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Urteilskopf

116 Ia 127


23. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30. März 1990 i.S. S. AG gegen Kantone Bern und St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)

Regeste

Art. 46 Abs. 2 BV (Verbot der Doppelbesteuerung); Steuerausscheidung bei Kapitalanlageliegenschaften ausserhalb des Sitzkantons.
Wo die zeitliche Bemessung der Steuern in den verschiedenen beteiligten Kantonen voneinander abweicht, ist zur Vermeidung der Schlechterstellung auch in den Kantonen mit zweijähriger Pränumerandobesteuerung eine jährliche Steuerausscheidung vorzunehmen (E. 2d).
Der Liegenschaftskanton, der die Möglichkeit der Verrechnung von Verlusten aus früheren Perioden kennt, verletzt das Schlechterstellungsverbot, wenn er den aus den Liegenschaften in seinem Kanton erzielten Gewinn nicht mit einem Liegenschaftsverlust aus der Vorperiode verrechnen lässt. Eine solche Verrechnung von Aufwandüberschüssen in der Zeit hat Vorrang vor der Verrechnung in anderen Kantonen (E. 3 und 4).
Der Sitzkanton verletzt das Schlechterstellungsverbot, wenn er den im Liegenschaftskanton nicht verrechenbaren Verlust auf der ausserkantonalen Liegenschaft nicht zum Abzug vom Reinertrag zulässt (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 128

BGE 116 Ia 127 S. 128
Die S. AG mit Sitz in A. (Kanton Bern) betreibt im Kanton Bern verschiedene Verkaufsgeschäfte. Vom 15. August 1984 bis zum 1. Oktober 1988 besass sie auch eine Liegenschaft in B. (Kanton St. Gallen), die mit einem Hotel-Restaurant überbaut ist. In den Jahren 1984/85 liess sie das Hotel-Restaurant renovieren, 1985/86 verpachtete sie es.
Am 23. Januar 1989 veranlagte die Kantonale Steuerverwaltung des Kantons Bern die S. AG gestützt auf den Bericht ihres Experten zu den Staats- und Gemeindesteuern 1987/88. Dabei ging sie
BGE 116 Ia 127 S. 129
von den Gewinn- und Verlustrechnungen aus, welche die Steuerpflichtige für die am 30. Juni abgeschlossenen Geschäftsjahre 1984/85 und 1985/86 eingereicht hatte, und in welchen auch der Erfolg aus der Liegenschaft in B. (für 1984/85 ein Verlust von Fr. ... und für 1985/86 ein Nettogewinn von Fr. ...) enthalten war. Die Veranlagungsbehörde nahm verschiedene Aufrechnungen vor.
Bei der Steuerausscheidung ging die Steuerverwaltung des Kantons Bern für 1984/85 von einem steuerlich massgebenden Liegenschaftenverlust von Fr. ... und für 1985/86 von einem Gewinn von Fr. ..., im Durchschnitt von einem Verlust im Kanton St. Gallen von Fr. ... aus. Sie unterwarf den gesamten Reingewinn von Fr. ... (ohne Abzug des Durchschnittsverlusts aus der Liegenschaftenrechnung 1984/85 und 1985/86 in St. Gallen) der bernischen Gewinnsteuer 1987/88.
Am 16. August 1989 nahm auch die Kantonale Steuerverwaltung St. Gallen für das 1986 abgeschlossene Geschäftsjahr eine Steuerausscheidung mit einem im Kanton St. Gallen steuerbaren Reinertrag von Fr. ... vor. Dabei ging sie vom Bruttoertrag der Liegenschaft in B. von Fr. ... aus, wie ihn die Steuerpflichtige in ihrer Erfolgsrechnung 1985/86 auswies, und zog davon die Unterhalts- und Verwaltungskosten sowie einen proportionalen Schuldzinsenanteil (insgesamt Fr. ...) ab. Am 30. August 1989 stellte sie der S. AG die Veranlagung und Steuerrechnung vom Reinertrag 1986 zu. Den auf der Liegenschaft im Geschäftsjahr 1984/85 erlittenen Verlust schied sie nicht aus und verrechnete ihn auch nicht mit dem 1985/86 erzielten Gewinn.
Gegen die st. gallische Veranlagung des Reinertrags 1986 vom 30. August 1989 erhob die S. AG am 26. September 1989 fristgerecht staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots (Art. 46 Abs. 2 BV), die sie gleichzeitig gegen die bernische Ertragsveranlagung 1987/88 vom 23. Januar 1989 richtet. Sie beantragt, derjenige Kanton, der zu hohe Erträge veranlagt habe, sei zu verhalten, seine Steuerveranlagung entsprechend zu berichtigen.
Die Steuerverwaltungen der Kantone Bern und St. Gallen beantragen jeweils, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit sie gegen ihren Kanton erhoben wird.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gegen beide Kantone gut und hebt die Veranlagungen im Sinne der Erwägungen auf.
BGE 116 Ia 127 S. 130

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. a) Eine gegen Art. 46 Abs. 2 BV verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn ein Steuerpflichtiger von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung) oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, zu deren Erhebung ein anderer Kanton zuständig wäre (virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem hat das Bundesgericht aus Art. 46 Abs. 2 BV abgeleitet, dass ein Kanton einen Steuerpflichtigen nicht deshalb stärker belasten darf, weil er nicht in vollem Umfang seiner Steuerhoheit untersteht, sondern zufolge seiner territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen Kanton steuerpflichtig ist (Schlechterstellungsverbot; vgl. BGE 111 Ia 47 E. 3, mit Hinweisen). Daraus ergibt sich im weiteren, dass ein Steuerpflichtiger in mehreren auf dem Boden der Reinertragsbesteuerung stehenden Kantonen zusammen grundsätzlich nicht mehr als seinen Gesamtreingewinn versteuern muss (BGE 107 Ia 42 E. 1a, mit Hinweisen).
b) Nach ständiger Rechtsprechung ist das Grundeigentum und sein Ertrag dem Kanton der gelegenen Sache zur ausschliesslichen Besteuerung vorbehalten (BGE 111 Ia 123 E. 2a, mit Hinweisen). Die Regel, dass der Steuerpflichtige in mehreren auf dem Boden der Reinertragsbesteuerung stehenden Kantonen zusammen nicht mehr als seinen Gesamtreingewinn versteuern muss, hat nach ständiger Rechtsprechung hinter den Grundsatz, dass das Grundeigentum und sein Ertrag dem Liegenschaftskanton zur ausschliesslichen Besteuerung vorbehalten ist, zurückzutreten (BGE 93 I 242 E. 2, vgl. auch BGE 111 Ia 124 E. 2a).
c) Im System der Reineinkommens- und Reinvermögensbesteuerung hat der Liegenschaftskanton vom Liegenschaftsbruttovermögen und -ertrag des ausserkantonalen Eigentümers nebst den Abzügen für Unterhalt und Verwaltung der Liegenschaft einen proportionalen Abzug der Schulden und Schuldzinsen, entsprechend dem Anteil der besteuerten Liegenschaften an den gesamten Aktiven des Steuerpflichtigen, zuzulassen. Im übrigen darf der Liegenschaftskanton das Gesamteinkommen und -vermögen des Steuerpflichtigen nicht zur Besteuerung heranziehen, sondern dieses höchstens zur Bemessung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, d.h. zur Bestimmung des Steuersatzes, berücksichtigen.
BGE 116 Ia 127 S. 131
Er braucht auf das übrige Einkommen und Vermögen des Steuerpflichtigen aber auch keine Rücksicht zu nehmen, sondern kann den Reinertrag der Liegenschaft selbst dann voll erfassen, wenn der Steuerpflichtige kein Gesamteinkommen bzw. keinen Gesamtertrag erreicht (BGE 111 Ia 123 E. 2a, mit Hinweisen).
Umgekehrt sind bei der Festsetzung des am Sitz steuerbaren Einkommens bzw. Reinertrags des Steuerpflichtigen die im Liegenschaftskanton erzielten und zu versteuernden Liegenschaftserträgnisse grundsätzlich abzuziehen (BGE 78 I 331 E. 4; ASA 27, 408; vgl. auch BGE 111 Ia 127 E. 3c).
d) Beides geschieht im Rahmen der sog. Steuerrepartition, die jeder beteiligte Kanton nach den bundesgerichtlichen Doppelbesteuerungsregeln in Anwendung seines eigenen Steuerrechts vornimmt. Wo die zeitliche Bemessung in den beteiligten Kantonen voneinander abweicht, ist dabei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auch in den Kantonen mit zweijähriger Pränumerandobesteuerung eine jährliche Ausscheidung vorzunehmen (BGE 97 I 44 E. 4; ASA 42, 354 E. 5b; 39, 217 E. 2 und 3). Das trifft im vorliegenden Fall zu, gilt doch im Kanton St. Gallen für juristische Personen die einjährige Postnumerandobesteuerung, im Kanton Bern dagegen die zweijährige Pränumerandobesteuerung.
e) Die Steuerausscheidung wurde in Bern nicht für jedes der Bemessungsjahre, sondern nur für beide Jahre im Durchschnitt vorgenommen. Sie ist insofern nicht nach den bundesgerichtlichen Regeln erfolgt; ferner lässt sich den Akten nicht entnehmen, ob eine proportionale Verteilung der Schuldzinsen erfolgte.
In St. Gallen wurde zwar eine Steuerausscheidung mit einer proportionalen Verteilung der Schuldzinsen vorgenommen, jedoch nur für 1986.
Das verunmöglicht eine abschliessende Prüfung, wie weit die Ausscheidung in beiden Kantonen die bundesgerichtlichen Regeln beachtet. Da die Beschwerdeführerin sich mit den Ausscheidungsberechnungen in ihrer Beschwerdebegründung nicht befasst (und die beiden Kantone sich in ihren Vernehmlassung dazu nicht äussern), ist darauf nicht weiter einzutreten. Auf jeden Fall verletzen beide Kantone den Grundsatz der jährlichen Ausscheidung, den das Bundesgericht bei der Kollision verschiedener zeitlicher Veranlagungssysteme zur Vermeidung einer Schlechterstellung des Steuerpflichtigen aufstellte.

3. a) Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, sie habe 1984/85 und 1985/86 einen Gesamtreingewinn von Fr. ... erzielt,
BGE 116 Ia 127 S. 132
müsse aber insgesamt einen Gewinn von Fr. ... (höher als der Gesamtreingewinn) versteuern, da der Kanton Bern den vollen Gesamtgewinn von Fr. ... (im Durchschnitt Fr. ...) besteuere und der Kanton St. Gallen gleichzeitig für 1986 einen Liegenschaftsgewinn von Fr. ... . Sie ruft damit den sich aus dem Schlechterstellungsverbot ergebenden Grundsatz an, dass sie insgesamt nicht mehr als ihren Gesamtreingewinn versteuern müsse (oben E. 2a und b).
b) Da das Grundeigentum und sein Ertrag dem Liegenschaftskanton zur ausschliesslichen Besteuerung vorbehalten ist und dieser Grundsatz vor der Regel, dass ein Steuerpflichtiger in mehreren auf dem Boden der Reineinkommensbesteuerung stehenden Kantonen zusammen nicht mehr als seinen gesamten Reingewinn versteuern muss, Vorrang hat (oben E. 2b), hat der Steuerpflichtige gegebenenfalls in Kauf zu nehmen, dass er mehr als seinen Gesamtreingewinn versteuert (ASA 27, 411; nicht veröffentlichte Urteile vom 11. Dezember 1987 i.S. W. E. 3c und vom 14. Juni 1989 i.S. J. E. 3d). Ein solcher sog. Ausscheidungsverlust kann aber nur entstehen, wenn der Steuerpflichtige keinen genügenden Gesamtreingewinn erzielte, der die Zuscheidung der reinen Liegenschaftenerträge an die Liegenschaftskantone und die Verrechnung allfälliger Liegenschaftsverluste am Hauptsteuerdomizil erlaubt. Das ist hier, wo der Gesamtreingewinn nach der Veranlagung des Kantons Bern selbst 1985 den Liegenschaftenverlust in St. Gallen bei weitem übersteigt, von vorneherein ausgeschlossen.
c) Das Schlechterstellungsverbot ist somit verletzt und die Beschwerde grundsätzlich berechtigt.

4. a) Die Beschwerdeführerin erblickt eine unzulässige Doppelbesteuerung darin, dass der Kanton St. Gallen den Liegenschaftsgewinn des Geschäftsjahres 1985/86 voll besteuerte, ohne den Liegenschaftsverlust des Vorjahres (1984/85) abzuziehen.
b) Die Verrechnung von Verlusten früherer Jahre ist in den meisten kantonalen Steuergesetzen vorgesehen, und zwar einerseits in den Kantonen mit zweijähriger Pränumerandobesteuerung innerhalb einer zweijährigen Bemessungsperiode, und anderseits bei der Unternehmungsbesteuerung (Personenunternehmungen und Kapitalgesellschaften) auch für eine beschränkte (in neuerer Zeit erhöhte, aber nicht einheitliche) Zahl weiterer Jahre. Aus Art. 46 Abs. 2 BV hat das Bundesgericht bisher eine allgemeine Pflicht zur Verrechnung früherer Verluste nicht abgeleitet, ausser für Verluste aus Liegenschaftengeschäften beim gewerbsmässigen
BGE 116 Ia 127 S. 133
Liegenschaftenhändler (BGE 92 I 198; vgl. auch BGE 107 Ia 44 und nicht publizierte Urteile vom 11. Dezember 1987 i.S. W. E. 4b und d sowie vom 14. Juni 1989 i.S. J. E. 3d). Es liegt keine Doppelbesteuerung vor, wenn ein Kanton Verluste aus Geschäftsjahren früherer Bemessungsperioden (nach dem Grundsatz der Periodizität der Besteuerung) nicht mit dem Einkommen bzw. Reinertrag verrechnen lässt und diese gesetzliche Ordnung auch auf ausserkantonale Verluste anwendet.
c) Art. 72 lit. c des St. Galler Steuergesetzes vom 23. Juni 1970 (StG) lässt aber bei juristischen Personen Verluste aus sieben dem massgeblichen Geschäftsjahr unmittelbar vorangegangenen Geschäftsjahren zum Abzug zu, soweit sie bei der Veranlagung noch nicht berücksichtigt worden sind. Diese Verlustverrechnungsmöglichkeit gilt ebenfalls für ausserkantonale Gesellschaften, die kraft wirtschaftlicher Zugehörigkeit infolge Grundbesitzes im Kanton steuerpflichtig sind (vgl. WEIDMANN/GROSSMANN/ZIGERLIG, Wegweiser durch das st. gallische Steuerrecht, 4. Aufl. 1987, S. 196 lit. d). Davon geht auch die Kantonale Steuerverwaltung St. Gallen in ihrer Vernehmlassung aus.
d) Sie verweigerte jedoch der Beschwerdeführerin die Verlustverrechnung, weil der Liegenschaftsverlust aus dem Vorjahr (1984/85) nach den Doppelbesteuerungsregeln vom Kanton Bern zu übernehmen sei und somit gar keine verrechenbaren Verluste mehr übrigblieben.
Dieser Überlegung kann nicht gefolgt werden. Die Verweigerung der Verlustverrechnung läuft in einem solchen Fall auf eine Schlechterstellung der Beschwerdeführerin durch den Kanton St. Gallen hinaus, weil sie nicht nur im Kanton St. Gallen, sondern auch noch in einem anderen Kanton steuerpflichtig ist. Es ist nicht einzusehen, weshalb das Schlechterstellungsverbot für den Liegenschaftskanton nicht gelten sollte, soweit die Besteuerung von Ertrag und Verlust der kantonalen Liegenschaften in Frage steht. Im Gegenteil muss nicht bloss bei gewerbsmässigen Liegenschaftenhändlern (ASA 56, 575 E. 6b) zur Vermeidung von Doppelbesteuerung der Grundsatz gelten, dass der Verrechnung von Aufwandüberschüssen in der Zeit im Liegenschaftskanton der Vorrang vor der Verrechnung von Verlusten in anderen Kantonen einzuräumen ist. Sondern soweit die Handhabung des Schlechterstellungsverbots es ermöglicht, muss dieser Grundsatz bei allen Steuerpflichtigen und insbesondere bei Kapitalgesellschaften vom Liegenschaftskanton beachtet werden, bevor der Sitzkanton (oder
BGE 116 Ia 127 S. 134
nach der in der Literatur vertretenen Auffassung auch ein anderer Liegenschaftskanton) Verluste der Liegenschaftenrechnung in einem blossen Liegenschaftskanton vom seiner Steuerhoheit unterliegenden Reinertrag abzuziehen gezwungen wird (nicht publiziertes Urteil i.S. J. vom 14. Juni 1989 a.a.O.).
Die Veranlagung des Kantons St. Gallen ist damit wegen Verletzung des Schlechterstellungsverbots aufzuheben.

5. a) Zur Begründung ihrer Doppelbesteuerungsrüge bringt die Beschwerdeführerin sodann vor, der Kanton Bern habe sowohl den Verlust des Geschäftsjahres 1984/85 aus der Liegenschaft in Bad Ragaz als auch den Gewinn des Geschäftsjahres 1985/86 voll in seiner Veranlagung erfasst.
b) An der Rüge ist soviel richtig, als die bernische Veranlagungsbehörde nicht bloss die von den bundesgerichtlichen Regeln vorgeschriebene, für jedes der beiden Bemessungsjahre gesonderte Steuerausscheidung unterliess. Sie hat auch den (möglicherweise unzutreffend und zu niedrig ausgeschiedenen) Liegenschaftenverlust, den sie für beide Bemessungsjahre zusammen mit Fr. ... errechnete, nicht vom übrigen in Bern steuerbaren Einkommen abgezogen (das sonst im Durchschnitt um Fr. ... niedriger ausgefallen wäre). Somit hat auch Bern bei der Veranlagung der Beschwerdeführerin das Schlechterstellungsverbot verletzt.
c) Die für jedes Jahr gesonderte Ausscheidung des im Sitzkanton und Liegenschaftskanton steuerbaren Reinertrags kann im Kanton Bern ohne Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots in eine Durchschnittsberechnung der beiden Bemessungsjahre einbezogen werden. Dabei ist nicht zu verlangen, dass Bern den für 1985 ausgeschiedenen Liegenschaftsverlust vom übrigen steuerbaren Einkommen auch abziehen müsste, soweit ihn schon der Liegenschaftenkanton St. Gallen mit dem für ihn ausgeschiedenen Reinertrag 1986 nach seinem kantonalen Recht verrechnen kann und zur Vermeidung einer Schlechterstellung der Beschwerdeführerin verrechnen muss. Würde er in Bern ein zweites Mal abgezogen, wäre sonst die Beschwerdeführerin wegen ihrer Unterstellung unter die Steuerhoheit von zwei Kantonen niedriger veranlagt, als wenn sie ausschliesslich in Bern steuerpflichtig wäre, worauf sie keinen Anspruch aus Art. 46 Abs. 2 BV erheben kann (vgl. dazu das Urteil vom 30. März 1990 i.S. M.).
Soweit aber bei der Ausscheidung, die der Kanton Bern beim vorgeschriebenen Schuldenabzug (im Verhältnis der in beiden beteiligten Kantonen übereinstimmend ermittelten Aktivenanteile)
BGE 116 Ia 127 S. 135
vornimmt, dem Liegenschaftenkanton St. Gallen ein Verlust für 1985 zugeschieden wird, der den Liegenschaftenreinertrag für 1986 übersteigt, ist der Verlustsaldo (im Durchschnitt) von dem in Bern 1987/88 steuerbaren Reinertrag in Abzug zu bringen.

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Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 2 3 4 5