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Urteilskopf

131 II 743


60. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft gegen Natur- und Tier- parkverein Goldau und Stiftung Natur- und Tierpark Goldau und Mitb. sowie Verwaltungsgericht des Kan- tons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
1A.158/2005 vom 31. Oktober 2005

Regeste

Art. 32d, 34 und 36 USG, Art. 63, 125 und 133 MG; Kostenbeteiligung des Bundes an der Altlastensanierung eines Schiessstandes.
Verursacherbegriff nach Art. 32d USG (E. 3.1 und 3.2). Umstände, unter welchen das Gemeinwesen wie ein Privater als Zustands- oder Verhaltensstörer kostenpflichtig werden kann (E. 3.3).
Die ausserdienstliche Schiesspflicht wird zwar vom Bund vorgeschrieben, der Vollzug wie auch der Betrieb der Anlagen obliegen jedoch den Kantonen, respektive den Gemeinden. Die Vermeidung unzulässiger Umwelteinwirkungen beim Bau und Betrieb der Anlagen ist ebenfalls Aufgabe der kantonalen Vollzugsbehörde. Der Bund ist nicht unmittelbarer Verursacher jener Bleibelastung, welche auf die ausserdienstliche Schiesspflicht zurückzuführen ist (E. 4).

Sachverhalt ab Seite 744

BGE 131 II 743 S. 744
Im Gebiet Grosswiyer in Goldau, Gemeinde Arth, wurden bis 1996 Jagdschiessanlagen und eine 300 m-Schiessanlage betrieben. Der Natur- und Tierparkverein Goldau, respektive die Stiftung Natur- und Tierpark Goldau als dessen Rechtsnachfolgerin und neue Eigentümerin des fraglichen Areals, plant eine Erweiterung des Tierparks im Gebiet Grosswiyer (GB Nr. 695).
Das Amt für Umwelt des Kantons Schwyz (AfU) veranlasste deshalb Untersuchungen über die Bodenbeschaffenheit im Bereich des Kugelfangs und vor dem Schützenhaus. Dabei zeigte sich, dass die Belastung von Boden und Vegetation mit Blei zum Teil erheblich, im Bereich des Kugelfanges sogar massiv ist.
Am 24. März 1998 ersuchte der Natur- und Tierparkverein Goldau das AfU, einen Verteilschlüssel für die Kosten der Detailuntersuchungen, der Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes sowie der eigentlichen Sanierung der Liegenschaft Grosswiyer zu erlassen.
BGE 131 II 743 S. 745
Mit Verfügung vom 10. April 2003 verteilte das AfU die Kosten im Sinne des erwähnten Gesuches. Davon ausgenommen wurden die Untersuchungskosten der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (EAWAG), des AfU und des BUWAL, da es sich um ein Pilotprojekt handle. Die verbleibenden, bisher aufgelaufenen Untersuchungskosten wurden je hälftig auf die beiden Sanierungsprojekte (jeweils die Kugelfänge bei der 300 m- und den Jagdschiessanlagen) aufgeteilt. Für die Sanierung der Kugelfänge bei der 300 m-Schiessanlage ging das AfU von einem Kostenaufwand von insgesamt Fr. 246'390.- aus, welcher durch die Verursacher zu tragen sei. In einem ersten Schritt auferlegte das AfU 25 % dieser Kosten der Grundeigentümerin als Zustandsstörerin (also dem Natur- und Tierparkverein Goldau, respektive dessen Rechtsnachfolgerin, der Stiftung Natur- und Tierpark Goldau). Die Verhaltensstörer wurden zur Tragung der restlichen 75 % der Kosten verpflichtet. Dabei wurden der Schweizerischen Eidgenossenschaft 45.5 % der Gesamtkosten (Fr. 112'108.-) auferlegt, unter Vorbehalt der definitiven Schlussabrechnung.
Gegen diese Verfügung erhob das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) am 16. Mai 2003 Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsrat des Kantons Schwyz. Es beantragte, es sei festzustellen, dass das VBS in Bezug auf die ausserdienstliche Schiesspflicht nicht als unmittelbarer Verursacher der Altlast gelte und somit für den entsprechenden Anteil keine Sanierungskosten zu tragen habe. Der Regierungsrat wies die Beschwerde mit Entscheid vom 24. August 2004 ab, soweit sie nicht gegenstandslos geworden war.
Gegen den Regierungsratsbeschluss gelangte die Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch das VBS, an das kantonale Verwaltungsgericht, welches mit Urteil vom 28. April 2005 die vorinstanzlichen Entscheide bestätigte und die Beschwerde abwies.
Mit Eingabe vom 7. Juni 2005 erhebt die Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch das VBS, Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragt, den angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichtes vom 28. April 2005 aufzuheben und ihren Kostenanteil "auf der Basis Anteil Bleifracht 29.2 %" festzulegen.
Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut und weist die Angelegenheit an das Verwaltungsgericht des
BGE 131 II 743 S. 746
Kantons Schwyz zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen zurück.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Unbestritten ist, dass es sich beim Kugelfang der 300 m-Schiessanlage aufgrund der dort abgelagerten rund 20 Tonnen Blei um einen durch Abfälle belasteten, sanierungsbedürftigen Standort im Sinne von Art. 32c Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG; SR 814.01) und Art. 2 der Verordnung vom 26. August 1998 über die Sanierung von belasteten Standorten (AltlV; SR 814.680) handelt. Ebenfalls nicht bestritten wird, dass 25 % der Sanierungskosten durch die Grundeigentümer als Zustandsstörer und die restlichen 75 % durch die Verhaltensstörer übernommen werden sollen. Von der genannten Bleifracht haben gemäss unangefochtener Feststellung des Verwaltungsgerichts die Standschützen 3.3 % verschossen (inkl. obligatorische ausserdienstliche Schiessen), 64.8 % die Feldschützen (inkl. obligatorische Schiessen), 2.7 % die Bahnpolizei und 29.2 % das Militär (Rekrutenschulen und WK-Truppen). Die kantonalen Behörden haben in der Folge jenen Teil der Bleifracht, welcher in Erfüllung der ausserdienstlichen Schiesspflicht in den Zielhang verschossen wurde, weder den die Schiessübungen veranstaltenden Vereinen noch der Gemeinde Arth auferlegt, sondern dem VBS als Verursacher angerechnet. Das Verwaltungsgericht hat diese Kostenaufteilung geschützt.

2.2 Die Beschwerdeführerin vertritt dagegen den Standpunkt, nur diejenigen Kosten übernehmen zu müssen, welche das Militär verursacht habe, das heisst 29.2 % der 75 %, welch letztere von den Verhaltensstörern zu bezahlen sind (21.9 % der Gesamtkosten). Es sei nicht ersichtlich, weshalb derjenige Anteil der Verursachung, welcher aus dem ausserdienstlichen Schiesswesen stamme, aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Schiesspflicht der Eidgenossenschaft zugeschrieben werden könne. Die gesetzgeberische Tätigkeit des Bundes könne höchstens als mittelbare - und demnach für die Qualifikation als Störer nicht beachtliche - Ursache gelten. Unmittelbare Verursacher im Sinne der Definition seien ausschliesslich die Schützenvereine.

3.

3.1 Gemäss Art. 32d Abs. 1 USG trägt der Verursacher die Kosten der Sanierung belasteter Standorte. Das Gesetz legt nicht näher
BGE 131 II 743 S. 747
fest, wer als Verursacher zu betrachten ist. Vor dem Inkrafttreten von Art. 32d USG wurde die Kostentragung für die Sanierung belasteter Standorte nach Art. 59 USG bzw. Art. 54 GSchG (SR 814.20) beurteilt. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat dabei für die Umschreibung des Verursacherbegriffs weitgehend auf den polizeirechtlichen Störerbegriff abgestellt und sowohl den Zustands- als auch den Verhaltensstörer kostenpflichtig erklärt (BGE 121 II 378 E. 17a/bb S. 413; BGE 118 Ib 407 E. 3b S. 410; Urteile des Bundesgerichts 1A.366/1999 vom 27. September 2000, publ. in: URP 2000 S. 785 und ZBl 102/2001 S. 545, E. 2b; 1A.67/1997 vom 26. Februar 1998, publ. in: URP 1998 S. 152, E. 4c-e; MARTIN FRICK, Das Verursacherprinzip in Verfassung und Gesetz, Diss. Bern 2004, S. 58; KARIN SCHERRER, Handlungs- und Kostentragungspflichten bei der Altlastensanierung, Diss. Bern 2005, S. 88; MARK CUMMINS, Kostenverteilung bei Altlastensanierungen, Diss. Zürich 2000, S. 114). Bei einer Mehrheit von Verursachern sind die Kosten nach den objektiven und subjektiven Anteilen an der Verursachung zu verteilen, wobei die Grundsätze der Kostenaufteilung im Innenverhältnis zwischen mehreren Haftpflichtigen (Art. 51 OR) analog heranzuziehen sind. Mit der Regelung von Art. 32d USG wollte sich der Gesetzgeber an diese bundesgerichtliche Praxis anlehnen (Urteile des Bundesgerichts 1A.366/1999 vom 27. September 2000, publ. in: URP 2000 S. 785 und ZBl 102/2001 S. 545, E. 2b; 1A.67/1997 vom 26. Februar 1998, publ. in: URP 1998 S. 152, E. 4d mit Hinweisen; BGE 102 Ib 203 E. 5 S. 209 f.; BGE 101 Ib 410 E. 6 S. 417 ff.; HANS W. STUTZ, Die Kostentragung der Sanierung - Art. 32d USG, URP 1997 S. 767; PIERRE TSCHANNEN/MARTIN Frick, Der Verursacherbegriff nach Art. 32d USG, Gutachten zuhanden des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern 2002, S. 5; SCHERRER, a.a.O., S. 117 ff.; FRICK, a.a.O., S. 210; CUMMINS, a.a.O., S. 138 f.).

3.2 Die natürliche Kausalität reicht für sich allein nicht aus, um die Verursachereigenschaft bzw. eine Kostenpflicht zu begründen. Zur Begrenzung der Kostenpflicht hat die Praxis im Rahmen von Art. 59 USG bzw. Art. 54 GSchG das Erfordernis der Unmittelbarkeit aufgestellt (BGE 118 Ib 407 E. 4c S. 415; BGE 114 Ib 44 E. 2a S. 48; Urteil des Bundesgerichts 1A.366/1999 vom 27. September 2000, publ. in: URP 2000 S. 785 und ZBl 102/2001 S. 545, E. 2c). Die Lehre stellt teilweise in Anlehnung an das Haftpflichtrecht auf die Adäquanz der Kausalität ab (PAUL-HENRI MOIX, Atteintes à
BGE 131 II 743 S. 748
l'environnement et remise en état, Revue valaisanne de jurisprudence [RVJ] 1997 S. 325-349, 338 f.; PAUL-HENRI MOIX, La prévention ou la réduction d'un préjudice, Les mesures prises par un tiers, l'Etat ou la victime, Freiburg 1995, S. 386 f.; PIERRE MOOR, Droit administratif, Bd. II, Bern 1991, 2. Aufl. 2002, S. 73 ff.). In vielen Fällen führt die Adäquanztheorie zum gleichen Ergebnis wie die Unmittelbarkeitstheorie (BGE 102 Ib 203 E. 5c; Urteil des Bundesgerichts 1A.366/1999 vom 27. September 2000, publ. in: URP 2000 S. 785 und ZBl 102/2001 S. 545, E. 2c; CLAUDE ROUILLER, L'exécution anticipée d'une obligation par équivalent, Mélanges Grisel, Neuchâtel 1983, S. 597 ff.; siehe zum Ganzen auch SCHERRER, a.a.O., S. 86 ff. und FRICK, a.a.O., S. 65 ff., sowie TSCHANNEN/FRICK, a.a.O., S. 8 ff.).

3.3 Das Gemeinwesen kann gleich wie ein Privater als Verhaltens- oder Zustandsverursacher kostenpflichtig sein, z.B. als Eigentümer eines Grundstücks oder als Betreiber einer Anlage (BGE 101 Ib 410 E. 7 S. 421; Urteile des Bundesgerichts 1A.67/1997 vom 26. Februar 1998, publ. in: URP 1998 S. 152, E. 4c/aa und bb; 1A.145/1993 vom 15. Juni 1994, publ. in: URP 1994 S. 501, E. 4g/bb; 1A.166/1985 vom 12. Februar 1986, publ. in: ZBl 88/1987 S. 301, E. 2 und 3; SCHERRER, a.a.O., S. 111). Es kann auch für sein hoheitliches Handeln als Verursacher betrachtet werden, so namentlich bei einer rechtswidrigen Verletzung seiner Aufsichtspflicht (Urteile des Bundesgerichts 1A.67/1997 vom 26. Februar 1998, publ. in: URP 1998 S. 152, E. 4c/cc; 1A.156/1989 vom 12. Oktober 1990, publ. in: ZBl 92/1991 S. 212, E. 5b). Eine solche ist aber nicht immer schon dann anzunehmen, wenn eine bestimmte Schädigung mit einer entsprechenden Aufsichtstätigkeit vermeidbar gewesen wäre, sondern - in Anlehnung an das allgemeine Staatshaftungsrecht - erst dann, wenn eine wesentliche Amtspflicht verletzt, eine zwingend vorgeschriebene konkrete Aufsichtsmassnahme unterlassen oder der Ermessensspielraum fehlerhaft oder in Missachtung allgemeiner Rechtsgrundsätze ausgeübt wurde (BGE 114 Ib 44 E. 2c/dd S. 53; BGE 113 Ib 236 E. 4b S. 240; Urteile des Bundesgerichts 1A.67/1997 vom 26. Februar 1998, publ. in: URP 1998 S. 152, E. 4c/cc; 1A.156/1989 vom 12. Oktober 1990, publ. in: ZBl 92/1991 S. 212, E. 5d/bb; PIERRE TSCHANNEN, Kommentar USG, N. 23 zu Art. 32c USG; SCHERRER, a.a.O., S. 43; vgl. die Praxis zum Staatshaftungsrecht: BGE 123 II 577 E. 4d/ff S. 583 f.; BGE 120 Ib 248 E. 2b S. 249; BGE 118 Ib 163 E. 2 S. 164, je mit Hinweisen).
BGE 131 II 743 S. 749

3.4 Entsprechend den dargelegten Grundsätzen ist nachfolgend die Verursachereigenschaft des Bundes für die unbestritten vorliegende Altlast zu beurteilen.

4. Die Beschwerdeführerin bestreitet ihre Kostenpflicht in Bezug auf die unmittelbar durch das Militär verursachte Bleibelastung nicht. Zu prüfen bleibt, ob die Beschwerdeführerin in ihrer Rolle als Gesetzgeberin für die durch die ausserdienstliche Schiesspflicht verursachte Belastung belangt werden kann oder ob sie einer ihr obliegenden Aufsichtspflicht in rechtswidriger Weise nicht nachgekommen ist und deshalb kostenpflichtig wird.

4.1 Art. 63 Abs. 1 des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995 (MG; SR 510.10) sieht vor, dass bestimmte Armeeangehörige während der Dauer der Militärdienstpflicht jährliche ausserdienstliche Schiessübungen zu bestehen haben. Diese Schiessübungen werden von Schiessvereinen organisiert und sind für die Schützen kostenlos (Art. 63 Abs. 2 MG). Gemäss Art. 133 Abs. 1 Satz 1 MG sorgen die Gemeinden dafür, dass die Schiessanlagen, die für die ausserdienstlichen militärischen Schiessübungen sowie die entsprechende Tätigkeit der Schiessvereine benötigt werden, unentgeltlich zur Verfügung stehen. Ferner bestimmt Art. 125 Abs. 1 MG, dass die Kantone die kantonalen Schiesskommissionen ernennen und die Schiessvereine anerkennen. Die Kantone entscheiden über den Betrieb von Schiessanlagen für das Schiesswesen ausser Dienst und weisen Schiessvereine den Anlagen zu. Sie achten auf umweltverträgliche Schiessanlagen und fördern Gemeinschafts- und Regionalanlagen (Art. 125 Abs. 2 MG).

4.2 Die ausserdienstliche Schiesspflicht wird somit vom Bund vorgeschrieben (Art. 63 MG). Insofern ist die natürliche Kausalität der eidgenössischen Militärgesetzgebung für die vorliegenden schädlichen Umwelteinwirkungen zu bejahen. Dieser mittelbare Verursacheranteil vermag indes noch keine Kostenpflicht des Bundes zu begründen. Der Vollzug der Schiesspflicht wie auch der Betrieb der Anlagen obliegen den Kantonen, respektive den Gemeinden (Art. 125 und 133 MG). Wie das Bundesgericht bereits im Entscheid 1A.366/1999 vom 27. September 2000 festgehalten hat, führt der blosse Umstand, dass das Bundesrecht Kantonen, Gemeinden oder Privaten bestimmte Tätigkeiten vorschreibt, nicht dazu, dass der Bund generell als Verursacher für alle Umweltbelastungen zu betrachten wäre, die sich aus diesen Tätigkeiten ergeben.
BGE 131 II 743 S. 750
Vielmehr liegt es grundsätzlich in der Verantwortung des Verpflichteten, die vorgeschriebenen Tätigkeiten so auszuführen, dass daraus keine unzulässigen Umwelteinwirkungen entstehen. Eine Kostenpflicht des Bundes könnte sich höchstens dann ergeben, wenn die vom Bund vorgeschriebene Art und Weise der Durchführung nach dem allgemeinen Lauf der Dinge unweigerlich zu der fraglichen Umwelteinwirkung geführt hat oder wenn der Bund in rechtswidriger Verletzung seiner Aufsichtspflicht beispielsweise eine Gewässer- oder Bodenbelastung nicht verhindert hat, die er hätte vermeiden müssen (in dem Sinne das Urteil des Bundesgerichts 1A.366/1999 vom 27. September 2000, publ. in: URP 2000 S. 785 und ZBl 102/2001 S. 545, E. 3c).

4.3 Auch im vorliegenden Fall begründet der Umstand, dass der eidgenössische Gesetzgeber die ausserdienstliche Schiesspflicht vorschreibt, für sich keine unmittelbare Verursachung einer Altlast. Die Durchführung von Schiessübungen hat nicht unweigerlich die Belastung des jeweiligen Standortes zur Folge. Zu Recht macht die Beschwerdeführerin geltend, dass mit geeigneten Massnahmen (Standortwahl; Installation von speziellen Kugelfängen) grundsätzlich das Entstehen einer Altlast verhindert werden kann. Daran ändert nichts, dass in früheren Jahren die Kenntnis über schädliche Umwelteinwirkungen des Schiessbetriebes gefehlt haben mag. Diesbezüglich kann das allenfalls unwissende Gemeinwesen auch keinen Anspruch aus Art. 32d Abs. 2 lit. a USG herleiten, zumal die Voraussetzungen von Art. 32d Abs. 2 lit. a-c USG kumulativ erfüllt sein müssen, um eine etwaige Kostenbefreiung des schuldlosen Zustandsstörers zu begründen. Hinzu kommt, dass diese Befreiungsklausel von vornherein nur anwendbar ist, sofern der Standortinhaber die Belastung nur als Zustandsstörer zu verantworten hat. Ist er zugleich Verhaltensstörer, so kann nicht mehr davon gesprochen werden, er sei "lediglich" als Standortinhaber beteiligt (PIERRE TSCHANNEN, Kommentar USG, N. 26 zu Art. 32d USG).
Zu prüfen bleibt, ob die Beschwerdeführerin eine ihr obliegende Aufsichtspflicht widerrechtlich verletzt hat.

4.4 Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob vorliegend eine militärische oder eine zivile Einrichtung zu beurteilen ist. Soweit die Bleifracht durch die eigentliche militärische Nutzung verursacht wurde, bestreitet die Beschwerdeführerin ihren Verursacheranteil denn auch nicht. Mit der Beschwerdeführerin ist indessen
BGE 131 II 743 S. 751
davon auszugehen, dass es sich um keine militärische Baute oder Anlage gemäss Art. 126 MG handelt, die der Landesverteidigung im engeren Sinn dient. Wie die in E. 4.1 zitierten Normen zeigen, werden die Schiessanlagen von den Kantonen und Gemeinden errichtet und betrieben. Die Bauten unterstehen somit den kantonalen baurechtlichen Bestimmungen (vgl. BGE 118 Ib 569 E. 3b S. 573 f.; Urteil 1A.366/1999 vom 27. September 2000, publ. in: URP 2000 S. 785, E. 3d). Entsprechend obliegt auch der Vollzug des Umweltrechts den Kantonen (Art. 36 USG). Nach Art. 35 USG in der Fassung vom 7. Oktober 1983 bzw. Art. 34 USG in der geltenden Fassung war und ist es Sache der Kantone, bei Gefährdungen oder Beeinträchtigungen der Bodenfruchtbarkeit verschärfte Emissionsbegrenzungen festzulegen oder die Verwendung von Stoffen im erforderlichen Mass zu beschränken. Nicht zu überzeugen vermag in diesem Zusammenhang der Einwand des Verwaltungsgerichts, wonach der eidgenössische Schiessoffizier die vorliegende Anlage nie beanstandet habe. Nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung vom 15. November 2004 über die Schiessanlagen für das Schiesswesen ausser Dienst (Schiessanlagen-Verordnung; SR 510.512) bedarf es für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von 300-, 25- und 50-m-Schiessanlagen einer Baubewilligung der nach kantonalem Recht zuständigen Behörde. Abs. 2 der zitierten Bestimmung legt als Voraussetzung für die Baubewilligung fest, dass der eidgenössische Schiessanlagenexperte oder die eidgenössische Schiessanlagenexpertin oder der zuständige eidgenössische Schiessoffizier die Pläne genehmigt hat. Eidgenössische Schiessoffiziere begutachten die Schiessanlagen hinsichtlich Zweckmässigkeit, Sicherheit und technischen Anforderungen. Sie erteilen den Eigentümern und Betreibern die nötigen Hinweise für die Errichtung und den Betrieb (Art. 12 Abs. 1 Schiessanlagen-Verordnung). Daraus eine umfassende Aufsichtspflicht des Bundes für sämtliche umweltrechtlichen Belange im Zusammenhang mit dem Schiessbetrieb abzuleiten, ginge zu weit, ist doch eine Beurteilung der umweltrechtlichen Aspekte durch den Schiessoffizier oder die Schiessanlagenexperten nicht vorgesehen. Zwar erwähnt Art. 1 Abs. 2 der Schiessanlagen-Verordnung, sie sorge dafür, dass die Umweltbelastung möglichst klein gehalten werden könne. Genannt werden jedoch in Art. 15 lit. j lediglich die Ermittlung und Beurteilung der Schiesslärmbelastung in der Umgebung der künftigen Schiessanlage nach den Bestimmungen der Lärmschutz-Verordnung (SR
BGE 131 II 743 S. 752
814.41). Eine Bezugnahme auf die Altlastenproblematik findet sich nirgends. Die Schiessanlagen-Verordnung kann unter diesen Umständen von vornherein nicht eine abschliessende Regelung für diese Anlagen darstellen und auch nicht zur Folge haben, dass der eidgenössische Schiessanlagenexperte oder der Schiessoffizier die Aufsicht über den Vollzug der umweltschutzrelevanten Gesichtspunkte hat.
Für den Bau und Betrieb von Schiessanlagen waren und sind die einschlägigen Vorschriften der Umwelt- und Gewässerschutzgesetzgebung anwendbar und durch die ordentlichen (kantonalen) Vollzugsbehörden zu vollziehen. Die Verantwortung für allfällige Verletzungen der Aufsichtspflicht hinsichtlich des Umweltschutzes liegt daher bei den Kantonen.

4.5 Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin weder aufgrund ihrer gesetzgeberischen Tätigkeit noch wegen einer rechtswidrig verletzten Aufsichtspflicht als unmittelbare Verursacherin derjenigen Bleibelastung belangt werden kann, welche auf die ausserdienstliche Schiesspflicht zurückzuführen ist.

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Erwägungen 2 3 4

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