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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_485/2009 
 
Urteil vom 8. April 2010 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Wyssmann. 
 
Verfahrensbeteilgte 
X.________ und Y.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Steiner & Pfaffen Treuhand AG, 
 
gegen 
 
Steuerverwaltung des Kantons Wallis. 
 
Gegenstand 
Kantons-, Gemeinde- und direkte Bundessteuer 2001/2002, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis vom 26. März 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________, Architekt, schloss sich mit zwei Geschäftspartnern zum Zweck der Überbauung der Parzelle G.________ in der Gemeinde A.________ zu einem Konsortium zusammen. Projektleiter war X.________. Die Bauarbeiten wurden durch die Z.________ AG ausgeführt. 
 
Am 16. November 2001 reichten X.________ und Y.________ die Steuererklärung 2001/2002 bei der Gemeindeverwaltung ein. Nachdem die Steuerpflichtigen trotz wiederholter Mahnungen vom 31. Mai 2000, 16. September 2002 und 24. Januar 2003 keine Angaben zum Liegenschaftenhandel und keine Schlussabrechnung für die Überbauung der Parzelle G.________ in A.________ eingereicht hatten, wurde im Rahmen der amtlichen Veranlagung für die Kantons-, Gemeinde- und direkte Bundessteuer ermessensweise ein Einkommen des Ehemannes aus Kollektivgesellschaft im Betrag von Fr.________ pro Jahr aufgerechnet. Eine Einsprache wies die Bezirkssteuerkommission am 17. Juni 2004 ab. 
 
B. 
Mit Entscheid vom 26. März 2008 wies die Steuerrekurskommission des Kantons Wallis die Beschwerde hinsichtlich der Kantons- und Gemeindesteuer sowie der direkten Bundessteuer ab. 
 
C. 
Gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis führen die Steuerpflichtigen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, es sei beim Einkommen ein Verlustanteil aus der Kollektivgesellschaft von Fr.________ pro Jahr zu berücksichtigen. 
 
Die kantonalen Instanzen und die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerde (soweit darauf einzutreten sei). 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Der angefochtene Entscheid stützt sich auf öffentliches Recht des Bundes und Kantons. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis ist zulässig (Art. 82 lit. a BGG). Diese entscheidet seit dem 1. Juli 2007 in den ihr übertragenen Sachbereichen, insbesondere in Angelegenheiten der kantonalen Steuern und der direkten Bundessteuer, als einzige gerichtliche Instanz des Kantons (Art. 150 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons Wallis [StG], Fassung vom 9. November 2006) und erfüllt damit die Voraussetzungen, welche die Rechtsprechung an ein "oberes kantonales Gericht" als unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG stellt (vgl. BGE 135 II 94 E. 4.1 S. 98). Die im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangenden Vorschriften über die Ermessensveranlagung stimmen im Recht der direkten Bundessteuer und im kantonalen Steuerrecht im Wesentlichen überein, weshalb es sich für die Beschwerdeführer erübrigte, zwei unterschiedliche Begründungen für die Beschwerde abzufassen (vgl. BGE 135 II 260 E. 1.3). Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
1.2 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das kantonale Recht und dessen Anwendung prüft das Bundesgericht nur darauf hin, ob es Bundesrecht, insbesondere das Steuerharmonisierungsgesetz (StHG; SR 642.14), verletzt. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde, soweit die Sachverhaltsfeststellungen nicht offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1, 105 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
2. 
2.1 Nach Art. 123 Abs. 1 DBG stellen die Veranlagungsbehörden zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und richtige Besteuerung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest. Gemäss Art. 124 Abs. 2 DBG muss der Steuerpflichtige das Formular für die Steuererklärung wahrheitsgemäss und vollständig ausfüllen, persönlich unterzeichnen und samt den vorgeschriebenen Beilagen fristgemäss der zuständigen Behörde einreichen. Natürliche Personen mit Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit müssen der Steuerklärung die unterzeichneten Jahresrechnungen (Bilanzen, Erfolgsrechnungen) der Steuerperiode oder, wenn eine kaufmännische Buchhaltung fehlt, Aufstellungen über Aktiven und Passiven, Einnahmen und Ausgaben sowie Privatentnahmen und Privateinlagen beilegen (Art. 125 Abs. 2 DBG). Gemäss Art. 126 DBG muss der Steuerpflichtige alles tun, um eine vollständige und richtige Veranlagung zu ermöglichen (Abs. 1); er muss auf Verlangen der Veranlagungsbehörde insbesondere mündlich oder schriftlich Auskunft erteilen, Geschäftsbücher, Belege und weitere Bescheinigungen sowie Urkunden über den Geschäftsverkehr vorlegen (Abs. 2). Die gleichen Mitwirkungspflichten obliegen dem Steuerpflichtigen nach dem Steuerharmonisierungsgesetz (vgl. Art. 42 Abs. 1-3 StHG, SR 642.14) und kantonalen Steuergesetz (Art. 131 Abs. 1, Art. 132 Abs. 2 und 3, Art. 133 Abs. 2, Art. 134 StG). 
 
Der Steuerpflichtige, der die Steuererklärung nicht oder mangelhaft ausgefüllt einreicht, wird aufgefordert, das Versäumte innert angemessener Frist nachzuholen (Art. 124 Abs. 3 DBG). Hat der Steuerpflichtige trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei ermittelt werden, so nimmt die Veranlagungsbehörde die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vor. Sie kann dabei Erfahrungszahlen, Vermögensentwicklung und Lebensaufwand des Steuerpflichtigen berücksichtigen (Art. 130 Abs. 2 DBG). Fast wörtlich gleich regeln auch 46 Abs. 3 StHG und Art. 137 Abs. 2 StG die Voraussetzungen für die Ermessensveranlagung für die kantonalen Steuern. 
 
2.2 Der Beschwerdeführer, Jahrgang 1954, Architekt, war in dieser Eigenschaft an einer Baugesellschaft in Form der einfachen Gesellschaft oder Kollektivgesellschaft beteiligt. Der Zweck der Gesellschaft bestand darin, die Parzelle Nr. G.________ in A.________ mit einem Mehrfamilienhaus (F.________) zu überbauen. Projektverfasser war der Beschwerdeführer. Die Bauausführung erfolgte durch die Z.________ AG als Generalunternehmerin, wobei nicht klar ist, ob der Beschwerdeführer auch die Bauleitung inne hatte. Die Bauarbeiten wurden im Jahre 1996 aufgenommen. Bereits vor Baubeginn und während den Bauarbeiten wurden in den Jahren 1995-1998 verschiedene Stockwerkeinheiten veräussert. Zwei Wohnungen sind noch nicht verkauft. Dass die Bauparzelle noch bis ins Jahr 2002 durch einen Baustopp belegt gewesen sein soll, wie der Beschwerdeführer behauptet, findet in den Akten keine Stütze. Vielmehr waren nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz die Überbauung im Jahr 2000 fertiggestellt und die Wohnungen mehrheitlich verkauft. Der Baustopp bezieht sich denn auch anscheinend primär auf das Schwimmbecken, welches die Baugesellschaft im Baurecht auf der Nachbarzelle realisieren wollte. 
 
2.3 Mit Schreiben vom 31. Mai 2000, 16. September 2002 und 24. Januar 2003 wurde der Beschwerdeführer von der Veranlagungsbehörde wiederholt gemahnt, Angaben zum Liegenschaftenhandel zu machen bzw. die Schlussabrechnung für die Überbauung der Parzelle in A.________ einzureichen. Die verlangte Mitwirkungshandlung war verhältnismässig und wäre sachdienlich gewesen. Der Beschwerdeführer war zur Buchführung verpflichtet oder mindestens aufzeichnungspflichtig (Art. 125 Abs. 2 DBG, Art. 42 Abs. 3 StHG; vgl. Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, I/2b, 2000, N. 30 zu Art. 125 DBG). Er hatte über die Geschäftsvorfälle lückenlos Auskunft zu erteilen. Das gilt auch für die Beteiligung an der Baugesellschaft. Steuerpflichtig ist nicht die Personengesellschaft, sondern der Gesellschafter für seinen Anteil (Richner/Frei/Kaufmann/ Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N. 110 zu Art. 18 und N. 10 zu Art. 128 DBG). Der Beschwerdeführer konnte sich die notwendigen Unterlagen, sofern sie sich nicht bereits in seinem Besitz befanden, von der Gesellschaft beschaffen, deren Mitglied er war und für die er Leistungen erbrachte, sofern er nicht ohnehin deren Geschäfte besorgte. Dass es ihm nicht möglich gewesen sein soll, von der Generalunternehmung die Bauabrechnung herauszuverlangen, ist unglaubhaft und durch nichts belegt, nachdem der Mitgesellschafter L.________ offenbar gleichzeitig einziger zeichnungsberechtigter Verwaltungsrat dieser Bauunternehmung war. 
 
Da sich die Veranlagungsbehörde wegen fehlender Mitwirkung des Beschwerdeführers in einem Untersuchungsnotstand befand, musste sie das diesbezügliche Einkommen nach pflichtgemässem Ermessen schätzen. Ein Verschulden des Beschwerdeführers ist nicht Voraussetzung für die Ermessensveranlagung. Diese ist die Folge davon, dass der Sachverhalt trotz zumutbaren Untersuchungen nicht genügend erhellt werden konnte. Die Voraussetzungen für die Ermessensveranlagung waren demnach gegeben. 
 
3. 
3.1 Eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen kann der Steuerpflichtige nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten. Die Einsprache ist zu begründen und muss allfällige Beweismittel nennen (Art. 132 Abs. 3 DBG, Art. 48 Abs. 2 StHG, Art. 139 Abs. 3 StG). Musste eine Ermessensveranlagung deshalb vorgenommen werden, weil der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten im Veranlagungsverfahren nicht erfüllt hat, so muss er für den Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit zuerst die versäumten Mitwirkungshandlungen nachholen. Erst wenn die Ungewissheit im Sachverhalt beseitigt worden ist, lebt die Untersuchungspflicht der Behörde wieder auf und hat diese nötigenfalls die Ermessenstaxation dem wirklichen Sachverhalt anzupassen (Urteil 2A.39/2004 vom 29. März 2005 E. 5.1, in: ASA 75 S. 333 f. mit Hinweisen). Das in Art. 132 Abs. 3 DBG und Art. 48 Abs. 2 StHG aufgestellte Erfordernis, dass die Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung zu begründen ist und allfällige Beweismittel nennen muss, ist nach der Rechtsprechung nicht bloss Ordnungsvorschrift, sondern eine Prozessvoraussetzung, bei deren Fehlen auf die Einsprache nicht eingetreten wird (BGE 123 II 552 E. 4c S. 557; s. ferner Urteil 2A:39/2004, a.a.O., E. 5.2; 2A.72/2004 vom 4. Juli 2005, E. 5.2 in: StR 60/2005 S. 973). 
 
3.2 Mit der Einsprache vom 1. April 2004 reichten die Beschwerdeführer u.a. eine Rechnung der Z.________ AG vom 30. September 2003 ein, mit welcher diese dem Beschwerdeführer "pauschal für das ganze Haus" Fr.________ in Rechnung stellte. Ein Werkvertrag wurde nicht vorgelegt, weil ein solcher (angeblich) nicht existiert. Mit Eingabe vom 16. April 2004 reichte der Beschwerdeführer eine Aufstellung der entstandenen Bau- und Anlagekosten in der Höhe von Fr.________ nach. Die einzelnen Positionen sind darin jeweils auf Fr. 1'000.-- gerundet; Belege wurden nicht eingereicht. Die vorgelegten Unterlagen sind nicht beweiskräftig und nicht geeignet, die offensichtliche Unrichtigkeit der Ermessenseinschätzung darzutun. Erforderlich wären eine Buchhaltung oder mindestens Aufstellungen, welche die Einnahmen und Ausgaben lückenlos fortlaufend dokumentieren und über Vermögenslage und Ertrag der Baugesellschaft Auskunft geben. Nur solche Unterlagen bieten Gewähr für die richtige und vollständige Erfassung des Geschäftseinkommens und -vermögens aus der Personengesellschaft. 
Wurden demnach die versäumten Mitwirkungshandlungen auch im Einspracheverfahren nicht nachgeholt, hätte richtigerweise auf die Einsprache gegen die ermessensweise Festsetzung des Einkommens aus Liegenschaftenhandel nicht eingetreten werden dürfen. Am Ausgang des Verfahrens ändert dies jedoch nichts. In der Steuerbeschwerde beriefen sich die Beschwerdeführer auf die gleichen, untauglichen Unterlagen wie in der Einsprache (Beilagen 24-28 zur Steuerbeschwerde). Die Vorinstanz schloss daraus zu Recht, dass den Beschwerdeführern der Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit der Ermessensveranlagung nicht gelungen ist. 
 
4. 
Die Voraussetzungen für die Anfechtung einer Ermessensveranlagung sind, wie gesehen, für die direkte Bundessteuer und die Kantons- und Gemeindesteuern die gleichen. Die Beschwerde ist daher sowohl hinsichtlich der direkten Bundessteuer wie auch der Kantons- und Gemeindesteuern abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
5. 
Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (vgl. Art. 65 BGG) den Beschwerdeführern aufzuerlegen; sie haften hierfür solidarisch (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird in Bezug auf die direkte Bundessteuer abgewiesen. 
 
2. 
Die Beschwerde wird in Bezug auf die Kantons- und Gemeindesteuern abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 8. April 2010 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Zünd Wyssmann