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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_798/2009 
 
Urteil vom 1. Februar 2010 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Parteien 
M.________, vertreten durch 
Rechtsanwalt Markus Schmid, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Solothurn, 
Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Arbeitsunfähigkeit), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn 
vom 12. August 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1941 geborene M.________ meldete sich am 16. Dezember 2003 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach medizinischen Abklärungen verneinte die IV-Stelle des Kantons Solothurn mit Verfügung vom 14. Oktober 2004 und Einspracheentscheid vom 28. September 2005 mangels eines rentenbegründenden Invaliditätsgrades einen Rentenanspruch. Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn in dem Sinne gut, dass es die Sache zu ergänzenden Abklärungen im Sinne der Erwägungen an IV-Stelle zurückwies, wobei es erwog, für die Zeit bis 25. Oktober 2004 sei kein invalidisierender Gesundheitsschaden ausgewiesen (Entscheid vom 15. Januar 2007). Mit Urteil vom 5. Dezember 2007 trat das Bundesgericht auf die dagegen geführte Beschwerde nicht ein. Nach Einholung einer Expertise zur geltend gemachten Rückenproblematik bei Dr. med. L.________, FMH Innere Medizin und Rheumaerkrankungen, Manuelle Medizin SAMM, Neuraltherapie ÖÄK, vom 10. April 2008, verneinte die IV-Stelle erneut einen Leistungsanspruch, da keine Invalidität vorliege (Verfügung vom 10. September 2008) 
 
B. 
Die von M.________ dagegen eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 12. August 2009 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C. 
M.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des kantonalen Entscheids sei ihm mit Wirkung ab 1. Juni 2003 eine halbe Rente der Invalidenversicherung bei einem Invaliditätsgrad von 56 % und mit Wirkung ab 1. Oktober 2004 auf der Basis eines Invaliditätsgrades von 78 % eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. 
Die IV-Stelle beantragt Abweisung der Beschwerde, ohne sich weiter zur Sache zu äussern. Die Vorinstanz schliesst ebenfalls auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
2.1 Die Vorinstanz ist im angefochtenen Entscheid auf die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers insoweit nicht eingetreten, als er für die Zeit vor Oktober 2004 die Zusprechung einer Rente verlangt hat, da es diesbezüglich - in Verneinung eines invalidisierenden Gesundheitsschadens bis zu diesem Zeitpunkt - bereits mit Entscheid vom 15. Januar 2007 einen in Rechtskraft erwachsenen Teilentscheid gefällt habe. 
 
2.2 Das Bundesgericht war mit Urteil vom 5. Dezember 2007 auf die gegen den vorinstanzlichen Entscheid vom 15. Januar 2007 geführte Beschwerde mit der Begründung nicht eingetreten, es liege ein die beiden Zulässigkeitstatbestände der Beschwerde gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG nicht erfüllender Zwischenentscheid des kantonalen Gerichts vor, weshalb der Entscheid nicht selbständig anfechtbar sei. In BGE 135 V 148 hat das Bundesgericht seither diese Praxis insofern präzisiert, als ein Entscheid, mit welchem eine Vorinstanz des Bundesgerichts eine bestimmte, vorangehende Teil-Periode des Rentenanspruchs materiell abschliessend beurteilt und für eine darauf folgende Teil-Periode die Sache zu neuer Beurteilung an die Verwaltung zurückweist, in Bezug auf die materiell abschliessend beurteilte Phase ein Teilentscheid ist, der selbständig anfechtbar ist, bei Nichtanfechtung selbständig rechtskräftig wird und später nicht mehr angefochten werden kann (BGE 135 V 141 E. 1.4.4-1.4.6 S. 146). Vorliegend kann es jedoch nicht angehen, unter Verweis auf eine mit BGE 135 V 148 später ergangene, präzisierte Rechtsprechung, bezüglich des für einen Zeitraum vor Oktober 2004 geltend gemachten Rentenanspruchs, ausgehend von einer res iudicata, auf die Beschwerde nicht einzutreten, wie dies die Vorinstanz getan hat. Aus der neuen Praxis darf dem Beschwerdeführer nach Treu und Glauben kein Nachteil erwachsen (vgl. BGE 135 I 257 E. 1.6 S. 261; 133 I 270 E. 1.2.3 S. 274 f. mit Hinweisen), weshalb auf sämtliche Beschwerdepunkte einzutreten ist. Eine Rückweisung der Sache zur materiellen Beurteilung dieses Streitpunktes an das kantonale Gericht kann unter den gegebenen Umständen unterbleiben, da klar abzusehen ist, dass es diesbezüglich nochmals gleich erkennen würde wie in seinem ersten Entscheid vom 15. Januar 2007. 
 
3. 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung. Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 8 ATSG) und zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Erwägungen zur Aufgabe des Arztes, den Gesundheitszustand zu beurteilen sowie zur Arbeitsfähigkeit der versicherten Person Stellung zu nehmen (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261). Darauf wird verwiesen. 
 
4. 
4.1 Mit Blick auf die geltend gemachten Leiden in psychischer Hinsicht hat das kantonale Gericht in seinem Entscheid vom 15. Januar 2007 in pflichtgemässer Würdigung der gesamten Aktenlage, einschliesslich der bezüglich Arbeitsunfähigkeit gegenteilig lautenden Berichte des Dr. med. P.________, Praktischer Arzt, und des ab 19. Januar 2005 behandelnden Psychiaters Dr. med. E.________ eingehend dargelegt, weshalb es diese für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht als beweiskräftig erachtete, sondern vielmehr auf die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit des bis 28. Januar 2003 aufgesuchten Dr. med. S.________, FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, abstellte. Gemäss Dr. med. S.________ bestand eine Erschöpfungsdepression, die sich hingegen gebessert habe, sodass bei Abschluss des Falles am 28. Januar 2003 keine Arbeitsunfähigkeit mehr bestanden habe (Schreiben vom 15. März 2004). 
 
4.2 Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag im Lichte der gesetzlichen Sachverhaltskognition (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) an dieser Betrachtungsweise nichts zu ändern. Insbesondere verfängt das Argument nicht, zwar sei es ihm möglich gewesen, ab 1. Juli 2003 bis 25. Oktober 2004 eine vollzeitliche Stellung als Immobilienverwalter ohne Führungsverantwortung anzutreten, welche Anstellung jedoch in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht nicht mit seiner angestammten, wesentlich anspruchsvolleren Tätigkeit als Geschäftsführer zu vergleichen sei. Eine Geschäftsführertätigkeit sei ihm aufgrund seines psychischen Leidens nicht mehr zumutbar gewesen. 
Hinsichtlich dieses Einwandes hat die Vorinstanz für das Bundesgericht sachverhaltlich verbindlich festgestellt, dass der Versicherte von seiner damaligen Arbeitgeberfirma nicht aus gesundheitlichen Gründen als Geschäftsführer am 18. Juni 2002 mit sofortiger Wirkung freigestellt und auf den 31. Januar 2003 entlassen worden war, sondern Differenzen zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung zur Kündigung geführt hatten, wobei die psychiatrische Behandlung bei Dr. med. S.________ wegen der Erschöpfungsdepression bereits ab 21. Februar 2002 stattfand. Sodann gelangte das Gericht zur Auffassung, mit Blick auf die ärztlicherseits ab 28. Januar 2003 attestierte volle Arbeitsfähigkeit und des vom Versicherten am 1. Juli 2003 zu einem 100%-Pensum eingegangenen Arbeitsverhältnisses als Teamleiter in einer Immobilienfirma - das allerdings unter Hinweis auf geschäftsschädigendes Verhalten arbeitgeberseitig fristlos am 28. Januar 2005 wieder gekündigt und vergleichsweise auf den 31. März 2005 beendet worden war - sei diese neue Anstellung mit der konjunkturellen Arbeitsmarktlage und möglicherweise mit der selbst gewählten beruflichen Ausrichtung in Zusammenhang zu bringen, jedoch nicht auf gesundheitlich bedingte Einschränkungen zurückzuführen, zumal sich keine Hinweise auf eine Rücksichtnahme des neuen Arbeitgebers auf gesundheitliche Limitierungen in den Akten fänden. Diese Einschätzung ist weder offensichtlich unrichtig noch verletzt sie Bundesrecht. Nachdem Dr. med. E.________ sodann in seinem Bericht vom 21. Mai 2005 nicht einleuchtend und nachvollziehbar darlegte, weshalb die von ihm diagnostizierte längere depressive Reaktion im Rahmen einer Anpassungsstörung (ICD-10 F43.21) es dem Versicherten, objektiv betrachtet, verunmöglicht haben soll, irgend eine Tätigkeit auszuüben und er ebensowenig ausführte, weshalb die Prognose bezüglich Arbeitsfähigkeit mit psychotherapeutischen Massnahmen und antidepressiver Pharmakotherapie nicht verbessert werden kann (vgl. BGE 127 V 294 E. 4c und 5a S. 298 ff.), ist der vorinstanzliche Schluss auf das Fehlen einer psychiatrischen Störung von Krankheitswert im invalidenversicherungsrechtlichen Sinne - mithin auch für die Zeit ab Oktober 2004 - in antizipierter Beweiswürdigung (vgl. BGE 124 V 90 E. 4b S. 94; 122 V 157 E. 1d S. 162) nicht offensichtlich unrichtig oder bundesrechtswidrig. 
 
4.3 Die geltend gemachten Rückenschmerzen betreffend, stellte der von der IV-Stelle (gemäss vorinstanzlichem Entscheid vom 15. Januar 2007) beauftragte Dr. med. L.________ in seinem Gutachten vom 10. April 2008, basierend auf internistischen und rheumatologischen Untersuchungen, die Diagnosen eines Panvertebralsyndroms mit spondylogener Ausstrahlung sowie einer diffusen, idiopathischen skelettalen Hyperostose und einer radiologisch leichtgradigen Coxarthrose rechts, welche Leiden die Arbeitsfähigkeit höchstens phasenweise im Umfang von 20 % beeinflussen würden. Vor diesem Hintergrund bejahte der Experte in somatischer Hinsicht eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit für behinderungsangepasste Tätigkeiten. Diese bedingten einen temperierten Raum, beschränkten sich auf leicht- bis höchstens mässiggradig körperlich belastende Arbeiten, welche die Möglichkeiten zulassen, zwischen sitzender, stehender und gehender Körperhaltung zu wechseln. Das Einhalten der Rückenergonomie sei wünschenswert, die repetitiv zu bewegenden Gewichte sollten nicht schwerer als 7,5 kg sein, unter Vermeidung von repetitiver Arbeiten über Kopf. Auch die früher vom Versicherten ausgeübten Arbeiten im administrativen Bereich, insbesondere die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit, wären bis und auch nach der Pensionierung zumutbar gewesen. 
 
4.4 Das kantonale Gericht wertete die Expertise des Dr. med. L.________ nach den hierfür rechtsprechungsgemäss zu erfüllenden Kriterien (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis) als beweiskräftige medizinische Entscheidungsgrundlage und erachtete gestützt darauf eine wesentliche, damit einhergehende Verminderung der Arbeitsfähigkeit in der relevanten Zeitspanne als nicht ausgewiesen, da höchstens von einer vorübergehenden, 20%-igen Einschränkung in der Leistungsfähigkeit auszugehen sei. 
 
4.5 Die dagegen vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen vermögen auch diesbezüglich keine offensichtliche Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Feststellungen zu belegen. Von einer willkürlichen Beweiswürdigung kann nicht gesprochen werden (vgl. BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400). Ebenso wenig beruhen diese auf einer anderweitigen Rechtsverletzung (vgl. E. 1 hievor). Es lässt sich nicht beanstanden und ist als Ergebnis einer korrekten Beweiswürdigung anzusehen, wenn das kantonale Gericht der Expertise des Dr. med. L.________ massgebliche Bedeutung beigemessen hat und sich hinsichtlich der zu beurteilenden Arbeitsfähigkeit nicht auf die Berichte der behandelnden Ärzte Dres. med. B.________, Spezialarzt FMH für Rheumaerkrankungen, Physikalische Medizin und Rehabilitation, (vom 30. März 2004 und 18. April 2005) und N.________, Spezialarzt FMH für Rheumatologie, Physikalische Medizin und Rehabilitation, (vom 27. Oktober 2005) gestützt hat. Die Beweistauglichkeit der Expertise des Dr. med. L.________ in Frage zustellen, besteht jedenfalls kein Anlass, zumal Dr. med. B.________ darauf hin weist, dass (invaliditätsfremde) psychosoziale Belastungen nicht von unbedeutender Wirkung auf seine Rückenschmerzen seien (Verlaufsbericht vom 18. April 2005). 
 
4.6 Das kantonale Gericht hielt nach umfassender und sorgfältiger Beweiswürdigung fest, dass weder eine krankheitswertige psychische Gesundheitsschädigung (Bericht des Dr. med. S.________ vom 15. März 2004) noch eine Einschränkung in rheumatologischer Hinsicht den Versicherten im massgebenden Zeitraum an der Aufnahme einer Tätigkeit im bisherigen ausgeübten Bereich gehindert hat (Gutachten des Dr. med. L.________ vom 10. April 2008). Damit ist insgesamt die vorinstanzliche Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer sei mit Bezug auf die angestammte und auch auf (andere) angepasste Tätigkeiten, die mit der Beeinträchtigung im Bereich des Rückens vereinbar sind, zu mindestens 80 Prozent arbeitsfähig, nicht zu beanstanden. 
 
5. 
Der Umstand, dass das kantonale Gericht einen Prozentvergleich (zu dessen Zulässigkeit vgl. BGE 114 V 310 E. 3a S. 312; 104 V 135 E. 2b S. 137) vorgenommen und nicht näher geprüft hat, wie sich die gesundheitlich bedingten Einschränkungen in einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt auswirken (vgl. Art. 16 ATSG), bedeutet keinen Rechtsfehler, was auch nicht vorgebracht wird; der ordentliche Einkommensvergleich erübrigt sich, weil für das Validen- und das Invalideneinkommen dieselbe Bemessungsgrundlage herangezogen werden darf. 
 
6. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 1. Februar 2010 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Polla