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Urteilskopf

128 II 211


27. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X. SA gegen Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich, Staatsanwaltschaft sowie Obergericht (III. Strafkammer) des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
1A.114/2002 vom 4. Juli 2002

Regeste

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung nach Art. 80e lit. b Ziff. 2 IRSG; Beschwerdebefugnis der Bank nach Art. 80h lit. b IRSG und Art. 9a lit. a IRSV.
Eine Zwischenverfügung ist selbständig anfechtbar, wenn die Gefahr besteht, dass den ausländischen Behörden durch die Teilnahme ihrer Beamten an den Vollzugshandlungen Tatsachen aus dem Geheimbereich zugänglich gemacht werden, bevor über die Gewährung oder den Umfang der Rechtshilfe entschieden worden ist (E. 2.1).
Die Bank, welche durch die Rechtshilfemassnahmen nicht in ihrer eigenen Geschäftstätigkeit betroffen ist, sondern lediglich Unterlagen zu Konten ihrer Kunden herauszugeben hat und durch ihre Angestellten darüber erklärende Angaben machen muss, ist gemäss der am 1. Februar 1997 in Kraft getretenen Regelung von Art. 80h lit. b IRSG und Art. 9a lit. a IRSV nicht beschwerdebefugt (E. 2.3-2.5).

Sachverhalt ab Seite 212

BGE 128 II 211 S. 212

A.- Das Untersuchungsrichteramt beim Tribunal de Grande Instance von Paris begann im Oktober 1997 mit Ermittlungen gegen A., B. und C. wegen des Verdachts des Günstlingswesens bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ("favoritisme dans la passation des marchés publics"), der Veruntreuung öffentlicher Gelder sowie der Hehlerei. Im Jahre 2001 wurde die Untersuchung auf eine Vielzahl weiterer Personen ausgedehnt. Die französischen Behörden stellten in der Angelegenheit am 3. April 2001 ein Rechtshilfeersuchen, das sie am 29. November 2001 ergänzten. Zur Begründung ihres Ersuchens verweisen sie zusammengefasst auf folgenden Sachverhalt: Der 1986 gegründete und kapitalmässig hauptsächlich der Stadt und dem Departement Paris gehörende "Société d'Economie Mixte Parisienne et de Prestation" (SEMPAP) sei die Aufgabe zugekommen, für die Stadt Paris Drucksachen herstellen zu lassen und zu vertreiben. Zu diesem Zweck habe sie von der Stadt Paris Vorschüsse erhalten, und teilweise sei sie durch ein von den Stadtbehörden festgelegtes Vergütungssystem entschädigt worden. Die Druckaufträge seien unter Umgehung der für das öffentliche Beschaffungswesen gültigen Vorschriften an Firmen erteilt worden, deren Leiter mit C., dem SEMPAP-Generaldirektor, verbunden gewesen seien. Diese Firmen hätten ihrerseits Unteraufträge erteilt. Teilweise habe es sich dabei um Scheinfirmen gehandelt, die nur eingeschaltet worden seien, um durch die Fakturierung nicht erbrachter Leistungen den Preis der Drucksachen künstlich zu erhöhen. Teilweise habe die Stadt Paris für Drucksachen 30-40% mehr bezahlen müssen, als wenn die gesetzlichen Vorschriften für das öffentliche Vergabewesen eingehalten worden wären. Im Weiteren wurde C. verdächtigt, der SEMPAP von der Stadt Paris
BGE 128 II 211 S. 213
bezahlte Vorschüsse nicht zur Finanzierung von Drucksachen verwendet zu haben, sondern zur Tätigkeit risikoreicher Anlage-bzw. Börsengeschäfte, die zu Verlusten geführt hätten. Möglicherweise seien der SEMPAP Verluste belastet worden, die von C. sowie seinen Mittätern hätten getragen werden sollen.
Am 8. Januar 2002 liess der erste Untersuchungsrichter am Tribunal de Grande Instance von Paris den Schweizer Behörden ein weiteres Rechtshilfeersuchen zukommen. Darin führte er aus, es habe sich zusätzlich ergeben, dass C. und seine Freunde die unrechtmässig erzielten Gewinne aus den zum Nachteil der SEMPAP abgewickelten Geschäften in eine Hotelkette in Polynesien investiert und mit grossem Gewinn wieder zurück transferiert hätten. Dies sei zum Teil über Schweizer Banken geschehen. So sei etwa ein Check in der Höhe von ca. 8,5 Mio. pazifische Franken (ca. 467'000 Schweizer Franken) am 6. Dezember 1995 auf einem bei der Y. Bank in Zürich eröffneten Konto eingelöst worden. Und in einem Adressbuch einer ehemaligen Mitarbeiterin von C., die bei der SEMPAP gearbeitet habe, sei ein gewisser D. aufgeführt gewesen, der beim Bankinstitut X. SA in Genf gearbeitet habe.
Dies veranlasste den genannten Untersuchungsrichter u.a., die Schweizer Behörde zu ersuchen, in den X.-Räumen eine Hausdurchsuchung vorzunehmen und zwecks Abklärung des Verhältnisses zwischen der X. SA und C. sowie andern in die geschilderten Transaktionen der SEMPAP verwickelten Personen die notwendigen Akten zu beschlagnahmen und Einvernahmen durchzuführen, dies namentlich mit D. und E. Ferner sollte die Herkunft und die weitere Transferierung von Vermögenswerten abgeklärt werden, auf welche sich die in Frankreich geführte Untersuchung erstreckt.
In einem zusätzlichen Ergänzungsersuchen vom 19. Februar 2002 teilten die französischen Behörden mit, bei einer Durchsuchung der Wohnung der Witwe des im Jahre 2001 verstorbenen C. sei eine von der X. SA per Telefax übermittelte Kopie eines am 1. Januar 1996 von der Firma F. auf die Z. Bank in Genf gezogenen Solawechsels über einen Betrag von 300'000 Schweizer Franken gefunden worden, der an die Order von "..." ausgestellt gewesen sei. Aus einem Auszug eines von A. bei der Banque G. eröffneten Kontos ergebe sich sodann, dass am 7. Januar 1993 ein Check in der Höhe von 360'000 Schweizer Franken an die Order von D. verzeichnet sei. Der Check sei in der Folge am 17. Februar 1993 storniert worden. Die Schweizer Behörden werden ersucht, auch über diesen Wechsel und den Check sachdienliche Ermittlungen zu führen.
BGE 128 II 211 S. 214
Mit Entscheid vom 4. Februar 2002 bestimmte das Bundesamt für Justiz den Kanton Zürich zum Leitkanton im Sinne von Art. 79 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) und lud ihn ein, über die Zulässigkeit der Rechtshilfe zu entscheiden und die nötigen Vollzugshandlungen vorzunehmen.
Mit Eintretens- und Zwischenverfügung vom 20. März 2002 entsprach die zuständige Vollzugsbehörde, die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich, dem Rechtshilfebegehren und forderte die X. SA auf, bis zum 18. April 2002 für die Zeit von 1992 bis dato Unterlagen über Konten, Depots etc. einzureichen, die von C. sowie allfälligen weiteren im Ersuchen genannten natürlichen und juristischen Personen gehalten werden. Die X. SA wurde sodann angehalten, bis zum selben Datum schriftlich die Personen samt Zustelladressen bekannt zu geben, die über die Kundenbeziehungen Aussagen machen können und allenfalls später als Zeugen befragt werden können. Schliesslich wurde der X. SA mitgeteilt, dass D. und E. als Zeugen zu den edierenden Dokumenten und den Geschäftsbeziehungen befragt würden; dabei wurde in Aussicht gestellt, dass zwei französische Untersuchungsrichter sowie ein polizeilicher Sachbearbeiter bei den in der Schweiz durchzuführenden Rechtshilfemassnahmen anwesend sein würden. Eine Hausdurchsuchung wurde bei der X. SA nicht angeordnet.
Gegen die Verfügung vom 20. März 2002 erhob die X. SA Rekurs an das Obergericht des Kantons Zürich. Dessen III. Strafkammer erachtete das rekurrierende Bankinstitut als durch die angeordneten Rechtshilfemassnahmen nicht direkt betroffen; vielmehr beträfen die rechtshilfeweise zu erteilenden Auskünfte die Kunden der Bank und nicht diese selber. Jedenfalls seit dem auf den 1. Februar 1997 erfolgten Inkrafttreten des revidierten IRSG sei daher die Bank im vorliegenden Fall nicht rekurslegitimiert. Entsprechend trat die III. Strafkammer mit Beschluss vom 3. Mai 2002 auf den Rekurs nicht ein. Eventualiter erwog sie, bei materieller Prüfung wäre der Rekurs als unbegründet abzuweisen, da sämtliche Voraussetzungen zur Gewährung der verlangten Rechtshilfeleistung erfüllt seien.

B.- Mit Eingabe vom 30. Mai 2002 führt die X. SA Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht u.a. mit den Begehren, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 3. Mai 2002 sei aufzuheben, und der am 28. März 2002 gegen die Eintretens- und Zwischenverfügung vom 20. März 2002 der Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich erhobene Rekurs sei
BGE 128 II 211 S. 215
gutzuheissen; die Zulassung von ausländischen Prozessbeteiligten insbesondere der im Rechtshilfegesuch vom 8. Januar 2002 bzw. im Ergänzungsgesuch vom 19. Februar 2002 genannten ausländischen Prozessbeteiligten zur Beiwohnung der durchzuführenden Rechtshilfemassnahmen sei zu verweigern.
Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen einen Beschluss des Zürcher Obergerichts, mit welchem auf einen von der Beschwerdeführerin gegen eine Eintretens- und Zwischenverfügung der kantonalen Vollzugsbehörde erhobenen Rekurs nicht eingetreten worden ist. Mit dieser Verfügung entsprach die Bezirksanwaltschaft dem französischen Rechtshilfebegehren und verpflichtete die Beschwerdeführerin u.a. zur Edition von Unterlagen betreffend den im Ersuchen genannten natürlichen und juristischen Personen. Dabei wurde die Anwesenheit der beiden verfahrensleitenden französischen Untersuchungsrichter und eines polizeilichen Sachbearbeiters bei den angeordneten Rechtshilfemassnahmen bewilligt.
Bei der fraglichen, durch den angefochtenen Beschluss der kantonalen Rechtsmittelbehörde bestätigten Verfügung handelt es sich somit um eine Zwischenverfügung der ausführenden Behörde, welche das innerstaatliche Verfahren weder ganz noch teilweise abschliesst. Eine derartige Zwischenverfügung kann nur ausnahmsweise selbständig angefochten werden, wenn sie einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 80e lit. b IRSG bewirkt (Art. 80g Abs. 2 IRSG; s. BGE 126 II 495 E. 5 S. 500 mit Hinweisen). Ein solcher Nachteil kann durch die Anwesenheit von Personen bewirkt werden, die am ausländischen Prozess beteiligt sind (Art. 80e lit. b Ziff. 2 IRSG).
Die blosse Anwesenheit ausländischer Beamten an einer Rechtshilfehandlung hat für den Betroffenen in der Regel noch keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge (Urteil 1A.35/2001 vom 21. Mai 2001; vgl. Botschaft des Bundesrats betreffend die Änderung des Rechtshilfegesetzes vom 29. März 1995, BBl 1995 III 30). Ein solcher ist hingegen zu bejahen, wenn die Gefahr besteht, dass den ausländischen Behörden durch die Teilnahme ihrer Beamten an den Vollzugshandlungen Tatsachen aus dem Geheimbereich zugänglich gemacht werden, bevor über die Gewährung oder den Umfang der Rechtshilfe entschieden worden ist (vgl. Art. 65a Abs. 3
BGE 128 II 211 S. 216
IRSG
und E. 1a des soeben zitierten Urteils). Diese Gefahr ist zu verneinen, wenn die schweizerischen Behörden die nach den Umständen geeigneten Vorkehrungen treffen, um eine vorzeitige Verwendung von Informationen im ausländischen Strafverfahren zu verhindern (s. das vorstehend zitierte Urteil; vgl. auch ROBERT ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, Bern 1999, Nr. 233).
Auf den vorliegenden Fall bezogen hat die Vorinstanz zutreffend festgestellt, dass in der fraglichen Zwischenverfügung nicht zugesichert worden ist, die französischen Behörden seien im dargelegten Sinn zu verpflichten. Insofern wäre daher die Beschwerdeführerin im obergerichtlichen Verfahren als rekurslegitimiert erachtet worden. Und entsprechend wäre sie insofern auch gemäss den genannten Bestimmungen zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht befugt (s. das genannte Urteil vom 21. Mai 2001).
Im Weiteren erwog dann aber das Obergericht, die Beschwerdeführerin habe allerdings ihren Rekurs in eigenem Namen als Finanzinstitut bzw. Bank erhoben, nicht etwa in dem eines ihrer Kunden. Sie nehme lediglich Kundeninteressen wahr, und die rechtshilfeweise zu erteilenden Auskünfte beträfen einzig die Klienten und nicht die Bank selber. Mit Blick auf die aktuelle Rechtslage sei daher die Rekurslegitimation der Bank in diesem Fall grundsätzlich zu verneinen. Entsprechend ist das Obergericht auf den Rekurs insgesamt nicht eingetreten.

2.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe ihre Rekurslegitimation zu Unrecht verneint. Entgegen deren Auffassung habe sie sehr wohl ein im Lichte von Art. 80h lit. b IRSG bzw. Art. 103 lit. a OG schutzwürdiges Interesse insbesondere an der Geheimhaltung namentlich von kundenbezogenen Informationen. Auch wenn nicht Geheimnisse der Bank selber, sondern solche ihrer Klienten auf dem Spiel stünden, sei sie im vorliegenden Verfahren mehr als ein beliebiger Dritter in ihren Rechten und Pflichten betroffen und daher als beschwerdelegitimiert im Sinne der genannten Bestimmungen zu erachten.
Es stellt sich also die Frage, ob die Beschwerdeführerin als legitimiert zu erachten ist, sich gegen die von der Vollzugsbehörde bewilligte Anwesenheit ausländischer Prozessbeteiligter, die allenfalls zu einer Geheimnisverletzung führen kann, mit einem Rekurs an die kantonale Rechtsmittelinstanz zur Wehr zu setzen.
Die entsprechende Rüge der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe ihre Rekurslegitimation im kantonalen Verfahren zu Unrecht
BGE 128 II 211 S. 217
verneint, ist im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (BGE 122 II 130 E. 1; Urteil 1A.182/2001 vom 26. März 2002).

2.3 Gemäss Art. 80h lit. b IRSG ist zur Beschwerdeführung berechtigt, wer persönlich und direkt von einer Rechtshilfemassnahme betroffen ist und ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung hat.
Ein schutzwürdiges Interesse liegt nicht schon dann vor, wenn jemand irgendeine Beziehung zum Streitobjekt zu haben behauptet. Vielmehr muss eine vom einschlägigen Bundesrecht erfasste "spezifische Beziehungsnähe" dargetan sein. Eine bloss mittelbare Betroffenheit genügt hingegen nicht (BGE 126 II 258 E. 2d S. 259 f.; BGE 125 II 356 E. 3b/aa S. 361 f.; BGE 123 II 153 E. 2b S. 156; zudem auch Urteil 1A.10/2000 vom 18. Mai 2000, publ. in: Pra 89/2000 Nr. 133 S. 790). Als persönlich und direkt betroffen (im Sinne von Art. 80h lit. b und Art. 21 Abs. 3 IRSG) wird im Falle der Erhebung von Konteninformationen der jeweilige Kontoinhaber angesehen (Art. 9a lit. a der Verordnung vom 24. Februar 1982 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen [IRSV; SR 351.11]), im Falle von Hausdurchsuchungen der jeweilige Eigentümer oder Mieter (Art. 9a lit. b IRSV). Das Analoge gilt nach der Rechtsprechung für Personen, gegen die unmittelbar Zwangsmassnahmen angeordnet werden (s. das genannte Urteil in Pra 89/2000 Nr. 133 S. 790 sowie BGE 123 II 153 E. 2b S. 157).
Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, werden durch die in den Ziffern 12 und 13 der in Frage stehenden bezirksanwaltschaftlichen Eintretens- und Zwischenverfügung angeordnete Herausgabe von Unterlagen zu Konten bestimmter Personen sowie durch die Einvernahme von Bankangestellten über die Beziehungen der genannten Personen zur Bank keine Geschäftsgeheimnisse der Bank betroffen, sondern vielmehr Geheimnisse ihrer Kunden. Die Unterlagen zu den Bankkonten sowie mündliche Auskünfte über die Kontenbeziehungen betreffen nicht interne Angelegenheiten der Bank selber, sondern beziehen sich auf Geschäfte und Transaktionen, die bestimmte Kunden über ein Konto bei der Beschwerdeführerin abgewickelt haben. Diese hat denn auch nicht dargetan, inwiefern durch die fraglichen Auskünfte ihre eigenen Geschäftsgeheimnisse berührt werden sollen. Durch die Erhebung dieser Kundeninformationen werden somit die Kunden, auf welche die Konten lauten, unmittelbar betroffen, und nicht etwa die Bank selber. Die Bank, welche die betreffenden Unterlagen herauszugeben hat und deren Angestellte über die Kundenbeziehungen befragt werden
BGE 128 II 211 S. 218
sollen, ist nur mittelbar betroffen. Es verhält sich bei ihr gleich wie bei einer Drittperson, die in Kontenunterlagen erwähnt ist, etwa als Empfänger einer seitens des Kontoinhabers vorgenommenen Überweisung. Auch eine solche Drittperson ist nicht rekurslegitimiert (s. das schon zitierte Urteil in Pra 89/2000 Nr. 133 S. 790 sowie BGE 123 II 153 ff. zur Frage der Legitimation einer bloss wirtschaftlich berechtigten Person).
Dass Geheimnisse der Klienten der Bank und nicht der Bank selbst auf dem Spiel stehen, hat die Beschwerdeführerin übrigens - wie die Vorinstanz ebenfalls zutreffend erwogen hat - selber eingeräumt: So hat sie ausgeführt, der Rekurs gegenüber der bezirksanwaltschaftlichen Verfügung sei ergriffen worden, weil sie gegenüber ihren Klienten Vertraulichkeitspflichten habe, die sie als seriöse Bank im Rahmen des Gesetzes beachten müsse.
Andere Rechtshilfemassnahmen als diese Auskunftserteilung, die unbestrittenermassen nur die Klienten bzw. gegebenenfalls deren Geheimbereich selber betrifft, stehen im vorliegenden Verfahren nicht zur Diskussion.

2.4 Das Bundesgericht hat zwar - wie die Beschwerdeführerin richtigerweise geltend macht - in BGE 118 Ib 442 (E. 2c S. 447) noch festgehalten, eine Bank, über deren Finanzoperationen und Kontenbewegungen Auskünfte in Gestalt herauszugebender Dokumente oder durch Befragung von Angestellten oder Organen verlangt würden, werde durch diese Rechtshilfemassnahmen selber berührt bzw. beschwert, weswegen sie ein schutzwürdiges Interesse habe, im Sinne von Art. 103 lit. a OG Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben. Dieser Entscheid erging indes im Jahre 1992, also bevor am 1. Februar 1997 das revidierte IRSG und die dazugehörende, ebenfalls revidierte IRSV in Kraft getreten sind, worauf das Obergericht im angefochtenen Entscheid und das Bundesamt für Justiz in seiner im bundesgerichtlichen Verfahren erstatteten Vernehmlassung zutreffend verweisen.
Im Hinblick auf die durch diese Gesetzesrevision angestrebte Straffung des Rechtshilfeverfahrens (s. dazu BGE 126 II 495 E. 5a S. 500; MICHEL FÉRAUD, Die neue Rechtsmittelordnung in der Rechtshilfe zur Unterstützung eines Strafverfahrens im Ausland, in: Solothurner Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1998, S. 658) wurde die Beschwerdelegitimation für Verfahren nach dem dritten Teil des IRSG - also für Verfahren der sog. "anderen" Rechtshilfe nach Art. 63 ff. IRSG - klar und eng gefasst. Nebst dem Bundesamt für Justiz ist nach Art. 80h IRSG nur noch
BGE 128 II 211 S. 219
beschwerdelegitimiert, wer direkt und persönlich von einer Rechtshilfemassnahme betroffen ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Daraus erhellt, dass nach dem Wortlaut dieser Bestimmung eine Bank nicht (mehr) beschwerde- bzw. rekursbefugt ist, wenn sie nur Auskünfte über ihre Kunden und nicht über von ihr selber getätigte Geschäfte erteilen muss.
Die Beschwerdebefugnis steht somit in solchen Fällen allein dem Kontoinhaber zu. Nur in Fällen, in denen die Bank selbst Inhaberin eines von einer Rechtshilfemassnahme betroffenen Kontos ist, d.h. in ihren eigenen Interessen nachteilig berührt ist, soll sie nach den Leitideen der genannten Gesetzesrevision beschwerdelegitimiert bleiben (vgl. FÉRAUD, a.a.O., S. 666 und RUDOLF WYSS, Die Revision der Gesetzgebung über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in: SJZ 93/1997 S. 36 f.). Der bundesrätlichen Botschaft vom 29. März 1995 (BBl 1995 III 1ff.) ist u.a. zu entnehmen, dass die Beschwerdelegitimation durch die Gesetzesrevision auf Personen eingeschränkt werden soll, welche von einer Rechtshilfemassnahme persönlich und unmittelbar betroffen sind. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin geht aus den im Nationalrat geführten Debatten deutlich hervor, dass Banken, Treuhänder, Vermögensverwalter und Anwälte nach der neuen Regelung des IRSG nur noch beschwerdebefugt sein sollen, wenn sie durch ein Rechtshilfebegehren in ihren eigenen Interessen bzw. Geschäftsaktivitäten betroffen werden (vgl. AB 1995 N 2648 ff.). Zwar trifft die Feststellung der Beschwerdeführerin zu, wonach sich der damalige Bundesrat Arnold Koller für die Übernahme der (damals) bestehenden Praxis des Bundesgerichts, auf die in der Botschaft (S. 30) hingewiesen wurde, ausgesprochen habe (AB 1995 N 2650). Dieses Votum bezog sich indes - worauf das Bundesamt zutreffend verweist - nicht auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Beschwerdebefugnis von Banken im Rechtshilfeverfahren, sondern auf die Auslegung des Begriffs des Berührtseins im Sinne von Art. 48 lit. a VwVG (SR 172.021). Das Bundesgericht hatte in diesem Zusammenhang präzisiert, dass nur derjenige nach dieser Bestimmung berührt sei, der durch die angefochtene Verfügung persönlich und direkt oder unmittelbar betroffen sei (s. dazu etwa BGE 121 II 176 ff.). Gemäss dem Willen des Bundesrates sollte diese bundesgerichtliche Präzisierung in Abs. 1 des im IRSG-Entwurf vorgesehenen Art. 80h aufgenommen werden. Dadurch sollte - wie der nationalrätliche Berichterstatter Rolf Engler ausführte - vermieden werden, dass ein Direktbetroffener, z.B. ein Bankkunde,
BGE 128 II 211 S. 220
seine vielleicht verschiedenen Banken in verschiedenen Kantonen vorschieben könnte, anstatt selbst ein Rechtsmittel einzulegen (AB 1995 N 2649/2650). Entsprechend hätte der Bestimmung von Art. 80h gemäss einem Vorschlag der nationalrätlichen Kommissionsmehrheit bezüglich der Beschwerdelegitimation folgender Abs. 2 beigefügt werden sollen (E-IRSG; AB 1995 N 2644-2650):
"Werden von einer Bank Auskünfte über Geschäfte verlangt, welche sie im Auftrag und für Rechnung eines Kunden getätigt hat, so ist nur letzterer zur Ergreifung des Rechtsmittels berechtigt, soweit die in Abs. 1 vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind."
Die Aufnahme dieses zunächst vorgesehenen Abs. 2 unterblieb deswegen, weil er lediglich beispielhaft erklären wollte, wer im Sinne von Abs. 1 von Art. 80h E-IRSG durch eine Rechtshilfemassnahme persönlich und direkt betroffen sei und wer nicht. Die Ratsmehrheit befand daher, eine solche Bestimmung gemäss Abs. 2 sei unnötig und zudem schlecht formuliert. So sei nicht einzusehen, weshalb nur Banken erwähnt würden, nicht aber auch Treuhandstellen und Vermögensverwalter. Und auch sei unklar, was unter "Geschäften" zu verstehen sei, ob dazu auch Auskünfte über den Kontostand gehörten (AB 1995 N 2649 f.).
Dass der von der nationalrätlichen Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Abs. 2 von Art. 80h E-IRSG schliesslich gestrichen wurde, bedeutet jedoch nicht, dass der Gesetzgeber einer Bank auch dann die Beschwerdebefugnis zuerkennen wollte, wenn sie nicht durch eine Rechtshilfemassnahme unmittelbar betroffen ist. Gegenteils geht aus dem Votum von Bundesrat Koller hervor, dass Inhaber von Akten oder Guthaben, die Dritten, beispielsweise Kunden, gehörten, sich nicht (mehr) gegen eine Rechtshilfehandlung wehren könnten, ausser das Rechtshilfebegehren betreffe sie direkt in ihren eigenen Interessen, in ihren eigenen Geschäftstätigkeiten; das bedeute, dass Banken, Anwälte wie auch Treuhänder künftig nur noch ausnahmsweise beschwerdelegitimiert sein könnten (AB 1995 N 2650).
Demgemäss ergibt sich, dass der revidierten IRSG-Regelung der Wille des Gesetzgebers zugrunde liegt, die Beschwerdelegitimation von Banken, Anwälten oder Treuhändern zu verneinen, soweit diese rechtshilfeweise lediglich Auskünfte über ihre Kunden zu geben haben. Dem Ergebnis der parlamentarischen Beratung entsprechend bestimmt Art. 9a lit. a IRSV wie erwähnt, dass bei der Erhebung von Kontoinformationen der Kontoinhaber als persönlich und direkt betroffen im Sinne der Art. 21 Abs. 3 und Art. 80h IRSG zu gelten
BGE 128 II 211 S. 221
hat. Mit Blick darauf hat die Vorinstanz zutreffend gefolgert, dass die Bank, welche auf dem Rechtshilfeweg Unterlagen zu einem von ihr für einen Kunden geführten Konto herauszugeben hat und durch ihre Angestellten darüber erklärende Angaben machen muss, nicht rekurslegitimiert ist.

2.5 Inwiefern die Beschwerdeführerin durch die in Frage stehende Auskunftserteilung in ihren eigenen Interessen bzw. Aktivitäten betroffen sein soll, ist nicht ersichtlich. Durch die Herausgabe der in Ziffer 12 der bezirksanwaltschaftlichen Verfügung vom 20. März 2002 bezeichneten Unterlagen wird nicht sie direkt und persönlich betroffen, sondern vielmehr ihre Klientschaft, auf die sich die Dokumente beziehen. Ob die von ihr eingereichten Unterlagen irgendwelche - hier nicht relevante - Transaktionen mit unbeteiligten Dritten enthalten, ist für die Beurteilung der Frage der Beschwerdebefugnis nicht von Bedeutung, denn auch solche Angaben lassen sie nicht persönlich und direkt betroffen werden. Auch die der Beschwerdeführerin obliegende Geheimhaltungspflicht hinsichtlich der Identität ihrer Kunden und der mit diesen getätigten Geschäfte vermag ihr nach dem Gesagten noch keine Beschwerdebefugnis zu verleihen, wie das Obergericht und das Bundesamt ebenfalls zutreffend ausgeführt haben. Den Angaben der Beschwerdeführerin lässt sich nicht entnehmen, dass mit dem französischen Begehren Auskünfte über ihre eigenen Geschäfte oder von ihrer Beziehung zu den vom Begehren betroffenen Kunden unabhängige vertrauliche Informationen verlangt würden.
Die Beschwerdeführerin war gestützt auf Art. 80n Abs. 1 IRSG berechtigt, ihre vom Rechtshilfebegehren betroffenen Kunden über dieses und die in Frage stehende bezirksanwaltschaftliche Verfügung zu orientieren. Sie anstelle ihrer vom Begehren betroffenen Kunden Beschwerde führen zu lassen, stünde im Widerspruch zu den mit der IRSG-Revision verfolgten Zielen, wozu - wie ausgeführt - namentlich die Straffung des Rechtshilfeverfahrens gehört. Es geht umso weniger an, dass sie als Bank eine Verfügung für ihre Klientschaft anficht, wenn diese wie hier überhaupt nicht rekurrieren wollte bzw. einen zunächst erhobenen Rekurs zurückgezogen hat, wodurch die Klientschaft eben bekundet hat, mit der sie betreffenden, rechtshilfeweise angeordneten Auskunftserteilung einverstanden zu sein.
Zu Recht ist somit das Obergericht auf den von der Beschwerdeführerin in eigenem Namen und nicht etwa in dem eines ihrer Kunden eingereichten Rekurs nicht eingetreten.

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Erwägungen 2

Referenzen

BGE: 123 II 153, 126 II 495, 122 II 130, 126 II 258 mehr...

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BGE 128 II 211 S. 216, Art. 9a lit. b IRSV, Art. 63 ff. IRSG, Art. 80h IRSG, Art. 48 lit. a VwVG, Art. 21 Abs. 3 und Art. 80h IRSG, Art. 80n Abs. 1 IRSG

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