Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_421/2017  
 
 
Urteil vom 14. März 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Fonjallaz, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael Nonn, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, 
Weststrasse 70, Postfach 9717, 8036 Zürich, 
 
1. B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Fankhauser, 
2. C.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard Isenring. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Sperre von Konten und eines Schliessfaches, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 28. August 2017 (UH170126-O/U/BEE). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich (im Folgenden: Staatsanwaltschaft) führt eine Strafuntersuchung gegen B.________ und C.________ wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung. Der Untersuchung liegt eine Strafanzeige vom 29. April 2013 der Firma D.________, Kasachstan, zugrunde. Danach schulde ihr die E.________ AG mit Sitz in der Schweiz einen Betrag von ca. USD 31 Mio. Dabei handle es sich um eine Restkaufpreisforderung aus dem Verkauf von 404'000 Tonnen Weizen der Firma D.________ an die E.________ AG für einen Gesamtbetrag von USD 140 Mio. Der Weizen sei an ein Unternehmen in Turkmenistan geliefert worden. Ein Teil der Lieferung sei bezahlt worden, nämlich im Umfang von USD 109 Mio. Unbezahlt geblieben seien ca. USD 31 Mio. Statt die Forderung der Firma D.________ zu begleichen, habe die E.________ AG zwischen August und September 2011 insgesamt ca. CHF 30 Mio. an die F.________ AG bezahlt, welche darauf unter anderem an die G.________ AG ca. CHF 4 Mio. überwiesen habe. Aufgrund der engen personellen Verflechtungen zwischen der E.________ AG, der F.________ AG und der G.________ AG seien diese Überweisungen möglich gewesen. C.________ sei Geschäftsführer der E.________ AG gewesen. Es bestehe der Verdacht, dass die Überweisungen ohne Rechtsgrund erfolgt seien und die E.________ AG dafür keine Gegenleistungen erhalten habe. Die E.________ AG sei bereits durch die Zahlung und somit durch die vollständige Übertragung der noch vorhandenen Aktiven an die F.________ AG faktisch liquidiert worden, ohne dass die Forderung der Firma D.________ befriedigt worden sei. Unterdessen sei über die E.________ AG der Konkurs eröffnet worden. 
 
B.   
Am 20. April 2017 verfügte die Staatsanwaltschaft die Sperre folgender vier auf A.________ lautender Konten bei der Bank H.________ in Zürich (im Folgenden: Bank) : 
 
- Privatkonto CHF 1, CHF 39'841.65; 
- Privatkonto CHF 2, CHF 6'122.90; 
- Kontokorrent GBP 3, GBP 20'000.--; 
- Kontokorrent EUR 4, EUR 830'890.66. 
Zudem verpflichtete die Staatsanwaltschaft die Bank, ihr sämtliche Unterlagen zu diesen Konten sowie Einzelbelege zur Überweisung von EUR 830'890.66 am 10. Februar 2017 auf das Konto 4 herauszugeben. 
 
C.   
Hiergegen erhob A.________ Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich mit dem Antrag, seine Konten seien freizugeben; ebenso das ihm gehörende Schliessfach, das die Bank gestützt auf die staatsanwaltschaftliche Verfügung vom 20. April 2017 gesperrt habe. 
Mit Beschluss vom 28. August 2017 wies das Obergericht (III. Strafkammer) die Beschwerde ab. 
 
D.   
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und die gesperrten Konten sowie das gesperrte Schliessfach freizugeben. Eventualiter sei der Beschluss des Obergerichts aufzuheben und die Angelegenheit zur neuen Entscheidung an dieses zurückzuweisen. 
 
E.   
Das Obergericht und C.________ haben auf Gegenbemerkungen ausdrücklich verzichtet. 
Die Staatsanwaltschaft und B.________ haben sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den angefochtenen Beschluss ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde in Strafsachen gegeben.  
Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist somit nach Art. 80 BGG zulässig. 
Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids. Er ist daher gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt. 
Der angefochtene Beschluss stellt einen Zwischenentscheid dar, der dem Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann (BGE 128 I 129 E. 1 S. 131). Die Beschwerde ist somit auch insoweit zulässig. 
Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. 
Da es um eine strafprozessuale Zwangsmassnahme geht, kommt Art. 98 BGG, der eine Beschränkung der Beschwerdegründe vorsieht, nicht zur Anwendung (BGE 140 IV 57 E. 2.2 S. 59 f.). 
 
1.2. Das Bundesgericht hat die in der vorliegenden Sache ergangenen Akten beigezogen. Dem entsprechenden Verfahrensantrag (Beschwerde S. 6 Ziff. 31) ist damit Genüge getan.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Sperre der Konten und des Schliessfaches sei unzulässig, da die darauf liegenden bzw. die sich darin befindlichen Vermögenswerte rechtmässiger Herkunft seien.  
 
2.2. Nach Art. 70 StGB verfügt das Gericht die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden (Abs. 1). Die Einziehung ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter die Vermögenswerte in Unkenntnis der Einziehungsgründe erworben hat und soweit er für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde (Abs. 2).  
Gemäss Art. 263 Abs. 1 lit. d StPO können Gegenstände und Vermögenswerte einer beschuldigten Person oder einer Drittperson beschlagnahmt werden, wenn die Gegenstände und Vermögenswerte voraussichtlich einzuziehen sind. 
Bei der Einziehungsbeschlagnahme nach Art. 263 Abs. 1 lit. d StPO handelt es sich um eine provisorische konservative Massnahme. Sie bezweckt die Erhaltung von Gegenständen und Vermögenswerten, welche das Sachgericht einziehen könnte. Die Einziehungsbeschlagnahme gründet auf einer Wahrscheinlichkeit und rechtfertigt sich, solange die blosse Möglichkeit der Einziehung durch das Sachgericht "prima facie" zu bestehen scheint (BGE 140 IV 57 E. 4.1.1 S. 61 f. mit Hinweisen). Die Strafverfolgungsbehörde muss rasch über eine Beschlagnahme entscheiden können (vgl. Art. 263 Abs. 2 StPO). Das schliesst aus, dass sie vor ihrem Entscheid schwierige juristische Fragen klärt oder zuwartet, bis sie eine genaue und vollständige Kenntnis des Sachverhalts hat (BGE 141 IV 360 E. 3.2 S. 364; 140 IV 57 E. 4.1.2 S. 64; je mit Hinweisen). Entsprechend ihrer Natur als provisorische konservative prozessuale Massnahme prüft das Bundesgericht bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Beschlagnahme - anders als das für die definitive Einziehung zuständige Sachgericht - nicht alle Tat- und Rechtsfragen abschliessend. Es hebt eine Beschlagnahme nur auf, wenn ihre Voraussetzungen offensichtlich nicht erfüllt sind (BGE 139 IV 250 E. 2.1 S. 252 f. mit Hinweisen). 
 
2.3. Es besteht der Verdacht, dass die E.________ AG ohne Rechtsgrund ca. CHF 30 Mio. an die F.________ AG überwies. Nach der Strafanzeige gehörte Letztere zu 98 % dem Vater des 1995 geborenen Beschwerdeführers; der Vater sei daher der grosse Profiteur der angezeigten Straftat gewesen. Unstreitig überwies die F.________ AG am 10. Februar 2017 EUR 830'890.66 auf ein Konto des Beschwerdeführers. Dies erweckt den Verdacht, dass dieser Betrag aus der mutmasslichen Straftat zulasten der E.________ AG stammen könnte. In die Sache verwickelt ist zudem die G.________ AG, welche von der F.________ AG ca. CHF 4 Mio. erhalten haben soll. Nach einer Meldung der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) hat die G.________ AG zwischen August 2011 und Februar 2015 insgesamt CHF 498'503.46 auf ein Konto der Erben der Mutter des Beschwerdeführers überwiesen. Erben sind der Beschwerdeführer und sein Bruder. Damit bestehen ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer Gelder strafbarer Herkunft zugeflossen sein könnten. Dies gilt umso mehr, als er nach seinen Angaben Student ist, daher noch über kein namhaftes und regelmässiges Erwerbseinkommen verfügen dürfte und die ihm überwiesenen Beträge teilweise hoch sind. Die spätere Einziehung der beschlagnahmten Vermögenswerte erscheint unter diesen Umständen "prima facie" als möglich. Die Beschlagnahme hält daher vor Bundesrecht stand. Nach der dargelegten Rechtsprechung musste die Staatsanwaltschaft vor der Beschlagnahme keine aufwendigen rechtlichen und tatsächlichen Abklärungen vornehmen. Die Voraussetzungen der Beschlagnahme fehlen unter den dargelegten Umständen jedenfalls nicht offensichtlich, weshalb nach der angeführten Rechtsprechung - welche der Beschwerdeführer übergeht - kein Anlass zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids besteht. Wieweit die beschlagnahmten Vermögenswerte strafbarer Herkunft sind, wird im weiteren Verlauf des Strafverfahrens zu klären und im Falle einer Anklageerhebung vom Sachgericht zu beurteilen sein.  
 
2.4.  
 
2.4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe die gesperrten Vermögenswerte nach Art. 70 Abs. 2 StGB gutgläubig erworben und dafür eine gleichwertige Gegenleistung erbracht. Die Einziehung sei damit offensichtlich ausgeschlossen und folglich auch die Beschlagnahme. Indem sich die Vorinstanz damit nicht auseinandergesetzt habe, habe sie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 107 Abs. 1 StPO) verletzt.  
 
2.4.2. Nach der Rechtsprechung ist eine Einziehungsbeschlagnahme aufzuheben, falls eine strafrechtliche Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände oder Vermögenswerte durch das Sachgericht aus materiellrechtlichen Gründen als offensichtlich unzulässig erscheint (BGE 140 IV 133 E. 3 S. 135; 139 IV 250 E. 2.1 S. 252; Urteil 1S.8/2006 vom 12. Dezember 2006 E. 6.1 und 6.3).  
Es ist einzuräumen, dass sich die Vorinstanz nicht damit befasst hat, ob hier die Einziehung nach Art. 70 Abs. 2 StGB offensichtlich unzulässig sei. Darauf hätte sie eingehen müssen. Dies rechtfertigt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses jedoch nicht. Nach der Rechtsprechung kann in der vorliegenden Konstellation das Bundesgericht die Begründung der Vorinstanz substituieren (Urteil 1P.64/ 2007 vom 29. Mai 2007 E. 6.2). 
 
2.4.3. Wie dargelegt, besteht der Verdacht, dass der Vater des Beschwerdeführers der hauptsächliche Profiteur der untersuchten Straftat war. Der Beschwerdeführer hat sich nach seinen Angaben in den letzten Jahren voll und ganz dem Studium der Rechtswissenschaft gewidmet (Beschwerde an die Vorinstanz S. 3). Unter Benutzung der gesperrten Vermögenswerte wollte er sich in den USA zum Master of Business Administration (MBA) ausbilden lassen (Beschwerde in Strafsachen S. 4/5 Ziff. 20). Er wohnt nach wie vor an der gleichen Adresse wie sein Vater (vgl. Rubrum der Beschwerde in Strafsachen und Erbbescheinigung vom 5. August 2016 [Beschwerdebeilage 4]). Damit besteht der Verdacht, dass er über den zur Anzeige gebrachten Sachverhalt zumindest in groben Zügen informiert gewesen sein könnte und somit nicht gutgläubig war. Unter den gegebenen Umständen kann jedenfalls nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer sei offensichtlich gutgläubig gewesen. Eine Einziehung ist demnach nicht gemäss Art. 70 Abs. 2 StGB klar ausgeschlossen. Damit besteht auch insoweit kein Beschlagnahmehindernis.  
 
3.   
Der angefochtene Beschluss verletzt demnach kein Bundesrecht. Die Beschwerde ist daher abzuweisen. 
Da sich die Vorinstanz nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers befasst hat, die Einziehung sei gemäss Art. 70 Abs. 2 StGB offensichtlich ausgeschlossen, konnte er sich zur Beschwerde veranlasst sehen. Mit Blick darauf werden ihm trotz seines Unterliegens keine Gerichtskosten auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG; ebenso Urteil 1P.64/2007 vom 29. Mai 2007 E. 9.2). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, B.________, C.________ und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. März 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Härri