Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Urteilskopf

125 III 440


74. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom29. September 1999 i.S. A. gegen Obergericht des Kantons Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde)

Regeste

Rekurs betreffend Entscheid über vorläufige Einstellung einer Betreibung im Sinn von Art. 85a Abs. 2 SchKG.
Die Frage, ob gegen einen Massnahmeentscheid nach Art. 85a Abs. 2 SchKG ein Rechtsmittel gegeben ist, beurteilt sich nach kantonalem Recht(E. 2b).
Nach dem Prozessrecht des Kantons Solothurn ist ein Rekurs gegen vorsorgliche Massnahmen - mithin auch gegen einen Entscheid nach Art. 85a Abs. 2 SchKG - zulässig (E. 2c und d).

Sachverhalt ab Seite 440

BGE 125 III 440 S. 440
Gestützt auf Art. 85a SchKG beantragte A. dem Richteramt Dorneck-Thierstein mit Klage vom 6. April 1999, es sei festzustellen, dass die in der Betreibung Nr. ... gegen ihn erhobene Forderung nicht
BGE 125 III 440 S. 441
bestehe (Ziff. 1); ferner sei die Betreibung im Sinn einer vorsorglichen Massnahme für die Dauer des Prozesses vorläufig einzustellen (Ziff. 2). Mit Verfügung vom 27. April 1999 wies der Amtsgerichtspräsident das Begehren um vorläufige Einstellung der Betreibung ab. Auf einen dagegen erhobenen Rekurs trat das Obergericht des Kantons Solothurn mit Beschluss vom 23. Juni 1999 nicht ein. Eine gegen diesen Entscheid erhobene staatsrechtliche Beschwerde heisst das Bundesgericht gut.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Das Obergericht des Kantons Solothurn hat den Nichteintretensentscheid im Wesentlichen damit begründet, dass gegen Entscheide betreffend vorläufige Einstellung einer Betreibung kein Rechtsmittel vorgesehen sei. Das SchKG äussere sich nicht zur Frage der Zulässigkeit kantonaler Rechtsmittel, und weder in der solothurnischen ZPO noch im kantonalen Einführungsgesetz zum SchKG sei ein Rechtsmittel gegen Massnahmeentscheide nach Art. 85a Abs. 2 SchKG vorgesehen; ebenso wenig liege eine einstweilige Verfügung im Sinn von § 255 lit. a-d ZPO/SO vor, in welchen Fällen ein Rekurs zulässig wäre. Aus diesen Gründen sei auf den Rekurs nicht einzutreten.
a) Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, zu Unrecht auf den Rekurs nicht eingetreten zu sein; dies stelle eine formelle Rechtsverweigerung und damit eine Verletzung von Art. 4 BV dar. Nach der Rechtsprechung kann mit der Rüge der formellen Rechtsverweigerung beanstandet werden, dass auf ein Rechtsmittel zu Unrecht nicht eingetreten worden sei (BGE 120 Ia 220 E. 2a S. 222 m.w.H.).
b) Das SchKG schreibt den Kantonen weder vor, gegen Mass-nahmeentscheide nach Art. 85a Abs. 2 SchKG ein Rechtsmittel vorzusehen, noch verbietet es ihnen dies. Nach herrschender Lehrmeinung beurteilt sich die Frage der Zulässigkeit eines Rechtsmittels somit nach kantonalem Recht (STAEHELIN/BAUER/STAEHELIN (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel 1998, N. 28 zu Art. 85a SchKG; PIERRE-ROBERT GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Lausanne 1999, N. 81 zu Art. 85a SchKG; JÜRGEN BRÖNNIMANN, Zur Klage nach Art. 85a SchKG, AJP 1996, S. 1398; a.M. JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 30 zu Art. 85a).
BGE 125 III 440 S. 442
c) Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob das Verfahrensrecht des Kantons Solothurn ein Rechtsmittel gegen den Massnahmeentscheid gemäss Art. 85a Abs. 2 SchKG vorsieht. § 300 Abs. 1 ZPO/SO bestimmt, dass der Rekurs in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig ist. Gemäss § 243 Abs. 1 ZPO/SO ist der Rekurs "gegen alle Verfügungen und Entscheide im summarischen Verfahren, mit Ausnahme der Beweisverfügungen" zulässig. Bei der vorläufigen Einstellung der Betreibung gestützt auf Art. 85a Abs. 2 SchKG handelt es sich um eine vorsorgliche Massnahme (anstatt aller STAEHELIN/BAUER/STAEHELIN (Hrsg.), a.a.O., N. 19 zu Art. 85a SchKG, m.w.H.). Vorsorgliche Massnahmen ergehen gemäss § 237 Abs. 2 lit. c ZPO/SO im summarischen Verfahren. Wenn es sich aber bei der vorläufigen Einstellung einer Betreibung um einen Entscheid im summarischen Verfahren handelt, ist der Rekurs gegeben.
d) Daran ändert der Umstand nichts, dass der Entscheid gemäss Art. 85a Abs. 2 SchKG keinem der in § 255 lit. a d ZPO/SO verzeichneten Anwendungsfälle entspricht. Die das summarische Verfahren regelnden Bestimmungen (§§ 255-266 ZPO/SO) sind nämlich gemäss § 267 ZPO/SO auch auf die in der Spezialgesetzgebung des Bundes und des Kantons vorgesehenen vorsorglichen Massnahmen sinngemäss anwendbar. Der Rekurs gegen einen im Rahmen von Art. 85a Abs. 2 SchKG getroffenen Massnahmeentscheid ist daher offensichtlich zulässig. Das Obergericht ist zu Unrecht auf den Rekurs nicht eingetreten.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 2

Referenzen

BGE: 120 IA 220

Artikel: Art. 85a Abs. 2 SchKG, Art. 85a SchKG, § 255 lit. a-d ZPO, Art. 4 BV mehr...