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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_347/2011 
 
Urteil vom 11. August 2011 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Maillard, 
Gerichtsschreiber Kathriner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
O.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 11. März 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1960 geborenen O.________ wurde mit Verfügung vom 7. März 2007 gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 50 % eine halbe Rente der Invalidenversicherung zugesprochen. Ende Dezember 2007 leitete die IV-Stelle des Kantons Zürich ein Revisionsverfahren ein und verfügte am 30. Juni 2009 die Einstellung der Rente bei einem Invaliditätsgrad von noch 27 %. 
 
B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 11. März 2011 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde beantragt O.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und die weitere Ausrichtung einer halben Rente der Invalidenversicherung. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
 
2. 
2.1 Die Vorinstanz hat die Grundsätze über den Begriff der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 2 IVG), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) und mittels der sog. gemischten Methode (Kombination von Einkommens- und Betätigungsvergleich; Art. 28a Abs. 3 IVG) zutreffend wiedergegeben. Gleiches gilt für die Ausführungen über die Revision der Invalidenrente (Art. 17 ATSG) und die gerichtliche Bestätigung einer zu Unrecht ergangenen Revisionsverfügung mit der substituierten Begründung der Wiedererwägung (BGE 125 V 368 E. 2 und 3 S. 369 f.). Darauf wird verwiesen. 
 
2.2 Nach Art. 53 Abs. 2 ATSG kann der Versicherungsträger auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Das Erfordernis der zweifellosen Unrichtigkeit ist in der Regel erfüllt, wenn eine Leistungszusprache aufgrund falsch oder unzutreffend verstandener Rechtsregeln erfolgt ist oder wenn massgebliche Bestimmungen nicht oder unrichtig angewandt wurden. Anders verhält es sich, wenn der Wiedererwägungsgrund im Bereich materieller Anspruchsvoraussetzungen liegt, deren Beurteilung notwendigerweise Ermessenszüge aufweist. Erscheint die Beurteilung einzelner Schritte bei der Feststellung solcher Anspruchsvoraussetzungen (Invaliditätsbemessung, Arbeitsunfähigkeitsschätzung, Beweiswürdigung, Zumutbarkeitsfragen) vor dem Hintergrund der Sach- und Rechtslage, wie sie sich im Zeitpunkt der rechtskräftigen Leistungszusprechung darboten, als vertretbar, scheidet die Annahme zweifelloser Unrichtigkeit aus. Zweifellos ist die Unrichtigkeit, wenn kein vernünftiger Zweifel daran möglich ist, dass die Verfügung unrichtig war. Es ist nur ein einziger Schluss - derjenige auf die Unrichtigkeit der Verfügung - denkbar (Urteil 9C_760/2010 vom 17. November 2010 E. 2, publ. in: Plädoyer 2011/1 S. 65). Eine voraussetzungslose Neubeurteilung der invaliditätsmässigen Voraussetzungen genügt nach ständiger Rechtsprechung nicht für eine wiedererwägungsweise Herabsetzung oder Aufhebung der Invalidenrente (vgl. statt vieler Urteil 9C_207/2011 vom 24. Juni 2011 E. 2.2 mit Hinweisen). 
 
3. 
3.1 Zu prüfen ist die Zulässigkeit der Aufhebung der ab 1. Februar 2004 zugesprochenen halben Invalidenrente durch die Vorinstanz mittels substituierter Begründung der Wiedererwägung. Hingegen ist die Rentenaufhebung unter dem Aspekt der Revision (Art. 17 ATSG) nicht Streitpunkt, weshalb es insofern der Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid nicht bedarf (E. 1 hievor). Es steht die Frage im Zentrum, ob die Vorinstanz bezüglich der ursprünglichen Rentenverfügung vom 7. März 2007 von einem bundesrechtskonformen Verständnis der zweifellosen Unrichtigkeit ausgegangen ist. Die Feststellungen, welche der Beurteilung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs zugrunde liegen, sind tatsächlicher Natur und folglich nur auf offensichtliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit (E. 1) überprüfbar (SVR 2008 IV Nr. 53 S. 177, I 803/06 E. 4.2). Dagegen ist die Auslegung (Konkretisierung) des Begriffs der zweifellosen Unrichtigkeit als Wiedererwägungsvoraussetzung nach Art. 53 Abs. 2 ATSG Bundesrechtsfrage, die frei zu beurteilen ist (Urteil 9C_994/2010 vom 12. April 2011 E. 2). 
 
3.2 Das kantonale Gericht hielt fest, die Revisionsvoraussetzungen nach Art. 17 ATSG seien nicht erfüllt, da seit der ursprünglichen Rentenzusprache im März 2007 weder in medizinischer noch in beruflicher oder familiärer Hinsicht eine relevante Änderung eingetreten sei. Es führte aus, der Verfügung vom 7. März 2007 sei die Annahme zugrunde gelegen, dass die Beschwerdeführerin bei guter Gesundheit zu 100 % im Beruf tätig gewesen wäre. Es berücksichtigte sodann den Bericht vom 11. Februar 2009 über die Abklärung im Haushalt der Beschwerdeführerin, in dem protokolliert worden ist, nach der Geburt ihres Kindes im Jahr 2005 hätte die Versicherte bei guter Gesundheit ihr Erwerbstätigkeitspensum auf 50 % reduziert. Hieraus folgerte die Vorinstanz, die Annahme, wonach die Beschwerdeführerin nach der Geburt des Sohnes bei guter Gesundheit weiterhin 100 % erwerbstätig gewesen wäre, wie sie der Verfügung vom 7. März 2007 zugrunde liege, sei als zweifellos unrichtig zu betrachten. Die angefochtene Rentenaufhebung sei daher zu bestätigen. 
 
3.3 Die Beschwerdeführerin wendet dagegen im Wesentlichen ein, die Annahme der Vorinstanz, dass eine Frau nicht eine Erwerbstätigkeit von 100 %, den Haushalt sowie die Betreuung eines Kindes bewältigen könne, sei falsch, wenn der Ehemann als engagierter Hausmann und Vater ihr zur Seite stehe. Ihre Aussagen im Haushaltsabklärungsberichts vom Februar 2009 seien falsch protokolliert worden und ihr sei keine Gelegenheit gegeben worden zu diesem Bericht Stellung zu nehmen. Die Angaben in diesem Bericht, wonach sie ihr Arbeitspensum auf 50 % reduziert hätte, bestreite sie. 
 
4. 
4.1 Das kantonale Gericht bejahte die zweifellose Unrichtigkeit der Verfügung vom 7. März 2007 mit Verweis auf den späteren Haushaltsabklärungsbericht vom 11. Februar 2009. Dies ist rechtlich unzulässig, denn die Voraussetzungen der Wiedererwägung sind nach der Aktenlage zu beurteilen, wie sie sich im Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Verfügung vom 7. März 2007 dargeboten hat (BGE 125 V 383 E. 3 S. 389; SVR 2008 IV Nr. 53 S. 177, I 803/06 E. 4.2; Urteil 9C_144/2011 vom 10. Mai 2011 E. 4.1). Auch der Umstand, dass in der Verfügung vom 7. März 2007 die Annahme einer hypothetischen Erwerbstätigkeit von 100 % als Gesunde nicht weiter begründet wurde, lässt diese nicht als zweifellos unrichtig erscheinen. Verfügungen müssen lediglich soweit begründet werden, dass eine sachgerechte Einsprache möglich ist (vgl. SVR 2009 UV Nr. 30 S. 105, 8C_413/2008 S. 3), was bei der Verfügung vom 7. März 2007 der Fall war. Die Annahme einer Erwerbstätigkeit von 100 % im Gesundheitsfall in dieser Verfügung stimmt mit den damals vorgelegenen Akten, dem Feststellungsblatt der Beschwerdegegnerin vom 24. November 2006 und den Angaben im Gutachten des medizinischen Begutachtungsinstituts X.________ vom 17. August 2006 überein. In Letzterem wurde festgehalten, die gemischte Methode stehe nicht im Vordergrund, da die Beschwerdeführerin wohl als ganztägig Erwerbstätige einzustufen sei. 
 
4.2 Indem die Vorinstanz bei ihrer Beurteilung insbesondere nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses der abgeänderten Verfügung abstellte, wendete sie den Rechtsbegriff der Wiedererwägung nicht bundesrechtskonform an. Eine Abänderung der Verfügung vom 7. März 2007 unter dem Rechtstitel (der substituierten Begründung) der Wiedererwägung fällt daher ausser Betracht (E. 2.2 hievor). Es bleibt damit bei der mit dieser Verfügung zugesprochenen halben Invalidenrente. In Gutheissung der Beschwerde sind der vorinstanzliche Entscheid sowie die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 30. Juni 2009 aufzuheben. 
 
5. 
Dem Prozessausgang entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG) zu tragen. Nach der Rechtsprechung ist an eine unverbeiständete Partei nur ausnahmsweise eine Parteientschädigung zuzusprechen, wenn es sich kumulativ um eine komplizierte Sache mit hohem Streitwert handelt, die Interessenwahrung einen hohen Arbeitsaufwand notwendig macht, der den Rahmen dessen überschreitet, was der Einzelne üblicher- und zumutbarerweise nebenbei zur Besorgung der persönlichen Angelegenheiten auf sich zu nehmen hat, und zwischen dem betriebenen Aufwand und dem Ergebnis der Interessenwahrung ein vernünftiges Verhältnis besteht. Ob die dargelegten Voraussetzungen für die Zusprechung einer Parteientschädigung kumulativ erfüllt sind, beurteilt sich nach den konkreten Verhältnissen der Partei, welche eine Entschädigung geltend macht (BGE 127 V 205 E. 4b S. 207; Urteil 9C_121/2009 vom 24. September 2009 E. 2.2 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für eine solche ausnahmsweise Zusprache einer Parteientschädigung nicht erfüllt. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 11. März 2011 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 30. Juni 2009 werden aufgehoben. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse Schweizerischer Elektrizitätswerke und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 11. August 2011 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Ursprung 
 
Der Gerichtsschreiber: Kathriner