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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_632/2018  
 
 
Urteil vom 30. Januar 2019  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Steiner, Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau 1, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV (Berechnung des Leistungsanspruchs), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 11. Juli 2018 (VBE.2018.77). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1972 geborene A.________ bezog von Juni 2010 bis August 2011 sowie ab Mai 2012 eine ganze Rente der Invalidenversicherung. Am 5. Juli 2016 erliess die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau (SVA) zwei Verfügungen über den Anspruch auf Ergänzungsleistungen zur IV-Rente. Für die Zeiträume von Juni 2010 bis August 2011 sowie von Mai 2012 bis Juli 2015 verneinte sie einen solchen. Ab August 2015 bejahte sie einen Anspruch auf die Durchschnittsprämie der Krankenversicherung; im Übrigen verneinte sie die Anspruchsberechtigung. Die SVA wies die gegen beide Verfügungen erhobene Einsprache mit Einspracheentscheid vom 14. Dezember 2017 ab. 
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 11. Juli 2018 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 11. Juli 2018 sei aufzuheben, und es sei die SVA Aargau zu verpflichten, ihm Ergänzungsleistungen in noch zu berechnender Höhe zuzusprechen. Eventuell sei das Verfahren zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder entstanden (echte Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 23 mit Hinweisen). Der vom Beschwerdeführer erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren aufgelegte Austrittsbericht der Klinik B.________ vom 9. August 2018 bleibt als unzulässiges echtes Novum zum vorneherein unbeachtlich.  
 
1.2. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.3. Die konkrete Beweiswürdigung durch die Vorinstanz stellt eine Tatfrage dar; dagegen ist die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln eine frei überprüfbare Rechtsfrage (vgl. zuletzt Urteil 9C_123/2018 vom 16. Januar 2019 E. 3.2.2 mit Hinweisen).  
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Streitsache massgebenden Rechtsgrundlagen zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. 
 
3.   
Strittig und zu beurteilen ist, ob die Vorinstanz die Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens der Ehefrau des Beschwerdeführers in der Berechnung von dessen Anspruch auf Ergänzungsleistungen zu Recht geschützt hat. 
 
3.1. Das Versicherungsgericht hat - für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (E. 1.2 f. hievor) - in konkreter Beweiswürdigung festgestellt, es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Ehefrau des Versicherten aus gesundheitlichen Gründen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Dabei hat es sowohl die seinerzeitige Invaliditätsbemessung durch die Invalidenversicherung - die es mit Entscheid vom 25. März 2009 überprüft hatte - als auch die aktuellen Arztberichte gewürdigt. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was diese Feststellung als offensichtlich unrichtig oder gar willkürlich erscheinen liesse oder die Vorinstanz zu weiteren Abklärungen hätte veranlassen müssen.  
 
3.2. Das kantonale Gericht stellte weiter fest, gemäss Auskunft des behandelnden Psychiaters Dr. med. C.________ (vom Juni 2016) bestünden keine Bedenken gegen eine alltägliche bzw. stufenweise Betreuung des im April 2015 geborenen Sohnes durch den Beschwerdeführer. Die Bedenken der - seit September 2016 neu behandelnden - Psychiaterin Dr. med. D.________ (vgl. deren Schreiben vom 27. September 2016 zuhanden des damaligen Rechtsvertreters des Beschwerdeführers) würden nicht medizinisch-fachpsychiatrisch begründet, sondern damit, dass sich der Versicherte subjektiv nicht in der Lage sehe, aktiv an der Kinderbetreuung teilzunehmen.  
 
3.2.1. Der Versicherte wirft der Vorinstanz vor, indem sie weder auf den Bericht der Dr. med. D._______ vom 27. September 2016 abgestellt noch entsprechend seinem Beweisantrag ein neutrales Fachgutachten bezüglich seiner Kinderbetreuungsfähigkeit eingeholt habe, habe sie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Das kantonale Gericht habe zudem willkürlich bezüglich des Gesundheitszustandes seiner Ehefrau ohne weitere Abklärungen auf alte Feststellungen der Invalidenversicherung abgestellt, seine Unfähigkeit zur Kinderbetreuung hingegen trotz unbestrittener voller Invalidität aus psychischen Gründen nicht als erwiesen betrachtet.  
 
3.2.2. Soweit der Versicherte den Aussagengehalt der psychiatrischen Berichte anders versteht als die Vorinstanz, übt er appellatorische Kritik an deren Beweiswürdigung, die nicht zu hören ist (vgl. etwa BGE 144 I 28 E. 3.2 S. 32). Das kantonale Gericht ist nicht in Willkür verfallen, wenn es aus einer 100 %igen Invalidität des Beschwerdeführers aus psychischen Gründen nicht automatisch auf dessen Unfähigkeit zur (halbtageweisen) Betreuung seines Sohnes schloss. Es ist weder geltend gemacht noch ersichtlich, dass die Invalidenversicherung Feststellungen zu den Einschränkungen des Versicherten in Haushalt und Kinderbetreuung getroffen hätte, die im Rahmen der Bemessung der Ergänzungsleistungen zu beachten gewesen wären (BGE 140 V 267 E. 2.3 S. 270 sowie E. 5.1 S. 273). Mangels hinreichender Anhaltspunkte für eine  gesundheitlich bedingte Unfähigkeit des Beschwerdeführers zur Kinderbetreuung in den Berichten der behandelnden Psychiater bestand zudem - entgegen dem Versicherten - kein Anlass, hiezu ein "neutrales Fachgutachten" einzuholen. Am vorstehend Ausgeführten ändert nichts, dass der 2015 geborene Sohn offenbar an einem Geburtsgebrechen gemäss Ziff. 351 des Anhangs zur Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (SR 831.232.21; GgV) leidet, zumal keine besonderen Anforderungen an die Betreuung geltend gemacht werden, denen der Beschwerdeführer gesundheitsbedingt nicht zu genügen vermöchte. Offen bleiben kann demnach, ob es sich um ein unzulässiges unechtes Novum handelt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
3.3. Das Versicherungsgericht würdigte die Stellenbemühungen der Ehefrau des Beschwerdeführers (acht im Wortlaut identische Spontanbewerbungen Ende Juli 2016). Diese könnten nicht als ernsthaft bezeichnet werden, zumal - nach Aufforderung, Bewerbungen auf freie Stellen einzureichen - der Beschwerdeführer am 17. August 2016 einem Mitarbeiter der SVA telefonisch mitgeteilt habe, seine Ehefrau könne krankheitsbedingt keine Stelle antreten, und er würde an ein Bewerbungsgespräch auch mitgehen, um dies zu bestätigen. Das kantonale Gericht erwog, vor diesem Hintergrund sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass trotz ernsthaften Stellenbemühungen keine Stelle erhältlich gewesen sei und sei die Anrechnung eines - in der Höhe unbestrittenen - hypothetischen Einkommens der Ehefrau nicht zu beanstanden.  
Der Versicherte wirft der Vorinstanz im Wesentlichen vor, sie habe bei der Anwendung der rechtsprechungsgemässen Kriterien zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch Ehegatten von Ergänzungsleistungsbezügern (BGE 142 V 12 E. 3.2 S. 14 mit zahlreichen Hinweisen) sein rechtliches Gehör sowie ihre Begründungspflicht verletzt und willkürlich verkannt, dass seine Ehefrau offensichtlich keine Chance auf eine Arbeitsstelle habe. Die Ernsthaftigkeit der im Juli 2016 erfolgten Stellenbemühungen habe das Versicherungsgericht verneint, ohne die Sachlage rechtsgenüglich zu prüfen; dessen diesbezügliche Feststellungen sowie die Beweiswürdigung seien willkürlich. Inwiefern die Vorinstanz konkret das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt haben soll, erschliesst sich aus der Beschwerde nicht, die insofern der qualifizierten Rügepflicht bei geltend gemachter Verletzung von Grundrechten (Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht genügt. Sodann bringt der Versicherte auch nichts vor, was die vorinstanzliche Beweiswürdigung hinsichtlich der Stellenbemühungen der Ehefrau als offensichtlich unrichtig oder gar willkürlich erscheinen lassen würde oder Anlass gäbe, an deren Fähigkeit, bei ernsthafter Stellensuche eine Stelle zu finden, zu zweifeln. 
 
3.4. Schliesslich erblickt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Bundesrecht darin, dass das kantonale Gericht für die Berücksichtigung eines hypothetischen Einkommens keine Übergangsfrist angewendet habe. Dem ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Rentenbeginns bereits während mindestens eines Jahres zu durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig gewesen sein muss (Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG). Indem sich seine Ehefrau in dieser Situation trotz zumutbarerweise verwertbarer Arbeitsfähigkeit und absehbarem künftigem EL-Bezug ihres Ehemannes (vgl. Urteil 9C_292/2018 vom 16. August 2018 E. 3.2.1) nicht um eine Stelle bemühte, verletzte sie die - mit Blick auf die gemeinsame eheliche Unterhaltspflicht auch ihr obliegende - Schadenminderungspflicht. Einer vorgängigen Abmahnung in irgendeiner Form bedurfte die Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens nicht (Urteil 9C_630/2013 vom 29. September 2014 E. 5.2 i.f. mit Hinweisen).  
 
4.   
Die Beschwerde ist unbegründet. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 30. Januar 2019 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald