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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.210/2003 /lma 
 
Urteil vom 5. November 2003 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Nyffeler, 
Gerichtsschreiber Huguenin. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch 
Advokat Dr. Michael Kull, 
 
gegen 
 
B.________, 
Beschwerdegegner, vertreten durch Advokat Dr. Thomas M. Petitjean, 
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht. 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV (Willkürliche Beweiswürdigung im Zivilprozess), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, vom 22. Juli 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 28. November 2001 schlossen B.________ (Beschwerdegegner) und A.________ (Beschwerdeführer) eine schriftliche Vereinbarung. Der Beschwerdegegner wurde als "Auftraggeber", der Beschwerdeführer als "Auftragnehmer" bezeichnet. Dieser verpflichtete sich zum Erteilen von Golfunterricht, wobei er gemäss Bedarf nach Kursagenda an fünf Tagen pro Woche ganztags für die Erteilung von Golfstunden zur Verfügung stehen sollte. Der Beschwerdegegner garantierte ihm eine durchschnittliche Auslastung von vier Stunden pro Tag. Als Beginn wurde der 16. März 2002 festgesetzt. Unter dem Titel "Kündigungsfrist" wurde bestimmt, die Vereinbarung sei durch beide Vertragspartner mit einer Frist von drei Monaten auf das Ende eines Kalendermonats kündbar. 
 
Mit einem als "Widerruf/Kündigung der Vereinbarung mit sofortiger Wirkung" bezeichnetem Schreiben vom 28. März 2002 erklärte der Beschwerdegegner, er kündige den Auftrag mit sofortiger Wirkung wegen wesentlichen Irrtums, eventuell wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen vonseiten des Beschwerdeführers. 
B. 
Mit Eingabe vom 6. Juni 2002 stellte der Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Laufen das Begehren, der Beschwerdegegner sei zur Bezahlung von Fr. 30'000.-- nebst Zinsen zu 5% zu verurteilen. Er vertrat den Standpunkt, die Vereinbarung vom 28. November 2001 sei entgegen deren Wortlaut nicht als Auftrag, sondern als Arbeitsvertrag zu qualifizieren. Die eingeklagte Forderung betrifft den Lohn bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist sowie eine Entschädigung wegen ungerechtfertigter fristloser Entlassung. 
 
Der Gerichtspräsident von Laufen hiess die Klage mit Urteil vom 6. Dezember 2002 teilweise gut und verurteilte den Beschwerdegegner zur Bezahlung von Fr. 26'000.-- nebst Zins zu 5% seit 1. Juli 2002. Im Übrigen wies er die Klage ab. Der Gerichtspräsident qualifizierte die Vereinbarung der Parteien als Arbeitsvertrag und kam zum Schluss, ein wichtiger Grund für dessen fristlose Kündigung habe nicht vorgelegen. Er sprach dem Kläger Schadenersatz im Umfang von drei Monatslöhnen zu, insgesamt netto Fr. 18'587.20 (Fr. 19'890.-- abzüglich Sozialversicherungsabzüge von Fr. 1'302.80). Ausserdem verurteilte er den Beschwerdegegner zur Bezahlung des noch ausstehenden Märzlohnanteils von Fr. 1'353.80 brutto bzw. Fr. 1'265.15 netto sowie einer Pönale nach Art. 337c Abs. 3 OR im Umfang von rund einem Monatslohn von Fr. 6'147.65. 
C. 
Mit Urteil vom 22. Juli 2003 hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, die Appellation des Beschwerdegegners teilweise gut und wies die Anschlussappellation des Beschwerdeführers vollumfänglich ab. Das erstinstanzliche Urteil wurde in dem Sinne abgeändert, dass der Beschwerdegegner in teilweiser Gutheissung der Klage zur Bezahlung von Fr. 8'445.40 nebst Zins zu 5% seit 1. Juli 2002 verurteilt wurde. Die weiterreichende Klage wurde abgewiesen. Das Kantonsgericht qualifizierte den Vertrag der Parteien in Übereinstimmung mit der ersten Instanz als Arbeitsvertrag und verneinte unter Verweis auf das erstinstanzliche Urteil das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die fristlose Kündigung. Das Kantonsgericht hielt jedoch dafür, es fehle an einer schriftlichen Vereinbarung im Sinne von Art. 335b OR, so dass die nur zwölf Tage nach Antritt der Stelle durch den Kläger erfolgte Kündigung vom 28. März 2002 während der gesetzlichen Probezeit erfolgt und daher auf den 4. April 2002 gültig erklärt worden sei. Es liess unter diesen Umständen offen, ob das vom Beschwerdegegner zum Beweis eines neuen Arbeitsverhältnisses eingelegte Dokument als Novum prozessual hätte berücksichtigt werden können. Dementsprechend sprach das Gericht dem Beschwerdeführer neben dem unbestrittenen Märzlohnanteil von Fr. 1'353.80 für vier Tage noch Fr. 1'101.60 zu. Die Pönale von rund einem Monatslohn bemass es mit Fr. 5'990.--. 
 
Mit Beschluss vom 2. September 2003 berichtigte das Kantonsgericht sein Urteil vom 22. Juli 2003 in Bezug auf einen Punkt des Kostenentscheides. 
D. 
Gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 22. Juli 2003 hat der Beschwerdeführer sowohl Berufung wie staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Für beide Rechtsmittel stellt er die Rechtsbegehren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Fr. 30'000.-- nebst Zins zu 5% seit dem 1. Juli 2002 zu bezahlen, eventuell sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er um die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung. 
E. 
Der Beschwerdegegner schliesst in der Vernehmlassung auf kostenfällige Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - kassatorischer Natur (BGE 127 III 279 E. 1b; 124 I 327 E. 4b S. 332). Soweit der Beschwerdeführer in seinen Rechtsbegehren mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 
2. 
Nach Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonst wie durch Klage oder Beschwerde beim Bundesgericht gerügt werden kann. Die Beschwerde steht insbesondere nicht zur Verfügung, um in berufungsfähigen Streitsachen die Verletzung von Bundesrecht zu rügen (Art. 43 OG). Mit dem Rechtsmittel der Berufung kann auch ein offensichtliches Versehen gerügt werden (Art. 55 Abs. 1 lit. d, 63 Abs. 2 OG). Ein offensichtliches Versehen liegt vor, wenn die Vorinstanz eine für die Entscheidung erhebliche Aktenstelle übersehen oder unrichtig, das heisst nicht in ihrer wahren Gestalt und insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut wahrgenommen hat (BGE 118 IV 88 E. 2a S. 89 f.; 104 II 68 E. 3b S. 74). Ein derartiges Versehen behauptet der Beschwerdeführer, wenn er rügt, das Kantonsgericht habe die aktenkundige Tatsache übersehen, dass die Parteien bereits im Jahr 2001 zusammen gearbeitet hätten. Auf die Rüge ist nicht einzutreten. 
3. 
Der Beschwerdeführer rügt sodann, das Kantonsgericht habe das Willkürverbot gemäss Art. 9 BV verletzt, indem es die §§ 194 und 264 ZPO/BL (Gesetz betreffend die Zivilprozessordnung vom 21. September 1961; SGS 221) qualifiziert unrichtig ausgelegt bzw. angewendet habe. 
3.1 Das Kantonsgericht ist zum Ergebnis gekommen, es seien keine Anzeichen ersichtlich, dass die Parteien - wären sie sich bewusst gewesen, dass sie einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hatten - die gesetzlich vorgesehene Probezeit hätten ausschliessen wollen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der Rüge, das Kantonsgericht wäre verpflichtet gewesen, den mutmasslichen Willen der Parteien zu ergründen und zu diesem Zweck eine Parteibefragung im Sinne von § 194 ZPO durchzuführen, zumal diese Bestimmung in arbeitsrechtlichen Streitsachen im Sinne von Art. 343 OR gemäss § 264 ZPO auch vor Kantonsgericht anwendbar sei. 
3.2 Nach § 194 ZPO BL können die Parteien vor oder nach den Parteivorträgen über unaufgeklärte tatsächliche Verhältnisse vom Gericht befragt werden (Abs. 1). Das Präsidium hat die Parteien zum persönlichen Erscheinen an die Hauptverhandlung vorzuladen, wenn aufgrund der Akten eine Befragung angezeigt ist (Abs. 2). Diese Bestimmung findet sich systematisch im dritten Hauptstück "Von den Beweisverfahren und den Beweismitteln" (§§ 132 ff. ZPO BL), das an das zweite Hauptstück "Von den Verhandlungen der Parteien" (§§ 55 ff. ZPO BL) anschliesst. Der Beschwerdeführer behauptet, § 194 ZPO BL gelte nach dem chronologischen Aufbau des kantonalen Prozessgesetzes auch für das Verfahren vor Kantonsgericht; dagegen fehlt in der Rechtsschrift jede Begründung dafür, dass der Beweis der Parteibefragung auch für die Aufklärung von Sachverhaltselementen zur Verfügung stehen sollte, die von den Parteien gar nicht behauptet worden sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Inwiefern das Beweismittel der Parteibefragung für nicht behauptete Tatsachen zur Verfügung stehen sollte und das Kantonsgericht verpflichtet gewesen wäre, vom Beweismittel der Parteibefragung für eine nicht behauptete Tatsache Gebrauch zu machen, ist weder dargetan noch ersichtlich. Dass aber der Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren Indizien dafür vorgebracht hätte, dass die Parteien tatsächlich willentlich eine Probezeit ausgeschlossen hatten, behauptet er nicht. Zudem macht er nicht geltend, er habe einen entsprechenden tatsächlichen Parteiwillen im kantonalen Verfahren frist- und formgerecht behauptet. Unter diesen Umständen fällt eine willkürliche Anwendung von § 194 ZPO BL durch das Kantonsgericht ausser Betracht. 
4. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Diesem Verfahrensausgang entsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig. Nach Art. 343 Abs. 3 OR fallen keine Gerichtskosten an. Dagegen hat der Beschwerdeführer die anwaltlich vertretene Gegenpartei für deren Parteikosten zu entschädigen. 
 
Für die eigenen Anwaltskosten hat der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nachgesucht. Diese setzt nach Art. 152 OG neben der Erforderlichkeit des Beizugs eines Rechtsvertreters voraus, dass der Gesuchsteller bedürftig ist und seine Rechtsbegehren nicht als aussichtslos erscheinen. Die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers kann aufgrund der eingereichten Unterlagen als erstellt gelten. Dagegen müssen die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers als aussichtslos im Sinne von Art. 152 OG bezeichnet werden, konnten doch die Erfolgsaussichten schon bei summarischer Betrachtung kaum mehr als ernsthaft bezeichnet werden (BGE 125 II 265 E. 4b S. 275). Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist daher abzuweisen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird abgewiesen. 
2. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
4. 
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 5. November 2003 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: