Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_712/2012 
 
Urteil vom 30. November 2012 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Maillard, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
S.________, vertreten durch 
Rechtsanwalt Daniel Ehrenzeller, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Appenzell I.Rh., 
Poststrasse 9, 9050 Appenzell, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Kantonsgerichts Appenzell I.Rh. 
vom 26. Juni 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die 1962 geborene S.________ meldete sich am 23. Juni 2008 bei der IV-Stelle des Kantons Appenzell I.Rh. zum Leistungsbezug an. Diese zog diverse Arztberichte, einen Bericht betreffend die interdisziplinäre (rheumatologische, ergonomische und psychiatrische) arbeitsspezifische Abklärung der Klinik X.________ vom 7. Mai 2009, ein rheumatologisch-psychiatrisches Gutachten der Frau Dr. med. E.________, Innere Medizin FMH spez. Rheumaerkrankungen, sowie der Frau med. pract. B.________ und des Dr. med. R.________, Fachärzte Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 20. Oktober 2009 sowie ein Gutachten der beiden Letzteren vom 21. Juli 2011 bei. In beiden Gutachten wurde folgende Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit gestellt: Rezidivierende depressive Störung, ggw. leichte bis allenfalls mittelgradige depressive Episode (ICD-10: F33.0). Mit Verfügung vom 27. Januar 2012 sprach die IV-Stelle der Versicherten ab 1. Januar 2009 bis 30. November 2009 eine halbe Invalidenrente (Invaliditätsgrad 50 %) zu. 
 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Appenzell I.Rh. mit Entscheid vom 26. Juni 2012 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde beantragt die Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei ihr ab Dezember 2009 mindestens eine Viertelsrente zuzusprechen. Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher Tatsachen sowie die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Die aufgrund ärztlicher Unterlagen gerichtlich festgestellte Arbeitsfähigkeit und die konkrete Beweiswürdigung sind Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397; nicht publ. E. 4.1 des Urteils BGE 135 V 254, veröffentlicht in SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164 [9C_204/2009]; Urteil 8C_25/2012 vom 3. Juli 2012 E. 1). 
 
2. 
Die Vorinstanz hat die Grundlagen über die Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), den Rentenanspruch (Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG), den Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG; Art. 28a Abs. 1 IVG), die freie Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG) und den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (E. 1 hievor) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist Folgendes: Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG; BGE 134 V 131 E. 3 S. 132). 
 
3. 
3.1 Die Vorinstanz hat in Würdigung der medizinischen Aktenlage mit einlässlicher Begründung - auf die verwiesen wird - erwogen, dass die medizinischen Gutachten vom 20. Oktober 2009 und 21. Juli 2011 die Anforderungen an eine beweiskräftige medizinische Grundlage erfüllten, weshalb darauf abzustellen sei. Demnach sei die Beschwerdeführerin in der angestammten Tätigkeit im Hausdienst seit Februar 2008 zu 50 % und seit 1.September 2009 zu 70 % arbeitsfähig. Den gegensätzlichen Auffassungen der sie behandelnden Ärzte Dres. med. I.________, Innere Medizin FMH, und K.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Chefarzt, Klinik Y.________, könne nicht gefolgt werden. Diesem vorinstanzlichen Ergebnis ist beizupflichten. 
 
3.2 Die Versicherte erhebt keine Rügen, die zur Bejahung einer Rechtsverletzung führen oder die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen zu ihrem Gesundheitszustand und ihrer Arbeitsfähigkeit als offensichtlich unrichtig oder als Ergebnis willkürlicher Beweiswürdigung oder als rechtsfehlerhaft nach Art. 95 BGG erscheinen lassen (E. 1 hievor). Festzuhalten ist insbesondere Folgendes: 
Die Versicherte wendet ein, während die Klinik X.________ im Bericht vom 7. Mai 2009 ihre angestammte Tätigkeit im Reinigungsdienst als unzumutbar erachtet und eine mindestens halbtägige Arbeitsfähigkeit in leichter, wechselbelasteter Tätigkeit festgestellt habe, habe die rheumatologische Teilgutachterin Frau Dr. med. E.________ kaum ein halbes Jahr später am 10. Oktober 2010 ausgeführt, sie könne sämtliche Tätigkeiten ausüben, die Frauen ihres Alters üblicherweise machten, wozu auch die angestammte Tätigkeit gehöre, die sie zu 100 % verrichten könne. Dieser Einwand ist unbehelflich. Denn Frau Dr. med. E.________ legte in ihrem Gutachten eingehend dar, weshalb auf die rheumatologische Einschätzung der Klinik X.________ nicht abgestellt werden könne, was die Versicherte nicht substanziiert beanstandet. 
Auch der von der Versicherten ins Feld geführte Bericht des Dr. med. K.________ vom 11. Oktober 2011 vermag den vorinstanzlichen Entscheid nicht zu entkräften. Dies betrifft ihr pauschales Vorbringen, dieser habe nicht nur seine bisherigen Erfahrungen mit den psychiatrischen Gutachtern Frau med. pract. B.________ und Dr. med. R.________ erwähnt, sondern auch auf deren falsche Codierung hingewiesen. Gleiches gilt für den nicht substanziiert begründeten Einwand, die von den beiden Letzteren zugestandene 30%ige Arbeitsunfähigkeit entspreche nicht der von ihnen gestellten Diagnose, bei der die Einschränkung mindestens 40 % betragen müsste. Soweit sich die Versicherte auf den Tod ihrer Mutter im März 2010 beruft, wurde dieser Umstand im psychiatrischen Gutachten vom 21. Juli 2011 hinreichend berücksichtigt, wie die Vorinstanz erkannt hat. 
Der Einwand der Versicherten, entgegen den Feststellungen im psychiatrischen Gutachten seien ihre Ausland-Reisen nicht ferienhalber, sondern zur Bewältigung der Todesrituale für ihre Mutter erfolgt und nicht von ihr, sondern von ihren Angehörigen organisiert worden, vermögen das Ergebnis dieses Gutachtens hinsichtlich der massgebenden Arbeitsfähigkeit (vgl. BGE 127 V 294 E. 4c S. 298; Urteil 8C_243/2102 vom 27. August 2012 E. 3.4) nicht zu entkräften. 
Da von weiteren medizinischen Abklärungen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, hat die Vorinstanz zu Recht darauf verzichtet (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236). 
 
4. 
4.1 In erwerblicher Hinsicht rügt die Versicherte einzig, IV-Stelle und Vorinstanz hätten zu Unrecht keinen Abzug vom gestützt auf die Schweizerische Lohnstrukturerhebung (LSE) ermittelten, trotz Gesundheitsschadens zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommen vorgenommen (BGE 134 V 322 E. 5.2 S. 327). Ob ein solcher Abzug angezeigt ist, ist eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage (BGE 137 V 71 E. 5.1 S. 72). 
4.2 
4.2.1 Die Versicherte wendet ein, es sei ihr nur noch leichte Arbeit möglich, weshalb sie in der Flexibilität und Stellenauswahl stark eingeschränkt sei. Sie könne nicht zu Überstunden verpflichtet werden oder für eine ausfallende Kollegin einspringen und deren Arbeit verrichten, falls diese nicht klassisch adaptiert sei. Bei ihrem Krankheitsbild sei mit vermehrten Absenzen zu rechnen, also mit einem erhöhten Krankheitsrisiko und Ermüdbarkeit. Zudem erkenne der Arbeitgeber, dass er gerade bei einer psychisch beeinträchtigten Person auf deren psychische Befindlichkeit erhöht Rücksicht zu nehmen habe. Dies drücke auf die Lohnhöhe. 
Diese pauschalen Vorbringen sind unbehelflich (vgl. auch Urteil 9C_11/2012 vom 28. Februar 2012 E. 2.2.4). Die Versicherte räumt selber ein, dass von ihr gemäss den medizinischen Gutachten vom 20. Oktober 2009 und 21. Juli 2011 innerhalb der 70%igen Arbeitszeit eine volle Leistung erwartet wird. In diesem Lichte wurden die gesundheitlichen Einschränkungen mit der Feststellung einer 30%igen Arbeitsunfähigkeit wie auch mit der Wahl der LSE-Tabelle TA1 für das Anforderungsniveau 4 des Arbeitsplatzes (einfache und repetitive Tätigkeiten) hinreichend berücksichtigt. So darf der Leidensabzug und die reduzierte Arbeitsfähigkeit nicht doppelt veranschlagt werden (vgl. auch Urteil 8C_498/2012 vom 6. September 2012 E. 3.1). Eine psychisch bedingt verstärkte Rücksichtnahme seitens Vorgesetzter und Arbeitskollegen ist bisher von der Gerichtspraxis nicht als eigenständiger abzugsfähiger Umstand anerkannt worden (SVR 2010 IV Nr. 28 S. 87 E. 2.3.2 [9C_708/2009]; Urteil 8C_477/2011 vom 23. Dezember 2011 E. 5.4.2); vorliegend besteht kein Anlass, anders zu entscheiden. Im Weiteren kann auch ein angeblich höheres Risiko, aus krankheitsbedingten Gründen der Arbeit fernbleiben zu müssen, jedenfalls unter den gegebenen Umständen nicht als Abzugsgrund anerkannt werden. Anders zu entscheiden wäre nur, wenn statistisch belegt Erwerbstätige mit gesundheitlich bedingt eingeschränkter Arbeitsfähigkeit längere krankheitsbedingte Absenzen vom Arbeitsplatz aufwiesen als uneingeschränkt arbeitsfähige Erwerbstätige. Schliesslich mag zutreffen, dass die Versicherte weniger flexibel einsetzbar ist etwa in Bezug auf das Leisten von Überstunden oder das Einspringen für verhinderte Mitarbeitende. Dieser Umstand kann indessen nicht als abzugsrelevant anerkannt werden. Stellen, welche eine solche Flexibilität verlangen, fallen vorweg ausser Betracht, ohne dass gesagt werden könnte, das aufgrund des Anforderungs- und Belastungsprofils in Frage kommende Arbeitsmarktsegment werde dadurch entscheidend verkleinert (vgl. SVR 2010 IV Nr. 28 S. 87 E. 2.3.1 f. [9C_708/2009]). 
4.2.2 Entgegen der Auffassung der Versicherten hat die Vorinstanz zu Recht keinen Teilzeitabzug vorgenommen, da bei teilzeitlich angestellten Frauen das Kriterium des reduzierten Beschäftigungsgrades von vornherein kaum ins Gewicht fällt; sie verdienen laut Statistik doch oftmals gar nicht weniger als Vollzeitbeschäftigte. Zu denken ist etwa an Betätigungsbereiche, in welchen Teilzeitarbeit Nischen auszufüllen vermag, die arbeitgeberseits stark gefragt sind und dementsprechend entlöhnt werden (Urteil 9C_382/2007 vom 13. November 2007 E. 6.2). Eine bloss teilzeitlich ausgeübte Beschäftigung kann sich im Vergleich zu einer Vollzeitbeschäftigung bei Frauen sogar proportional lohnerhöhend auswirken (SVR 2012 IV Nr. 17 S. 78 E. 4.2.2.2 [8C_379/2011)]; Urteil 8C_477/2011 vom 23. Dezember 2011 E. 5.3). So weisen die Statistiken 2008 und 2010 bei Frauen im Anforderungsniveau 4 für Teilzeitarbeit zwischen 50 % und 89 % höhere Löhne als für Vollbeschäftigung aus. Damit entfällt hier die Rechtfertigung für einen Tabellenlohnabzug (vgl. auch Urteil 9C_315/2012 vom 18. September 2012 E. 3.2.3). Substanziierte Gründe, die zu einer anderen Beurteilung Anlass zu geben vermöchten, sind nicht ersichtlich. Soweit die Versicherte zu dieser Frage neu einen Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 31. Oktober 2011 (IV 2010/189) auflegt, ist dies zwar nach Art. 99 Abs. 1 BGG zulässig, da er im Internet abrufbar ist (nicht publ. E. 2.3 des Urteils BGE 136 V 395, veröffentlicht in SVR 2011 KV Nr. 5 S. 20 E. 2.3 [9C_334/2010]); indessen kann sie hieraus nichts zu ihren Gunsten ableiten. 
4.2.3 Eine Berücksichtigung des Alters ist - entgegen der bei Verfügungserlass 49-jährigen Versicherten - nicht angebracht; denn das fortgeschrittene Alter wirkt sich bei Hilfsarbeiten auf dem hypothetischen ausgeglichenen Arbeitsmarkt grundsätzlich nicht zwingend lohnsenkend aus (vgl. Urteile 8C_498/2012 vom 6. September 2012 E. 3.1 und 8C_328/11 vom 7. Dezember 2011 E. 10.2). 
4.2.4 Da gegen die Invaliditätsbemessung keine weiteren entscheidwesentlichen Einwände erhoben werden, ist der vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen. 
 
5. 
Die unterliegende Versicherte trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Abteilung Verwaltungsgericht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 30. November 2012 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Ursprung 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar