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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_355/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 16. November 2016  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterinnen Jacquemoud-Rossari, Jametti, 
Gerichtsschreiber Held. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Weber, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Versuchte vorsätzliche Tötung, versuchte Vergewaltigung; Strafzumessung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 17. Dezember 2015. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. X.________ gab am 4. Oktober 2013 gegenüber A.________ wahrheitswidrig an, er müsse im Rahmen von Sanierungsarbeiten Feuchtigkeitsmessungen in ihrer Wohnung durchführen. Er nutzte die "Wartezeit" bei den Messungen, um ihr eine unbestimmte Menge eines mitgebrachten GBL/GHB-Gemisches in ihren Milchshake zu schütten. Nachdem A.________ einige Schlucke getrunken hatte, verspürte sie ein Kribbeln in Armen und Beinen sowie Anzeichen von Bewusstseinsstörungen. Es gelang ihr, X.________ unter einem Vorwand aus der Wohnung zu komplimentieren.  
 
1.2. Das Bezirksgericht Zofingen sprach X.________ am 15. Januar 2015 vom Vorwurf der versuchten Vergewaltigung und der Herstellung von Betäubungsmitteln frei. Es verurteilte ihn wegen versuchter vorsätzlicher Tötung sowie Transports und Aufbewahrung von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren und einer bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu Fr. 30.-. Gleichzeitig ordnete es eine vollzugsbegleitende ambulante Massnahme an und verpflichtete ihn, A.________ eine Genugtuung von Fr. 5'000.- zu zahlen.  
 
1.3. Das Obergericht des Kantons Aargau sprach X.________ am 17. Dezember 2015 vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung sowie des Herstellens von Betäubungsmitteln frei. Es verurteilte ihn wegen versuchter Vergewaltigung, versuchter qualifizierter einfacher Körperverletzung sowie Transports und Aufbewahrung von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren (und beliess es im Übrigen beim erstinstanzlichen Urteil).  
 
2.  
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau führt wie X.________ (separates Verfahren 6B_429/2015) Beschwerde in Strafsachen. Sie wendet sich gegen den Freispruch vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung sowie die Strafzumessung und beantragt eine Freiheitsstrafe von 8 Jahren. Eventualiter sei der Beschwerdegegner wegen Lebensgefährdung zu verurteilen. Die Vorinstanz habe beim Freispruch eine Rechtsnorm auf einen bestimmten Sachverhalt nicht richtig angewandt und bei der Strafzumessung in Missbrauch ihres Ermessens wesentliche Gesichtspunkte falsch gewichtet. 
 
3.  
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt, andernfalls darauf nicht eingetreten wird. Die Beschwerde hat auf die Begründung des angefochtenen Entscheids einzugehen und im Einzelnen aufzuzeigen, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die beschwerdeführende Partei kann in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; Urteil 6B_384/2015 vom 7. Dezember 2015 E. 1; je mit Hinweisen). 
 
4.  
Die Beschwerde genügt den Begründungsanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG nicht. Unklar ist, ob die Beschwerdeführerin hinsichtlich des Freispruchs vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung Sach- oder Rechtsrügen erhebt. Sie setzt sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen nicht auseinander, sondern begnügt sich unter Verweis auf die zitierten Erwägungen des Bezirksgerichts mit der Kritik, die Schlussfolgerungen der Vorinstanz zum subjektiven Tatbestand des Beschwerdeführers seien nicht stichhaltig. Zudem kommt vorliegend der Frage, ob die im Glas festgestellte Menge von 14.3 Gramm GBL hätte tödlich wirken können, keine Indizwirkung hinsichtlich eines Tötungsvorsatzes des Beschwerdeführers zu. Nach den verbindlichen insoweit nicht gerügten Sachverhaltsfeststellungen ging der Beschwerdeführer davon aus, dass GBL erst ab einer wesentlich höheren als der konkret von ihm verabreichten Menge gefährlich werde, da diese wesentlich geringer gewesen sei, als die Dosis, die sein Bekannter durchschnittlich konsumiere. Selbst wenn der Beschwerdeführer angenommen hätte, die von ihm verabreichte Menge GBL wäre abstrakt lebensgefährlich, könnte hieraus nicht ohne weiteres auf einen Tötungsvorsatz geschlossen werden. Denn sicheres Wissen um die unmittelbare Lebensgefahr, also um die Möglichkeit des Todes, ist nicht identisch mit sicherem Wissen um den Erfolgseintritt und kann sowohl mit (eventuellem) Tötungsvorsatz als auch bewusster Fahrlässigkeit bezüglich der Todesfolge einhergehen (vgl. BGE 133 IV 9 E. 4.1; Urteil 6B_1250/2013 vom 24. April 2015 E. 3.1). 
Die Beschwerdeführerin äussert sich nicht zur vorinstanzlichen Strafzumessung. Ihre Ausführungen erschöpfen sich in einer Aufzählung nicht gewichteter Strafzumessungsfaktoren, die sie im Hinblick auf die als angemessen erachtete Freiheitsstrafe von 8 Jahren infolge des zusätzlichen Schuldspruchs wegen versuchter vorsätzlichen Tötung als relevant erachtet. Dies genügt im Rahmen einer Beschwerde in Strafsachen nicht. Zudem übersieht die Beschwerdeführerin, dass kein letztinstanzliches Urteil im Strafpunkt hinsichtlich versuchter vorsätzlicher Tötung vorliegt und die Sache insofern nicht spruchreif gewesen wäre (vgl. Art. 80 Abs. 1, Art. 107 Abs. 2 BGG). 
 
5.  
Die Beschwerde ist im Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Beschwerdegegner ist nicht zu entschädigen, da ihm im vorliegenden Verfahren keine Umtriebe entstanden sind. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. November 2016 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Held