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Urteilskopf

109 Ia 248


46. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Dezember 1983 i.S. X. c. Handelsschule des Kaufmännischen Vereins Y. sowie Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (staatsrechtliche Beschwerde)

Regeste

Voraussetzungen, unter denen mit dem Entscheid der letzten kantonalen Instanz auch derjenige der unteren Instanz angefochten werden kann.
1. Hat die oberste kantonale Instanz den Streitgegenstand nur mit beschränkter Kognition überprüfen können, so kann mit der staatsrechtlichen Beschwerde auch noch der Entscheid der unteren kantonalen Instanz angefochten werden (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Dies setzt jedoch voraus, dass die oberste kantonale Instanz auf die Sache eingetreten ist. Tritt sie dagegen auf ein Rechtsmittel nicht ein, so kann mit staatsrechtlicher Beschwerde nur noch dieser Nichteintretensentscheid angefochten werden (Präzisierung der Rechtsprechung).

Sachverhalt ab Seite 249

BGE 109 Ia 248 S. 249
X. unterrichtete als Hauptlehrerin an der Kaufmännischen Berufsschule in Y. Am 17. März 1982 beschloss der Schulvorstand, sie für die bis 1985 dauernde Amtsperiode nicht wiederzuwählen. Auf Beschwerde hin hob das Erziehungsdepartement des Kantons Aargau diesen Beschluss auf. Gegen diesen Entscheid führte wiederum die Handelsschule des Kaufmännischen Vereins Y. beim Regierungsrat Beschwerde, welcher den Entscheid des Erziehungsdepartements aufhob.
Nach der Rechtsmittelbelehrung im Entscheid des Regierungsrates konnte gegen diesen wegen formeller Rechtsverweigerung oder wegen Verletzung der Vorschriften über die Zuständigkeit, den Ausstand, das rechtliche Gehör und die Akteneinsicht beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau Beschwerde geführt werden (§ 53 Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, VRPG). In der Folge richtete X. eine Eingabe an das Verwaltungsgericht, worin sie allerdings nicht die in der Rechtsmittelbelehrung genannten, sondern andere Rügen gegen den Regierungsratsentscheid vortrug. Das Verwaltungsgericht gewährte ihr daher die Möglichkeit, ihre Eingabe nachträglich zu verbessern, um eine der genannten, gesetzlich möglichen Rügen vorzubringen. Nachdem die hiefür gesetzte Frist unbenützt verstrichen war, trat das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde nicht ein.
Im Anschluss an den Entscheid des Verwaltungsgerichts liess X. die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde einreichen, worin verlangt wird, das Bundesgericht solle den Entscheid des Verwaltungsgerichts wie auch den Entscheid des Regierungsrates aufheben.
Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.
BGE 109 Ia 248 S. 250

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde insoweit, als sie sich gegen den Sachentscheid des Regierungsrates richtet. Dieser war der Beschwerdeführerin offensichtlich noch vor dem 15. Februar 1983 zugestellt worden, richtete sie doch an diesem Tage ihre Eingabe an das Verwaltungsgericht. Im Zeitpunkt der Einreichung der staatsrechtlichen Beschwerde war die dreissigtägige Beschwerdefrist gemäss Art. 89 Abs. 1 OG somit verstrichen.
Die Beschwerdeführerin beruft sich zwar auf eine in BGE 94 I 462 f. eingeleitete und seither in einer Reihe von Urteilen (BGE 97 I 119, BGE 97 I 226 E. 3a, BGE 100 Ia 123, BGE 100 Ia 267 E. 2, BGE 104 Ia 83, BGE 104 Ia 136, BGE 104 Ia 204 /5) bestätigte Rechtsprechung, wonach ein vorinstanzlicher Sachentscheid noch mit staatsrechtlicher Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden kann, wenn der obersten kantonalen Instanz nur eine beschränkte Überprüfungsbefugnis zustand und wenn er mit dem Entscheid der letzteren zusammen angefochten wird. Die Beschwerdeführerin und der Regierungsrat, welcher deren Ansicht zu teilen scheint, übersehen jedoch, dass in allen zitierten Urteilen die oberste kantonale Instanz auf das bei ihr eingelegte Rechtsmittel eingetreten war, wenn sie auch den vorinstanzlichen Entscheid nicht in jeder Hinsicht und mit freier Kognition überprüfen konnte. Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht die ihm vorgelegte Streitsache jedoch nicht unter einem wie auch immer beschränkten Blickwinkel beurteilt, sondern es ist auf die Beschwerde überhaupt nicht eingetreten. Somit liegt kein neuer Entscheid in der Sache vor, mit welchem zusammen der Entscheid des Regierungsrates unter den erwähnten Voraussetzungen noch mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden könnte.
Die Ausgangslage ist dieselbe wie in dem vom Bundesgericht am 21. März 1979 beurteilten Fall X. c. Chambre d'accusation du canton de Genève (nichtveröffentlichte E. 1 von BGE 105 Ia 104), wo die oberste kantonale Instanz auf ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Procureur général nicht eingetreten war und daher auch das Bundesgericht keine Möglichkeit mehr hatte, die letztere im Rahmen des staatsrechtlichen Beschwerdeverfahrens auf ihre Verfassungsmässigkeit hin zu überprüfen. Im vorliegenden Fall erhob die Beschwerdeführerin beim kantonalen Verwaltungsgericht eine Beschwerde, ohne eine einzige der Rügen vorzutragen,
BGE 109 Ia 248 S. 251
welche nach der klaren Rechtsmittelbelehrung des Regierungsrates allein in Betracht kamen (§ 53 VRPG).