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[AZA 7] 
C 385/00 Gr 
 
II. Kammer 
 
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter 
Ursprung; Gerichtsschreiber Signorell 
 
Urteil vom 5. Juli 2002 
 
in Sachen 
Staatssekretariat für Wirtschaft, Abteilung Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung, Bundesgasse 8, 3003 Bern, Beschwerdeführer, 
gegen 
F.________, 1941, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Waeckerling Carlo, Eichhölzlistrasse 55, 8192 Glattfelden, 
und 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
Die Arbeitslosenkasse der GBI forderte von F.________ erbrachte Differenzzahlungen im Betrage von Fr. 18 962. 95 zurück (Verfügung vom 21. Juni 2000). 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess eine dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 19. Oktober 2000 in dem Sinne gut, als es die Kassenverfügung aufhob und die Sache zu ergänzender Abklärung und allenfalls neuer Verfügung über die Rückforderung an die Kasse zurückwies. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), es sei in Aufhebung des kantonalen Entscheides die Kassenverfügung zu bestätigen. 
 
Während F.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen lässt, verzichtet die Kasse auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 AVIG) hat der Versicherte, wenn er u.a. ganz oder teilweise arbeitslos ist (lit. a). Als ganz arbeitslos gilt, wer in keinem Arbeitsverhältnis steht und eine Vollzeitbeschäftigung sucht (Art. 10 Abs. 1 AVIG), als teilweise arbeitslos (Art. 10 Abs. 2 AVIG), wer in keinem Arbeitsverhältnis steht und lediglich eine Teilzeitbeschäftigung sucht (lit. a) oder eine Teilzeitbeschäftigung hat und eine Vollzeit oder eine weitere Teilzeitbeschäftigung sucht (lit. b). Nicht als teilweise arbeitslos gilt ein Arbeitnehmer, dessen normale Arbeitszeit vorübergehend verkürzt wurde (Art. 10 Abs. 2bis [gemäss Änderungsnovelle vom 5. Oktober 1990, in Kraft seit 1. Januar 1992]). 
 
 
2.- Der 1941 geborene F.________ ist seit April 1998 als Geschäftsführer für die Firma X.________ GmbH (nachfolgend X.________) tätig. Diese teilte ihm zunächst am 27. Oktober 1998 und dann am 28. Juli 1999 mit, er könne während der Wintermonate, d.h. vom 1. November bis Ende März des folgenden Jahres, lediglich im Ausmass von 40 % (1998) bzw. 50 % (1999) arbeiten. Der Versicherte meldete sich deshalb jeweilen zum Leistungsbezug bei der Arbeitslosenkasse an und rechnete die erzielten Einkünfte als Zwischenverdienst ab. Anlässlich einer Revision beanstandete das seco diese Vorgehensweise und verlangte die Rückforderung der erbrachten Leistungen. Die Kasse verfügte am 21. Juni 2000 die Rückzahlung von Fr. 18 962. 85. 
 
 
3.- a) Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts kann die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, welche nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat, in Wiedererwägung ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (BGE 126 V 23 Erw. 4b, 46 Erw. 2b, 400 Erw. 2b/aa, je mit Hinweisen). 
Die für die Wiedererwägung formell rechtskräftiger Verfügungen massgebenden Voraussetzungen gelten auch mit Bezug auf die Rückerstattung zu Unrecht bezogener Geldleistungen der AHV und der Invalidenversicherung nach Art. 47 Abs. 1 AHVG bzw. Art. 49 IVG (BGE 122 V 21 Erw. 3a, 138 Erw. 2c, 110 V 179 Erw. 2a, 103 V 128; vgl. auch 106 V 79, 105 V 170 Erw. 5 und 6a), der Arbeitslosenversicherung gemäss Art. 95 AVIG (BGE 122 V 138 Erw. 2c, 272 Erw. 2, 368 Erw. 3), der Krankenversicherung (BGE 122 V 138 Erw. 2c, 119 V 35 Erw. 7, 111 V 332 Erw. 1, 110 V 179 Erw. 2a), der Erwerbsersatzordnung nach Art. 20 EOG (BGE 122 V 138 Erw. 2c, 110 V 179 Erw. 2a) und der Ergänzungsleistungen gemäss Art. 27 Abs. 1 ELV (BGE 122 V 21 Erw. 3a, 138 Erw. 2c, 110 V 179 Erw. 2a). 
Eine zweifellose Unrichtigkeit liegt nicht nur vor, wenn die in Wiedererwägung zu ziehende Verfügung aufgrund falscher oder unzutreffender Rechtsregeln erlassen wurde, sondern auch, wenn massgebliche Bestimmungen nicht oder unrichtig angewandt wurden (ARV 1996/97 Nr. 28 S. 158 Erw. 3c). Eine gesetzwidrige Leistungszusprechung gilt regelmässig als zweifellos unrichtig (BGE 103 V 128). 
 
b) Der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung setzt u.a. eine ganze oder teilweise Arbeitslosigkeit des Versicherten voraus (Art. 8 Abs. 1 lit. a AVIG in Verbindung mit Art. 10 AVIG). Für die Frage der zweifellosen Unrichtigkeit ist entscheidend, ob sich die gesetzliche Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit bei der vorhandenen Aktenlage klar bejahen lässt (ARV 1996/97 S. 158 Erw. 3c/aa). 
Die X.________ teilte F.________ am 27. Oktober 1998 mit, dass sich die Wintersaison nicht wie geplant gestalte, weshalb sie gezwungen sei, den Arbeitsvertrag den saisonal bedingten Verhältnissen anzupassen und die Beschäftigung vom 1. November bis zum 31. März auf 40 % zu reduzieren. 
Spätestens ab 1. April 1999 werde er jedoch wieder zu 100 % beschäftigt werden können. Hinsichtlich der Wintersaison 999/2000 stellte die X.________ am 28. Juli 1999 fest, dass die Saison für Y.________ leider nach wie vor kurz sei. Es werde eine Durststrecke geben, weshalb die Beschäftigung vom 1. November 1999 bis zum 31. März 2000 lediglich 50 % betrage. Ab 1. April 2000 werde er wieder 100 % arbeiten können. 
Im Anmeldeformular vom 25. November 1998 wies der Versicherte darauf hin, dass das Vertragsverhältnis nicht aufgelöst, sondern die Arbeitszeit bis zum 31. März 1999 auf 40 % reduziert worden sei (Kurzarbeit). Anschliessend werde wieder eine Vollbeschäftigung folgen. Die gleichen Angaben finden sich in der Arbeitgeberbescheinigung vom 25. November 1998, namentlich wird bestätigt, dass keine Kündigung ausgesprochen, sondern eine temporäre Reduktion der Arbeitszeit vorgenommen worden sei. Analoge Ausführungen finden sich in der zweiten Anmeldung zum Leistungsbezug vom 17. November 1999 und der Arbeitgeberbescheinigung vom gleichen Tag, wobei die Arbeitszeit lediglich auf 50 % reduziert wurde. 
In Würdigung der gesamten Aktenlage steht damit fest, dass die normale Arbeitszeit des Versicherten während der Wintermonate in den Jahren 1998/1999 und 1999/2000 klarerweise nur vorübergehend verkürzt wurde. Dieser Sachverhalt gilt nach Art. 10 Abs. 2bis AVIG nicht als Teilarbeitslosigkeit. 
 
Indem die Kasse diese Rechtsvorschrift nicht zur Anwendung brachte, sind die in Wiedererwägung zu ziehenden Verfügung über die Leistungsgewährung zweifellos unrichtig. 
Weitere Erwägungen zu Fragen der Kurzarbeitsentschädigung (vgl. vorinstanzlicher Entscheid und Verwaltungsgerichtsbeschwerde) erübrigen sich. 
c) Der hier strittige Betrag von beinahe Fr. 19 000.- erfüllt das Kriterium der erheblichen Bedeutung ohne weiteres. 
Die Rückforderung, deren Höhe nicht zur Diskussion steht, geht daher in Ordnung. 
 
d) An dieser Stelle ist der Beschwerdegegner indessen darauf hinzuweisen, dass die Rückzahlung dem Leistungsempfänger auf Gesuch hin ganz oder teilweise erlassen werden kann, sofern er beim Bezug gutgläubig war und die Rückerstattung eine grosse Härte bedeutete (Art. 95 Abs. 2 AVIG; Rz 47 ff. des Kreisschreibens des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit [BIGA] vom 1. Juli 1986 über die Rückforderung unrechtmässig bezogener Leistungen, die Verrechnung und über die Behandlung von Erlassgesuchen [RVE]). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird 
der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons 
Zürich vom 19. Oktober 2000 aufgehoben. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Bau & Industrie GBI und dem Bundesamt 
 
 
für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 5. Juli 2002 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
= Der Gerichtsschreiber: