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Urteilskopf

123 II 16


4. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. Januar 1997 i.S. X. + Co. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung und Eidgenössische Steuerrekurskommission sowie i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen X. + Co. und Eidgenössische Steuerrekurskommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerden)

Regeste

Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV; gastgewerbliche Leistung; Hauslieferung von Pizzas; Steuersatz.
Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 2).
Kognition des Bundesgerichts betreffend Mehrwertsteuerverordnung (E. 3).
Abgrenzung zwischen gastgewerblichen Leistungen (Steuersatz 6,5%) und der einem ermässigten Satz (2%) unterworfenen Abgabe von Ess- und Trinkwaren. Bejahung der Verfassungsmässigkeit von Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV, soweit darin das Vorhandensein von Einrichtungen für den Konsum an Ort und Stelle als Unterscheidungsmerkmal verwendet wird (E. 5 und 6).
Bei Hauslieferungen von Ess- und Trinkwaren aus Restaurants darf die Eidgenössische Steuerverwaltung die Gewährung des ermässigten Steuersatzes zulässigerweise davon abhängig machen, dass diese Tätigkeit vom übrigen Gastgewerbebetrieb organisatorisch getrennt erfolgt. Unverhältnismässigkeit der zusätzlichen Forderung nach getrennten Räumlichkeiten (E. 7-9).
Wettbewerbsneutralität dieser Regelung (E. 10).

Sachverhalt ab Seite 17

BGE 123 II 16 S. 17

A.- Die X. + Co., eine Kommanditgesellschaft mit Sitz in Y. (nachfolgend die "Steuerpflichtige" oder "Unternehmung"), betreibt verschiedene Restaurants und liefert auf Bestellung auch fertige
BGE 123 II 16 S. 18
Pizzas ins Haus. Sie ist seit 1. Januar 1995 bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung als Mehrwertsteuerpflichtige registriert (Art. 45 der Verordnung über die Mehrwertsteuer vom 22. Juni 1994, MWSTV, SR 641.201).
Mit Schreiben vom 14. März 1995 an die Eidgenössische Steuerverwaltung ersuchte die Steuerpflichtige um einen Feststellungsentscheid (Art. 51 Abs. 1 lit. f MWSTV) in dem Sinn, dass ein gastgewerblicher Betrieb für Hauslieferungen ohne Service wie ein Ladengeschäft dem ermässigten Mehrwertsteuersatz von 2% unterstehe.
Mit Entscheid vom 27. März 1995, bestätigt auf Einsprache hin am 31. Mai 1995, stellte die Eidgenössische Steuerverwaltung fest,
"dass Hauslieferungen durch Betriebe mit Konsumationseinrichtung zum Satz von 6,5% steuerbar sind, sofern der Verkauf nicht in räumlich und organisatorisch abgetrennten Verkaufsräumlichkeiten erfolgt."

B.- Die Steuerpflichtige führte Beschwerde bei der Eidgenössischen Steuerrekurskommission. Sie machte geltend, Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV sehe eine Besteuerung zum Satz von 6,5% nur vor, wenn der Wirt seinen Gästen bei der Konsumation von Speisen und Getränken besondere Vorrichtungen (Tische, Bänke, Stühle) zur Verfügung stelle oder wenn er Speisen und Getränke bei den Gästen zubereite oder serviere. Hauslieferungen würden in der Vorschrift nicht erwähnt und seien keine Restaurationsleistungen im Sinne der Mehrwertsteuerverordnung, sondern stellten einfache Kaufverträge dar, die dem Satz von 2% unterlägen. Das von der Eidgenössischen Steuerverwaltung für die Besteuerung von Hauslieferungen zum ermässigten Satz zusätzlich eingeführte Erfordernis - Verkauf in vom Gastgewerbebetrieb räumlich und organisatorisch abgetrennten Verkaufsräumlichkeiten - stütze sich nicht auf das Gesetz, sei willkürlich und verletze das Gebot der rechtsgleichen Behandlung.
Mit Entscheid vom 23. Januar 1996 wies die Eidgenössische Steuerrekurskommission die Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab, soweit darauf einzutreten war, und stellte fest, dass die Steuerpflichtige Hauslieferungen von konsumfertigen Pizzas zum Satz von 6,5% zu versteuern habe. Die Steuerrekurskommission erwog, das in Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV zur Abgrenzung der gastgewerblichen Leistungen von den Lieferungen von Ess- und Trinkwaren herangezogene Merkmal - Bereithalten von besonderen Einrichtungen zum Konsum unabhängig davon, ob sie benutzt würden oder nicht - stütze sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe und sei willkürlich; es führe überdies zu einer rechtsungleichen
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Behandlung, weil identische Leistungen zu verschiedenen Sätzen besteuert würden, je nachdem ob ein Lebensmittelhändler oder ein Gastwirtschaftsbetrieb sie erbringe. Es rechtfertige sich vielmehr, auf den wirtschaftlichen Gehalt des Vorganges abzustellen. Die Hauslieferung von Pizzas sei als gemischte Leistung zu qualifizieren, die sich aus der Lieferung eines Gegenstandes (Verkauf der Essware) einerseits und einer Dienstleistungskomponente (Aufwärmen, Warmhalten, Befördern usw.) andererseits zusammensetze. Die Art, wie das Geschäft sich abwickle, zeige, dass die Dienstleistungselemente die Lieferungskomponenten überwiegen. Der Vorgang sei folglich einheitlich als gastgewerbliche Leistung, steuerbar zum Satz von 6,5%, zu qualifizieren.

C.- Gegen diesen Entscheid haben sowohl die Steuerpflichtige wie auch die Eidgenössische Steuerverwaltung Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben.
a) Die Steuerpflichtige beantragt u.a., der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Hauslieferung von konsumfertigen Pizzas durch sie der Mehrwertsteuer von 2% unterliege; eventuell sei festzustellen, dass Hauslieferungen von konsumfertigen Pizzas durch nicht-gastgewerbliche Betriebe der Mehrwertsteuer zum Satz von 6,5% unterlägen. Sie beschwert sich über eine ungenaue Feststellung des Sachverhalts und eine Verletzung von Bundesrecht. Sie anerkennt, dass sich Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV verfassungskonform auslegen lasse, doch verstosse die Interpretation, welche die Eidgenössische Steuerverwaltung dieser Vorschrift zugrunde lege - Erfordernis von vom übrigen Gastgewerbebetrieb räumlich und organisatorisch abgetrennten Geschäftsräumlichkeiten - gegen das Rechtsgleichheitsgebot sowie die Handels- und Gewerbefreiheit. Charakteristisch für die gastgewerbliche Dienstleistung sei einzig das Zurverfügungstellen von Konsumationseinrichtungen, was auf Hauslieferungen nicht zutreffe. Mit dieser Auslegung werde sowohl die Rechtsgleichheit wie auch die Wettbewerbsneutralität im Verhältnis zwischen Gastgewerbebetrieben und Lebensmittelhändlern hergestellt. - Die Unterscheidung von Haupt- und Nebenleistungen anhand der Dienstleistungs- und Lieferungskomponenten der Leistung, wie die Vorinstanz sie vorgenommen habe, gehe deshalb fehl, weil den einzelnen Tätigkeiten bei der Hauslieferung nicht der Rang von Haupt- bzw. Nebenleistungen zukomme.
b) Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt, der Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission sei aufzuheben und
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es sei festzustellen, dass Hauslieferungen von Ess- und Trinkwaren durch Betriebe mit Konsumationseinrichtungen zum Satz von 6,5% steuerbar seien, sofern der Verkauf nicht in räumlich und organisatorisch abgetrennten Verkaufsräumlichkeiten erfolge. Eventualiter sei diese Feststellung lediglich bezogen auf die Hauslieferung von Pizzas und für die Person der Steuerpflichtigen zu treffen, wobei dann gleichzeitig Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 Lemma 2 MWSTV als verfassungsmässig zu erklären und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen sei, damit diese über die Beschwerde der Steuerpflichtigen auch in bezug auf die Hauslieferungen von sonstigen Ess- und Trinkwaren entscheide.
c) Die Steuerpflichtige schliesst auf Abweisung der Beschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung, soweit darauf einzutreten ist. Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt, die Beschwerde der Steuerpflichtigen insoweit gutzuheissen, als die Aufhebung des angefochtenen Entscheides verlangt wird, und sie im übrigen abzuweisen. Die Eidgenössische Steuerrekurskommission hat auf Bemerkungen verzichtet. Das Bundesgericht heisst die Beschwerden teilweise gut

Erwägungen

aus folgenden Erwägungen:

1. Die beiden Beschwerden richten sich gegen den nämlichen Entscheid und betreffen den gleichen Streitgegenstand und die gleichen Parteien. Sie sind daher gemeinsam zu behandeln.

2. a) Gemäss Art. 97 OG und Art. 5 VwVG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen, von einer der in Art. 98 OG genannten Vorinstanzen ausgehen und keinem Ausschlussgrund nach Art. 99-102 OG unterliegen. Die gegen den Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission gerichteten Verwaltungsgerichtsbeschwerden sind sowohl unter dem Gesichtswinkel dieser Bestimmungen wie auch des Art. 54 MWSTV zulässig.
b) Die Steuerpflichtige hat ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 103 lit. a OG an der Feststellung, dass die von ihr ins Haus gelieferten Pizzas der Mehrwertsteuer zum Satz von 2% und nicht dem ordentlichen Satz von 6,5% unterstellt werden. Sie ist daher legitimiert, den Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anzufechten, um eine für sie günstigere Besteuerung zu erwirken.
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Nicht zulässig ist indessen ihr Eventualbegehren, es sei festzustellen, dass die Hauslieferung von konsumfertigen Pizzas durch nicht-gastgewerbliche Betriebe der Mehrwertsteuer zum Satz von 6,5% unterliegen. Gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. f MWSTV trifft die Eidgenössische Steuerverwaltung von Amtes wegen oder auf Antrag des Steuerpflichtigen einen Entscheid, wenn "für einen bestimmten Fall vorsorglich die amtliche Feststellung der Steuerpflicht, der Steuerschuld, des Anspruchs auf Vorsteuerabzug, der Grundlagen der Steuerbemessung, des anwendbaren Steuersatzes oder der Mithaftung beantragt wird oder als geboten erscheint." Diese Bestimmung ist offensichtlich dem Art. 5 Abs. 1 lit. a des Bundesratsbeschlusses vom 29. Juli 1941 über die Warenumsatzsteuer nachgebildet, zu welcher Vorschrift eine reiche Praxis besteht. Danach konnte der Steuerpflichtige einen Feststellungsentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung für einen bestimmten Fall bereits erwirken, wenn dieser in seinem Geschäftsbetrieb noch nicht eingetreten war (Eidgenössische Steuerverwaltung, 28. Juni 1955, ASA 24 S. 144). Hingegen konnte der Steuerpflichtige nicht losgelöst von einem konkreten Fall eine bestimmte Besteuerung eines ganzen Gewerbes verlangen (Bundesgericht, 22. Dezember 1976, ASA 46 S. 195). Das ergibt sich daraus, dass die Feststellungsverfügung ein konkretes und individuelles Rechtsverhältnis regeln muss (BGE 102 V 148 E. 1; vgl. FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 144). Auf das an die Adresse der nicht-gastgewerblichen Betriebe gerichtete Feststellungsbegehren der Steuerpflichtigen kann daher nicht eingetreten werden. Diese Betriebe sind am vorliegenden Verfahren auch gar nicht beteiligt, weshalb es sich verbietet, ihnen gegenüber eine Verfügung zu treffen. Das schliesst nicht aus, dass die Steuerpflichtige eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu solchen Betrieben geltend machen kann.
c) Gemäss Art. 103 lit. b OG und 54 Abs. 2 MWSTV ist die Eidgenössische Steuerverwaltung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt. Diese Legitimation, die zum Zweck hat, eine richtige und einheitliche Anwendung des Bundesrechts zu sichern, ist nach dem Wortlaut an keine Voraussetzung gebunden. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat daher nicht darzulegen, dass sie ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 103 lit. a OG an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides besitzt. Die Rechtsprechung hat dieser Legitimation dennoch gewisse Grenzen gesetzt, weil die Behördenbeschwerde nicht dazu dienen kann, private Interessen durchzusetzen oder zugunsten des Steuerpflichtigen benutzt
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zu werden. Die Beschwerdebefugnis setzt daher voraus, dass das öffentliche Interesse in einem konkreten Fall gefährdet erscheint (KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, S. 152 Rz. 249; GYGI, a.a.O., S. 164; BGE 109 Ib 341).
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid die Beschwerde der Steuerpflichtigen "im Sinne der Erwägungen" abgewiesen (soweit darauf einzutreten war), und festgestellt, dass die Unternehmung die Hauslieferung von konsumfertigen Pizzas zum Satz von 6,5% zu versteuern habe. Dieses Dispositiv berührt das rein fiskalische Interesse der Eidgenössischen Steuerverwaltung noch nicht, weil es an der Besteuerung der Hauslieferung von Pizzas durch die Steuerpflichtige zum Satz von 6,5% nichts ändert. Indessen erfolgte die Abweisung mit einer von den Erwägungen im Einspracheentscheid völlig abweichenden Begründung, auf die im Dispositiv hingewiesen wird. Diese Begründung hat die Vorinstanz denn auch dazu geführt, im Dispositiv ihre Feststellung bezüglich des anwendbaren Mehrwertsteuersatzes auf die Hauslieferungen von Pizzas - unter Ausschluss der Hauslieferungen von anderen Ess- und Trinkwaren durch die Steuerpflichtige - zu beschränken. Insofern besteht sowohl unter dem Gesichtspunkt der einheitlichen Rechtsanwendung als auch unter dem Gesichtswinkel der Verwaltungsökonomie ein öffentliches Interesse daran, dass die von der Vorinstanz aufgestellten Kriterien überprüft werden. Auf die Beschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung ist daher ebenfalls einzutreten.

3. Gemäss Art. 104 Abs. 1 OG kann mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, gerügt werden. Hingegen ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellung gebunden, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat (Art. 105 Abs. 2 OG).
a) Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und frei, ob Bundesrecht - das auch die verfassungsmässigen Rechte umfasst (BGE 118 Ib 417 E. 2a; ferner BGE 122 IV 8 E. 1b) - verletzt worden ist. Selbständige (d.h. direkt auf der Verfassung beruhende) Verordnungen des Bundesrates prüft das Bundesgericht daraufhin, ob sie mit den sachbezogenen Vorgaben der Verfassungsvorschrift, auf welcher sie beruhen, harmonieren. Darüber hinaus ist auch zu untersuchen, ob die selbständige Verordnung nicht mit sonstigen Verfassungsnormen, besonders mit den Grundrechtsgarantien, kollidiert, soweit die ermächtigende
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Verfassungsnorm solche Abweichungen nicht selber anordnet oder bewusst in Kauf nimmt. Das bedeutet nicht, dass das Bundesgericht den dem Bundesrat eingeräumten Gestaltungsspielraum für sich selber in Anspruch nehmen kann; eingreifen darf es nur, wenn der Bundesrat die ihm eingeräumte Kompetenz überschritten hat, wobei das Bundesgericht auch den Umfang dieser Kompetenz zu ermitteln hat (vgl. dazu ANDREAS AUER, Die schweizerische Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 115, N. 190-192; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl. 1994, S. 25; BGE 100 Ib 318 E. 3; siehe auch BGE 122 IV 258 E. 2a).
b) Bei der Mehrwertsteuerverordnung handelt es sich um eine solche selbständige Verordnung des Bundesrates; sie stützt sich direkt auf Art. 8 Abs. 1 ÜbBest. BV und stellt gesetzesvertretendes Recht dar, bis der Gesetzgeber das Mehrwertsteuerrecht in einem Gesetz geregelt hat. Anders als nach dem früher geltenden Art. 8 Abs. 1 ÜbBest. BV, wonach die am 31. Dezember 1981 geltenden Bestimmungen über die Warenumsatzsteuer, direkte Bundessteuer (ehemalige Wehrsteuer) und die Biersteuer unter Vorbehalt des Erlasses von Bundesgesetzen in Kraft blieben und damit formell auf Gesetzesstufe gehoben wurden (BGE 117 Ib 367 E. 1a; Urteil vom 5. Juli 1991, ASA 60 S. 608 E. 1b), ist das für die Mehrwertsteuerverordnung des Bundesrates nicht der Fall. Diese Verordnung ist somit vom Bundesgericht grundsätzlich auf ihre Verfassungsmässigkeit zu prüfen, besonders darauf hin, ob sie die Verfassungsprinzipien und die Grundrechte wie die Handels- und Gewerbefreiheit respektiert. Dabei ist auch zu kontrollieren, ob der Bundesrat die in Art. 8 ÜbBest.BV enthaltenen Grundsätze beachtet und sich an den Gegenstand, den Zweck und den Umfang der ihm eingeräumten Kompetenz gehalten hat (vgl. ULRICH CAVELTI, Verfassungsrechtliche Probleme der Mehrwertsteuerverordnung, Der Schweizer Treuhänder [ST] 69/1995 S. 1089; PAUL RICHLI, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Mehrwertsteuer, ST 69/1995 S. 355; JEAN-MARC RIVIER, L'interprétation des règles de droit qui régissent la Taxe à la Valeur Ajoutée, ASA 63 S. 355 f.).

4. Die Steuerpflichtige rügt, dass die Vorinstanz gewisse Tatsachen offensichtlich unrichtig festgestellt habe (Art. 105 Abs. 2 OG). In Wirklichkeit würden die Pizzas durch Taxidienste ins Haus geliefert und nicht durch das Personal und die Transportmittel der Steuerpflichtigen. Diese trage auch nicht die Verantwortung dafür, dass die Pizzas während des Transportes warm blieben; es würden dafür keine Spezialbehälter verwendet. Die Steuerpflichtige liefere
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zudem die Pizzas nicht auf einen vorbestimmten Zeitpunkt, sondern nach Möglichkeit sofort. Schliesslich könne der Kunde die Zubereitung der Pizza nicht völlig frei bestimmen, sondern sei auf eine Auswahl von etwa 20 Sorten beschränkt.
Trotz dieser Ungenauigkeiten in der Feststellung des Sachverhalts stehen, wie sich zeigen wird, die für die Entscheidung der strittigen Fragen wesentlichen Punkte (auch unter Berücksichtigung der Vorbringen der Steuerpflichtigen) fest. Es erübrigt sich deshalb, die Sache zu weiteren Abklärungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

5. a) Art. 41ter Abs. 1 lit. a BV führt eine Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ein. Gemäss seinem Abs. 3 belastet die Mehrwertsteuer nach dem Allphasenprinzip mit Vorsteuerabzug die Lieferungen von Gegenständen, die Dienstleistungen sowie die Einfuhren. Die Steuer beträgt 2% u.a. auf Ess- und Trinkwaren, mit Ausnahme der alkoholischen Getränke, und 6,5% auf den Lieferungen und der Einfuhr anderer Gegenstände sowie auf allen übrigen der Steuer unterstellten Gegenständen (Art. 8 Abs. 2 lit. e Ziff. 1 und 3, Art. 8bis lit. a und b ÜbBest. BV).
Die Verordnung zur Mehrwertsteuer (Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 zweites Lemma) präzisiert, die Steuer betrage 2% auf den Lieferungen und dem Eigenverbrauch u.a. folgender Gegenstände:
"Ess- und Trinkwaren, ausgenommen alkoholische(r) Getränke; der Steuersatz von 2 Prozent gilt nicht für Ess- und Trinkwaren aller Art, die im Rahmen von gastgewerblichen Leistungen abgegeben werden. Als gastgewerbliche Leistung gilt die Abgabe von Ess- und Trinkwaren nicht nur dann, wenn der Steuerpflichtige für deren Konsum an Ort und Stelle besondere Vorrichtungen bereithält, sondern auch dann, wenn er sie beim Kunden zubereitet oder serviert".
b) Die Vorinstanz erachtet diese Vorschrift als unvereinbar mit Art. 4 BV, weil zwischen dem Merkmal, dass der Leistungserbringer "besondere Vorrichtungen" für den Konsum an Ort und Stelle bereithalte, und der Leistung an sich kein sachlich relevanter Zusammenhang bestehe; es gebe nicht die geringste Kausalität zwischen den bereitstehenden Tischen und Stühlen bei der Steuerpflichtigen einerseits und der Hauslieferung von Pizzas andererseits. Das Kriterium lasse sich daher nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen und sei willkürlich. Es führe im Ergebnis auch zu einer Ungleichbehandlung zwischen Lebensmittelhändlern und Gastgewerbebetrieben, weil ein Lebensmittelhändler (ohne Konsumationseinrichtungen) die konsumfertig ins Haus des Kunden gelieferte Pizza zu 2% zu versteuern habe, während der Gastgewerbebetrieb für die genau gleiche Lieferung ins Haus dem Mehrwertsteuersatz von 6,5% unterstehe.
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Demgegenüber betrachtet die Eidgenössische Steuerverwaltung die Definition der gastgewerblichen Leistungen in Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV als verfassungsmässig. Diese Vorschrift erfasse zwei Arten von Leistungen, die nicht zum ermässigten Satz von 2% besteuert würden: Einerseits alle Leistungen eines Steuerpflichtigen, der Vorrichtungen zum Konsum an Ort und Stelle bereithalte (unabhängig davon, ob diese vom Kunden benützt würden oder nicht). Andererseits den - hier nicht streitigen - Fall, wo Speisen oder Getränke beim Kunden (oder an einem von ihm bezeichneten Ort) zubereitet oder serviert werden. Der Zweck dieser Ordnung bestehe darin, Betriebe der sogenannten Paragastronomie - wie Marktstände mit Tischen und Stühlen, Party-Servicebetriebe oder Hauslieferdienste - den Gastgewerbebetrieben gleichzustellen. Die Rechtsgleichheit sei gewahrt, indem der Gastwirt die Möglichkeit habe, die Hauslieferung und den Verkauf über die Gasse räumlich und organisatorisch getrennt vom Gastgewerbebetrieb zu tätigen; auf diese Weise gelange er ebenfalls in den Genuss des ermässigten Steuersatzes von 2% (Wegleitung für Mehrwertsteuerpflichtige, Ziff. 213-234, 244; Branchenbroschüre Nr. 10, "Gastgewerbe", Ziff. 2.20, 2.26).
Die Steuerpflichtige räumt ein, dass Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV verfassungsmässig ausgelegt werden kann. In dieser Hinsicht sei nicht zu beanstanden, dass für gastgewerbliche Leistungen darauf abgestellt werde, ob Konsumationseinrichtungen durch den Gastgewerbebetrieb zur Verfügung gestellt werden; dieses Kriterium erlaube, die gastgewerblichen Leistungen von der Lieferung von Lebensmitteln abzugrenzen. Erforderlich sei jedoch, dass die Kundschaft die Möglichkeit habe, diese Konsumationseinrichtungen zu benutzen. Im Falle von Hauslieferungen oder beim Verkauf über die Gasse sei dieses Erfordernis nicht erfüllt. Die Besteuerung solcher Lieferungen zum ordentlichen Satz von 6,5% verletze das Rechtsgleichheitsgebot sowie die Handels- und Gewerbefreiheit.
c) Weder die Vorinstanz noch die Parteien rügen indes, Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV sei mit Art. 41ter BV oder Art. 8 ÜbBest. BV unvereinbar.

6. Es rechtfertigt sich, zunächst zu prüfen, ob die Umschreibung der gastgewerblichen Leistungen in Art. 27 Abs. 1 lit. a MWSTV dem Willkürverbot und dem Rechtsgleichheitsgebot des Art. 4 BV genügt. In Frage steht vor allem das vom Verordnungsgeber herangezogene Unterscheidungsmerkmal, das Bereitstellen von Konsumationseinrichtungen an Ort und Stelle, um die gastgewerblichen Leistungen von den übrigen Dienstleistungen und Lieferungen abgrenzen zu können.
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a) Ein Erlass ist willkürlich, wenn er sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt oder sinn- und zwecklos ist; er verletzt das Rechtsgleichheitsgebot, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen, wenn also Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Vorausgesetzt ist, dass sich die ungerechtfertigte Gleich- bzw. Ungleichbehandlung auf eine wesentliche Tatsache bezieht (BGE 118 Ia 1 E. 3a; BGE 116 Ia 81 E. 6b, 113 E. 2c).
b) Die Abgrenzung zwischen den gastgewerblichen Leistungen und den Lieferungen von Esswaren hat bereits bei den vorbereitenden Arbeiten zur Mehrwertsteuerverordnung zu Diskussionen Anlass gegeben. Der Entwurf zur Verordnung über die Mehrwertsteuer vom 28. Oktober 1993 bestimmte noch, dass Ess- und Trinkwaren zum ermässigten Satz besteuert würden mit Ausnahme der alkoholischen Getränke sowie der Lieferung konsumfertiger Mahlzeiten an Endverbraucher ("... à l'exclusion des boissons alcooliques, ainsi que les repas cuisinés, livrés au consommateur"). Umsätze auf konsumfertig zubereiteten Mahlzeiten an Endverbraucher sollten gemäss Kommentar zu diesem Verordnungsentwurf (Art. 28) somit durchwegs als gastgewerbliche Leistungen gelten, gleichgültig ob Einrichtungen zum Konsum an Ort und Stelle vorhanden seien und ob mit der Abgabe der Mahlzeit eine Serviceleistung verbunden sei oder nicht.
Mit dieser Umschreibung der zum Normalsatz steuerbaren Umsätze sollten - aus Gründen der Wettbewerbsneutralität - Betriebe der sogenannten Paragastronomie wie Marktstände, Party-Servicebetriebe, Hauslieferdienste usw. dem angestammten Restaurationsgewerbe gleichgestellt werden. Im Vernehmlassungsverfahren wurde von den interessierten Kreisen darauf hingewiesen, dass der Begriff "konsumfertig zubereitete Mahlzeiten" in der Praxis schwierig anzuwenden sei und zu willkürlichen Lösungen führen werde. Es wurde vorgeschlagen, den Begriff "(Mahlzeiten) zum Verzehr an Ort und Stelle" oder "... an Ort und Stelle in dafür bestimmten Einrichtungen" zu verwenden. Der Schweizerische Wirteverband und der Schweizer Tourismus-Verband traten dafür ein, den Begriff der "konsumfertigen Mahlzeit" unbedingt beizubehalten, und der Schweizer Hotelier-Verein fand, der Entwurf abstrahiere zu Recht vom Erfordernis einer Einrichtung zum Konsum an Ort und Stelle; als vorrangig wurde die steuerliche Gleichbehandlung
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von Gastronomie und Paragastronomie erachtet (Bericht des Eidgenössischen Finanzdepartements über das Vernehmlassungsverfahren zum Verordnungsentwurf über die Mehrwertsteuer vom 28. Oktober 1993). Der Bundesrat hat in der definitiven Fassung des Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV aus praktischen Gründen auf den Begriff "konsumfertig zubereitete Mahlzeiten" verzichtet und stattdessen das Merkmal der "besonderen Vorrichtungen" zum Konsum an Ort und Stelle herangezogen.
c) Im Vorentwurf zu einem Gesetz über die Mehrwertsteuer vom 28. August 1995 hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vorgeschlagen, die beiden letzten Sätze von Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 Lemma 2 MWSTV wie folgt zu fassen:
"... Der Steuersatz von 2 Prozent gilt nicht für Ess- und Trinkwaren aller Art, die im Rahmen von gastgewerblichen Leistungen abgegeben werden. Die Lieferungen von Ess- und Trinkwaren durch einen Steuerpflichtigen, ohne das Erbringen besonderer zusätzlicher Dienstleistungen am Ort des Konsums, gilt (recte gelten) nicht als gastgewerbliche Leistung" (Art. 34 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 des Entwurfs).
Diese Formulierung soll nach dem Bericht der Kommission zum Gesetzesentwurf eine Ungleichbehandlung zwischen den verschiedenen Steuerpflichtigen, die Ess- und Trinkwaren anliefern, verhindern; entscheidendes Kriterium für die gastgewerbliche Leistung sei der Service; der ermässigte Satz käme beispielsweise auch dann zur Anwendung, wenn ein Restaurationsbetrieb eine Lieferung "über die Gasse" vornehme. Diese Neufassung hat im Vernehmlassungsverfahren - abgesehen vom Wunsch nach einer eindeutigen Definition des Begriffs Ess- und Trinkwaren - zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass gegeben (Bericht der Expertenkommission über das Vernehmlassungsverfahren zum Entwurf des Gesetzes über die Mehrwertsteuer, vom 15. April 1996, abgedruckt in BBl 1996 V 833 S. 860).
d) Das deutsche Recht, auf das sich die Parteien berufen, sieht vor, dass der ermässigte Steuersatz auf "die Lieferungen, den Eigenverbrauch, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb" verschiedener Speisen und Getränke angewendet wird. Dies gilt jedoch nicht
"für die Lieferungen von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle. Speisen und Getränke werden zum Verzehr an Ort und Stelle geliefert, wenn sie nach den Umständen der Lieferung dazu bestimmt sind, an einem Ort verzehrt zu werden, der mit dem Ort der Lieferung in einem räumlichen Zusammenhang steht, und besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten werden." (§ 12 Abs. 2 Ziff. 1 Umsatzsteuergesetz/UStG 1993).
BGE 123 II 16 S. 28
Nach der Doktrin setzt eine Lieferung von Speisen und Getränken zum "Verzehr an Ort und Stelle" voraus, dass (1) besondere Vorrichtungen für den Konsum an Ort und Stelle bereitgehalten werden, (2) die Speisen und Getränke nach den Umständen der Lieferung dazu bestimmt sind, an Ort und Stelle konsumiert zu werden, und (3) ein räumlicher Zusammenhang zwischen dem Ort der Lieferung und dem Ort des Konsums besteht. Hauslieferungen von Speisen und Getränken fallen nicht darunter und profitieren vom ermässigten Steuersatz ebenso wie der Verkauf von Speisen und Getränken über die Gasse oder Verkaufsstände, sofern der Leistungserbringer keine Vorrichtungen zum Konsum bereitstellt (BIRKENFELD, Das grosse Umsatzsteuerhandbuch, § 142 N. 38-61; SÖLCH/RINGLEB/LIST, Umsatzsteuergesetz, § 12 N. 21-34; RAU/DÜRRWÄCHTER, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2, N. 90-107).
Das französische Recht sieht ebenfalls die Besteuerung von Ess- und Trinkwaren zu einem ermässigten Steuersatz vor mit Ausnahme der alkoholischen Getränke und von gewissen Produkten (Süsswarenprodukten, Schokolade, Margarinen, pflanzlichen Fetten, Kaviar usw., Art. 278bis Code général des impôts 1995). Der Verkauf über die Strasse wird ebenfalls zum ermässigten Satz besteuert. Andererseits stellt der Verkauf von Esswaren zum Konsum an Ort und Stelle eine zum ordentlichen Satz steuerbare Serviceleistung dar. Darunter fallen auch die Leistungen von Imbissrestaurants (Ministère du budget, Direction générale des impôts, Précis de fiscalité 1994, Band I, Rzn. 2335 ff.; JEAN-JACQUES PHILIPPE, La TVA à l'heure européenne, S. 190/191).
Das Gemeinschaftsrecht selbst enthält keine Richtlinienregelung zur Besteuerung von gastgewerblichen Leistungen.
e) Diese Übersicht zeigt, dass es offenkundig kein allgemein anerkanntes Kriterium gibt, um die gastgewerblichen Leistungen, die dem ordentlichen Mehrwertsteuersatz unterliegen, von den Lieferungen von Ess- und Trinkwaren, die zum ermässigten Satz besteuert werden, abzugrenzen.
Nach deutschem Recht kommen als "Speisen" im Sinne von § 12 Abs. 2 Ziff. 1 UStG insbesondere zubereitete Nahrungsmittel in Betracht, doch ist die Anwendung des allgemeinen Steuersatzes nicht auf die Lieferung solcher Speisen beschränkt; vielmehr fallen darunter alle Nahrungsmittel, die in konsumfertigem Zustand geliefert werden (SÖLCH/RINGLEB/LIST, a.a.O., § 12 N. 22-24). Der Bundesrat hat in der Mehrwertsteuerverordnung aus praktischen Gründen auf das Kriterium der "konsumfertig zubereiteten Mahlzeit"
BGE 123 II 16 S. 29
verzichtet. Ein zweites Unterscheidungsmerkmal wird sowohl vom deutschen Gesetzgeber wie auch vom Bundesrat herangezogen: Es handelt sich um die besonderen Vorrichtungen für den Konsum an Ort und Stelle. Das französische Recht verweist auf den Begriff des Konsums an Ort und Stelle, ohne festzulegen, ob für den Konsum spezielle Einrichtungen zur Verfügung stehen müssen. Die Umschreibung im deutschen Recht schliesst die Paragastronomie weitgehend von der Besteuerung zum normalen Satz aus. Der Bundesrat will demgegenüber die Paragastronomie (im weiten Sinn des Wortes) ausdrücklich zum ordentlichen Satz besteuert wissen und hat zu diesem Zweck in Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV präzisiert, dass eine gastgewerbliche Leistung auch dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige Ess- und Trinkwaren beim Kunden zubereitet oder serviert.
Schliesslich trägt auch der Vorschlag der Steuerpflichtigen, die Überlassung von Ess- und Trinkwaren einheitlich entweder als "Lieferung von Gegenständen" (Art. 5 MWSTV) oder als "Dienstleistungen" (Art. 6 MWSTV) zu qualifizieren, nicht zur besseren Unterscheidung bei. Wie die Eidgenössische Steuerverwaltung mit Recht bemerkt, kann die Lieferung von Gegenständen auch Dienstleistungen umfassen (z.B. gestützt auf einen Werkvertrag oder einen Auftrag, vgl. Art. 5 Abs. 2 MWSTV). Die ausländischen Steuergesetze scheinen solchen Unterscheidung keine grosse Bedeutung beizumessen. Es genügt deshalb nicht, die Lieferung von Ess- und Trinkwaren einfach als "Lieferung von Gegenständen" zu qualifizieren, um den ermässigten Steuersatz anwenden zu können; zugleich muss sichergestellt sein, dass die Lieferung keine gastgewerblichen Leistungen enthält.
f) Im Lichte dieser Ausführungen kann nicht gesagt werden, dass das vom Verordnungsgeber gewählte Unterscheidungsmerkmal - das Bereitstellen von besonderen Vorrichtungen zum Konsum an Ort und Stelle - sinnlos sei. Im Gegenteil erscheint die Möglichkeit, Speisen und Getränke an Ort und Stelle konsumieren zu können, beispielsweise an einem Tisch, wie auch die Zubereitung der Speisen und Getränke oder deren Service beim Kunden als wesentliches Merkmal der gastgewerblichen Leistung.
Auch das Gebot der Gleichbehandlung im Sinne von Art. 4 BV ist nicht verletzt. Es trifft zwar zu, dass Detailhandelsgeschäfte den Verkauf von Lebensmitteln und nichtalkoholischen Getränken zum Satz von 2% zu versteuern haben, während Restaurationsbetriebe auf den bisweilen gleichen Ess- und Trinkwaren die Mehrwertsteuer
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zum Satz von 6,5% zu entrichten haben. Diese Lösung ist indessen bereits durch die Verfassung vorgezeichnet, indem sie unterschiedliche Steuersätze festlegt. In dieser Hinsicht trägt das in Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV gewählte Unterscheidungsmerkmal lediglich den Unterschieden zwischen Detailhandelsgeschäften und Gastgewerbebetrieben Rechnung.
Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV verletzt daher Art. 4 BV nicht. Aus diesem Grund ist nicht zu prüfen, ob die von der Vorinstanz zur Unterscheidung entwickelten Kriterien begründet sind. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass sie ihren Entscheid auf die Hauslieferung von Pizzas - unter Ausschluss anderer Esswaren - beschränken musste und für die Anwendung des ordentlichen Mehrwertsteuersatzes verlangt, dass es sich um konsumbereite Pizzas handle; dieses Unterscheidungsmerkmal ist in der Mehrwertsteuerverordnung nicht enthalten. Die Differenzierung nach der Art der gelieferten Ess- und Trinkwaren würde in der Praxis auch zu Unterscheidungen führen, die schwer zu handhaben sind.

7. Zu prüfen bleibt, ob die Auslegung von Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV durch die Eidgenössische Steuerverwaltung, wie sie namentlich in der Wegleitung für Mehrwertsteuerpflichtige und in der Branchenbroschüre "Gastgewerbe" zum Ausdruck kommt, dem Bundesrecht entspricht. Diese Weisungen stellen Meinungsäusserungen der Verwaltung über die Auslegung der anwendbaren Verfassungs- und Verordnungsbestimmungen dar und sollen eine einheitliche Verwaltungspraxis schaffen, sie binden aber das Bundesgericht nicht (BGE 121 II 473 E. 2b). Zunächst ist zu untersuchen, ob die Bestimmung selber, also Art. 27 MWSTV, durch die Eidgenössische Steuerverwaltung genügend beachtet worden ist (vorliegende E. 7). Sodann ist zu prüfen, ob die Auslegung des Art. 27 MWSTV durch die Eidgenössische Steuerverwaltung höherrangigem Recht, insbesondere den Prinzipen des Art. 4 BV, entspricht (E. 8, 9).
a) Gemäss der Wegleitung für Mehrwertsteuerpflichtige (Ziff. 21 f., 217, 224) wie auch der Branchenbroschüre "Gastgewerbe" (Ziff. 2.20) der Eidgenössischen Steuerverwaltung gilt die Abgabe von Ess- und Trinkwaren immer als gastgewerbliche Leistung, sofern eine Konsumationsmöglichkeit an Ort und Stelle besteht. Unerheblich ist, ob der Kunde von dieser Möglichkeit Gebrauch macht oder nicht oder überhaupt machen kann. Eine Ausnahme gilt nach den Weisungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung nur dann, wenn ein gastgewerblicher Betrieb die Hauslieferungen
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durch einen sowohl räumlich als auch organisatorisch abgetrennten "Kiosk" bzw. in separaten Verkaufsräumlichkeiten betreibt (Wegleitung Ziff. 244; Branchenbroschüre Ziff. 2.26); in diesem Fall unterliegen die Hauslieferungen der Mehrwertsteuer zum Satz von 2%. Die Steuerpflichtige wendet demgegenüber ein, dass Hauslieferungen in jedem Fall als "Lieferungen von Ess- und Trinkwaren" dem ermässigten Satz von 2% unterstehen müssen.
Weder dem Wortlaut des Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV noch den Materialien zu dieser Bestimmung lässt sich entnehmen, ob die Anwendung des Begriffs "gastgewerbliche Leistung" - und damit des ordentlichen Steuersatzes von 6,5% - verlangt, dass der Kunde sich an den Ort des Gastgewerbebetriebes begibt, oder ob es genügt, dass Konsumationseinrichtungen am Ort des Betriebes zur Verfügung stehen. Eine Antwort auf diese Frage lässt sich indessen aus dem Zweck der Mehrwertsteuerverordnung und ihrer Systematik gewinnen.
b) Der Verfassungsgeber hat in Art. 8 Abs. 2 lit. e Ziff. 1 ÜbBest. BV gewisse lebensnotwendige Güter, die bereits in der Steuerfreiliste von Art. 14 des Bundesratsbeschlusses über die Warenumsatzsteuer enthalten waren, dem ermässigten Satz von 2% unterstellt (Amtl.Bull. N 1993 S. 343). Der Grundgedanke der Steuerbefreiung im Warenumsatzsteuerbeschluss war ein sozialpolitischer (vgl. DIETER METZGER, Handbuch der Warenumsatzsteuer, N. 75 ff.). Es trifft zwar zu, dass die Verfassung damit auch die Lieferung von eigentlichen Luxusartikeln der Besteuerung zum ermässigten Satz unterstellt hat. Anders als im französischen Recht ist beispielsweise die Lieferung von Kaviar von der Besteuerung zum Satz von 2% nicht ausgenommen. Das bildet jedoch keinen Grund, den Geltungsbereich des ermässigten Steuersatzes auszuweiten. Im Hinblick auf den sozialpolitischen Gedanken, welcher der Einführung eines ermässigten Steuersatzes zugrundeliegt, erscheint es nicht notwendig, Hauslieferungen von Ess- und Trinkwaren dem ermässigten Steuersatz zu unterstellen. Die Auslegung durch die Eidgenössische Steuerverwaltung, wonach eine gastgewerbliche Leistung vorliegt, wenn eine Konsumationsmöglichkeit an Ort und Stelle besteht, erscheint mit dem Zweck der Vorschrift vereinbar.
Diese Auslegung erlaubt es auch, die sogenannte Paragastronomie weitgehend mit dem ordentlichen Steuersatz zu erfassen, was dem Willen der interessierten Kreise zu entsprechen scheint. In dieser Hinsicht beruft sich die Steuerpflichtige vergeblich auf das deutsche Recht, welches Hauslieferungen von Esswaren durch ein Restaurant
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dem ermässigten Steuersatz unterstellt. Sie übersieht dabei, dass § 12 Abs. 2 Ziff. 1 UStG ausdrücklich verlangt, dass der Ort der Lieferung mit dem Ort, wo die Essware verzehrt werden soll, in einem räumlichen Zusammenhang steht (vorne E. 6d). Was den Art. 34 des Entwurfs zum Mehrwertsteuergesetz vom 28. August 1995 betrifft, so stellt er ebenfalls eine Zusatzbedingung auf, indem am Ort der Lieferung zusätzlich eine Serviceleistung erfolgen muss (vorne E. 6c; gleich der nun vorliegende Gesetzesentwurf zum Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 28. August 1996, BBl 1996 V 906). Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV stellt in dieser Hinsicht keinerlei Bedingungen auf, so dass die Auslegung durch die Eidgenössische Steuerverwaltung auch der Systematik der Mehrwertsteuerverordnung nicht widerspricht.

8. Es stellt sich damit die Frage, ob die Auslegung von Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV durch die Eidgenössische Steuerverwaltung vor Art. 4 BV standhält. Die Steuerpflichtige beschwert sich über eine Ungleichbehandlung, was Art. 4 BV verletze.
a) Es ist richtig, dass die Hauslieferung von Ess- und Trinkwaren durch ein Restaurant zum ordentlichen Satz besteuert wird, während ähnliche Lieferungen von Detailhändlern, Traiteuren und Pizza-Lieferanten, die keine besonderen Konsumationseinrichtungen zur Verfügung stellen, dem ermässigten Steuersatz unterstehen. Insofern rügt die Unternehmung zu Recht, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung bei der Anwendung der beiden Steuersätze ein subjektives Element einführt, indem Lieferungen durch ein Restaurant in jedem Fall dem ordentlichen Steuersatz unterliegen. Auf diese Weise bewirkt die Eigenschaft des Steuersubjekts die mehrwertsteuerrechtliche Qualifikation der Leistung. Die Mehrwertsteuerverordnung verbietet dies zwar nicht; Art. 14 MWSTV enthält zahlreiche Beispiele, wo die Eigenschaft des Steuerpflichtigen die steuerliche Behandlung der Leistung bestimmt. Die Eidgenössische Steuerverwaltung weist auch mit Recht darauf hin, dass Detailhandel und Pizza-Service einerseits und Restaurants andererseits und deren Leistungen nicht ohne weiteres vergleichbar sind. Definitiv ist darüber jedoch nicht zu entscheiden, weil die Rüge der Unternehmung bereits aus einem anderen Grund nicht durchdringt.
b) Art. 27 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 MWSTV darf nicht für sich allein betrachtet, sondern muss im Zusammenhang mit den weiteren von der Eidgenössischen Steuerverwaltung erlassenen Weisungen gesehen werden. Die Steuerpflichtige hat ihre Hauslieferungen nicht mehr zum ordentlichen Satz von 6,5% zu versteuern, sobald sie
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diese Leistungen in einem räumlich und organisatorisch getrennten Geschäftslokal erstellt; in diesem Fall untersteht auch sie für Hauslieferungen dem ermässigten Satz von 2%. Diese Massnahme gewährleistet, dass sie gleich behandelt wird wie etwa ein Lebensmittelgeschäft, das eine gemischte Tätigkeit ausübt, d.h. einerseits Ess- und Trinkwaren verkauft oder liefert und andererseits Restaurationsleistungen erbringt (z.B. Bäckerei-Konditorei mit angegliedertem Tea-Room). Im einen wie im anderen Fall gelangen die Steuerpflichtigen für die Lieferung von Ess- und Trinkwaren in den Genuss des ermässigten Steuersatzes, wenn sie diese Tätigkeit getrennt ausüben. Eine Ungleichbehandlung liegt insofern nicht vor.

9. Die Steuerpflichtige macht auch geltend, dass das Erfordernis des räumlich getrennten Ladengeschäfts, wie die Eidgenössische Steuerverwaltung es für gastgewerbliche Betriebe verlangt, damit der ermässigte Steuersatz angewendet werden kann, eine zur Durchsetzung der Steuerehrlichkeit nicht notwendige Massnahme darstelle. Sie beruft sich damit auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Die Eidgenössische Steuerverwaltung rechtfertigt demgegenüber diese Massnahme: Der Umstand, dass dasselbe Produkt einmal dem ordentlichen und dann wieder dem ermässigten Steuersatz untersteht, lasse die Anordnung als berechtigt erscheinen.
a) Gemäss Art. 42 MWSTV erhebt die Eidgenössische Steuerverwaltung die Steuer auf den Umsätzen im Inland. Sie erlässt alle hierzu erforderlichen Weisungen und Entscheide, deren Erlass nicht ausdrücklich einer anderen Behörde vorbehalten ist. Die Weisungen, Bestimmungen und Entscheide der Eidgenössischen Steuerverwaltung müssen, wie jede Verwaltungstätigkeit, dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen. Dieser verlangt, dass die Verwaltungsmassnahme das richtige Mittel zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Zieles ist. Zudem darf der Eingriff nicht schärfer sein, als der Zweck der Massnahme es verlangt; lässt sich das im öffentlichen Interesse liegende Ziel mit einem schonenderen Mittel erreichen, so ist dieses zu wählen. Schliesslich muss die administrative Anordnung durch ein hinreichend gewichtiges öffentliches Interesse gefordert sein (PIERRE MOOR, Droit administratif, Band I, S. 351 ff.; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Band I, Nr. 58 B IV, je mit Hinweisen).
b) Es steht ausser Zweifel, dass der Eidgenössischen Steuerverwaltung die Kompetenz zusteht, Weisungen und Bestimmungen zu erlassen, um eine wirksame Steuerkontrolle zu ermöglichen. Sie ist hierzu sogar verpflichtet, sofern die Art einer bestimmten Tätigkeit
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von Steuerpflichtigen es erfordert. Es wäre unhaltbar, wenn sich daraus Situationen ergäben, welche die einheitliche Anwendung des Gesetzes verhindern würden. Sofern es sich um Unternehmen handelt, die - wie die Steuerpflichtige - eine gemischte Tätigkeit ausüben, die teilweise dem ermässigten und teilweise dem ordentlichen Satz der Mehrwertsteuer unterliegt, und diese Sätze auf zum Teil identischen Leistungen und Produkten Anwendung finden, ist die Befürchtung der Eidgenössischen Steuerverwaltung begründet, dass sich bei den Abrechnungen Fehler einstellen können, die im einen oder anderen Fall die Buchhaltung zum Beweis als untauglich erscheinen lassen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung darf auch Vorschriften organisatorischer Art erlassen, damit die Abrechnungen und Bücher ordnungsgemäss geführt werden können. So kann sie die Erfassung der Verkaufsumsätze mit Registrierkassen aufgrund der Fehlermöglichkeiten verbieten, wenn der Steuerpflichtige für einen Teil seiner Umsätze einen ermässigten Steuersatz beansprucht; eine Ausnahme gilt für Scanner-Kassen (vgl. Branchenbroschüre "Gastgewerbe", Ziff. 2.26). Wenn daher die Eidgenössische Steuerverwaltung von Gastgewerbebetrieben, die auch Hauslieferungen ausführen, fordert, dass organisatorische Massnahmen getroffen werden, um die verschiedenen Tätigkeiten auseinanderzuhalten, so erscheint dies als verhältnismässig.
c) Das ist hingegen nicht der Fall, soweit die Eidgenössische Steuerverwaltung darüber hinaus verlangt, dass diese Tätigkeiten an räumlich getrennten Orten erfolgen. Getrennte Räumlichkeiten können zwar dazu beitragen, dass über die Art der verschiedenen Umsätze Klarheit herrscht. Indessen kann von einer Unternehmung mit gemischter Tätigkeit wie bei der Steuerpflichtigen nicht verlangt werden, dass sie einen Kiosk oder ein räumlich abgetrenntes Geschäft betreibt, um für Hauslieferungen den ermässigten Steuersatz beanspruchen zu können. Für Hauslieferungen stünde der Aufwand für solche Einrichtungen in keinem Verhältnis zu dem erstrebten Ziel, dem einer wirksamen Steuerkontrolle. Diese lässt sich bereits erreichen, wenn von der Steuerpflichtigen verlangt wird, dass sie die Hauslieferung von den übrigen Tätigkeiten organisatorisch getrennt erbringt. Der Eidgenössischen Steuerverwaltung stehen noch andere Möglichkeiten offen, um die gleichmässige Anwendung des Gesetzes zu erreichen. Die Steuerpflichtige, die in den Genuss des ermässigten Steuersatzes gelangen will, muss nachweisen, dass sie die Bedingungen erfüllt. Sie hat ihre Geschäftsbücher ordnungsgemäss zu führen und so einzurichten, dass sich aus ihnen die für die
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Feststellung der Steuerpflicht sowie für die Berechnung der Steuer und der abziehbaren Vorsteuern massgebenden Tatsachen leicht und zuverlässig ermitteln lassen (Art. 47 Abs. 1 MWSTV), und der Eidgenössischen Steuerverwaltung auf Verlangen über alle Tatsachen, die für die Steuerbemessung von Bedeutung sein können, Auskunft zu erteilen (Art. 46 MWSTV). Sie muss ihr ferner Zugang zu ihrer Buchhaltung gewähren (Art. 50 Abs. 2 MWSTV). Erfüllt sie diese Pflichten nicht, so schreitet die Eidgenössische Steuerverwaltung zu einer Ermessenseinschätzung (Art. 48 MWSTV). Diese kann gestützt darauf die Anwendung des ermässigten Steuersatzes auf einem Teil des Umsatzes verweigern, wenn die Steuerpflichtige nicht genügend nachweist, dass es sich um Hauslieferungen handelt.
d) Nach dem Gesagten ist somit nicht erforderlich, dass die Steuerpflichtige die Leistungen für die Hauslieferungen vom übrigen Gastgewerbebetrieb räumlich getrennt erbringt, um in den Genuss des ermässigten Steuersatzes von 2% zu gelangen. Die diesbezügliche Weisung der Eidgenössischen Steuerverwaltung geht in dieser Hinsicht über das Notwendige hinaus. Hingegen muss von der Steuerpflichtigen verlangt werden, dass sie organisatorische Massnahmen trifft, die es erlauben, die den verschiedenen Steuersätzen unterliegenden Umsätze auseinanderzuhalten und für die Steuer korrekt abzurechnen. Die Frage, welche Anforderungen beim Direktverkauf bzw. beim Verkauf "über die Gasse" gelten müssen - besonders ob die Bedingung von getrennten Räumlichkeiten nicht gerechtfertigt wäre -, ist hier nicht zu prüfen, weil sich das Feststellungsbegehren der Steuerpflichtigen nur auf Hauslieferungen bezieht.

10. Die Steuerpflichtige beruft sich auch auf das Gebot der Wettbewerbsneutralität staatlicher Massnahmen. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen, wie er nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 121 I 279 E. 4a) aus Art. 31 BV folgt, sind Massnahmen verboten, die den Wettbewerb unter direkten Konkurrenten verzerren bzw. welche nicht wettbewerbsneutral sind. Die zur Diskussion stehende Ungleichheit ist indessen bereits durch die Verfassung vorgezeichnet, die unterschiedliche Steuersätze festlegt und damit Abgrenzungskriterien der hier in Frage stehenden Art notwendig macht. Zu verlangen ist, dass keine unnötigen, vermeidbaren Wettbewerbsverzerrungen entstehen. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Von der Steuerpflichtigen wird nur verlangt, dass sie diejenigen organisatorischen Massnahmen trifft, die erforderlich sind, um eine korrekte Abrechnung
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der Steuer zu ermöglichen; eine Verletzung des Gebots der Wettbewerbsneutralität kann darin nicht erblickt werden.

11. Die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Anwendung von Art. 51 Abs. 1 lit. f MWSTV im Einspracheentscheid getroffene Feststellung ist nach dem Gesagten dahingehend zu präzisieren, dass die Steuerpflichtige für Hauslieferungen von Ess- und Trinkwaren der Mehrwertsteuer zum Satz von 6,5% untersteht, sofern sie diese Tätigkeit organisatorisch nicht vom übrigen Gastgewerbebetrieb getrennt ausübt. Mit dieser Feststellung dringt weder die Steuerpflichtige noch die Eidgenössische Steuerverwaltung vollständig durch. Die Beschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung ist immerhin dem Grundsatz nach begründet. Die beiden Beschwerden sind folglich im Sinne der vorstehenden Erwägungen teilweise gutzuheissen und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben.

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Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Referenzen

BGE: 102 V 148, 109 IB 341, 118 IB 417, 122 IV 8 mehr...

Artikel: Art. 4 BV, Art. 51 Abs. 1 lit. f MWSTV, Art. 103 lit. a OG, Art. 105 Abs. 2 OG mehr...