Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Urteilskopf

116 Ia 221


37. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Juli 1990 i.S. Einwohnergemeinde Kappel und Mitbeteiligte gegen Regierungsrat des Kantons Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde)

Regeste

Zonenplanung (Art. 15 RPG); Gemeindeautonomie, Eigentumsgarantie und Art. 4 BV.
1. Verfahren: Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde einer Gemeinde, deren Zonenplan teilweise nicht genehmigt wurde (E. 1d).
Private, die gleichzeitig wie die Gemeinde die teilweise Nichtgenehmigung des Zonenplans anfechten und diesbezüglich im wesentlichen die gleichen Fragen aufwerfen, sind ebenfalls zur Beschwerdeführung befugt (E. 1e).
Parteistellung einer Beschwerdeführerin, die nach Einreichung der staatsrechtlichen Beschwerde ihr Grundstück verkauft hat (E. 1b).
2. Den Gemeinden des Kantons Solothurn steht auf dem Gebiet der Ortsplanung Autonomie zu (E. 2b).
3. Die generelle Ausrichtung der Bauzone auf die doppelte Einwohnerzahl einer Gemeinde ist mit dem Bundesrecht nicht vereinbar (E. 3b).
4. Zum Inhalt des Richtplans des Kantons Solothurn. Die Erschliessungsplanung ist auf die neue Nutzungsplanung auszurichten (E. 4a).
5. Nichtgenehmigung von Teilen eines kommunalen Zonenplans (E. 4d).

Sachverhalt ab Seite 222

BGE 116 Ia 221 S. 222
Der Regierungsrat des Kantons Solothurn hat am 12. Juli 1988 beschlossen:
"1. Die Ortsplanung der Gemeinde Kappel, bestehend aus
- Zonenplan 1:2500
- Zonenreglement
- Verkehrsrichtplan wird im Sinne der Erwägungen teilweise genehmigt.
2. Die Gebiete
- Einfamilienhauszone E2, "Bohlacker"
- Ortsbildschutzzone OSCH und Reservegebiet, "Unterdorf"
- Industrie-Reservegebiet, "Höchimatten"
- unüberbauter Teil von Parzelle GB Nr. 445 werden von der Genehmigung ausgenommen.
BGE 116 Ia 221 S. 223
Der Ortsbildschutzperimeter ist auf die Liegenschaft GB Nr. 28 südlich der Mittelgäustrasse auszudehnen.
3. § 7 Abs. 2 des Bau- und Zonenreglementes wird von der Genehmigung ausgenommen.
4. Der Verkehrsrichtplan ist im Gebiet "Bohlacker" entsprechend den Erwägungen in Kap. IV.a) anzupassen.
5.-12. ..."
Gegen diesen Entscheid führen die Einwohnergemeinde Kappel sowie verschiedene private Grundeigentümer staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragen, die Ziffern 2, 3 und 4 des genannten Regierungsratsbeschlusses seien aufzuheben (siehe auch BGE 116 Ia 193 ff., 197 ff., 236 f.).

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. b) Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer teilte dem Bundesgericht am 28. August 1989 mit, die Beschwerdeführerin X. habe das vom teilweisen Nichtgenehmigungsentscheid des Regierungsrats betroffene Grundstück an den früheren Eigentümer zurückverkauft. Ihre Beschwerde sei damit gegenstandslos. Durch den Grundstücksverkauf ist die Beschwerde von X. indessen nach der Praxis des Bundesgerichts nicht gegenstandslos geworden. Das OG enthält keine Bestimmungen über die Folgen, welche die Veräusserung des Streitgegenstands durch eine Beschwerdepartei auf das Beschwerdeverfahren hat. Es ist deshalb gemäss Art. 40 OG auf die Regeln des Bundeszivilprozesses zurückzugreifen. Laut Art. 21 BZP ist die Veränderung der im Streit liegenden Sache ohne Einfluss auf die Legitimation in der Sache. Ein Parteiwechsel ist nur mit Zustimmung der Gegenpartei zulässig (Art. 17 Abs. 1 BZP). Dies gilt auch im Fall der Veräusserung der im Streit liegenden Sache. Fehlt - wie hier - die erforderliche Vereinbarung, wird der Prozess nicht gegenstandslos, sondern im Namen der ursprünglichen Beschwerdeführerin fortgesetzt (vgl. BGE 98 Ib 371; ZBl 80/1979 S. 481 E. 3a; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 182; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1984, S. 220). Die Gegenstandslosigkeit wäre allerdings eingetreten, wenn X. ihre Beschwerde zurückgezogen hätte (WALTER KÄLIN, a.a.O., S. 220). Im erwähnten Brief ihres Vertreters vom 28. August 1989 wurde indessen kein Beschwerderückzug erklärt, so dass X. weiterhin als Beschwerdeführerin zu betrachten ist.
BGE 116 Ia 221 S. 224
c) Die Einwohnergemeinde Kappel macht geltend, insoweit der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid ihre Ortsplanungsrevision nicht genehmige, verletze er die Gemeindeautonomie. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Autonomieverletzung rügt die Gemeinde auch einen Verstoss gegen Art. 4 BV durch eine willkürliche Anwendung des kantonalen Rechts. Schliesslich wird in der Beschwerde die Auffassung vertreten, der angefochtene Entscheid verletze die Eigentumsgarantie (Art. 22ter BV). Die "Auszonungen" würden schwerwiegende Eingriffe in dieses Grundrecht darstellen und seien nur aufgrund eines hinreichenden öffentlichen Interesses zulässig.
Der angefochtene Nichtgenehmigungsentscheid trifft die Einwohnergemeinde Kappel in ihrer Eigenschaft als Trägerin hoheitlicher Gewalt. Sie ist daher berechtigt, mit staatsrechtlicher Beschwerde eine Verletzung ihrer Autonomie zu rügen. Ob ihr im betreffenden Bereich tatsächlich Autonomie zusteht, ist keine Frage der Legitimation, sondern Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 114 Ia 76 E. 1, 81 E. 1a; BGE 113 Ia 202 E. 1a, je mit Hinweisen). Die Gemeinde kann neben der Verletzung ihrer Autonomie auch einen Verstoss gegen das Willkürverbot (Art. 4 BV) geltend machen, wenn diese Rüge mit jener der Verletzung der Gemeindeautonomie eng zusammenhängt (BGE 113 Ia 333 E. 1b, 110 Ia 51, je mit Hinweis).
d) Der angefochtene Entscheid ist teilweise ein Rückweisungsentscheid und insofern ein Zwischenentscheid, der das umstrittene Ortsplanungsverfahren nicht abschliesst. Staatsrechtliche Beschwerden gegen Zwischenentscheide, die lediglich einen Schritt auf dem Weg zu einem letztinstanzlichen Endentscheid darstellen, sind gemäss Art. 87 OG wegen Verletzung von Art. 4 BV nicht zulässig, es sei denn, der Zwischenentscheid habe für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge. Soweit andere Rügen erhoben werden, können letztinstanzliche Zwischenentscheide auch dann angefochten werden, wenn sie keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken (Art. 86 OG). Werden neben der Verletzung von Art. 4 BV noch weitere Beschwerdegründe vorgebracht, so tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde in vollem Umfang ein, allerdings nur dann, wenn die neben der Verletzung von Art. 4 BV geltend gemachten Verfassungsrügen nicht mit der Willkürrüge zusammenfallen, somit selbständige Bedeutung haben und nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet sind (BGE 115 Ia 314 E. 2b mit Hinweisen).
BGE 116 Ia 221 S. 225
aa) Die Gemeinde beruft sich im vorliegenden Fall auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Gemeindeautonomie und macht geltend, die Anwendung des eidgenössischen und kantonalen Planungsrechts durch den Regierungsrat sei unhaltbar. Das Bundesgericht prüft diese Rüge auf Willkür (Art. 4 BV) hin, da hier nicht die Auslegung oder Anwendung von Verfassungsrecht in Frage steht (vgl. hinten E. 2a). Insoweit fällt die Rüge der Verletzung der Gemeindeautonomie mit der Rüge wegen Verletzung von Art. 4 BV zusammen und hat keine selbständige Bedeutung (BGE 116 Ib 43 f. E. 1b, 115 Ia 314 E. 2b, BGE 114 Ia 78 f. E. 3b, BGE 106 Ia 227 E. 1). Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid für die Gemeinde einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat (Art. 87 OG).
Nach der Praxis des Bundesgerichts kann ein nicht wiedergutzumachender Nachteil für eine Gemeinde dann vorliegen, wenn sie verpflichtet wird, im Sinne des Entscheids der kantonalen Behörde direkt eine neue, ihrer Auffassung widersprechende Anordnung zu treffen. Im Kanton Solothurn besteht im Verfahren der Ortsplanung nur eine einzige Rekursinstanz (Regierungsrat). Der Rückweisungsentscheid trifft die Gemeinde derart, dass sie gezwungen wäre, entgegen ihrer Rechtsauffassung der Weisung des Regierungsrats Folge zu leisten. Würde auf die Beschwerde nicht eingetreten, so wäre es der Gemeinde in der vorliegenden Angelegenheit verwehrt, sich je über eine Verletzung ihrer Autonomie vor Bundesgericht zu beschweren. Die Beschwerde der Gemeinde ist deshalb zulässig (vgl. BGE 116 Ia 44 E. 1b mit zahlreichen Hinweisen und nicht publizierten Entscheid vom 13. September 1989 i.S. Gemeinde Flims E. 1b).
bb) Die Rüge der privaten Beschwerdeführer, der Regierungsrat habe mit dem angefochtenen Entscheid die Eigentumsgarantie verletzt, hat selbständige, über die Rüge der Verletzung des Willkürverbots (Art. 4 BV) hinausgehende Bedeutung, da das Bundesgericht grundsätzlich frei prüft, ob die angefochtenen Planungsmassnahmen durch das von der Verfassung geforderte überwiegende öffentliche Interesse gedeckt sind (BGE 114 Ia 243 E. 4, 338 E. 2a, je mit Hinweisen). Dass die Berufung auf Art. 22ter BV bei der gegebenen Sachlage offensichtlich unbegründet sei, lässt sich nicht von vornherein sagen. Die gegen den letztinstanzlichen Rückweisungsentscheid des Regierungsrats eingereichte staatsrechtliche Beschwerde der privaten Grundeigentümer ist daher
BGE 116 Ia 221 S. 226
gestützt auf Art. 86 Abs. 2 OG zulässig (nicht publizierte Erwägung 3 von BGE 115 Ia 345).
e) Die privaten Beschwerdeführer waren im Zeitpunkt der teilweisen Nichtgenehmigung der Ortsplanung Kappel durch den Regierungsrat Grundeigentümer im Gebiet Bohlacker, welches nach Auffassung des Regierungsrats nicht zur Bauzone geschlagen werden soll. Hinsichtlich ihrer Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 88 OG) ist zu beachten, dass noch keine definitiven, ihr Eigentum betreffende Beschränkungen erlassen wurden und damit fraglich ist, ob sie vom angefochtenen Entscheid in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen sind. Eine definitive Eigentumsbeschränkung aufgrund einer Nutzungsplanungsmassnahme erfolgt im Hinblick auf Art. 26 Abs. 1 RPG erst, wenn diese vom Regierungsrat genehmigt worden ist. Das ist hier in bezug auf die umstrittenen Gebiete noch nicht geschehen. Mit der Behandlung der Autonomiebeschwerde der Gemeinde wird indessen bezüglich der Dimensionierung der Bauzone weitgehend über dieselben materiellen Fragen entschieden, die auch die privaten Beschwerdeführer in ihrer staatsrechtlichen Beschwerde aufwerfen. Der angefochtene Entscheid berührt somit auch die privaten Grundeigentümer in ihren rechtlich geschützten Interessen, soweit er aufgrund der Beschwerde der Gemeinde vom Bundesgericht zu überprüfen ist. Schon aus diesem Grund sowie auch aus Gründen der Prozessökonomie ist die Beschwerde der privaten Beschwerdeführer gleichzeitig mit jener der Gemeinde zu behandeln. Sie werfen dem Regierungsrat vor, er habe im angefochtenen Entscheid die Eigentumsgarantie (Art. 22ter BV) und Art. 4 BV verletzt und machen hilfsweise eine Verletzung der Gemeindeautonomie geltend, was nach der Praxis zulässig ist (BGE 114 Ia 292 E. 3a mit Hinweisen).

2. a) (Hinweis auf BGE 114 Ia 372 E. 2a mit Zitaten.)
b) Mit dem angefochtenen Entscheid hat der Regierungsrat im Genehmigungsverfahren die von der Einwohnergemeinde Kappel beschlossene Ortsplanungsrevision teilweise nicht genehmigt. Aufgrund der §§ 9 ff. des Baugesetzes des Kantons Solothurn vom 3. Dezember 1978 (BauG) steht den Gemeinden des Kantons Solothurn auf dem Gebiet der Ortsplanung Autonomie zu. Dies wird vom Regierungsrat denn auch zu Recht nicht bestritten.
c) Wann eine Gemeinde durch den Entscheid einer kantonalen Rechtsmittelbehörde in ihrer Autonomie verletzt ist, hängt vom Umfang der Überprüfungsbefugnis der kantonalen Instanz ab
BGE 116 Ia 221 S. 227
(BGE 113 Ia 194 E. 2d). Nach § 18 Abs. 1 BauG sind die Nutzungspläne durch den Regierungsrat zu genehmigen. Der Regierungsrat entscheidet über die Beschwerden, überprüft die Pläne auf ihre Recht- und Zweckmässigkeit und auf die Übereinstimmung mit den kantonalen und regionalen Plänen. Pläne, die rechtswidrig oder offensichtlich unzweckmässig sind, und Pläne, die übergeordneten Planungen widersprechen, weist er an die Gemeinde zurück (§ 18 Abs. 2 BauG). Der Regierungsrat kann allfällige Änderungen selbst beschliessen, wenn deren Inhalt eindeutig bestimmbar ist und die Änderungen der Behebung offensichtlicher Mängel oder Planungsfehler dienen (§ 18 Abs. 3 BauG). Gemäss § 133 Abs. 1 BauG können die Gemeinden in einem Reglement eigene Vorschriften erlassen, soweit sie dem kantonalen Baureglement nicht widersprechen. Solche Vorschriften bedürfen der Genehmigung durch den Regierungsrat, der sie auf die Recht- und Zweckmässigkeit überprüft (§ 133 Abs. 3 BauG).
Im Hinblick auf diese Vorschriften kann die Gemeinde eine Verletzung ihrer Autonomie nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn der Eingriff des Regierungsrats in die kommunale Gestaltungsfreiheit sich nicht mit vernünftigen, sachlichen Gründen vertreten lässt. Auch darf der Regierungsrat nicht einfach das Ermessen der Gemeinde durch sein eigenes ersetzen. Er hat es in Übereinstimmung mit der Regel von Art. 2 Abs. 3 RPG den Gemeinden zu überlassen, unter mehreren verfügbaren und zweckmässigen Lösungen zu wählen. Der Regierungsrat kann jedoch bei seiner Zweckmässigkeitskontrolle nicht erst einschreiten, wenn die Lösung der Gemeinde ohne sachliche Gründe getroffen wurde und schlechthin unhaltbar ist. Die kantonalen Behörden dürfen sie vielmehr korrigieren, wenn sie sich aufgrund überkommunaler öffentlicher Interessen als unzweckmässig erweist oder wenn sie den wegleitenden Grundsätzen und Zielen der Raumplanung nicht entspricht oder unzureichend Rechnung trägt. Verlangt die kantonale Behörde von der Gemeinde mit vernünftiger, sachlicher Begründung eine Änderung der Zonenplanung, um diese mit den gesetzlichen Anforderungen in Übereinstimmung zu bringen, so kann sich die Gemeinde nicht mit Erfolg über eine Verletzung ihrer Autonomie beklagen (BGE 113 Ia 194 f. E. 2d; BGE 112 Ia 284 E. 3d, BGE 111 Ia 70 E. 3d, je mit Hinweisen; Urteil vom 12. Februar 1986 in ZBl 88/1987, S. 131 f., E. 3c).

3. Die Gemeinde hält das Argument des Regierungsrats für unzutreffend, wonach der Nichtgenehmigungsentscheid
BGE 116 Ia 221 S. 228
namentlich zur Verhinderung einer übergrossen, den Anforderungen von Art. 15 RPG nicht entsprechenden Bauzone rechtlich geboten sei, und sie erblickt darin eine Verletzung ihrer Autonomie.
a) Der Regierungsrat führt dazu im angefochtenen Entscheid im wesentlichen aus, dass das Gesetz (RPG und BauG) die zulässige Grösse einer Bauzone bestimme. Diese habe nach § 26 BauG jenes Land zu umfassen, das bereits weitgehend überbaut und erschlossen sei oder das nach objektiven Planungsgrundsätzen in absehbarer Zeit - Art. 15 RPG lege 15 Jahre fest - für eine geordnete Besiedlung benötigt werde und auch erschlossen werden könne. Zur Konkretisierung dieser Bestimmungen sei der Planungsgrundsatz des Faktors 2 aufgestellt und in den kantonalen Richtplan über die Besiedlung und Landschaft von 1982 aufgenommen worden. Nach diesem Grundsatz dürfe die Bauzone höchstens so gross bemessen sein, dass sie, gesamthaft gesehen, der doppelten heutigen Einwohnerzahl einer Gemeinde Platz biete. Dieser Faktor 2 stelle eine alleroberste, allen Eventualitäten Rechnung tragende Grenze dar, damit die Bauzonengrösse den gesetzlichen Anforderungen noch genügen könne. Eine Bauzone, welche über diese maximale Grösse hinausgehe, sei nicht nur unzweckmässig, sondern gesetzwidrig. Die Berechnung des Fassungsvermögens der Bauzone von Kappel habe ergeben, dass Faktor 2 deutlich überschritten sei (Faktor ca. 2,2). Das Fassungsvermögen der Bauzone sei somit um ca. 300 Einwohner zu gross. Die Gemeinde halte diese Berechnung des Fassungsvermögens indessen für unrichtig. Sie berufe sich dabei auf eine Zusicherung des damaligen Kreisplaners, wonach in der Wohnzone W3 ein Splitting der Ausnützungsziffer zulässig sei, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass grössere Teile der Wohnzone W3 lediglich mit zweigeschossigen Bauten genutzt würden. Der Einwohnerwert für die Wohnzone W3 müsse gemäss dieser Absprache mit 100 E./ha angenommen werden und nicht wie üblich mit 120 E./ha. Bei Berücksichtigung dieser Argumente wäre Faktor 2 eingehalten. Dazu erklärt der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid, die Ermittlung des Fassungsvermögens der Bauzone erfolge in ständiger Praxis nach einer genau definierten Methode, welche für alle Gemeinden des Kantons in gleichem Masse Gültigkeit besitze. Nur durch eine exakt definierte Methode sei eine gleichwertige Behandlung verschiedener Ortsplanungen gewährleistet. Die Einwohnerdichtewerte für die verschiedenen Nutzungszonen würden hierbei gemäss der Richtlinie "Quartierplananalysen" (= Richtlinie
BGE 116 Ia 221 S. 229
zur Ortsplanung, ARP, Oktober 1977) festgelegt. Entgegen der offenbar gemachten Zusicherung des zuständigen Kreisplaners sei ein Splitting der Ausnützungsziffer in nicht voll ausgenützten Wohnzonen unzulässig. Auch die damit verbundene Herabsetzung der massgeblichen Einwohnerdichtewerte lasse sich nicht rechtfertigen, da der Kanton bei seinen Berechnungen stets von der Annahme voll ausgenützter Nutzungszonen ausgehe. Dem vorliegenden Problem der "Unternutzung" von Wohnzonen werde nämlich insofern bereits Rechnung getragen, als der Grenzwert von Faktor 2 bewusst hoch angesetzt worden sei. Der Regierungsrat ist der Auffassung, dass die Zusicherung eines Kreisplaners die Genehmigungsinstanz an sich nicht zu binden vermöge. Die von der Gemeinde geltend gemachten Einwände seien sachlich nicht haltbar, da die spezielle Berechnungsart eine Ausnahme darstellen würde und damit eine Rechtsungleichheit gegenüber anderen Gemeinden entstünde. Gleichzeitig sei jedoch zu beachten, dass die Gemeinde sich während der gesamten Planungsphase auf diese Zusicherung verlassen habe und deshalb eine Zurückweisung der Planung gemäss § 18 Abs. 2 BauG gegen Treu und Glauben verstossen würde. Aus diesem Grund hat sich der Regierungsrat bei der Überprüfung der Zweckmässigkeit der Zonenabgrenzung auf diejenigen Gebiete beschränkt, welche neben einer allgemeinen Eignung zur Auszonung (geringer Erschliessungsgrad, periphere Lage, landwirtschaftliche Eignung) vor allem auch aus ortsbild- und landschaftsschützerischen Gründen bzw. aus Gründen der überörtlichen Planung problematisch seien. Es handelt sich dabei um die drei folgenden Gebiete:
a) Einfamilienhauszone E2: "Bohlacker", Parzellen GB Nrn. 666, 668-671, 680, 681, 703, 704, 968, 1583
b) Wohnzone W2OSCH und Reservegebiet: "Unterdorf", Parzellen GB Nrn. 28, 270-272, 280-282, 284, 290, 291, 293
c) Industrie-Reservegebiet: "Höchimatten", Parzellen GB Nrn. 476, 479, 491-495, 498, 500, 501, 503, 504, 1153
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der Regierungsrat sich bei der Überprüfung der Ortsplanungsrevision der Einwohnergemeinde Kappel trotz der nach seiner Ansicht nicht bindenden Zusicherung des Kreisplaners aus Gründen von Treu und Glauben über den Planungsgrundsatz "Faktor 2" hinweggesetzt hat. Er ist indessen selbst der Meinung, die Ausrichtung einer Bauzone auf die Verdoppelung der Bevölkerung sei das Äusserste, was im Hinblick auf Art. 15 RPG überhaupt noch als zulässig erscheine.
BGE 116 Ia 221 S. 230
In der Vernehmlassung des Bau-Departements wird sodann dargelegt, die Begrenzung der Bauzone sei eine äusserst wichtige, wenn nicht die wichtigste Massnahme der Raumplanung überhaupt. Der Planungsgrundsatz "Faktor 2" sei im Hinblick auf die engen Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes, welche die Bauzone auf einen Bedarf an Land für 15 Jahre begrenzten, äusserst grosszügig und müsse somit die äusserste Grenze für das Ausmass der Bauzone bilden. Es sei einzuräumen, dass man den "Faktor 2" nicht zur Rechtsnorm hochstilisieren dürfe; de facto werde er es aber, weil viele Gemeinden - auch Kappel - unbedingt die Grösse der Bauzone auf diese oberste Grenze ausrichten oder gar darüber hinausgehen wollten. Irgendwo müsse - zumal die Solothurner Lösung im Verhältnis zum Bundesrecht (vorsichtig formuliert) eine sehr large Lösung darstelle - eine oberste Grenze sein.
b) Diese Erwägungen des Regierungsrats und des Bau-Departements erweisen sich in verschiedener Hinsicht als problematisch, weil sie mit den in Art. 15 RPG enthaltenen Grundsätzen zur Dimensionierung der Bauzonen teilweise nicht übereinstimmen. Das im Kanton Solothurn praktizierte Vorgehen zur Bestimmung der maximalen Bauzonengrösse ist mit der generellen Berücksichtigung des Planungsgrundsatzes "Faktor 2" zu schematisch und nimmt insbesondere auf die Kriterien des in den letzten Jahren erfolgten Flächenverbrauchs, des voraussichtlichen Flächenbedarfs, der Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre und der Bevölkerungsprognose für die nächsten 15 Jahre keine oder jedenfalls nicht genügend Rücksicht. Betrachtet man den "Faktor 2" neben diesen Gesichtspunkten als einen Planungsgrundsatz, der die Grenze dessen, was nach Art. 15 RPG hinsichtlich der Grösse einer Bauzone im äussersten Fall noch zulässig ist, bestimmt, so ist er als Planungsgrundsatz aus der Sicht des Bundesrechts nicht zu beanstanden (vgl. nicht publiziertes Urteil vom 24. Februar 1987 i.S. V. B. c. Gem. Wisen, E. 3). Wird der "Faktor 2" aber so verstanden, dass die Bauzonengrösse generell auf die doppelte Bevölkerungszahl ausgerichtet werden soll, ohne dass auf die speziellen Verhältnisse der einzelnen Gemeinde eingegangen wird, ist er mit den Grundsätzen des Raumplanungsgesetzes des Bundes nicht vereinbar. In diesem letztgenannten Sinne soll er aber nach den Ausführungen des Regierungsrats und des Bau-Departements im Kanton Solothurn verbreitet Anwendung finden. Wie erwähnt, scheint der Regierungsrat im vorliegenden Fall für die Einwohnergemeinde Kappel sogar eine grössere Bauzone zuzulassen, als dies
BGE 116 Ia 221 S. 231
der "Faktor 2" vorsieht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts liegen jedoch Massnahmen im öffentlichen Interesse, die geeignet sind, das Entstehen überdimensionierter Bauzonen zu verhindern oder solche Bauzonen zu verkleinern (BGE 114 Ia 369). Diese Praxis geht schon auf die Zeit vor dem Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes zurück (vgl. BGE 103 Ia 252 mit Hinweisen). Dafür sprechen gewichtige planerische Gründe wie die Vermeidung der Streubauweise, Erwägungen des Landschaftsschutzes und die Notwendigkeit, die Infrastrukturanlagen und -kosten zu beschränken. Zu gross bemessene Bauzonen sind nicht nur unzweckmässig, sondern gesetzwidrig (BGE 114 Ia 255 E. 3e mit Hinweisen).
Im Jahre 1977, d.h. vor Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes hat das Bundesgericht erklärt, es habe bisher nicht näher umschrieben, wann eine Bauzone zu gross sei und ihre Verkleinerung demnach im öffentlichen Interesse liege. Es bezeichnete die ausgeschiedene Bauzone als offensichtlich überdimensioniert, wenn sie aller Voraussicht nach bis weit über das Jahr 2000 hinaus ausreichte, wenn sie beim Bevölkerungsstand in den Jahren 2020-2040 voraussichtlich nicht benötigt würde oder wenn sie wesentlich mehr als die doppelte Bevölkerungszahl aufzunehmen vermöchte, die in den nächsten 10-15 Jahren erwartet werden könnte (BGE 103 Ia 252 E. 2b). Inzwischen hat sich jedoch die Rechtslage geändert. Seit dem 1. Januar 1980 besteht in Art. 15 RPG eine bundesrechtliche Vorschrift, die sich eingehend mit der Bemessung der Bauzone befasst (vgl. BGE 103 Ia 253). Es gibt verschiedene Methoden zur Berechnung des Fassungsvermögens von Bauzonen im Sinne von Art. 15 RPG. Im Kanton Zürich bildet Ausgangspunkt dieser Prognose das Verhältnis der überbauten zu den innerhalb der Bauzone gelegenen noch unüberbauten Flächen. Aus der jährlichen Gegenüberstellung dieser Flächen wird die tatsächliche Beanspruchung der Baulandreserven in den vergangenen Jahren berechnet und danach der im Planungszeitraum zu erwartende Bedarf geschätzt. Diese Methode hat das Bundesgericht verschiedentlich als sachlich vertretbar und zulässig erklärt (vgl. BGE 114 Ia 369, ZBl 84/1983, S. 319). Ein zu dieser Problematik vom Bundesamt für Raumplanung herausgegebener Bericht mit dem Titel "Ermittlung der möglichen Bevölkerungsentwicklung bei vorgegebenen Bauzonen" (erschienen in der Reihe "Materialien zur Raumplanung" im Juni 1981) nimmt auf die verschiedenen Methoden zur Berechnung des Fassungsvermögens von Bauzonen
BGE 116 Ia 221 S. 232
Bezug und erläutert, wie diese eingesetzt werden können und was bei der Abschätzung der möglichen Bevölkerungsentwicklung zu beachten ist, ohne sich auf eine konkrete Methode festzulegen. Immerhin ergibt sich daraus, dass für die Dimensionierung der Bauzone zunächst die Bevölkerungsentwicklung für den Planungszeitraum aufgrund der Planungsmassnahmen abzuschätzen und anschliessend die hiefür benötigte Baulandreserve zu ermitteln ist, was ohne Zweifel sachlich richtig ist und dem Wortlaut von Art. 15 RPG sowie dem Sinn und Zweck des Raumplanungsgesetzes entspricht (vgl. insbesondere den zitierten Bericht S. 21 ff.). Es ist zudem zu beachten, dass für das Festlegen der Bauzonen nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichts Art. 15 RPG nicht allein massgebend ist. Die Bauzonenausscheidung hat wie alle Raumplanung eine auf die erwünschte Entwicklung des Landes ausgerichtete Ordnung der Besiedlung zu verwirklichen (Art. 22quater Abs. 1 BV). Sie stellt eine Gestaltungsaufgabe dar und unterliegt einer gesamthaften Abwägung und Abstimmung aller räumlich wesentlichen Gesichtspunkte und Interessen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 RPG; BGE 114 Ia 369; BGE 113 Ib 230 f. E. 2c; BGE 107 Ia 37 ff.).
Betrachtet man die Verhältnisse in der Einwohnergemeinde Kappel im Lichte dieser Rechtsprechung, so ergibt sich, dass das Vorgehen des Regierungsrats verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, soweit er eine Nichtgenehmigung der Ortsplanung Kappel ausgesprochen hat. Viel näher liegt die im vorliegenden Verfahren nicht zur Diskussion stehende Frage, ob der Regierungsrat der Gemeinde im angefochtenen Entscheid nicht zu weit entgegengekommen ist und eine zu grosse, Art. 15 RPG widersprechende Bauzone akzeptiert hat. Ein Blick auf die Materialien der hier zu beurteilenden Ortsplanungsrevision zeigt nämlich deutlich, dass eine Bauzonengrösse, welche auf die Verdoppelung der Bevölkerung ausgerichtet ist, weit von denjenigen Planungszielen entfernt ist, welche das Raumplanungsgesetz insbesondere in Art. 15 RPG umschreibt. Auch wenn man von den Berechnungen des Gemeinderats ausgeht, ergibt sich eine viel zu grosse Bauzone. Aus dem Vorprüfungsbericht des kantonalen Amtes für Raumplanung geht hervor, dass der Zonenplan 1968 der Einwohnergemeinde Kappel ein Fassungsvermögen von 7460 Einwohnern aufweist. Die Gemeinde zählte am 1. Januar 1984 1913 Einwohner und wies nach den Angaben der Beschwerdeführer im Februar 1988 einen Bevölkerungsstand von 2052 Einwohnern auf. Im erwähnten
BGE 116 Ia 221 S. 233
Vorprüfungsbericht wird erklärt, die Bevölkerungsentwicklung seit 1980 sei leicht ansteigend (ca. 40 Einwohner pro Jahr). Im Hinblick auf diese Zahlen kann in den nächsten 15 Jahren niemals mit einer Verdoppelung der Bevölkerung gerechnet werden, und zwar gleichgültig, ob man dieser Prognose die Zahlen der Gemeinde oder diejenigen des Regierungsrats zugrunde legt. Das bedeutet, dass wohl schon die vom Regierungsrat akzeptierte Bauzonengrösse Art. 15 RPG widerspricht. Umso grösser wäre der Widerspruch, wenn dem Begehren der Gemeinde oder der privaten Beschwerdeführer entsprochen würde. Deshalb kann im Nichtgenehmigungsentscheid des Regierungsrats unter dem Aspekt der Bauzonengrösse weder eine Verletzung der Gemeindeautonomie noch eine andere Verletzung verfassungsmässiger Rechte erblickt werden. Auch der Umstand, dass sich Land bisher in einer Bauzone befand, steht einer Nichteinzonung grundsätzlich nicht entgegen, wenn es darum geht, einen Zonenplan mit einer derart übergrossen Bauzone wie diejenige des Zonenplans der Einwohnergemeinde Kappel aus dem Jahre 1968 den Planungsgrundsätzen des Raumplanungsgesetzes anzupassen bzw. diesen anzunähern (BGE 115 Ia 387 E. 4; BGE 114 Ia 33 mit Hinweisen).
Der frühere Zonenplan aus dem Jahre 1968 stellt angesichts der Grösse der darin ausgeschiedenen Bauzone nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts keinen Nutzungsplan im Sinne der Art. 14 ff. RPG dar. Die vom Regierungsrat im angefochtenen Nichtgenehmigungsentscheid verlangten Planungsmassnahmen sind daher nicht als Aus-, sondern als Nichteinzonungen in die Bauzone zu bezeichnen (BGE 115 Ia 345 E. 5).

4. a) Die Beschwerdeführer wenden sich insbesondere dagegen, dass der Regierungsrat dem Einbezug des Bohlackers in die Bauzone die Genehmigung verweigert hat. Sie erklären zunächst, dieses Vorgehen verstosse gegen den kantonalen Richtplan aus dem Jahre 1982, wo dieses Land ausdrücklich der Bauzone zugeteilt sei.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nur für den unüberbauten Teil des Gebietes Bohlacker die Einzonungsgenehmigung verweigert worden ist. Sodann ist zu beachten, dass der Bohlacker weder im kantonalen Richtplan noch im Koordinationsplan "der Bauzone zugeteilt" worden ist. Wie das Bau-Departement in seiner Vernehmlassung zutreffend darlegt, stellt der Richtplan des Kantons Solothurn - jedenfalls in diesem Zusammenhang betrachtet - keinen Vornutzungsplan dar. Er gibt lediglich zu
BGE 116 Ia 221 S. 234
Informationszwecken den damaligen Stand der den Anforderungen der Raumplanung noch nicht angepassten Ortsplanung hinsichtlich der Baugebietsabgrenzung wieder (nicht publizierte Erwägung 3d von BGE 114 Ia 254 ff.). Im Richtplantext werden die Gemeinden im weiteren aufgefordert, den bestehenden Planungsstand den Kriterien des Raumplanungsgesetzes und des Baugesetzes anzupassen. In der Legende zum Siedlungsgebiet wird wörtlich erklärt: "Die bestehenden Bauzonen sind nach Möglichkeit mindestens um so viel zu reduzieren, dass sie höchstens das doppelte Fassungsvermögen der bisherigen Einwohnerzahl aufweisen." Die Rüge, der Regierungsrat habe sich im angefochtenen Entscheid über den Richtplan hinweggesetzt, ist somit unbegründet. Das gleiche gilt für den Koordinationsplan 1984. Der am 14. März 1980 vom Regierungsrat genehmigte Erschliessungsplan Bohlacker war auf den Zonenplan 1968 ausgerichtet, der namentlich wegen seiner übergrossen Bauzone nicht als Nutzungsplan im Sinne der Art. 14 ff. RPG betrachtet werden kann. Er ist daher der neuen Nutzungsplanung anzupassen. Dabei ist zu beachten, dass sich der Erschliessungsplan auf den Nutzungsplan auszurichten hat und nicht umgekehrt der Nutzungsplan auf den Erschliessungsplan (§ 99 BauG, Art. 19 RPG). Nachdem der Zonenplan 1968 bundesrechtswidrig ist, ist eine Anpassung des Erschliessungsplans an die neue Nutzungsplanung unerlässlich. Inwiefern sich der Regierungsrat dadurch, dass er sich über den überholten und insoweit auch rechtswidrigen Erschliessungsplan hinweggesetzt hat, verfassungswidrig verhalten haben soll, ist nicht ersichtlich.
Die Behauptung der Beschwerdeführer, der Bohlacker sei in jeder Beziehung erschlossen, ist aktenwidrig. Es fehlt vielmehr die Feinerschliessung für das zur Nichteinzonung vorgesehene unüberbaute Gebiet. Es bestehen nur im bereits überbauten, vom Nichtgenehmigungsentscheid des Regierungsrats nicht betroffenen Gebiet genügende Erschliessungsstrassen. Dass die Gemeinde ihre Erschliessungsplanung den neuen, sich aus dem Raumplanungsgesetz, insbesondere aus den Art. 14 ff. RPG ergebenden Bauzonenverhältnissen anzupassen hat, versteht sich von selbst und ist keinesfalls verfassungswidrig.
Auch wenn der Bohlacker landwirtschaftlich uninteressant ist und das Land lediglich im Gesamtinteresse landwirtschaftlich genutzt werden soll (Art. 16 Abs. 1 lit. b RPG), ändert das nichts daran, dass eine Nichteinzonung namentlich im Hinblick auf die Gesichtspunkte der Bauzonendimensionierung als
BGE 116 Ia 221 S. 235
verfassungskonform erscheint (vgl. vorne E. 3b). Dazu kommen Gründe des Landschaftsschutzes. Die Nichteinzonung bezieht sich nur auf den unüberbauten, in der Nähe des Waldes gelegenen Teil des fraglichen Gebiets. Die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Ausführungen gegen die Schutzwürdigkeit des dort gelegenen unüberbauten Landes vermögen nicht zu überzeugen.
Der Nichteinbezug des Bohlackers in die Bauzone entspricht den Zielsetzungen des Raumplanungsgesetzes, wie sie namentlich in den Art. 14 ff. RPG enthalten sind. Er verstösst deshalb nicht gegen die Eigentumsgarantie. Diese vermittelt in Verhältnissen, wie sie hier vorliegen, keinen Rechtsanspruch darauf, dass Land einer Bauzone zugeteilt wird. Im weiteren ist zu beachten, dass sich die Frage der Rechtssicherheit und damit der Planbeständigkeit nach der bundesgerichtlichen Praxis nur für bundesrechtskonforme Pläne stellt (BGE 114 Ia 32 ff. mit Hinweisen).
d) Die Beschwerdeführer erklären im weiteren, auch für den Fall, dass entgegen ihrer Auffassung anzunehmen sei, das Baugebiet sei offensichtlich zu gross, sei es nicht Sache des Regierungsrats, die Reduktion nach seiner Wahl vorzunehmen. Ein solches Vorgehen widerspreche der gesetzlichen Ordnung. Solange die Gemeinde nicht in Verzug sei, sei es ihre Aufgabe, die Bauzone im Rahmen von § 25 BauG zu redimensionieren.
Hinsichtlich der erwähnten zeitlichen Komponente ist darauf hinzuweisen, dass in der Gemeinde Kappel nun bereits seit über 10 Jahren ein bundesrechtswidriger Zonenplan besteht. Es darf deshalb durchaus von einer gewissen zeitlichen Dringlichkeit für die Anpassung dieser Ortsplanung an das Raumplanungsgesetz ausgegangen werden. Im übrigen gibt das kantonale Baugesetz dem Regierungsrat in § 18 BauG die Möglichkeit von Gebietsbezeichnungen. Gemäss § 18 Abs. 3 BauG kann der Regierungsrat sogar allfällige Änderungen selber beschliessen, wenn deren Inhalt eindeutig bestimmbar ist und die Änderungen der Behebung offensichtlicher Mängel oder Planungsfehler dienen. Im vorliegenden Fall hat der Regierungsrat nicht so gehandelt, sondern es bei einer blossen Nichtgenehmigung einzelner Teile der ihm vorgelegten Ortsplanungsrevision bewenden lassen. Das ist - im Lichte des kantonalen Rechts betrachtet - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im übrigen wusste die Einwohnergemeinde Kappel seit Jahren, dass der Regierungsrat den Einbezug gewisser Teile des Gemeindegebiets in die Bauzone ablehnte. Die Gemeinde hat den ihr gegenüber von den kantonalen Behörden wiederholt
BGE 116 Ia 221 S. 236
geäusserten Vorstellungen betreffend die Zonierung und die Dimensionierung ihrer Bauzone nicht nur nicht entsprochen, sondern sie hat auch keine eigenen Alternativen zur Redimensionierung der übergrossen Bauzone vorgelegt. Bei dieser Situation hatte der Regierungsrat gar keine andere Wahl, als den Einbezug bestimmter Gebiete in die Bauzone nicht zu genehmigen. Statt dessen wäre lediglich die Rückweisung der gesamten Ortsplanungsrevision an die Gemeinde in Frage gekommen. So weit wollte der Regierungsrat wie bereits dargelegt jedoch nicht gehen. Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4

Referenzen

BGE: 114 IA 369, 115 IA 345, 113 IA 194, 103 IA 252 mehr...

Artikel: Art. 15 RPG, Art. 4 BV, Art. 14 ff. RPG, Art. 22ter BV mehr...