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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4A_298/2012 
 
Urteil vom 31. Juli 2012 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin, 
Bundesrichterin Kiss, 
nebenamtlicher Bundesrichter Al. Brunner, 
Gerichtsschreiberin Schreier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Rudolf Keiser, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
1. B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Remigius Küchler, 
Beschwerdegegner, 
2. X.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Dörig, 
Nebenintervenientin. 
 
Gegenstand 
Haftpflicht, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, 1. Abteilung, vom 23. März 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.________ (Kläger, Beschwerdeführer) war als Chauffeur bei der Y.________ AG angestellt. Diese und die Z.________ AG wurden im Jahr 2000 als einfache Gesellschaft mit Bauarbeiten an der Klinik Q.________ betraut. Die X.________ AG (Nebenintervenientin) vermittelte der Y.________ AG B.________ (Beklagter 1, Beschwerdegegner) als Kranführer zur Bedienung des dortigen Baukrans. 
Am 7. August 2000 lösten sich beim Verladen auf der Baustelle Q.________ drei von B.________ mit dem Kran aufgehobene Elemente aus den Stahlbändern und stürzten aus grosser Höhe herunter. Eines der Elemente fiel auf den Fuss von A.________ und verletzte ihn. A.________ klagt heute über dauernde gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund dieses Unfallereignisses. 
 
B. 
B.a Am 21. Januar 2005 erhob A.________ beim Amtsgericht Luzern-Stadt Klage mit dem Begehren, es seien B.________, die Y.________ AG und die Z.________ AG unter solidarischer Haftbarkeit und unter Vorbehalt von Regressansprüchen der Krankenkasse nach KVG sowie der IV zur Zahlung von Fr. 554'930.-- zu verurteilen. 
Am 23. März 2005 verkündete der Beklagte 1 der X.________ AG den Streit. Diese trat mit Schreiben vom 6. April 2005 als Nebenintervenientin in den Prozess ein. 
Mit Urteil vom 24. August 2009 wies das Amtsgericht Luzern-Stadt die Klage ab. 
B.b Gegen dieses Urteil erhob der Kläger Appellation an das Obergericht des Kantons Luzern und beantragte, das Urteil des Amtsgerichts sei aufzuheben, soweit die Klage in Bezug auf den Beklagten 1 abgewiesen worden war, und es sei der Beklagte 1 zur Zahlung von Fr. 537'383.-- zu verurteilen. 
Mit Urteil vom 1. Juni 2010 hob das Obergericht des Kantons Luzern das Urteil des Amtsgerichts auf und wies die Sache zur Prüfung des Anspruchs an das Amtsgericht zurück. 
B.c Mit Urteil vom 16. Juni 2011 wies das Bezirksgericht Luzern (vormals Amtsgericht Luzern-Stadt) die Klage ab. 
Gegen dieses Urteil erhob der Kläger erneut Appellation an das Obergericht des Kantons Luzern und beantragte dessen Aufhebung und die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Fr. 180'000.--. 
Mit Urteil vom 23. März 2012 wies das Obergericht die Klage ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 21. Mai 2012 beantragt der Kläger dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventuell sei der Beschwerdegegner zur Zahlung von maximal Fr. 180'000.-- zu verurteilen bzw. "im Detail" zu: Fr. 139'880.-- für Betreuungskosten, Fr. 100'325.-- für Erwerbsschaden, Fr. 192'307.-- für Haushaltschaden (Fr. 61'332.-- + Fr. 46'495.-- + Fr. 84'480.--), Fr. 18'900.-- für Genugtuung, Fr. 50'000.-- für Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 137 III 417 E. 1; 136 II 101 E. 1, 470 E. 1; 135 III 212 E. 1). 
 
1.1 Die Beschwerde richtet sich gegen einen verfahrensabschliessenden Entscheid (Art. 90 BGG) einer oberen kantonalen Instanz, die auf ein Rechtsmittel hin kantonal letztinstanzlich in einer Zivilsache entschieden hat (Art. 75 i.V.m. Art. 72 BGG), die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers sind im kantonalen Verfahren nicht geschützt worden (Art. 76 Abs. 1 BGG), der massgebende Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.-- (Art. 51 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist somit unter Vorbehalt einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. E. 1.2) einzutreten. 
1.2 
1.2.1 Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten. In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft solche Rügen nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2; 133 III 393 E. 6, 439 E. 3.2). 
Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1; 121 III 397 E. 2a; 116 II 745 E. 3 S. 749). Die Begründung hat ferner in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen, der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 133 II 396 E. 3.1 S. 400). 
1.2.2 Diese Grundsätze verkennt der Beschwerdeführer über weite Strecken. Er beschränkt sich im Rahmen zahlreicher Rügen darauf, dem Bundesgericht lediglich seine Sicht der Dinge zu unterbreiten. Dabei geht er indessen oft in keiner Art und Weise auf den vorinstanzlichen Entscheid ein. Dies genügt den soeben umschriebenen Begründungsanforderungen nicht, weshalb auf diese Rügen nicht einzutreten ist. 
 
2. 
2.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). 
Wird Willkür in der Ermittlung des Sachverhalts geltend gemacht, ist zu beachten, dass dem Sachrichter in der Beweiswürdigung ein breiter Ermessensspielraum zusteht; die beschwerdeführende Partei hat daher darzulegen, inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder willkürlich ausser Acht gelassen habe (vgl. BGE 132 III 209 E. 2.1; 129 I 8 E. 2.1; 120 Ia 31 E. 4b S. 40; 118 Ia 28 E. 1b S. 30). Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, namentlich auf bloss appellatorische Vorbringen, ist nicht einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3, 396 E. 3.1 S. 399). 
 
2.2 Auch diese Grundsätze verkennt der Beschwerdeführer, wenn er dem Bundesgericht die Tatsachen aus seiner Sicht darlegt und dabei den festgestellten Sachverhalt beliebig erweitert, ohne substanziierte Sachverhaltsrügen im vorstehenden Sinne zu erheben. Damit ist er nicht zu hören. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den Grundsatz des richterlichen Ermessens bei der Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR verletzt. Es sei bewiesen, dass der Beschwerdeführer eine schwere Fussinvalidität erlitten habe und dadurch als Lastwagenchauffeur berufsunfähig geworden sei. Es sei ebenfalls bewiesen, dass er 74 Tage im Spital gewesen und danach von seiner Lebenspartnerin rund drei Jahre zu Hause betreut worden sei. Solche Schadenselemente seien nicht Beweisfragen, sondern Wertungsfragen. Im vorinstanzlichen Urteil sei keine einzige Billigkeitserwägung im Sinne von Art. 4 ZGB enthalten. 
 
3.1 Der Schaden ist vom Geschädigten grundsätzlich ziffernmässig nachzuweisen (Art. 42 Abs. 1 OR). Ist das nicht möglich, ist der Schaden vom Richter "mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge" abzuschätzen (Art. 42 Abs. 2 OR). Diese Bestimmung bezieht sich sowohl auf das Vorhandensein wie auf die Höhe des Schadens. Dieser gilt als erwiesen, wenn sich genügend Anhaltspunkte ergeben, die geeignet sind, auf seinen Eintritt zu schliessen. Der Schluss muss sich mit einer gewissen Überzeugungskraft aufdrängen (BGE 132 III 379 E. 3.1; 122 III 219 E. 3a 222). Eine Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR setzt voraus, dass ein strikter Beweis nach der Natur der Sache nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Die Herabsetzung des Beweismasses darf im Ergebnis nicht zu einer Umkehr der Beweislast führen. Die beweispflichtige Partei hat alle Umstände, die für die Verwirklichung des behaupteten Sachverhalts sprechen, soweit möglich und zumutbar zu behaupten und zu beweisen (BGE 128 III 271 E. 2b/aa S. 276 f. mit Hinweisen). Die vom Geschädigten vorgebrachten Umstände müssen geeignet sein, den Bestand des Schadens hinreichend zu belegen und seine Grössenordnung hinreichend fassbar werden zu lassen (BGE 122 III 219 E. 3a S. 222). 
 
3.2 Es kann offen bleiben, ob der Beschwerdeführer mit seiner allgemein gehaltenen Kritik den Begründungsanforderungen genügt, da die Rüge ohnehin unbegründet ist. Die Vorinstanz hat die dargelegten Grundsätze korrekt wiedergegeben und angewendet. Sie hat in Bezug auf den Haushaltschaden ausgeführt, nach dem erstinstanzlichen Gericht habe der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen, dass er Haushaltsarbeiten vor dem Unfall ausgeführt habe, die er nun nicht mehr oder nur eingeschränkt verrichten könne. Damit seien vor dem erstinstanzlichen Gericht keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung nachgewiesen worden, die für eine richterliche Schadensschätzung benötigt würden. Ohnehin sei aber auf die Berufung des Beschwerdeführers in diesem Punkt nicht einzutreten, da er sich zu den erstinstanzlichen Erwägungen überhaupt nicht äussere. In Bezug auf den Betreuungsschaden hat die Vorinstanz ausgeführt, der Beschwerdeführer trage bloss eine durchschnittliche Betreuungszeit pro Tag vor und errechne so bis zum Rentenbeginn seinen Schaden. Das erstinstanzliche Gericht bemängle auch hier zu Recht die fehlende Substanziierung. Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden. Die Rüge ist unbegründet, soweit darauf überhaupt einzutreten ist. 
 
4. 
Der Beschwerdeführer rügt zudem eine Verletzung von Art. 49 OR. Er habe Anspruch auf eine Genugtuung von Fr. 35'000.--. Genugtuungsfragen seien typische Ermessensfragen. Die Vorinstanz habe ihr Ermessen nicht ausgeschöpft. 
 
4.1 Nach Art. 49 Abs. 1 OR hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. Ob eine Persönlichkeitsverletzung hinreichend schwer wiegt, um die Zusprechung einer Geldsumme als Genugtuung zu rechtfertigen, hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalles ab (BGE 129 III 715 E. 4.4 S. 725; 125 III 412 E. 2a S. 417). Bei der Beurteilung der Frage, ob besondere Umstände eine Genugtuung rechtfertigen, steht dem Richter ein weites Ermessen zu (BGE 129 III 715 E. 4.4 S. 725; 115 II 156 E. 1 mit Hinweis). Das Bundesgericht übt bei der Überprüfung von Ermessensentscheiden Zurückhaltung und greift nur ein, wenn das Sachgericht grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn es Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn es umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die hätten beachtet werden müssen. Ausserdem werden Ermessensentscheide aufgehoben, die sich als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 133 III 257 E. 3.2; 129 III 380 E. 2 S. 382, je mit Verweisen). 
 
4.2 Die Vorinstanz hat ausgeführt, das erstinstanzliche Gericht habe eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 12'000.-- als angemessen erachtet. Es treffe daher nicht zu, dass das erstinstanzliche Gericht diese Position nicht geschätzt habe. Der Beschwerdeführer trage denn auch nicht vor, inwiefern das erstinstanzliche Gericht bei seiner Schätzung Faktoren falsch oder zu wenig berücksichtigt habe. Auf diese Rüge sei daher nicht einzutreten. 
 
4.3 Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer verkennt, dass die Vorinstanz in diesem Punkt auf sein Rechtsmittel nicht eingetreten ist, dass aber das erstinstanzliche Gericht eine Genugtuung nach Ermessen festgesetzt hat. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern Art. 49 OR verletzt worden wäre. Die Rüge ist unbegründet. 
 
5. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Damit wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist hingegen nicht geschuldet, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 31. Juli 2012 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Klett 
 
Die Gerichtsschreiberin: Schreier