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Urteilskopf

115 Ib 68


9. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. April 1989 i.S. Bundesamt für Polizeiwesen gegen Staatsanwaltschaft und Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Stadt, Internationale Genossenschaftsbank AG sowie Fritz Naphtali-Stiftung (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Begriff des Abgabebetruges; Verhältnismässigkeitsgebot; Bankgeheimnis; Begriff des unbeteiligten Dritten; Verfahrensmängel im Sinne von Art. 2 IRSG, politisches Delikt.
1. Bestätigung der Rechtsprechung, wonach für die Auslegung des Begriffs des Abgabebetruges gemäss Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG auf die Bestimmung des Art. 14 Abs. 2 VStrR und damit auf die Umschreibung des Betrugsbegriffs in Art. 148 StGB und die hiezu bestehende bundesgerichtliche Rechtsprechung abzustellen ist (E. 3).
2. Die in casu verlangte Auskunftserteilung über zwei Bankkonten stellt keine Verletzung des auch im Rechtshilfeverkehr zu beachtenden Verhältnismässigkeitsgebotes dar (E. 4a) und führt auch nicht zu einer Verwässerung des Bankgeheimnisses (E. 4b).
3. Beim Inhaber von Bankkonten, die in den untersuchten Sachverhalt verwickelt sind, und bei der Bank selber, bei der sich die betreffenden Konten befinden, handelt es sich nicht um unbeteiligte Dritte im Sinne von Art. 10 Abs. 1 IRSG (E. 4c).
4. Der Gegenstand des Rechtshilfeersuchens bildende Sachverhalt wird im ersuchenden Staat durch Gerichtspersonen untersucht, die von den politischen Instanzen unabhängig sind. Der Umstand allein, dass dieser Sachverhalt einen Bezug zur "Parteispendenaffäre" hat, erlaubt es der Schweiz nicht, die Rechtshilfe gestützt auf Art. 2 lit. a EÜR bzw. Art. 2 lit. b/c und Art. 3 Abs. 1 IRSG zu verweigern (E. 5). Auch besteht kein Anlass zur Annahme, dass das die Beschuldigten betreffende Strafverfahren im ersuchenden Staat sonstwie einen schweren Mangel (Art. 2 lit. d IRSG) aufweisen könnte (E. 6).

Sachverhalt ab Seite 69

BGE 115 Ib 68 S. 69
Die Staatsanwaltschaft in Bonn, Bundesrepublik Deutschland (BRD), führt gegen X. und Y. als Verantwortliche der Friedrich Ebert-Stiftung (eingetragener Verein in Bonn) ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Spenden, welche über die genannte Stiftung und die israelische Fritz Naphtali-Stiftung via deren Nummernkonten bei der Internationalen Genossenschaftsbank AG Basel (Ingeba AG) der Sozialdemokratischen
BGE 115 Ib 68 S. 70
Partei Deutschlands (SPD) zugeleitet worden sein sollen. X. wird vorgeworfen, er habe als Geschäftsführer der Friedrich Ebert-Stiftung von 1974 bis 1980 durch unwahre Angaben über den Verwendungszweck von Spenden gegenüber dem zuständigen Finanzamt Bonn-Innerstadt fortgesetzt Körperschafts- und Vermögenssteuern zu Gunsten des Vereins im Gesamtbetrag von 11 Millionen DM hinterzogen sowie von 1976 bis 1980 fortgesetzt zahlreichen Steuerpflichtigen Beihilfe zur Verkürzung von Ertragssteuern (Einkommens- und Körperschaftssteuern) im Gesamtbetrag von 1,3 Millionen DM geleistet, indem er diesen Steuerpflichtigen unrichtige Spendenbescheinigungen ausgestellt habe bzw. habe ausstellen lassen. Y. wird beschuldigt, als Vorsitzender des Kuratoriums der Friedrich Ebert-Stiftung fortgesetzt Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschafts- und Vermögenssteuern zu Gunsten des Vereins geleistet zu haben.
Im Rahmen dieser Strafuntersuchung richtete der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn am 13. März 1986 über den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen gestützt auf Art. VIII Abs. 2 des deutsch-schweizerischen Zusatzvertrages zum EÜR und die von der BRD am 5. Dezember 1983 abgegebene Gegenseitigkeitserklärung ein Rechtshilfeersuchen an das Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) mit dem Begehren, die Nummernkonten 13 365 113 und 14 169 113 (Konteninhaber: Fritz Naphtali-Stiftung) bei der Ingeba AG in Basel seien zu beschlagnahmen. Auf Aufforderung des BAP hin ergänzte die Staatsanwaltschaft Bonn das Ersuchen mit Schreiben vom 13. August 1986.
Das BAP überprüfte das Ersuchen im Sinne von Art. 78 IRSG und stellte fest, dass dieses den formellen Erfordernissen gemäss Art. 14 EÜR und Art. 28 IRSG entspreche. Insbesondere erachtete es die Rechtshilfe im Lichte von Art. 3 Abs. 3 IRSG als "grundsätzlich" zulässig. Diesbezüglich stützte es sich auf die Stellungnahme der Eidgenössischen Steuerverwaltung (EStV).
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, an die das BAP das Ersuchen zum Vollzug gesandt hatte, prüfte dieses ihrerseits gestützt auf Art. 79 IRSG und überzeugte sich "unabhängig von den Bundesbehörden von der Zulässigkeit der Rechtshilfe", wie der Erste Staatsanwalt in seiner Verfügung vom 12. August 1986 festhielt. Entsprechend ordnete er in Anwendung von §§ 68 ff. StPO/BS die Beschlagnahme der Unterlagen der beiden Bankkonten Nrn. 13 365 113 und 14 169 113 bei der Ingeba AG in Basel an. Die Beschlagnahme wurde am 13. August 1986 in Anwesenheit der
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beiden Generaldirektoren sowie des Rechtsvertreters der Ingeba AG in den Räumlichkeiten der Bank in Basel vollzogen.
Am 14. August bzw. 1. September 1986 erhoben die Ingeba AG und die Fritz Naphtali-Stiftung Rekurs an die Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Stadt mit dem Antrag, der Entscheid betreffend Rechtshilfegewährung sowie die Beschlagnahmeverfügung und die Beschlagnahme selber seien aufzuheben.
Mit Beschluss vom 27. Oktober 1987 hiess die Überweisungsbehörde die beiden Rekurse gut, hob die Beschlagnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft auf und wies das Rechtshilfebegehren der Bonner Staatsanwaltschaft ab.
Hiergegen erhob das Bundesamt für Polizeiwesen Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit folgenden Anträgen:
"1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei gutzuheissen.
2. Der angefochtene Beschluss der Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Stadt sei aufzuheben.
3. Die vom Leitenden Oberstaatsanwalt in Bonn am 13. März 1986 in dieser Sache verlangte Rechtshilfe sei zu bewilligen."
Das Bundesgericht hat die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und den Entscheid der Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Stadt vom 27. Oktober 1987 aufgehoben.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. a) aa) Die Überweisungsbehörde des Kantons Basel- Stadt hält im wesentlichen dafür, dass sich der Begriff des Abgabebetruges gemäss Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG entgegen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 111 Ib 242 ff.) nicht mit demjenigen des Art. 14 VStrR decke, auch wenn Art. 24 Abs. 1 IRSV für die Legaldefinition des Abgabebetruges auf Art. 14 Abs. 2 VStrR verweise. Mit MAX WIDMER (Die internationale Rechtshilfe bei Abgabebetrug, in: ASA 51/1983, S. 513 ff.) und BEATRICE WAGNER (Die Voraussetzungen für die Gewährung internationaler Rechtshilfe in Strafsachen, in: BJM 1985, S. 113 ff.) sei festzustellen, dass sich die Heranziehung von Art. 14 VStrR zur Beurteilung der "objektiven Merkmale" für die Strafbarkeit nur vertreten liesse, soweit die ausländischen Abgaben mit denen des Verwaltungsstrafrechts des Bundes (z.B. Warenumsatzsteuer, Stempelabgaben, Verrechnungssteuer) vergleichbar seien. Für die der direkten Bundessteuer vergleichbaren direkten ausländischen Steuern sei aber die strengere Bestimmung des Art. 130bis des
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Bundesratsbeschlusses über die Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt, SR 642.11) massgebend, derzufolge eine Bestrafung für Abgabebetrug nur bei Vorliegen einer Urkundenfälschung möglich sei (WIDMER, a.a.O., insb. S. 521 ff., und WAGNER, a.a.O., insb. S. 123/ 125). Mit WIDMER (a.a.O., S. 521-523) sei festzustellen, dass Art. 24 Abs. 1 IRSV für die Steuern des Bundes und der Kantone vom Einkommen und Vermögen und für andere kantonale Abgaben gegen Art. 64 Abs. 1 IRSG verstosse. Denn bei der Umschreibung des Steuerbetrugs für die direkten Bundessteuern (Art. 130bis BdBSt) habe seinerzeit der Gesetzgeber bewusst und in voller Kenntnis der abweichenden Regelung im Verwaltungsstrafrecht (Art. 14 VStrR) die engere, auf die Urkundenfälschung abstellende Fassung gewählt. Trotz des Hinweises in Art. 24 Abs. 1 IRSV sei im Bereich der Einkommens- und Vermögenssteuern somit nicht Art. 14 VStrR anzuwenden, sondern bei diesen Steuerarten dürfe Rechtshilfe nur unter den Voraussetzungen des Art. 130bis BdBSt geleistet werden. Die im Rechtshilfegesuch umschriebenen Abgaben (Körperschafts-, Einkommens- und Vermögenssteuern bzw. Ertragssteuern) entsprächen durchwegs den schweizerischen direkten Bundes- und Kantonssteuern, deren Hinterziehung nur dann strafbar sei, wenn ein Betrug mittels Urkundenfälschung im Sinne von Art. 130bis BdBSt objektiv erfüllt sei. Im vorliegenden Fall seien aber die erforderlichen qualifizierenden Momente jedenfalls der Urkundenfälschung im engern Sinn nicht gegeben, so dass nach dem restriktiven Auslegungserfordernis in bezug auf die Ausnahmefälle des Art. 3 Abs. 3 IRSG dem Rechtshilfegesuch schon -aus diesem Grund nicht stattgegeben werden könne.
Die privaten Beschwerdegegnerinnen sind im wesentlichen derselben Auffassung wie die Überweisungsbehörde.
Das BAP erachtet die Ausführungen der Überweisungsbehörde, wonach bei Rechtshilfebegehren zur Abklärung von Hinterziehungen bei direkten Steuern immer das Element der Urkundenfälschung gegeben sein müsse, als unzutreffend. Es macht geltend, die von der Überweisungsbehörde vorgenommene Auslegung des Begriffs des Abgabebetruges im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG stehe im Widerspruch zu den Gesetzesmaterialien und den vom Bundesgericht in BGE 111 Ib 242 ff. entwickelten Grundsätzen und verletze daher Bundesrecht (Art. 104 lit. a OG). Der Entscheid über die Zulässigkeit der Rechtshilfe gemäss Art. 3 Abs. 3 IRSG müsse allein nach schweizerischem Recht gefällt werden; das
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deutsche Recht sei in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Des weitern sei hier zu berücksichtigen, dass die Unterscheidung des schweizerischen Rechts zwischen Steuerbetrug als mit strafrechtlichen Mitteln zu untersuchende Tat und Steuerhinterziehung im Ausland unbekannt sei; die in der Schweiz geltende Verfahrensordnung für Steuerwiderhandlungen sei einmalig. Würde man so argumentieren wie die Überweisungsbehörde, so hätte die Mehrzahl der bisher erhaltenen und vollzogenen Rechtshilfeersuchen in Fällen von Abgabebetrug a priori abgelehnt werden müssen (so auch in dem in BGE 111 Ib 242 ff. geschilderten Fall). Gegen die Überlegungen der Überweisungsbehörde spreche ferner auch die Tatsache, dass bei der Beurteilung der beidseitigen Strafbarkeit nicht auf das Prinzip der identischen Norm abgestellt werde, d.h. dass gerade nicht zu verlangen sei, dass der untersuchte Sachverhalt in beiden Staaten strafrechtlich gleich qualifiziert werden müsse (BGE 110 Ib 180 ff. E. 5 mit Hinweisen). Auch damit, dass die Überweisungsbehörde die Beurteilung der Gegenstand des Ersuchens bildenden Straftaten nach § 370 Abs. 3 Ziff. 4 der Abgabenordnung 1977 anstatt nach schweizerischem Recht vorgenommen habe, habe sie Bundesrecht verletzt (Art. 104 lit. a OG). Im übrigen gehe die Überweisungsbehörde fehl, wenn sie die von X. ausgestellten Bescheinigungen als blosse Erklärungen der Steuerpflichtigen und nicht als Urkunden qualifiziere. Da es sich um Dokumente handle, die von Dritten ausgestellt worden seien, könnten sie nicht einer Steuererklärung gleichgestellt werden. Diese Tatsache hätte an sich auch die Überweisungsbehörde zum Schluss führen müssen, dass ein Steuerbetrug vorliege, auch wenn sie die Prüfung zu Unrecht auf Art. 130bis BdBSt eingeengt habe. Diese Bestimmung spreche nämlich ausdrücklich von "Bescheinigungen Dritter". Aus dem Rechtshilfeersuchen gingen ausserdem die Umstände und der Inhalt der Bescheinigungen mit aller Deutlichkeit hervor, so dass an ihrer Qualifikation als Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB nicht gezweifelt werden könne. Die Bescheinigungen seien bestimmt und geeignet gewesen, den Beweis gegenüber den Steuerbehörden zu erbringen, dass die Zuwendungen steuerlich begünstigt behandelt werden müssten. Damit liege eine Verwendung einer falschen Urkunde vor, weshalb die Hinterziehung der Steuern als arglistig erfolgt und damit als rechtshilfefähige Tat erscheine. Des weitern sei festzustellen, dass sich die Überweisungsbehörde nicht geäussert habe, wie der Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Angelegenheit qualifiziert
BGE 115 Ib 68 S. 74
werden müsse. Die Sachverhaltsdarstellung im Ersuchen lasse keinen Zweifel daran, dass auch hier eine Verwendung einer falschen Urkunde zur Täuschung der Steuerbehörden vorgelegen habe, womit ebenfalls ein Abgabebetrug im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG verwirklicht worden sei. Die Feststellung der Überweisungsbehörde schliesslich, der Sachverhalt gemäss Ersuchen sei zu unvollständig, um einen Entscheid zu erlauben, erstaune sehr. Tatsächlich sei es der EStV als Fachinstanz und auch der ersten Instanz im Kanton Basel-Stadt ohne weiteres möglich gewesen, die Qualifikation der Rechtshilfefähigkeit vorzunehmen. Wollte man von der ersuchenden Behörde weitere Angaben verlangen, so liefe dies auf eine Vorwegnahme des Strafprozesses in der Schweiz hinaus. Dies würde jedoch Sinn und Zweck des Rechtshilfeverfahrens widersprechen und sei deshalb abzulehnen. Das BAP sei der Auffassung, der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn habe genügende Verdachtsmomente für einen Abgabebetrug dargelegt, so dass die Voraussetzungen zur Rechtshilfeerteilung erfüllt seien.
bb) Was unter Abgabebetrug im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG zu verstehen ist, hat das Bundesgericht im Entscheid BGE 111 Ib 242 ff. eingehend erörtert. Die seitherige, wiederholt bestätigte bundesgerichtliche Rechtsprechung (s. BGE 114 Ib 56 ff.; ferner teilweise zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil vom 6. Dezember 1988 i.S. C. AG und nicht veröffentlichte Urteile vom 6. Mai 1988 i.S. Bank S. sowie vom 4. Januar 1988 i.S. A.) stützt sich auf die Gesetzesmaterialien und auch auf die mehrheitliche Literatur (s. die Hinweise in BGE 111 Ib 245 ff. E. 4). Ebenfalls CURT MARKEES (Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, SJK Nrn. 423a S. 26 ff. und 423b S. 19 ff.), dessen Ausführungen im Zeitpunkt des Entscheids BGE 111 Ib 242 ff. noch nicht vorlagen, unterstützt die darin entwickelten Grundsätze einlässlich. Die von WIDMER (a.a.O., S. 513 ff.) und gestützt auf diesen auch von WAGNER (a.a.O., S. 113 ff.) vertretene Argumentationsweise, wie sie von der Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Stadt übernommen worden ist, ist demgegenüber vereinzelt.
Der Begriff des Abgabebetruges wird vom IRSG nicht umschrieben, während sich Art. 24 Abs. 1 IRSV darauf beschränkt, auf Art. 14 Abs. 2 VStrR zu verweisen. Aus den Protokollen der Kommissionen der eidgenössischen Räte und aus den Ratsprotokollen selber geht indes klar hervor, dass mit Abgabebetrug im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG das in Art. 14 Abs. 2 VStrR in Anlehnung an Art. 148 StGB umschriebene und mit Freiheitsstrafe
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bedrohte Verhalten angesprochen ist (s. die Hinweise in BGE 111 Ib 246 f. E. 4a; ferner die einlässliche Darstellung der Entstehungsgeschichte des zweiten Satzes des Art. 3 Abs. 3 IRSG bei LIONEL FREI, Die Rechtshilfe bei Abgabebetrug, in: ASA 50/1982, S. 339 f.; ferner MARKEES, a.a.O., SJK Nrn. 423a, S. 26 ff., und 423b, S. 19 ff.). Als Abgabebetrug zu bestrafen ist danach das Vorenthalten einer (direkten oder indirekten) Steuer (s. Sten.Bull. NR vom 12. Juni 1979, S. 678, und Sten.Bull. StR vom 4. Juni 1980, S. 209), einer andern Abgabe (s. hiezu ROBERT PFUND, Das neue Verwaltungsstrafrecht des Bundes, unter besonderer Berücksichtigung des Steuerstrafrechts, in: ASA 42/1973, S. 162), eines Beitrags oder einer andern - dem Gemeinwesen zu erbringenden - Leistung in erheblichem Betrag mit den in Art. 14 Abs. 1 VStrR umschriebenen Mitteln. Rechtshilfe sollte für alle schwerwiegenden Fiskaldelikte gewährt werden, wie sich den Protokollen der Kommissionen der Räte klar entnehmen lässt (vgl. NR-Kommissionssitzung vom 29./30. Mai 1978, Protokoll- Nummern 221, 239, 243 und 263). Ebenso zweifelsfrei ergibt sich aus den Diskussionen der eidgenössischen Räte und ihrer Kommissionen, dass auch und gerade in Verfahren wegen betrügerischer Hinterziehung der allgemeinen Steuern vom Einkommen und vom Vermögen die Rechtshilfe nicht ausgeschlossen werden sollte (vgl. Protokolle der Sitzungen der NR-Kommission vom 29./30. Mai 1978, 30./31. Oktober 1978 und 12./13. Februar 1979 sowie der StR-Kommission vom 8. Mai 1980, ferner Sten.Bull. NR vom 12. Juni 1979, S. 660 ff., und StR vom 4. Juni 1980, S. 209 ff.).
Wegen der Uneinheitlichkeit der Objekte der Abgabenerhebung können sich natürlich für die in einem Verfahren wie dem vorliegenden zu beachtende beidseitige Strafbarkeit (Art. 5 Ziff. 1 lit. a EÜR, Erklärung der Schweiz zu Art. 5 Ziff. 1 EÜR) besondere Probleme ergeben. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, nach welchem Recht sich die objektiven Merkmale des Abgabebetruges zu richten haben. Nach WIDMER (a.a.O., S. 521) dürfen diese Merkmale nur dem Gesetz entnommen werden, "das in der Schweiz für die gleiche oder vergleichbare Steuer gilt". Diese Auffassung verkennt, dass Rechtshilfe nicht wegen eines in der Schweiz allgemein gesetzlich als Steuerbetrug qualifizierten und bezeichneten Delikts geleistet wird, sondern wegen eines tatsächlichen Vorkommnisses, eines Lebensgeschehnisses (vgl. dazu für die Auslieferung: HANS SCHULTZ, Das schweizerische Auslieferungsrecht,
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S. 258 und 324, ferner MARKEES, a.a.O., SJK Nr. 422, S. 32 f.), das diejenigen Merkmale aufweist, die es nach Auffassung der eidgenössischen Räte als betrügerisches Verhalten qualifizieren, wie es nach eidgenössischem Recht als Abgabebetrug verfolgt und bestraft werden kann (s. MARKEES, a.a.O., SJK Nr. 423a, S. 26, und Nr. 423b, S. 19). Dabei ist betrügerisch nicht bloss ein Verhalten, das von einem die strafrechtlichen Aspekte der Tat nur unvollständig berücksichtigenden Gesetz als Betrug qualifiziert und bezeichnet wird. Denn weder die Bezeichnung noch die fehlende rechtliche Qualifikation ändern etwas daran, dass das in Frage stehende Vorkommnis keine einfache, sondern eine mit betrügerischen Mitteln begangene und damit qualifizierte Hinterziehung darstellt, gleichgültig, ob auch das Gesetz, das am Orte der Leistung der Rechtshilfe für eine allfällige Beurteilung der Tat anwendbar wäre, ihre Verübung mit diesen Mitteln als Steuerbetrug qualifiziert oder nicht (s. MARKEES, a.a.O., SJK Nr. 423b, S. 20). Der Einwand WIDMERS geht somit von einer unrichtigen Auffassung der beidseitigen Strafbarkeit aus (s. hiezu im übrigen nachf. lit. c). Inwiefern Art. 24 Abs. 1 IRSV gegen die Bestimmung des Art. 64 Abs. 1 IRSG verstossen soll, wie dies von WIDMER (a.a.O., S. 521-523) behauptet wird, ist nach dem Gesagten nicht ersichtlich (s. in diesem Zusammenhang auch PAOLO BERNASCONI, Strafrechtshilfe bei Abgabebetrug, in: Finanzunterwelt - Gegen Wirtschaftskriminalität und organisiertes Verbrechen, Zürich und Wiesbaden 1988, S. 132 f.).
In Berücksichtigung der erwähnten Materialien sowie der in BGE 111 Ib 242 ff. und vorstehend zusätzlich zitierten Literatur sieht das Bundesgericht keine Veranlassung, von der seiner bisherigen Rechtsprechung zugrundeliegenden Auslegung des Begriffs des Abgabebetruges im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG abzuweichen. Die einzig von WIDMER und gestützt auf diesen auch von WAGNER vertretene Auffassung, für die der direkten Bundessteuer vergleichbaren direkten ausländischen Steuern sei im Rahmen der Beurteilung eines Rechtshilfeersuchens wegen betrügerischer Steuerverkürzung Art. 130bis BdBSt massgebend, vermag nach dem Gesagten nicht zu überzeugen.
Für die Auslegung des Begriffs des Abgabebetruges im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG ist also - im Sinne von Art. 24 Abs. 1 IRSV - Art. 14 Abs. 2 VStrR und damit, wie für diese Bestimmung selber, die Umschreibung des Betrugsbegriffs in Art. 148 StGB und die dazu bestehende bundesgerichtliche
BGE 115 Ib 68 S. 77
Rechtsprechung massgebend. Der Kassationshof des Bundesgerichts hat als Steuerbetrug entsprechend der steuerrechtlichen Lehre ein Verhalten des Steuerpflichtigen bezeichnet, der die Steuerbehörden aufgrund von falschen, gefälschten oder inhaltlich unwahren Urkunden über die für die Quantifizierung des Steueranspruchs erheblichen Tatsachen täuscht, um auf diese Weise eine unrichtige, für ihn zu günstige Einschätzung zu erreichen (BGE 110 IV 28). Dieser Entscheid, der sich nicht auf ein Rechtshilfeverfahren bezog, ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre dahingehend zu ergänzen, dass der Steuerbetrug nicht notwendigerweise die Verwendung falscher oder gefälschter Urkunden voraussetzt, sondern dass auch andere Fälle arglistiger Täuschung der Steuerbehörden denkbar sind, z.B. durch ein für diese Behörden nicht durchschaubares Zusammenwirken des Steuerpflichtigen mit Dritten (vgl. PAOLO BERNASCONI, Das Schweizer Bankgeheimnis und das neue Rechtshilfegesetz in Strafsachen, in: Der Schweizer Treuhänder 1983, S. 13/14; PAOLO BERNASCONI, Strafrechtshilfe bei Abgabebetrug, a.a.O., insb. S. 134 f.; HANS SCHULTZ, Bankgeheimnis und internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Bankverein-Heft Nr. 22, S. 26; FERDINAND ZUPPINGER, Internationale Amts- und Rechtshilfe in Strafsachen, in: ASA 50/1981, S. 27). Jedenfalls aber sind besondere Machenschaften, Kniffe oder ein ganzes Lügengebäude Voraussetzung dafür, dass arglistige Täuschung anzunehmen ist. Unter bestimmten Umständen kann allerdings auch blosses Schweigen arglistig sein, dann nämlich, wenn der Täuschende den Getäuschten von einer möglichen Überprüfung abhält oder voraussieht, dass dieser mit Rücksicht auf ein besonderes Vertrauensverhältnis von einer Überprüfung absehen wird (BGE 111 Ib 248 E. 4b mit Hinweisen).
b) aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts werden, dem Zweck des EÜR entsprechend, an die Begründung eines Rechtshilfeersuchens keine strengen Anforderungen gestellt; es genügt, wenn die darin gemäss Art. 14 EÜR enthaltenen Angaben es den schweizerischen Behörden ermöglichen, zu prüfen, ob kein Sachverhalt vorliege, für den die Rechtshilfe nicht zulässig wäre (s. BGE BGE 111 Ib 131, BGE 106 Ib 264, BGE 103 Ia 210, ferner nicht veröffentlichtes Urteil vom 11. Januar 1984 i.S. Bank G., E. 3; BGE 110 Ib 179 E. 4d und Urteil vom 1. Juli 1987 i.S. M., E. 5b, nicht publiziert, zu Art. 28 IRSG). Diesen Anforderungen genügt das vorliegende Ersuchen vom 13. März 1986 mit Ergänzung
BGE 115 Ib 68 S. 78
vom 13. August 1986 klarerweise, ermöglicht es doch die genannte Prüfung ohne weiteres.
bb) Die schweizerische Behörde hat sich beim Entscheid über ein Rechtshilfebegehren nicht dazu auszusprechen, ob die darin angeführten Tatsachen zutreffen oder nicht. Sie ist vielmehr an die Darstellung des Sachverhalts im Begehren des ersuchenden Staates gebunden, soweit diese nicht offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche enthält (BGE 110 Ib 180 E. 4; BGE 107 Ib 254 E. 2b/aa, 267 E. 3a; BGE 105 Ib 425 f. E. 4b).
Was speziell die Rechtshilfe im Zusammenhang mit dem Tatbestand des Abgabebetruges betrifft, so verlangt das Bundesgericht von der ersuchenden Behörde nicht einen strikten Beweis dieses Tatbestandes, doch muss sie hinreichende Verdachtsmomente für dessen Vorliegen darlegen, damit ihrem Gesuch entsprochen werden kann (BGE 114 Ib 59 f. E. 3b, BGE 111 Ib 250 f. E. 5c). Damit soll verhindert werden, dass die ersuchende Behörde sich unter dem Deckmantel eines von ihr ohne Vorhandensein von Verdachtsmomenten lediglich behaupteten Abgabebetruges Beweise verschafft, die zur Ahndung anderer Fiskaldelikte dienen sollen, für welche die Schweiz keine Rechtshilfe gewährt (Art. 3 Abs. 3 IRSG; BGE 114 Ib 60 E. 3c). Hinzu kommt, dass eine blosse Beweisausforschung verboten ist (BGE 103 Ia 211 f. E. 6).
cc) Nach dem Ersuchen und dessen Ergänzung ist davon auszugehen, dass X. und Y. als Verantwortliche der Friedrich Ebert- Stiftung in den beim zuständigen Finanzamt für die Zeit von 1974 bis 1980 abgegebenen Erklärungen über die Geschäftstätigkeit der Stiftung wahrheitswidrig versicherten, sämtliche Einnahmen seien satzungsgemäss verwendet worden, obwohl in Wirklichkeit von den eingegangenen Zahlungen insgesamt fast 24 Millionen DM als "Parteispenden" für die SPD Verwendung gefunden hätten. Der Transfer soll sich über die zwei bereits genannten Konten der Fritz Naphtali-Stiftung bei der Ingeba AG in Basel abgewickelt haben. In den dem Finanzamt jeweils mit den - ausser 1975 von X. unterzeichneten - Steuererklärungen vorgelegten, von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellten Prüfungsberichten über die Jahresabschlüsse seien die Überweisungen an die Fritz Naphtali- Stiftung unzutreffend als "Ausgaben zur Ausbildung von Führungskräften aus Entwicklungsländern gemäss § 2 Abs. 2 der Satzung" (der Stiftung) deklariert worden, womit dem zuständigen Finanzamt vorgetäuscht worden sei, die Einnahmen seien satzungsgemäss verwendet worden. Ferner seien den einzelnen
BGE 115 Ib 68 S. 79
"Parteigeldspendern" in der Zeit von 1976 bis 1980 von seiten der Friedrich Ebert-Stiftung inhaltlich unrichtige Bescheinigungen für die Vorlage an das Finanzamt, zwecks Umgehung der den Steuerabzug von Parteispenden einschränkenden Bestimmungen, ausgestellt worden, indem ihnen schriftlich bescheinigt worden sei: "... Wir bestätigen ... dass wir den uns zugewendeten Betrag nur zu satzungsgemässen gemeinnützigen Zwecken verwenden werden." In neun von zwölf Fällen habe X. die Bescheinigungen selbst unterschrieben, während in den übrigen Fällen der offenbar gutgläubige stellvertretende Geschäftsführer durch ihn zur Unterzeichnung veranlasst worden sei. Aus den bereits sichergestellten Unterlagen gehe hervor, dass die Zahlungen auf die Konten der Fritz Naphtali-Stiftung durchwegs von X. veranlasst worden seien; seinen Anweisungen sei aber jeweils eine Absprache mit Y. der auch Vorstandsmitglied der Fritz Naphtali-Stiftung und über deren Basler Bankkonten mit Einzelunterschrift verfügungsberechtigt sei, vorangegangen. Die so als gemeinnützige und damit steuerlich abzugsfähige Vereinsspenden kaschierten Zahlungen zur Unterstützung der SPD seien via Friedrich Ebert-Stiftung über die beiden Nummernkonten der Fritz Naphtali-Stiftung bei der Ingeba AG in Basel abgewickelt worden. Die Beschlagnahme dieser beiden Konten sei erforderlich, weil keine der beiden Stiftungen über die Verwendung der etwa 22 Millionen DM, welche zwischen 1974 und 1980 von der Friedrich Ebert-Stiftung an die Fritz Naphtali-Stiftung überwiesen worden sein sollen, Belege beibringen oder sonst einen Nachweis führen könne. Aus sichergestellten Jahresberichten der Fritz Naphtali-Stiftung gehe hervor, dass die Zahlungen der Friedrich Ebert-Stiftung buchhalterisch nicht erfasst worden seien. Im Hinblick darauf, dass dem zuständigen Finanzamt auf die genannte Weise eine satzungsgemässe Verwendung der Einnahmen der Friedrich Ebert-Stiftung vorgetäuscht worden sei, dürfte es sich - wie der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn zusammenfassend feststellt - beim untersuchten Sachverhalt um Abgabebetrug handeln. Dem Ersuchen sei daher zu entsprechen. Durch die Beschlagnahme von Unterlagen der beiden in Frage stehenden Bankkonten könne nähere Aufklärung über die Verwendung der zwischen 1974 und 1980 dorthin überwiesenen Geldbeträge erlangt werden. Anhand dieser Bankunterlagen sei der für das Steuerstrafverfahren erforderliche Aufschluss möglich, an wen, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe Abflüsse von den genannten Konten erfolgt seien.
BGE 115 Ib 68 S. 80
Der Tatvorwurf gemäss diesen Angaben im Ersuchen und in dessen Ergänzung stellt einen Steuer- bzw. Abgabebetrug im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dar. Was die genannten, die Jahresabschlüsse der Friedrich Ebert-Stiftung betreffenden Prüfungsberichte einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anbelangt, die von den Stiftungsverantwortlichen zum Zwecke der Steuerumgehung veranlasst und den Steuererklärungen beigelegt worden sein sollen, ist festzustellen, dass insoweit selbst der Tatbestand gemäss Art. 130bis BdBSt als erfüllt erachtet werden kann (danach wird bestraft, "wer bei einer Hinterziehung ... gefälschte, verfälschte oder inhaltlich unwahre Urkunden wie Geschäftsbücher, Bilanzen, Erfolgsrechnungen oder Lohnausweise und andere Bescheinigungen Dritter zur Täuschung gebraucht"); denn bei diesen Erklärungen handelt es sich um von "Dritten" im Sinne der betreffenden Bestimmung ausgestellte inhaltlich unwahre und zur Täuschung der Steuerbehörden gebrauchte Bescheinigungen. Dasselbe gilt - von seiten der spendenden Unternehmungen her betrachtet - hinsichtlich der diesen durch das Stiftungsorgan X. zum Zwecke der Steuerumgehung ausgestellten inhaltlich unrichtigen Bescheinigungen zur Vorlage an das Finanzamt, denn aus der Sicht dieser Unternehmungen in ihrer Eigenschaft als Steuersubjekte ist X. seinerseits als "Dritter" im Sinne von Art. 130 BdBSt zu erachten. Nicht "Dritte" im Sinne dieser Bestimmung sind X. und Y., der das Vorgehen von X. mit diesem abgesprochen hatte, soweit sie als Organe der Stiftung für diese selber in den Steuererklärungen inhaltlich unwahre Angaben machten, doch ist dies hier nicht entscheidend, Die zuhanden der einzelnen Spender ausgestellten Bescheinigungen und auch die den fast immer von X. unterzeichneten Steuererklärungen beigelegten Prüfungsberichte waren nach den Angaben im Ersuchen bestimmt und auch ohne weiteres geeignet, den Beweis gegenüber den Steuerbehörden zu erbringen, dass die genannten Zuwendungen steuerlich begünstigt behandelt werden müssten. Bereits diese inhaltlich unwahren Bescheinigungen insgesamt stellen ein für die Steuerbehörden nicht durchschaubares Zusammenwirken verschiedener Steuerpflichtiger mit Dritten dar, was auf eine arglistige Täuschung im Sinne der genannten bundesgerichtlichen Rechtsprechung schliessen lässt. Dabei kann offenbleiben, um welche Art von Urkundenfälschungen es sich in den einzelnen Fällen handelt. Wird weiter berücksichtigt, dass gemäss Ersuchen keine der beiden Stiftungen über die Verwendung der etwa
BGE 115 Ib 68 S. 81
22 Millionen DM, welche zwischen 1974 und 1980 von der Friedrich Ebert-Stiftung an die Fritz Naphtali-Stiftung überwiesen worden sein sollen, Belege beibringen oder sonst einen Nachweis führen kann, dass die Zahlungen der Friedrich Ebert-Stiftung buchhalterisch nicht erfasst wurden und dass der wahre Zweck der erfolgten Spenden offenbar über den erfolgten Transfer von der Friedrich Ebert-Stiftung auf die Konten der Fritz Naphtali-Stiftung verschleiert werden sollte, so lässt auch dies - bei der sich aufdrängenden gesamtheitlichen Betrachtungsweise hinsichtlich der in Frage stehenden Vorgänge - auf besondere Machenschaften oder auf ein ganzes Lügengebäude und damit auf Arglist im Sinne der aufgezeigten bundesgerichtlichen Rechtsprechung schliessen. Indem die deutschen Steuerbehörden auf diese Weise getäuscht und dadurch Steuern hinterzogen wurden, liegt in objektiver Hinsicht Abgabebetrug im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG vor (s. vorstehende lit. a/bb). Dabei kann offenbleiben, wie die Teilnahmehandlungen der Beschuldigten X. und Y. im einzelnen rechtlich zu würdigen sind. Was die Beschwerdegegnerinnen gegen die Ausführungen der deutschen Behörden vorbringen, vermag keine offensichtlichen Irrtümer, Lücken oder Widersprüche im Ersuchen darzulegen, die den von der Staatsanwaltschaft in Bonn schlüssig aufgezeigten Verdacht des Abgabebetruges sofort zu entkräften vermöchten (BGE 110 Ib 180 E. 4 mit Hinweisen). Vielmehr werfen sie im wesentlichen Tat- und Schuldfragen auf, die indes vom deutschen Sachrichter zu beurteilen sein werden.
c) Demnach sind die Gegenstand des Ersuchens bildenden Straftaten als Abgabebetrug bzw. Teilnahmehandlungen daran zu qualifizieren.
Als Abgabebetrug ist - wie ausgeführt (vorstehende lit. b) - nur zu verstehen, was nach schweizerischer Auffassung als solcher gilt. Ob die Tat auch nach dem Recht des ersuchenden Staates so bezeichnet wird oder anders, ist gleichgültig, wenn nur der verfolgte Sachverhalt die für den Abgabebetrug erforderlichen Merkmale erkennen lässt (MARKEES, a.a.O., SJK Nr. 423a, S. 26), was hier nach dem Gesagten zutrifft. Im Lichte des in einem Fall wie dem vorliegenden zu beachtenden Grundsatzes der beidseitigen Strafbarkeit (Art. 5 Ziff. 1 lit. a EÜR, Erklärung der Schweiz zu Art. 5 Ziff. 1 EÜR) ist also unerheblich, ob auch die Gesetzgebung, die am Orte der Leistung der Rechtshilfe für eine allfällige Beurteilung der Tat anwendbar wäre, ihre Verübung mit denselben Mitteln wie die schweizerische Rechtsordnung als Steuerbetrug qualifiziert
BGE 115 Ib 68 S. 82
oder nicht. Gilt die Tat dort nur als einfache Hinterziehung, so bedeutet dies keineswegs, dass dann quasi auf Umwegen Rechtshilfe auch wegen einfacher Steuerhinterziehung geleistet wird, weil eben die Merkmale erfüllt sein müssen, die sie als betrügerisches Verhalten qualifizieren. Der Grundsatz der beidseitigen Strafbarkeit erfordert nicht, dass der ersuchende und der ersuchte Staat die fraglichen Handlungen in ihren Gesetzgebungen unter demselben rechtlichen Gesichtswinkel erfassen. Die Normen brauchen nicht identisch zu sein; es genügt, dass die im Rechtshilfegesuch umschriebenen Tatsachen in der Rechtsordnung sowohl des ersuchenden als auch des ersuchten Staates einen Straftatbestand erfüllen (s. BGE 113 Ib 76 E. 4b, BGE 112 Ib 233 ff. E. 5). Beidseitige Strafbarkeit ist nach dem Gesagten als gegeben zu erachten, wenn der dem Ersuchen zugrundeliegende Sachverhalt einer in der Rechtsordnung des ersuchten Staates vorgesehenen Rechtsverletzung gleicher Art entspricht (s. MARKEES, a.a.O., SJK Nr. 423b, S. 20), was für die Steuerstraftatbestände gemäss deutscher Rechtsordnung zutrifft. Dabei ist festzustellen, dass die Tat- und Schuldfragen nicht bereits im vorliegenden Verfahren im Lichte der betreffenden Tatbestände zu würdigen sind; vielmehr wird diese Würdigung erst durch den deutschen Sachrichter vorzunehmen sein. Mit der Bewilligung der Rechtshilfe ist allerdings der Spezialitätsvorbehalt anzubringen, dass die in der Schweiz gewonnenen Erkenntnisse tatsächlich nur zur Ahndung von eigentlichem Abgabebetrug im aufgezeigten Sinne bzw. Teilnahmehandlungen daran, jedoch insbesondere nicht für Verfahren wegen einfacher Steuerhinterziehung oder für nach schweizerischer Auffassung rein administrative Steuerveranlagungsverfahren benützt werden dürfen.
Sind somit die Gegenstand des Ersuchens bildenden Straftaten als Abgabebetrug bzw. Teilnahmehandlungen daran zu qualifizieren, so muss Rechtshilfe geleistet werden (s. BGE 111 Ib 248 E. 4c), wenn auch - was nachfolgend zu prüfen ist - die übrigen Voraussetzungen der Rechtshilfe erfüllt sind.

4. a) Die Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Stadt gelangte zu Recht zur Auffassung, dass die grosse Bedeutung der dem Ersuchen zugrundeliegenden Abgabenverkürzung in Millionenhöhe die Rechtshilfeleistung an sich rechtfertigte, dieser also jedenfalls das auch im Rechtshilfeverkehr zum Tragen kommende Verhältnismässigkeitsgebot nicht entgegenstehe (s. in diesem Zusammenhang Art. 4 und 63 IRSG; BGE 110 Ib 184 E. 7, BGE 109 Ib 230 /231 E. 2f, BGE 106 Ib 264 E. 3a, 351 E. 3a, ferner E. 8 des teilweise
BGE 115 Ib 68 S. 83
zur Veröffentlichung bestimmten Urteils vom 6. Dezember 1988 i.S. C. AG, mit weiteren Hinweisen). Für einen komplexen Sachverhalt, wie er hier zur Diskussion steht, ist nach der bundesgerichtlichen Praxis einzig die mit der Untersuchung selbst befasste Behörde in der Lage, abschliessend zu beurteilen, ob und welche Urkunden sich als belastende und entlastende Beweismittel eignen. Daraus folgt, dass jedenfalls die bei der Ingeba AG beschlagnahmten Kontenunterlagen der zuständigen deutschen Strafverfolgungsbehörde zur Verfügung zu stehen haben, kann doch nach allgemeiner Erfahrung keineswegs ausgeschlossen werden, dass sie weitere Indizien für den Gegenstand des Ersuchens bildenden Abgabebetrug hergeben werden.
b) Entsprechend hält die Ingeba AG zu Unrecht dafür, die Rechtshilfegewährung führe zu einer weiteren Verwässerung des durch Art. 47 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 (BankG, SR 952.0) geschützten Bankgeheimnisses. Dem Bankgeheimnis kommt nicht der Rang eines geschriebenen oder ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechtes zu, so dass es bei Kollision mit anderen Interessen stets den Vorrang beanspruchen könnte. Vielmehr handelt es sich um eine gesetzliche Norm, die gegebenenfalls gegenüber staatsvertraglichen Verpflichtungen der Schweiz zurückzutreten hat (BGE 104 Ia 53 E. 4a mit Hinweisen). Art. 1 Abs. 2 IRSG gebietet den Behörden, welche das Gesetz anzuwenden haben, "den Hoheitsrechten, der Sicherheit, der öffentlichen Ordnung oder anderen wesentlichen Interessen der Schweiz Rechnung zu tragen" (ähnlich lautet Art. 2 lit. b EÜR). Zu diesen wesentlichen Interessen der Schweiz kann der Schutz des Bankgeheimnisses nur unter bestimmten Voraussetzungen zählen. Es muss sich bei der von einem um Rechtshilfe ersuchenden Staat verlangten Auskunft um eine solche handeln, deren Preisgabe das Bankgeheimnis geradezu aushöhlen oder die der ganzen schweizerischen Wirtschaft Schaden zufügen würde. Hingegen wird es sich nie um wesentliche Interessen der Schweiz handeln, wenn die Rechtshilfe nur dazu führt, eine Auskunft nur über die Bankbeziehungen einiger weniger in- oder ausländischer Kunden zu erteilen (s. BGE 113 Ib 164 ff. E. 5 und nicht veröffentlichtes Urteil vom 4. Januar 1988 i.S. A., E. 3a, mit weiteren Hinweisen; SCHULTZ, a.a.O., Bankverein-Heft Nr. 22, S. 12 ff. und 20; MARKEES, a.a.O., SJK Nr. 423a, S. 10 ff. und 18 ff.). So verhält es sich hier, wird doch von den deutschen Behörden nur die Auskunftserteilung über zwei Konten bei der
BGE 115 Ib 68 S. 84
Ingeba AG verlangt. Dass bzw. inwiefern durch diese Auskunftserteilung wesentliche Interessen der Schweiz beeinträchtigt würden, wird von der Bank nicht dargelegt und ist denn auch nicht ersichtlich.
c) Bei den privaten Beschwerdegegnerinnen handelt es sich - entgegen der Auffassung der Ingeba AG - nicht um unbeteiligte Dritte im Sinne von Art. 10 Abs. 1 IRSG. Aus dem Ersuchen ergibt sich schlüssig, dass die beiden von den deutschen Behörden genannten, der Fritz Naphtali-Stiftung gehörenden Konten bei der Ingeba AG und damit diese selber in den von den deutschen Behörden untersuchten Sachverhalt verwickelt sind. In einem solchen Fall kann gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung Art. 10 Abs. 1 IRSG nicht zur Anwendung gelangen (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 113 Ib 164 ff. E. 5 und BGE 112 Ib 462 ff., ferner nicht veröffentlichte Urteile vom 6. Mai 1988 i.S. Bank S., E. 7b, und vom 4. Januar 1988 i.S. A., E. 3b, mit weiteren Hinweisen).
Der Erteilung der Rechtshilfe steht somit auch insoweit nichts entgegen.

5. Das BAP macht geltend, bei den Gegenstand des Ersuchens bildenden Straftaten - also Abgabebetrug bzw. Teilnahmehandlungen daran - handle es sich entgegen der Auffassung der Basler Behörden nicht um vorwiegend (bzw. laut Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt vom 25. Juni 1987 sogar "eminent") politische Delikte im Sinne der Rechtshilfebestimmungen.
Nach Art. 2 lit. a EÜR kann die Rechtshilfe u.a. dann verweigert werden, wenn sich das Ersuchen auf strafbare Handlungen bezieht, die vom ersuchten Staat als politische oder als mit solchen zusammenhängende strafbare Handlungen angesehen werden. Diese Bestimmung definiert den Begriff des politischen Deliktes nicht. Sie lässt in dieser Beziehung den im ersuchten Staat herrschenden Anschauungen Raum, die für die Schweiz in Art. 2 lit. b und c sowie in Art. 3 Abs. 1 IRSG zum Ausdruck kommen. Darnach - wie auch gemäss Art. 3 Ziff. 2 EAÜ - wird dem Verfolgten wegen der besonderen Situation, in der er sich befindet, ein erweiterter Schutz zugesichert, was heute allgemein als eine Norm des internationalen Ordre public betrachtet wird (s. BGE 113 Ib 178 E. 6 mit weiteren Hinweisen; ferner CLAUDE ROUILLER, L'évolution du concept de délit politique en droit de l'entraide internationale en matière pénale, in: ZStrR 1986, S. 23 ff., insb. S. 40-42).
BGE 115 Ib 68 S. 85
a) Durch die sogenannte Parteispendenaffäre war die Öffentlichkeit in der BRD während langer Zeit aufgewühlt, und die dortigen politischen Behörden machen sich in dieser Angelegenheit Sorgen. Das alleine ist aber kein Grund, die im Ersuchen aufgeführten Straftaten - Abgabebetrug bzw. Teilnahmehandlungen daran - als Delikte zu betrachten, die ausschliesslich gegen die politische und soziale Ordnung des Staates gerichtet sind (BGE 113 Ib 179 E. 6a, BGE 106 Ib 308 E. 3b). Die allgemeinen Umstände, unter denen die Untersuchung der Affäre sich abspielt, setzen die Beschuldigten nicht der Gefahr einer diskriminierenden Behandlung aus, die es rechtfertigen würde, ihnen den in Art. 2 lit. b und c IRSG vorgesehenen erweiterten Schutz zu gewähren. Eine solche Gefahr würde namentlich dann bestehen, wenn Zweifel am Funktionieren der Institutionen und an der Unabhängigkeit der Gerichte des ersuchenden Staates bestehen würden (BGE BGE 113 Ib 179 E. 6a, BGE 111 Ib 142 E. 4; ROUILLER, a.a.O., S. 24 ff., insb. S. 26-34). Solche Zweifel an der Unabhängigkeit des Justizapparates der BRD fehlen indes. Insbesondere besteht auch kein Grund zur Befürchtung, dass die deutschen Untersuchungsbehörden in ihrer Unabhängigkeit beeinträchtigt werden könnten (vgl. BGE 110 Ib 183).
b) Das relativ politische Delikt ist an sich nach dem gemeinen Recht strafbar, aber wegen seines vorwiegend politischen Charakters von der internationalen Rechtshilfe ausgeschlossen. Art. 3 Abs. 1 IRSG hat in dieser Beziehung die Formulierung des Art. 10 des alten Bundesgesetzes über die Auslieferung vom 22. Januar 1892 übernommen. Der vorwiegend politische Charakter ergibt sich aus der politischen Natur der Umstände, Beweggründe und Ziele, die den Täter zum Handeln bestimmt haben und die in den Augen des Rechtshilferichters vorherrschend erscheinen. Das Delikt muss stets im Rahmen eines Kampfes um die Macht im Staat begangen worden sein und in einem engen Zusammenhang mit dem Gegenstand dieses Kampfes stehen (BGE 113 Ib 179 f. E. 6b mit Hinweisen).
Die mit einem politischen Delikt zusammenhängende Straftat als solche des gemeinen Rechts kann von der internationalen Rechtshilfe ausgeschlossen sein, wenn sie verübt worden ist, um die Begehung eines politischen Deliktes vorzubereiten, zu erleichtern, zu sichern oder zu verdecken, oder um ihm später Straflosigkeit zu verschaffen (BGE 113 Ib 180).
Die Einrede des politischen Deliktes kann nur eingeschränkt zugelassen werden, wenn die Schweiz aufgrund eines multilateralen
BGE 115 Ib 68 S. 86
oder bilateralen Abkommens um Rechtshilfe angegangen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn die andere Vertragspartei - wie hier - ein demokratischer Staat ist, in welchem die Gerichte gegenüber der politischen Gewalt eine wirkliche Unabhängigkeit geniessen, die mit der Stellung der schweizerischen Gerichte vergleichbar ist (BGE 113 Ib 180).
Es ist unerheblich, dass die Gegenstand des Ersuchens bildenden Straftaten einen politischen Hintergrund haben. Bei einem Abgabebetrug an sich, wie er hier einzig zur Diskussion steht, handelt es sich nicht um ein politisches Delikt, sondern um ein Fiskaldelikt, das (als einziges dieser Deliktsart) rechtshilfefähig ist und für das Rechtshilfe geleistet werden muss, wenn die Voraussetzungen dazu erfüllt sind (BGE 111 Ib 248 E. 4c, BGE 114 Ib 56 ff.).
Es kann nicht behauptet werden, die Gegenstand des Ersuchens bildenden Straftaten seien im Rahmen eines eigentlichen Kampfes um die Macht in der BRD Mittel zur Erreichung der absoluten Staatsmacht gewesen. Zweck der durch verschiedene Unternehmen geleisteten Zahlungen war, für die SPD im Rahmen des Wahlkampfes in einem demokratischen Staat mit möglichst vielen Mitteln eine möglichst gute Ausgangslage zu verschaffen. Der im Zusammenhang mit diesen Zahlungen erfolgte Abgabebetrug konnte nur bewirken, diese Mittel noch zu vergrössern. Der Entscheid darüber, welche Partei wie viele Stimmen erzielen würde, blieb aber dennoch den Wählern vorbehalten. Im übrigen handelt es sich bei der BRD nicht um einen Staat, der eine Opposition ausschliesst (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 110 Ib 182 E. 6a und 285 f. E. 6d mit Hinweisen). Auch lässt sich nicht sagen, dass die Strafuntersuchung in der BRD durchgeführt wird, um die Beschuldigten X. und Y. wegen ihrer politischen Anschauungen zu bestrafen; denn Gegenstand der Strafuntersuchung bildet einzig der Abgabebetrug an sich, dessen Beurteilung - wie erwähnt - der unabhängigen Strafjustiz vorbehalten ist. Dass das Aufsehen, das die hier zur Diskussion stehenden Straftaten in der BRD erregt haben, Auswirkungen auf die dortige politische Situation haben könnten, ist nach dem Gesagten jedenfalls kein Grund, die Rechtshilfeleistung zu verweigern (vgl. BGE 110 Ib 183 f.).
Demnach steht der Gewährung der von den deutschen Behörden verlangten Rechtshilfe auch insoweit nichts entgegen.

6. In ihrer im bundesgerichtlichen Verfahren eingereichten Vernehmlassung macht die Ingeba AG erstmals geltend, dass das Verfahren des ersuchenden Staates schwere Mängel im Sinne
BGE 115 Ib 68 S. 87
von Art. 2 lit. d IRSG aufweise. Diese erblickt sie darin, dass die deutschen Behörden die Presse während noch hängigem Verfahren über die Beschlagnahme bei der Bank und über das Rechtshilfeverfahren an sich orientiert hätten.
Nach Art. 2 lit. d IRSG wird einem Ersuchen um Zusammenarbeit in Strafsachen nicht entsprochen, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass das Verfahren im Ausland "andere (als solche gemäss lit. a-c der genannten Bestimmung) schwere Mängel aufweist". Mit Art. 2 IRSG soll vermieden werden, dass die Schweiz durch Leistung von Rechtshilfe im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit die Durchführung solcher Strafverfahren unterstützt, in welchen den verfolgten Personen die ihnen in einem demokratischen Rechtsstaat zustehenden und insbesondere durch die EMRK umschriebenen Minimalgarantien nicht gewährt werden oder welche den internationalen Ordre public verletzen (vgl. BGE 111 Ib 138 ff., BGE 109 Ib 64 ff., BGE 108 Ib 408 ff., ferner nicht veröffentlichtes Urteil i.S. M. vom 1. Juli 1987, E. 7a; ROUILLER, a.a.O., insb. S. 40-42).
Bei Art. 2 lit. d IRSG handelt es sich also (wie bei lit. a-c) um eine Bestimmung zum Schutze der im ausländischen Strafverfahren Beschuldigten selber. Dazu, sich im vorliegenden Verfahren ausschliesslich im Interesse der Beschuldigten zu wehren, sind die privaten Beschwerdegegnerinnen somit nicht befugt. Abgesehen davon sind ihre Einwände aber auch nicht geeignet, einen schweren Mangel im Sinne von Art. 2 IRSG darzulegen. Was sie in diesem Zusammenhang bloss auf das Rechtshilfeverfahren bezogen behaupten (s. oben), reicht nicht aus, um darzutun, dass objektiv und ernsthaft zu befürchten wäre, das die Beschuldigten selber betreffende Strafverfahren im ersuchenden Staat könnte einen schwerwiegenden Mangel im Sinne von Art. 2 IRSG aufweisen (s. im übrigen vorstehende E. 5).
Demnach steht der Rechtshilfeleistung auch insoweit nichts entgegen.

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Artikel: Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG, Art. 24 Abs. 1 IRSV, Art. 130bis BdBSt, Art. 14 Abs. 2 VStrR mehr...