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Urteilskopf

108 II 47


8. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. März 1982 i.S. Graubündner Kantonalbank gegen Konkursmasse B. (Berufung)

Regeste

Grundpfandverschreibung.
1. Ein Pfandrecht für einen unbegrenzten Kreis zukünftiger Forderungen verstösst gegen das Recht der Persönlichkeit und ist daher ungültig (E. 2).
2. Eine Grundpfandverschreibung kann nicht durch blosse Zession der sichergestellten Forderung auf eine beim Zessionar bereits bestehende Forderung übertragen werden. Um eine solche Wirkung zu erreichen, bedarf es auf jeden Fall eines neuen öffentlich beurkundeten Pfanderrichtungsvertrages (E. 3).
3. Dem Eintrag im Gläubigerregister kommt keine Grundbuchwirkung zu (E. 4).

Erwägungen ab Seite 47

BGE 108 II 47 S. 47
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Streit der Parteien dreht sich nur um die Frage, ob die Klägerin auch für die Forderung von Fr. 60'500.-- die ihr zufolge
BGE 108 II 47 S. 48
des deliktischen Verhaltens des Gemeinschuldners B. gegenüber einer ihrer Kundinnen zusteht, das Grundpfandrecht beanspruchen kann, das mit Vertrag vom 3. Oktober 1977 und 28. Juni 1978 zugunsten der Schweizerischen Bankgesellschaft im Sinne einer Maximalhypothek im Betrag von Fr. 1'680'000.-- errichtet worden ist. Die Klägerin stützt ihren Anspruch darauf, dass das Grundpfand gemäss der öffentlich beurkundeten Pfandklausel "zur Sicherstellung aller Ansprüche irgendwelcher Art, die der Schweizerischen Bankgesellschaft, Davos, gegenüber B. zur Zeit schon zustehen oder in Zukunft je erwachsen werden", dienen soll. Mit der Abtretung der Forderung der Schweizerischen Bankgesellschaft gegen B. seien die damit verbundenen Vorzugs- und Nebenrechte, insbesondere das Grundpfandrecht, im vereinbarten Umfang von Fr. 1'680'000.-- auf die Klägerin übergegangen. Diese sei daher berechtigt, für alle Ansprüche irgendwelcher Art, die ihr gegenüber B. zustünden oder in Zukunft je erwachsen würden, grundpfandrechtliche Sicherheit bis zum Höchsthaftungsbetrag zu beanspruchen.

2. Mit der Zession konnte die Klägerin nicht mehr Rechte erwerben, als bereits der Zedentin zustanden. Es ist daher vorerst die Frage zu prüfen, in welchem Umfang die Grundpfandbestellung der Schweizerischen Bankgesellschaft als der ursprünglichen Pfandgläubigerin Sicherheit bot.
Nach Art. 824 Abs. 1 ZGB kann durch die Grundpfandverschreibung eine beliebige gegenwärtige oder zukünftige oder bloss mögliche Forderung pfandrechtlich sichergestellt werden. Aus Art. 825 Abs. 1 ZGB ergibt sich sodann, dass die Grundpfandverschreibung auch zur Sicherung einer Forderung mit unbestimmten oder wechselndem Betrag dienen kann. Aus diesen Bestimmungen folgt, dass die Grundpfandverschreibung nicht in allen Fällen vom Bestehen einer bestimmten Forderung abhängig ist. Wird im Rahmen eines dem Umfang nach wechselnden Kreditverhältnisses (Baukredit, Kontokorrentkredit) der Kredit abbezahlt, so geht das Pfandrecht daher nicht ohne weiteres unter. Vielmehr kann es im gleichen Rahmen zur Sicherstellung eines neuen Kredites verwendet werden, ohne dass eine Pfandrechtserneuerung erfolgen müsste (H. HUBER, Aktuelle Fragen aus dem Grundpfandrecht, ZBGR 39/1958, S. 348 ff., mit weiteren Hinweisen).
Die vorliegende Pfandklausel geht jedoch weit über die Sicherung eines Darlehensverhältnisses mit wechselndem Umfang hinaus und will nach ihrem Wortlaut alle nur denkbaren
BGE 108 II 47 S. 49
gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen der Bank gegen ihren Kunden einschliessen. In der Doktrin sind ernste Zweifel an der Zulässigkeit einer solchen Klausel geäussert worden. Es wurde darauf hingewiesen, dass ein Pfandrecht für einen unbegrenzten Kreis künftiger Forderungen dem Verpfänder hinsichtlich des Pfandobjekts eine unabsehbare, in alle Zukunft wirkende Belastung auferlegt, weil es praktisch nie mehr gelöscht werden könnte. Eine solche übermässige Bindung verletze das Recht der Persönlichkeit im Sinne von Art. 27 ZGB (OFTINGER/BÄR, N. 127a ff. zu Art. 884 ZGB, mit weiteren Hinweisen). Das Bundesgericht hat solche berechtigten Bedenken in BGE 51 II 273 ff. im Zusammenhang mit einer Faustpfandbestellung durch einen Schuldbrief Rechnung getragen. Es hat eine entsprechende Pfandklausel nur insoweit als gültig angesehen, als unter "noch erlaufenden Verbindlichkeiten" solche verstanden würden, an deren Begründung in der Zukunft die Kontrahenten bei Abschluss des Pfandvertrags vernünftigerweise hätten denken können und müssen, mit andern Worten solche Verbindlichkeiten, deren Eingehung in den Bereich der bereits bestehenden oder doch in Aussicht genommenen geschäftlichen Beziehungen zwischen den Kontrahenten falle. Von solchen Verbindlichkeiten wurde eine Wechselforderung ausgeschlossen, die der Pfandgläubiger von einem Dritten erworben hatte (BGE 51 II 282).
Es besteht kein Grund, weshalb diese einschränkende Auslegung einer solchen Pfandklausel nur für das Faustpfand, nicht aber im Zusammenhang mit einer Grundpfandverschreibung gelten sollte. Es ist daher zu prüfen, ob eine Forderung aus unerlaubter Handlung, wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird, auch als pfandgesichert hätte angesehen werden können, wenn sie zugunsten der ursprünglichen Pfandgläubigerin entstanden wäre. Das ist nicht der Fall. Die unerlaubte Handlung des Gemeinschuldners, die bei der Klägerin zu einer Schadenersatzforderung im Betrag von Fr. 60'500.-- geführt hat, hat nichts mit dem Kreditverhältnis zu tun, das der Schuldner und die Schweizerische Bankgesellschaft im Zusammenhang mit der Überbauung eines Grundstücks in Davos begründet hatten. Zwar ist nicht auszuschliessen, dass auch im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses Forderungen aus unerlaubter Handlung entstehen könnten, die durch eine entsprechende Pfandklausel erfasst wären. Im vorliegenden Fall richtete sich das fragliche deliktische Verhalten jedoch in erster Linie gegen eine weitere Bankkundin, so dass die
BGE 108 II 47 S. 50
Bank die Schadenersatzforderung gegen B. erst auf indirektem Weg geltend machen konnte. Damit bleibt aber diese Forderung ausserhalb des Bereichs bestehender oder doch in Aussicht genommener Geschäftsbeziehungen, die bei der Bestellung des Grundpfandes allein in die Pfandklausel einbezogen werden konnten, und es kann dafür keine Pfandsicherung beansprucht werden.

3. Abgesehen davon stellt die Schadenersatzforderung, für welche die Klägerin die Grundpfandsicherheit beansprucht, gar keine künftige Forderung im Rahmen der Geschäftsbeziehungen zwischen der neuen Pfandgläubigerin und dem bisherigen Pfandschuldner im Sinne des Pfandvertrags dar. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz sind die fraglichen Forderungen aus dem deliktischen Verhalten des B. gegenüber einer Kundin der Klägerin und damit auch die entsprechenden Forderungen der Klägerin gegen B. nämlich bereits am 9. November beziehungsweise am 12. und 14. Dezember 1979 entstanden. Die Zession der grundpfandgesicherten Forderung an die Klägerin erfolgte dagegen erst am 31. Januar 1980. Die Klägerin versucht somit, die als Nebenrecht der abgetretenen Forderung mit der Zession auf sie übergegangene Grundpfandverschreibung auf eine andere, bei ihr im Zeitpunkt der Zession bereits bestehende Forderung zu übertragen. Um eine solche Rechtswirkung zu erreichen bedarf es aber nach der feststehenden Rechtsprechung des Bundesgerichts auf jeden Fall eines neuen öffentlich beurkundeten Pfanderrichtungsvertrags, der im vorliegenden Fall nicht abgeschlossen worden ist (BGE 105 II 185 /186 E. 2, BGE 60 II 96 /97; Urteil vom 20. August 1979 i.S. B. & T. AG c. X.-Bank, veröffentlicht in ZBGR 61/1980 S. 58/59 E. 2).

4. Die Berufung erweist sich somit schon unter diesen Gesichtspunkten zum vornherein als unbegründet, so dass auf die weiteren Ausführungen in der Berufungsschrift nicht eingegangen werden muss. Immerhin sei bemerkt, dass dem Eintrag im Gläubigerregister entgegen der Auffassung der Klägerin keinerlei Grundbuchwirkung zukommt (BGE 87 III 69, BGE 40 II 597).

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Erwägungen 1 2 3 4

Referenzen

BGE: 105 II 185, 87 III 69

Artikel: Art. 824 Abs. 1 ZGB, Art. 825 Abs. 1 ZGB, Art. 27 ZGB, Art. 884 ZGB