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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_48/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 31. Mai 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Revision (Mord usw.), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, vom 20. Dezember 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern sprach X.________ am 31. Juli 2012 zweitinstanzlich u.a. des Mordes und des qualifizierten Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 und 3 StGB, beides gemeinsam begangen mit Y.________ am 12./13. August 2003 in Roggwil zum Nachteil von A.________, schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren. Auf die von X.________ gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde in Strafsachen trat das Bundesgericht nicht ein, da die Sachverhaltsrügen den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht genügten (Urteil 6B_757/2012 vom 27. Mai 2013). 
 
B.  
Die 1. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern wies ein gegen das Urteil vom 31. Juli 2012 gerichtetes Revisionsgesuch von X.________ am 20. Dezember 2016 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil vom 20. Dezember 2016 sei aufzuheben und die Sache sei neu zu beurteilen. Dem Verfahren sei aufschiebende Wirkung zu gewähren und er sei sofort aus der Haft zu entlassen. X.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer beantragt, es sei ihm ein Anwalt zur Seite zu stellen, da es sich um einen juristisch komplexen Fall von grossem Umfang handle. 
Dem Antrag kann nicht stattgegeben werden. Im bundesgerichtlichen Verfahren ist es grundsätzlich an der beschwerdeführenden Person, für eine Vertretung besorgt zu sein. Die Bestimmungen der StPO über die Bestellung eines amtlichen Verteidigers (vgl. Art. 132 ff. StPO) gelten im Verfahren vor Bundesgericht nicht. Art. 41 Abs. 1 BGG sieht vor, dass das Bundesgericht eine Partei auffordern kann, einen Vertreter beizuziehen, wenn diese offensichtlich nicht imstande ist, ihre Sache selber zu führen. Dafür besteht vorliegend jedoch kein Anlass. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, es lägen neue Tatsachen und Beweismittel vor, die geeignet seien, seine Unschuld am Tod von A.________ im Jahre 2003 zu beweisen. 
 
2.1. Wer durch ein rechtskräftiges Strafurteil beschwert ist, kann nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch oder eine wesentlich mildere Bestrafung der verurteilten Person herbeizuführen. Tatsachen und Beweismittel sind neu, wenn das Gericht im Zeitpunkt der Urteilsfällung keine Kenntnis von ihnen hatte, das heisst, wenn sie ihm nicht in irgendeiner Form unterbreitet worden sind (BGE 137 IV 59 E. 5.1.2 S. 66 f.; 130 IV 72 E. 1 S. 73). Neue Tatsachen und Beweismittel sind erheblich, wenn sie geeignet sind, die tatsächlichen Feststellungen, auf die sich die Verurteilung stützt, zu erschüttern, und wenn die so veränderten Tatsachen einen deutlich günstigeren Entscheid zugunsten des Verurteilten ermöglichen (BGE 137 IV 59 E. 5.1.4 S. 68; 130 IV 72 E. 1 S. 73). Die Revision ist zuzulassen, wenn die Abänderung des früheren Urteils wahrscheinlich ist. Der Nachweis einer solchen Wahrscheinlichkeit darf nicht dadurch verunmöglicht werden, dass für die neue Tatsache ein Beweis verlangt wird, der jeden begründeten Zweifel ausschliesst (BGE 116 IV 353 E. 4e S. 360 f.).  
Eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens gestützt auf Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO ist grundsätzlich auch möglich, wenn eine Tatsache der beschuldigten Person bekannt war und sie es unterliess, diese dem Gericht zur Kenntnis zu bringen. Dies gilt unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs. Ein Revisionsgesuch ist als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren, wenn es sich auf Tatsachen oder Beweismittel stützt, welche der Verurteilte von Anfang an kannte und ohne berechtigten Grund verschwieg bzw. zurückbehielt. Revisionsverfahren dienen nicht dazu, rechtskräftige Entscheide immer wieder infrage zu stellen oder gesetzliche Vorschriften über die Rechtsmittelfristen zu umgehen. Rechtsmissbrauch ist allerdings nur mit Zurückhaltung anzunehmen. Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob unter den gegebenen Umständen das Revisionsgesuch dazu dient, den ordentlichen Rechtsweg zu umgehen (siehe zum Ganzen BGE 130 IV 72 E. 2.2 S. 74; 127 I 133 E. 6 S. 138; Urteile 6B_1042/2015 vom 19. April 2016 E. 4.4; 6B_758/2015 vom 24. November 2015 E. 1.1). 
 
2.2. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 141 IV 317 E. 5.4 S. 324 mit Hinweisen). Ob eine Tatsache oder ein Beweismittel neu und geeignet ist, die tatsächlichen Grundlagen des Urteils zu erschüttern, dessen Revision verlangt wird, ist eine Tatfrage, die das Bundesgericht nur auf Willkür überprüft (BGE 130 IV 72 E. 1 S. 73; Urteil 6B_742/2016 vom 6. Februar 2017 E. 1.3). Die Rüge der Willkür muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 142 II 206 E. 2.5 S. 210; 141 IV 369 E. 6.3 S. 375).  
 
2.3. Der Beschwerdeführer wendet sich über weite Strecken gegen das Urteil vom 31. Juli 2012, ohne jedoch Revisionsgründe geltend zu machen. So bringt er wie bereits im Berufungsverfahren vor, die Aussagen von Y.________ seien nicht glaubhaft und sein eigenes Geständnis sei in Zweifel zu ziehen. Er habe ein falsches Geständnis abgelegt, da seine Familie bedroht worden sei. Die Vorinstanz sieht darin zu Recht keine neuen Tatsachen, da sich mit der entsprechenden Argumentation bereits das Obergericht im Urteil vom 31. Juli 2012 befasste.  
 
2.4. Der Beschwerdeführer ruft verschiedene Zeugen an, welche die angebliche Bedrohungslage bestätigen sollen. Aus seinen Ausführungen geht allerdings nicht hervor, dass es sich bei den erwähnten Personen um neue Zeugen handelt, welche nicht bereits im ordentlichen Strafverfahren angerufen wurden oder ohne Weiteres hätten angerufen werden können. Ein Revisionsgrund ist daher auch insofern zu verneinen. Ob die Befragung der besagten Personen überhaupt Gegenstand des bei der Vorinstanz eingereichten Revisionsgesuchs bildete, ist fraglich. Dies kann jedoch offenbleiben, da der Rüge wie dargelegt ohnehin kein Erfolg beschieden ist.  
 
2.5.  
 
2.5.1. Der Beschwerdeführer beantragt zudem die Einvernahme von B.________ und C.________. Er argumentiert, ein bei einem Einbruchsversuch in Belgien umgekommener Mann mit dem Spitznamen "D.________" und vermutlichen Vornamen E.________ sei an der Tötung von A.________ als zweiter Täter mitbeteiligt gewesen. Die Zeugenbefragung von B.________ könne dies beweisen. Dieser sei früher ein Kollege von Y.________ gewesen und habe die Information von diesem erhalten. C.________ sei mit Y.________ in Bostadel inhaftiert gewesen. Y.________ habe C.________ gegenüber durchschimmern lassen, dass er ihn (den Beschwerdeführer) fälschlicherweise belastet habe, um einen Dritten, seinen Kollegen, zu decken. Y.________ habe C.________ gesagt, er sei bereit, seine Aussagen gegen ihn (den Beschwerdeführer) zurückzuziehen, wenn er 2 /3 bekomme.  
 
2.5.2. Insofern handelt es sich um neue Beweise, welchen die Vorinstanz jedoch die Erheblichkeit abspricht. Sie erwägt u.a., der Beschwerdeführer habe über Tatwissen verfügt, welches er anders weder als Mittäter nicht habe erlangen können (so z.B. bezüglich des Tresorschlüssels). Das Obergericht habe im Urteil vom 31. Juli 2012 dargelegt, dass sich dessen Aussagen in weiten Teilen auch mit den Erkenntnissen der Polizei decken und von einem beachtlichen Tat- und Detailwissen in Bezug auf die Wohnung und das Opfer zeugen würden (angefochtener Entscheid S. 5). Die geltend gemachte Bedrohungslage sei kein plausibler Grund für das Teilgeständnis. Das Obergericht habe im Urteil vom 31. Juli 2012 ausführlich und überzeugend dargelegt, dass die Bedrohung der Familie nicht stichhaltig sei und das Teilgeständnis des Beschwerdeführers nicht in Zweifel zu ziehen vermöge. Die geltend gemachten Drohungen hätten keine akute Bedrohungslage verursacht, welche den Beschwerdeführer zu einer Falschbelastung hätte bewegen können. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer mit seinem Teilgeständnis bzw. mit seinen Aussagen, wonach er ebenfalls am Tatort zugegen gewesen sei, Y.________ stärker belastet habe als zuvor. Das Teilgeständnis des Beschwerdeführers habe sich für Y.________ nicht als vorteilhaft erwiesen. Hätte dieser den Beschwerdeführer tatsächlich zu einem Teilgeständnis genötigt, sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Aussagen gemacht hätte, welche Y.________ noch stärker belastet hätten (angefochtener Entscheid S. 5 f.). Es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass zwischen dem in Belgien verstorbenen Dieb mit dem Spitznamen "D.________" und dem rechtskräftig erledigten Strafverfahren ein Zusammenhang bestehen könnte. Dass allfällige Aussagen von B.________ einen solchen Zusammenhang herzustellen vermöchten, erscheine mit Blick auf das sorgfältig begründete und in jeder Hinsicht nachvollziehbare Urteil vom 31. Juli 2012 - welches nicht nur auf objektiven Beweismitteln, sondern auch auf dem Teilgeständnis des Beschwerdeführers und den Aussagen von Y.________ gründe - als äusserst unwahrscheinlich. Auch die schriftliche Erklärung von C.________ vermöge keine Zweifel am sorgfältig begründeten Beweisergebnis zu wecken. Dass Y.________ für eine Verkürzung seiner Haft bereit gewesen wäre, seine belastenden Aussagen gegen den Beschwerdeführer zurückzuziehen, erstaune nicht weiter. Y.________ sei rechtskräftig verurteilt worden, weshalb für ihn kein Anlass mehr bestehe, seine Aussagen aufrecht zu erhalten. Vielmehr habe sich seine Hoffnung zu diesem Zeitpunkt alleine auf eine Verkürzung der Haft gerichtet. Daraus, dass dieser bereit gewesen wäre, seine Aussagen gegen den Beschwerdeführer zurückzuziehen, könne nichts zugunsten des Beschwerdeführers abgeleitet werden. Auch eine erneute Einvernahme von Y.________ und des Beschwerdeführers erübrige sich (angefochtener Entscheid S. 7).  
 
2.5.3. Inwiefern diese Ausführungen in tatsächlicher Hinsicht gegen das Willkürverbot oder sonstwie gegen geltendes Recht verstossen könnten, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf und ist auch nicht ersichtlich. Dieser bleibt Ausführungen dazu schuldig, wie B.________ - anders als durch blosse Behauptungen - einen Zusammenhang zwischen dem in Belgien verstorbenen Dieb und der Tötung von A.________ herstellen könnte. Daraus, dass Y.________ gegen eine Verkürzung seiner Haft bereit gewesen wäre, seine den Beschwerdeführer belastenden Aussagen zurückzuziehen, kann - wie die Vorinstanz zutreffend erwägt - nicht abgeleitet werden, Ersterer habe den Beschwerdeführer fälschlicherweise belastet. Die Vorinstanz setzt sich im angefochtenen Entscheid einlässlich mit der Beweislage auseinander. Angesichts der belastenden Beweise durfte sie ohne Willkür ausschliessen, dass die Einvernahme von B.________ und C.________ zu einem Freispruch des Beschwerdeführers führen könnte. Die Rügen des Beschwerdeführers sind unbegründet, soweit sie den gesetzlichen Begründungsanforderungen überhaupt zu genügen vermögen.  
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 31. Mai 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld