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[AZA 3] 
4C.47/2000/rnd 
 
I. ZIVILABTEILUNG 
****************************** 
 
29. Mai 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, 
Präsident, Corboz, Klett, Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler 
und Gerichtsschreiber Luczak. 
 
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In Sachen 
Alain Paratte, Chemin du Mondeau, 1276 Gingins, Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Caterina Nägeli, Grossmünsterplatz 9, 8001 Zürich, 
 
gegen 
Caleas AG (früher Lisca AG), c/o Zürcher Kantonalbank, Bahnhofstrasse 9, 8001 Zürich, Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Schraner, Weinbergstrasse 43, Postfach 628, 8035 Zürich, 
 
betreffend 
Immobilienleasingvertrag; Sperrfrist; Kaufsrecht, hat sich ergeben: 
 
A.-Die Compagnie de Ventes Immobilières hatte in den Jahren 1986 und 1989 an der Gustave-Revilliod-Strasse in Genf/Acacias Grundstücke erworben und mit einem Geschäfts- und Wohnhaus überbaut. Am 31. Oktober 1990 verkaufte sie der Lisca AG (heute Caleas AG, Klägerin) eine Stockwerkeigentumseinheit in dieser Liegenschaft zum Preis von Fr. 950'000.--. Zu dieser Zeit war der dringliche Bundesbeschluss über eine Sperrfrist für die Veräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke und die Veröffentlichung von Eigentumsübertragungen von Grundstücken vom 6. Oktober 1989 (BBSG; AS 1989 III 1974; SR 211. 437.1) bereits in Kraft getreten. 
Bei der Beurkundung des Vertrages lag die gemäss Art. 4 BBSG erforderliche Zustimmung vor. Die Vertragsverhandlungen führte seitens der Klägerin der als Makler tätige Alain Paratte (Beklagter). 
 
B.- Parallel zu den Kaufvertragsverhandlungen schloss der Beklagte am 31. Oktober 1990 mit der Klägerin einen Immobilienleasingvertrag über das selbe Objekt ab. Eine Bewilligung gemäss Art. 4 BBSG wurde für diesen Vertrag nicht eingeholt. In dem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin, dem Beklagten das Leasingobjekt für eine feste Dauer von 15 Jahren ab 1. November 1990 zu überlassen. Der Leasingzins betrug für die ersten 10 Jahre Fr. 26'610.-- pro Quartal. 
Der Vertrag sah eine spätere Herabsetzung auf Fr. 19'330.-- vor und enthielt eine Anpassungsklausel. Gleichzeitig räumte die Klägerin dem Beklagten obligatorisch und ohne Grundbucheintragung ein nicht übertragbares Kaufsrecht ein, ausübbar nach 10 Jahren zu einem Kaufpreis von Fr. 700'000.-- oder nach 15 Jahren zu einem Kaufpreis von Fr. 600'000.--. Beide Parteien erfüllten den Immobilienleasingvertrag bis sich der Beklagte ab Februar 1996 weigerte, den Leasingzins zu zahlen, da der Vertrag mangels Bewilligung gemäss Art. 4 BBSG nichtig sei. 
 
C.- Die Klägerin belangte am 21. März 1997 den Beklagten beim Bezirksgericht Zürich auf Zahlung von Fr. 122'149. 85 nebst Zins unter Vorbehalt einer Nachklage. 
Das Bezirksgericht hiess die Klage am 9. Februar 1999 gut. 
Diesen Entscheid bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 14. Dezember 1999. 
 
D.- Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung erhoben. 
Er verlangt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Abweisung der Klage. Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Vor Bundesgericht streitig ist die Frage, ob für den Immobilienleasingvertrag eine Bewilligung gemäss Art. 4 BBSG hätte eingeholt werden müssen. Die Berufung ist nur in Zivilrechtsstreitigkeiten zulässig (Art. 46 OG). Diese Voraussetzung ist erfüllt, da die Forderungsklage auf einem vertraglichen Anspruch gründet und auf eine endgültige, dauernde Regelung durch behördlichen Entscheid abzielt (BGE 123 III 346 E. 1a S. 349). Die Berufung ist zulässig unabhängig davon, ob der Sperrfristbeschluss (BBSG) zum Bundeszivilrecht (für eine zivilrechtliche Natur der Sperrfristen bei landwirtschaftlichen Grundstücken: BGE 94 II 105 ff., S. 115 unten; vgl. auch BBl 1989 III 217 ff. wonach der BBSG auf Art. 64 Abs. 2 aBV gestützt wurde) oder zum öffentlichen Recht gezählt wird, da das Bundesgericht im Rahmen der Berufung auch öffentlichrechtliche Vorfragen prüft (vgl. GeorgMessmer/Hermann Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, Ziff. 49, S. 70; vgl. auch J.F. Poudret, Commentaire de la loi fédéral judiciaire, Bern 1990, Vol. 2, Ziff. 2.3.20, S. 37 betreffend landwirtschaftliche Grundstücke). 
 
2.-a) Laut Sperrfristbeschluss in der Fassung vom 6. Oktober 1989 dürfen nichtlandwirtschaftliche Grundstücke nach ihrem Erwerb während fünf Jahren weder als Ganzes noch in Teilen veräussert werden (Art. 1 Abs. 1 BBSG, AS 1989 S. 1974). Als Veräusserung gilt nicht nur ein Vertrag auf Übertragung des Eigentums, sondern auch "jedes andere Rechtsgeschäft, das wirtschaftlich einem solchen Vertrag gleichkommt" (Art. 1 Abs. 2 BBSG), "namentlich" auch die Begründung eines Kaufsrechts (Art. 1 Abs. 2 lit. a BBSG). 
 
 
b) Nach Ansicht des Beklagten hätte eine Bewilligung eingeholt werden müssen. Beim Leasingvertrag sei das kaufvertragliche Element eindeutig im Vordergrund gestanden. 
Für den Beklagten sei von Anfang an klar gewesen, dass er nach Ablauf des Vertrages das Eigentum erwerben würde. Sonst hätte er den Vertrag nicht geschlossen und keine Leasingraten bezahlt, die weit höher als ein allfälliger Mietzins gewesen seien. Zudem hätte bei einer Miete die Möglichkeit bestanden, den Mietzins herabsetzen zu lassen, was beim Leasingvertrag nicht möglich sei. Dies zeige, dass nicht das mietvertragliche, sondern das kaufvertragliche Element überwiege. 
Dies sei auch der Klägerin von Anfang an bewusst gewesen, sonst wäre kein Kaufsrecht vereinbart worden. Dass das Kaufsrecht erst nach Ablauf der Sperrfrist ausgeübt werden könne, ändere nichts daran, dass die Vereinbarung bewilligungspflichtig gewesen wäre. Wirtschaftlich gesehen werde bereits mit der Einräumung des Kaufsrechts über die Liegenschaft verfügt. Gegen den Sperrfristbeschluss verstossen nach Ansicht des Beklagten nicht nur eigentliche Kaskadenverkäufe, sondern bereits zwei rasch aufeinanderfolgende Handänderungen. 
 
c) Art. 1 Abs. 2 BBSG hält ausdrücklich fest, dass es nicht darauf ankommt, in welche rechtliche Form die Parteien das Veräusserungsgeschäft kleiden. Entscheidend ist, ob die getroffene Vereinbarung wirtschaftlich einer Veräusserung gleichkommt. Dabei ist nicht allein darauf abzustellen, ob kaufvertragliche Elemente überwiegen. Der Sperrfristbeschluss soll den Verkauf nur während einer gewissen Zeitspanne verunmöglichen. Ausschlaggebend ist, ob das vereinbarte Rechtsgeschäft in seiner Gesamtheit wirtschaftlich betrachtet ähnliche Auswirkungen hat wie ein gemäss Sperrfristbeschluss verpöntes Rechtsgeschäft. 
 
3.- a) Der Beklagte kann das Kaufsrecht erst lange nach Ablauf der Sperrfrist ausüben. In Bezug auf die analoge Regelung bei landwirtschaftlichen Grundstücken erachtete das Bundesgericht ein Kaufsrecht nur für unzulässig, wenn es nicht nur innerhalb der Sperrfrist eingeräumt, sondern auch ausgeübt wird (BGE 113 II 59, E. 4b, S. 62; 94 II 105, E. 2b, S. 111, E. 3 + 4, S. 111 ff.). Trotz vereinzelter Bedenken (Hanspeter Geissmann, Welche Vräusserungsgeschäfte unterliegen der Sperrfrist?, in Dringliches Bodenrecht, Handbuch zu den befristeten Bodenrechtsbeschlüssen, Zürich 1990, S. 19 ff. S. 34; Pierre Cavin, Kauf, Tausch, Schenkung in Schweizerisches Privatrecht [SPR] VII/1, Basel 1977, S. 142, Anm. 4) sieht die Lehre keinen Grund, das Problem bei nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken anders zu lösen (Felix Zulliger, Verbot der Veräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke, in ZBGR, 1989, S. 329 ff., 353; Walter Peter/Hans Naef, Bodenrechtliche Sofortmassnahmen im Siedlungsbereich, Zürich 1990, N 8 zu Art. 1). Beurteilungszeitpunkt für die Frage der Verletzung der Sperrfrist bildet nicht die Einräumung des Kaufsrechts, sondern dessen Ausübung (Felix Schöbi, Erläuterungen zur Sperrfrist, Bern 1990, S. 52 f.). Erst im diesem Moment steht fest, ob die Sperrfrist verletzt worden ist. Eine analoge Anwendung der für Sperrfristen in der Landwirtschaft entwickelten Rechtsprechung widerspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. 
Die in einem Vorentwurf vorgesehene Bestimmung, wonach ein Kaufsrecht unabhängig vom Zeitpunkt seiner Ausübung wie ein Veräusserungstatbestand zu behandeln sei, wurde bereits in der Botschaft wieder fallen gelassen (Vgl. Walter Peter/Hans Naef, a.a.O.). Das vereinbarte Kaufsrecht ist unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. 
 
b) Da das Kaufsrecht erst nach Ablauf der Sperrfrist ausgeübt werden kann, wird eine Weiterveräusserung durch den Beklagten vor Ablauf der Sperrfrist verunmöglicht. 
Der Beklagte ist nicht Eigentümer der Liegenschaft und kann nicht über sie verfügen. Das Kaufsrecht selbst kann er ebenfalls nicht veräussern, da es gemäss Leasingvertrag unübertragbar ist. Die Situation des Beklagten ist wirtschaftlich in keiner Weise mit der Position zu vergleichen, die er innehätte, wenn er die Liegenschaft innerhalb der Sperrfrist erworben hätte. Daran ändert auch der Leasingvertrag nichts. 
Wohl räumt ihm dieser in Bezug auf den Gebrauch und die Nutzung der Liegenschaft weitgehend die Stellung eines Eigentümers ein. Die Befugnis über die Liegenschaft zu verfügen, kommt dem Beklagten aber nicht zu. Gegen die Annahme, der Eigentumsübergang sei wirtschaftlich bereits mit Abschluss des Leasingvertrags vollzogen, da dieser "nur" noch die Abzahlung des Kaufpreises vorsehe und die formelle Eigentumsübertragung automatisch nach sich ziehe, spricht auch, dass im Leasingvertrag nur eine Teilamortisation vorgesehen ist. 
Damit haben sich die Parteien für das im Bereich des Finanzierungsleasing von Immobilien regelmässig angewendete Nonfullpay-out-Leasing entschieden (Christoph Wulkan, Der Immobilien-Leasingvertrag nach schweizerischem Privatrecht, Zürich 1988, S. 9), welches auch nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise erst dann zu einem Eigentümerwechsel führt, wenn der Leasingnehmer sein Kaufsrecht ausübt (vgl. 
W.R. Schluep/Marc Amstutz, Basler-Kommentar, 2. A. 1996, Einleitung vor Art. 184 ff., N 92). Vorher erschöpft sich die wesentliche Vertragspflicht des Leasinggebers gegenüber dem Leasingnehmer in der Übergabe des Leasingobjektes zum Gebrauch auf Zeit (Wulkan, a.a.O. S. 90). 
 
c) Auch besteht für den Beklagten keine Pflicht zum Kauf der Liegenschaft. Wohl wäre ein Verzicht auf die Ausübung des Kaufsrechts mit gewissen Verlusten verbunden, da mit den Leasingraten der Restkaufpreis gesenkt wird. Auch wenn der Beklagte bei Abschluss des Vertrages fest entschlossen war, die Liegenschaft zu übernehmen, hindert ihn nichts daran, seine Meinung später wieder zu ändern und den veränderten Verhältnissen anzupassen. Auch nach Ablauf der Sperrfrist ist ungewiss, ob der Beklagte die Liegenschaft dereinst übernehmen wird. Das Risiko, allenfalls einen anderen Käufer suchen zu müssen, verbleibt bei der Klägerin. Indem sie dem Beklagten ein Kaufsrecht eingeräumt hat, das dieser frühestens nach 10 Jahren ausüben kann, hat sie die Möglichkeit einer Weiterveräusserung massiv eingeschränkt. 
Abgesehen von der Bewilligung gemäss BBSG hätte eine Veräusserung durch die Klägerin eine Überbindung des Kaufsrechts unter Schadenersatzfolge im Unterlassungsfall vorausgesetzt. 
Für das mit dem Kaufsrecht belastete Grundstück liesse sich aber kaum ein Käufer finden. 
 
d) Der Beklagte führt selbst aus, dass es ihm bei Abschluss des Leasingvertrags darum ging, die Liegenschaft langfristig zu nutzen und dereinst zu einem für ihn erschwinglichen Preis zu übernehmen. Die vom Beklagten angestrebte langfristige Nutzung der Liegenschaft und die mit dem Abschluss des Leasingvertrags verbundene Erschwerung einer kurzfristigen Weiterveräusserung entsprechen der Zielsetzung des Sperrfristbeschlusses, der sich gegen spekulative Geschäfte wendet. Das Obergericht konnte daher ohne Verletzung von Bundesrecht feststellen, dass der abgeschlossene Vertrag gültig war. Da der Beklagte die Höhe der eingeklagten Forderung nicht beanstandet, ist der angefochtene Entscheid zu bestätigen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die Berufung wird abgewiesen, und das Urteil des Obergerichts (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 14. Dezember 1999 wird bestätigt. 
 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird dem Beklagten auferlegt. 
 
3.- Der Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 
 
4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
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Lausanne, 29. Mai 2000 
 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: