-gaben betraute Organisation zu gelten hat (Art. 159 Abs. 2 Satz 2 OG analog; vgl. BGE 118 V 158 E. 7 S. 169 f., mit Hinweisen; Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, vol. V, S. 161 f.) und weil ihr Aufwand überdies gering war. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren gemäss Art. 36a OG
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt . 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der B.________ AG, der Ausgleichskasse C.________ und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 31. März 2003 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: