Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_79/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 5. Oktober 2016  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Armin Stöckli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Stockwerkeigentümergemeinschaft B.________strasse xxx, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Dormann, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Einsetzung eines Verwalters für die Stockwerkeigentümergemeinschaft, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, II. Zivilabteilung, vom 11. Dezember 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Brüder A.________, C.________ und D.________ sind Stockwerkeigentümer je einer Wohnung des 3-Familien-Hauses an der B.________strasse xxx in U.________. 
Nachdem die E.________ GmbH als richterlich ernannte Verwalterin im Laufe des von A.________ gegen sie eingeleiteten Abberufungsverfahrens selbst demissioniert hatte, ernannte das Kantonsgericht Zug auf entsprechendes Begehren mit Entscheid vom 26. Februar 2014 die F.________ AG als neue Verwalterin für die Dauer bis zum 31. Dezember 2014 und erteilte ihr bestimmte, im Einzelnen näher umschriebene Aufträge. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2014 an A.________ sprach sie die Kündigung des Mandates per 31. Dezember 2014 aus. An der Stockwerkeigentümerversammlung vom 28. Januar 2015 wurde G.________ als neuer Verwalter gewählt. 
 
B.   
In der Folge gelangte A.________ erneut an das Kantonsgericht Zug mit dem Antrag, einen neuen Verwalter zu ernennen und festzustellen, dass die F.________ AG ihr Mandat "vorzeitig zur Unzeit" niedergelegt habe. 
Mit Entscheid vom 15. Juli 2015 wies das Kantonsgericht Zug das Gesuch ab. 
Mit Urteil vom 11. Dezember 2015 wies das Obergericht des Kantons Zug die Berufung von A.________ ab, unter Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheides. 
 
C.   
Gegen das obergerichtliche Urteil hat A.________ am 1. Februar 2016 eine Beschwerde an das Bundesgericht eingereicht. Er verlangt die gerichtliche Ernennung eines neuen Verwalters sowie die Beauftragung mit zahlreichen konkreten (näher aufgelisteten) Aufgaben. Mit Präsidialverfügung vom 2. März 2016 wurde auf das Gesuch um aufschiebende Wirkung nicht eingetreten. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen eingeholt, aber die kantonalen Akten beigezogen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzliches Urteil in einer Zivilrechtsstreitigkeit (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 2 und Art. 90 BGG). Angesichts der vermögensrechtlichen Natur der Streitsache setzt die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich einen Streitwert von Fr. 30'000.-- voraus (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). 
Beide kantonalen Instanzen gingen von einem Streitwert von Fr. 12'000.-- aus. Der Beschwerdeführer stellt dies nicht in Frage, macht aber geltend, es sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). Dies ist nachfolgend zu beurteilen. 
 
2.   
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist gegeben, wenn ein allgemeines Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit Rechtssicherheit herzustellen (BGE 139 III 209 E. 1.2 S. 210; 141 III 159 E. 1.2 S. 161). Keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt demgegenüber vor, wenn es lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht (BGE 133 III 493 E. 1.2 S. 495 f.; 134 III 115 E. 1.2 S. 117). Ein erhöhtes Interesse an Klärung besteht dann, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die entsprechende Frage je dem Bundesgericht unterbreitet werden kann, infolge der Streitwertgrenze äusserst gering ist (BGE 134 III 267 E. 1.2.3 S. 271). 
 
2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, das Bundesgericht habe sich bisher noch nicht dazu äussern können, ob die Bestimmung von Art. 712r Abs. 3 ZGB auch für einen vorzeitigen Rücktritt des gerichtlich ernannten Verwalters gelte.  
 
2.2. Art. 712r Abs. 3 ZGB will verhindern, dass die Stockwerkeigentümergemeinschaft die gestützt auf ein Gesuch im Sinn von Art. 712q Abs. 1 ZGB erfolgte richterliche Einsetzung eines Verwalters dadurch unterläuft, dass sie ihn durch Mehrheitsbeschluss im Sinn Art. 712r Abs. 1 ZGB privatautonom wieder abberuft. Der Beschwerdeführer will die Norm dahingehend verstanden wissen, dass Art. 712r Abs. 3 ZGB auch dem Verwalter die Demission verbietet, soweit er richterlich eingesetzt ist.  
Dies stellt indes keine Rechtsfrage dar, die umstritten und klärungsbedürftig ist. Der Beschwerdeführer macht selbst nicht geltend, dass die Frage in der Literatur kontrovers behandelt würde. Im Übrigen handelt es sich auch gar nicht um eine Frage, die von Art. 712r Abs. 3 ZGB erfasst wird: Wie das Obergericht zutreffend festgehalten hat, kann der Richter dem potentiellen Verwalter das Mandat nicht aufnötigen und ersetzt die richterliche Ernennung einzig den entsprechenden Ernennungsbeschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft (MEIER-HAYOZ/REY, Berner Kommentar, N. 116 zu Art. 712q ZGB; WERMELINGER, Zürcher Kommentar, N. 64 zu Art. 712q ZGB), mit welchem der Verwalter als Organ bestellt wird. Im einen wie im anderen Fall wird im Zusammenhang mit der Ernennung des Verwalters als Organ der Stockwerkeigentümergemeinschaft (organschaftliches Verhältnis) - von der Rechtsbeziehung her untrennbar - ein Verwaltungsvertrag zwischen der Gemeinschaft und dem Verwalter abgeschlossen (schuldrechtliches Verhältnis; vgl. dazu MEIER-HAYOZ/ REY, a.a.O., N. 34 zu Art. 712q ZGB; WERMELINGER, a.a.O., N. 15 f. zu Art. 712q ZGB), welcher nach herrschender Lehre ein Auftragsverhältnis darstellt und den Art. 394 ff. OR unterliegt (MEIER-HAYOZ/REY, a.a.O., N. 39 zu Art. 712q ZGB; WERMELINGER, a.a.O., N. 132 und 138 zu Art. 712q ZGB). Grundsätzlich können die Parteien das als Einheit bestehende organschaftliche und schuldrechtliche Rechtsverhältnis jederzeit beendigen. Art. 712r Abs. 3 ZGB nimmt freilich der Stockwerkeigentümergemeinschaft im Fall der richterlichen Ernennung des Verwalters die Möglichkeit, dies durch einen abberufenden Mehrheitsbeschluss zu tun; davon ist aber das Demissionsrecht des Verwalters nicht betroffen (explizit WERMELINGER, a.a.O., N. 72 zu Art. 712r ZGB; vgl. ferner MEIER-HAYOZ/REY, a.a.O., N. 30 ff. zu Art. 712r ZGB). 
 
2.3. Nach dem Gesagten gibt es im vorliegenden Fall nichts zu klären. Liegt demnach keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG vor, ist auf die Beschwerde in Zivilsachen mangels Vorliegen des Mindeststreitwertes nicht einzutreten.  
 
3.   
Für den betreffenden Fall wird eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben, mit welcher einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann (Art. 116 BGG). Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt. Wird die Verletzung des Willkürverbots gerügt, reicht es sodann nicht aus, die Rechtslage aus Sicht des Beschwerdeführers darzulegen und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Ausserdem ist aufzuzeigen, inwiefern die Behebung der aufgezeigten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 140 III 264 E. 2.3 S. 266). 
 
3.1. Die Beschwerde erschöpft sich zum grössten Teil in appellatorischen Ausführungen, indem der Sachverhalt aus eigener Sicht geschildert und insbesondere die obergerichtliche Erwägung, durch Mehrheitsbeschluss der gültig einberufenen Versammlung vom 28. Januar 2015 habe die Stockwerkeigentümergemeinschaft zwischenzeitlich einen neuen Verwalter ernannt, kritisiert wird. Darauf ist nicht einzutreten.  
 
3.2. Einzig an ganz wenigen Stellen rügt der Beschwerdeführer oberflächlich eine Verletzung des Willkürverbotes (Art. 9 BV) und des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV), indem das Obergericht den von ihm gestellten Beweisanträgen nicht stattgegeben habe. Indes konnte der Beweisantrag auf Mahnung der Verwaltung an die Stockwerkeigentümer D.________ und C.________ (Beschwerde, Ziff. 21 und 25) von vornherein nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein. Sodann hat das Obergericht ausgeführt, wieso auf die Einvernahme von H.________ verzichtet werden konnte (angefochtener Entscheid, S. 8 oben). Dies stellte eine antizipierte Beweiswürdigung dar, die vom Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft werden kann (BGE 138 III 374 E. 4.3.2 S. 376). Der Beschwerdeführer legt aber nicht substanziiert dar, inwiefern die vom Obergericht ausführlich vorgenommene Beweiswürdigung, wonach die Stockwerkeigentümerversammlung vom 28. Januar 2014 gültig einberufen wurde, willkürlich sein soll und inwiefern die Einvernahme von Herrn H.________, insbesondere vor der erfolgten Würdigung der beiden Schreiben der F.________ AG, das Beweisergebnis und schliesslich auch das Ergebnisses des Entscheides insgesamt in eine andere Richtung hätten führen sollen, zumal er sich nicht mit der Eventualerwägung auseinandersetzt, dass die auf Art. 712q Abs. 1 ZGB gestützte Anrufung des Richters ohnehin voraussetze, dass zuerst die Ernennung durch die Gemeinschaft beantragt, aber von dieser abgelehnt worden ist. Mangels genügender Substanziierung kann auf die Verfassungsrügen nicht eingetreten werden.  
Ferner wird im Zusammenhang mit der E. 2.4 im angefochtenen Urteil, der Urteilsvorschlag des Friedensrichteramtes vom 27. April 2015 sei von der Beschwerdegegnerin abgelehnt worden, das Gegenteil behauptet, und im Zusammenhang mit der weiteren Aussage, das Obergericht sei mit Beschluss vom 15. August 2015 auf die Beschwerde nicht eingetreten, vorgebracht, diese Frage sei vielmehr dem Kantonsgericht unterbreitet worden, und als Folge geltend gemacht, die drei urteilenden Oberrichter und der Gerichtsschreiber seien als befangen anzusehen (Beschwerde, Ziff. 27). Abgesehen davon, dass in diesem Zusammenhang eine Verletzung von Art. 9 und Art. 29 Abs. 2 BV nicht spezifisch, sondern nur in allgemeiner Weise gerügt wird, so dass die Rüge unsubstanziiert bleibt, wäre die Behauptung der Befangenheit ohnehin haltlos. 
 
4.   
Zusammenfassend ergibt sich, dass auf die Beschwerde unter keinem Titel eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind folglich dem Beschwerdeführer aufzuerlegen und er hat die Gegenpartei für die Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung zu entschädigen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, II. Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Oktober 2016 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli