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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_296/2010 
 
Urteil vom 2. Juli 2010 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter L. Meyer, von Werdt, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Wetli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Y.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Bügler, 
Beschwerdegegnerin, 
 
A.________, 
B.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Beat Wachter. 
 
Gegenstand 
Ehescheidung (Kinderzuteilung), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 18. August 2009. 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ (geb. 1971) und Y.________ (geb. 1972) heirateten am 12. März 1998. Sie sind die Eltern des A.________ (geb. 1998) und der B.________ (geb. 2000). Seit 2002 leben die Eltern getrennt. 
Am 18. Mai 2004 klagte Y.________ auf Scheidung. Mit Urteil des Einzelrichters des Bezirkes Winterthur vom 11. Dezember 2007 wurde die Ehe unter Regelung der Nebenfolgen geschieden. Der erstinstanzliche Richter hat die Kinder unter die elterliche Sorge der Mutter gestellt, das Besuchsrecht des Vaters geregelt, die Höhe des an die Pflege und Erziehung der Kinder zu leistenden Unterhaltsbeitrages festgelegt, und davon Vormerk genommen, dass die Ehefrau auf persönliche Unterhaltsbeiträge verzichte und die Ehegatten in güter- und scheidungsrechtlicher Hinsicht auseinandergesetzt seien. 
 
B. 
Die von X.________ beim Obergericht des Kantons Zürich ergriffene Berufung, mit welcher er die Zuteilung der elterlichen Sorge über die Kinder an ihn anstrebte, blieb erfolglos, während Y.________ mit ihrer Anschlussappellation teilweise durchdrang (Urteil vom 18. August 2009). 
Daraufhin gelangte X.________ an das Kassationsgericht des Kantons Zürich, das auf dessen Beschwerde mit Urteil vom 8. März 2010 nicht eintrat. 
 
C. 
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 16. April 2010 wendet sich X.________ (fortan Beschwerdeführer) an das Bundesgericht und beantragt im Wesentlichen die Zuteilung der elterlichen Sorge über die beiden Kinder an ihn sowie die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor dem Obergericht. Schliesslich ersucht er auch für das bundesgerichtliche Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege 
Mit Verfügung vom 21. April 2010 wurden die Begehren um Erlass vorsorglicher Massnahmen im Sinne von Art. 315a und Art. 315b ZGB abgewiesen. 
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Angefochten ist ein Entscheid über eine nicht vermögensrechtliche Nebenfolge der hier nicht streitigen Ehescheidung, welcher eine Zivilsache betrifft (Art. 72 Abs. 1 BGG) und einen Endentscheid darstellt (Art. 90 BGG). 
 
1.2 Die Beschwerde in Zivilsachen ist nur gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen zulässig (Art. 75 Abs. 1 BGG). 
1.2.1 Nach § 281 der Zivilprozessordnung des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976 (ZPO/ZH; LS 271) kann gegen Vor-, Teil- und Endentscheide sowie gegen Rekursentscheide und Rückweisungen im Berufungsverfahren Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden, wenn geltend gemacht wird, der angefochtene Entscheid beruhe zum Nachteil des Nichtigkeitsklägers auf einer Verletzung eines wesentlichen Verfahrensgrundsatzes (Ziff. 1), auf einer aktenwidrigen oder willkürlichen tatsächlichen Annahme (Ziff. 2) oder auf einer Verletzung klaren materiellen Rechts (Ziff. 3). Ausgeschlossen ist die Nichtigkeitsbeschwerde, wenn das Bundesgericht einen Mangel frei überprüfen kann, wobei sie stets zulässig ist, wenn eine Verletzung von Art. 8, 9, 29 oder 30 BV oder von Art. 6 EMRK geltend gemacht wird (§ 285 Abs. 2 ZPO/ZH; Urteil 4A_22/2008 vom 10. April 2008 E. 1; vgl. auch BGE 133 III 585 E. 3.2 S. 587 mit Hinweis). 
1.2.2 Der Beschwerdeführer hat denn auch kantonale Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts an das Kassationsgericht erhoben. Seine dem Bundesgericht vorgetragenen Rügen betreffend die willkürliche Sachverhaltsfeststellung, Verletzung des rechtlichen Gehörs und Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege hätte er mit Beschwerde gegen den diesbezüglich letztinstanzlichen Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts erheben und sich mit den Erwägungen des Kassationsgerichts auseinandersetzen müssen (BGE 125 I 492 E. 1 a/cc S. 495; Urteil 4A_414/2008 vom 29. Januar 2009 E. 1.2). Den Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts vom 8. März 2010 ficht er aber mit der vorliegenden Beschwerde nicht an, sondern verlangt nur die Aufhebung des Urteils des Obergerichts und richtet seine Rügen direkt gegen dasselbe, ohne aufzuzeigen, dass er diesbezüglich den Instanzenzug eingehalten hätte. Der Beschwerdeführer unterlässt es, mit einem Rechtsbegehren die Aufhebung des Zirkulationsbeschlusses des Kassationsgerichts zu verlangen und setzt sich dementsprechend auch nicht mit der eingehenden Begründung des Kassationsgerichts auseinander. 
Demnach kann auf die Beschwerde, soweit der Beschwerdeführer Willkür in der Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 BV), Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV; Vorwurf, das Obergericht habe kein kinderpsychologisches Gutachten erstellen lassen) und Verletzung des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV) gerichteten Rügen mangels Letztinstanzlichkeit nicht eingetreten werden (BGE 133 III 585 E. 3.4 S. 588). Mit Bezug auf den Vorwurf, die Vorinstanz habe die Kinder nicht angehört, ist nicht zu prüfen, inwieweit dieser Vorhalt unter dem Gesichtswinkel von Art. 29 Abs. 2 BV oder Art. 144 Abs. 2 ZGB zu untersuchen wäre, denn die Wünsche der Kinder sind - unter anderem - vom Gutachter und dem Rechtsvertreter der Kinder den vorinstanzlichen Richtern zur Kenntnis gebracht worden (Urteil Obergericht E. 3.3 S. 16 f.). 
1.2.3 Ebenfalls mangels Letztinstanzlichkeit nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, insofern sie sich gegen das erstinstanzliche Urteil richtet. 
1.2.4 Soweit der Beschwerdeführer dagegen die Verletzung von Bundeszivilrecht rügt bzw. zu rügen beabsichtigt, ist der Beschluss des Obergerichts ein letztinstanzlicher Entscheid, da das Bundesgericht die entsprechende Rechtsanwendung frei überprüfen kann (Urteile 5A_616/2009 vom 9. November 2009 E. 1.2; 4A_22/2008 vom 10. April 2008 E. 1; 5A_141/2007 vom 21. Dezember 2007 E. 2.4). Insoweit ist auf die Beschwerde einzutreten. 
 
1.3 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt. Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Entscheidgründen vorgebracht werden, genügen nicht (BGE 116 II 745 E. 3 S. 749; Urteil 5A_92/2008 vom 25. Juni 2008, E. 2.3). Ebenso wenig genügt, wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift bloss die Rechtsstandpunkte, die er im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigt (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.3 S. 246) oder wenn er im Wesentlichen einfach das Gegenteil von dem behauptet, was die Vorinstanz erwogen hat (Urteil 5A_90/2009 vom 24. August 2009, E. 3.2). Genügt die Beschwerdeschrift diesen Begründungsanforderungen nicht, so ist darauf nicht einzutreten. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG); dies setzt aber voraus, dass auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die minimalen Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. 
 
1.4 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt, was in der Beschwerde darzulegen ist (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 133 III 393 E. 3 S. 395 mit Hinweis). Obwohl in Kinderbelangen grundsätzlich die Offizialmaxime gilt, sind neue Tatsachen und Beweismittel vor Bundesgericht unzulässig (Urteil 5A_726/2009 vom 30. April 2010 E. 1.3 mit Hinweis auf BGE 120 II 229 E. 1c S. 231/232). Die dem Bundesgericht eingereichten 49 Beilagen können - mit Ausnahme des Urteils des Obergerichts vom 18. August 2009 - deshalb nicht entgegen genommen werden. 
Art. 55 BGG kommt grundsätzlich nicht bzw. höchstens im Rahmen zulässiger neuer Tatsachen bzw. Beweismittel zur Anwendung. Aus diesen Gründen sind sämtliche Verfahrensanträge, die darauf abzielen, Noven zu beweisen, von vornherein abzuweisen, denn der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern erst der angefochtene Entscheid Anlass zu deren Vortrag gegeben hat. 
 
1.5 Der Beschwerdeführer hat die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen im Sinne von Art. 315a und Art. 315b ZGB verlangt, welche mit Verfügung vom 21. April 2010 abgewiesen wurde, denn das Bundesgericht ist nicht zuständig, um solche Massnahmen anzuordnen oder abzuändern, wenn es mit einer Beschwerde betreffend den Scheidungspunkt oder dessen Nebenfolgen befasst ist (BGE 134 III 426 E. 2.2 S. 431/432 betreffend vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 104 BGG). 
 
1.6 Nicht einzutreten ist schliesslich auf die Vorbringen, wonach im angefochtenen Urteil die vor der ersten Instanz gestellten Begehren unrichtig wiedergegeben werden, denn der Beschwerdeführer behauptet nicht und zeigt nicht auf, inwiefern ihm dadurch ein rechtlich relevanter Nachteil entstanden wäre. 
 
2. 
2.1 Das Obergericht hat gestützt auf das Gutachten, das unter anderem auf Gesprächen des Verfassers mit den Kindern, mit den Eltern und deren Lebenspartnern sowie der Beiständin basiert, die Kinder unter die elterliche Sorge der Mutter gestellt (E. 4 S. 17 ff.). Die Vorinstanz folgte dem Gutachter, dass die Auseinandersetzung der Parteien um die Kinder bis heute hochstrittig sei (S. 21). Im Gegensatz zur Mutter könne gestützt auf die Beobachtungen der Beiständinnen beim Vater nicht von einer echten Kooperation ausgegangen werden. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer durch Handlungen und Äusserungen gegenüber den Kindern die Beschwerdegegnerin und deren Umfeld abwerte. Die Lebensbedingungen der Mutter und die Betreuungssituation bei ihr habe der Gutachter kritisch bewertet, aber festgehalten, dass die Mutter als Bezugsperson den Kindern bis heute sicher am meisten Stabilität und Kontinuität habe geben können und die Betreuung der Kinder sicher stelle, wenn auch die Situation nicht optimal sei (S. 29). Zu den Kindern wird ausführt (S. 36), obwohl sich der Wunsch von A.________, bei seinem Vater zu wohnen, nicht verändert habe, möchte er aber auch mit seiner Schwester B.________ zusammen bleiben. Dass diese ihrem Wohl und Wunsch und ihrer starken Bindung zur Mutter entsprechend unter die elterliche Sorge der Beschwerdegegnerin, deren Erziehungsfähigkeit - wie im Übrigen auch diejenige des Beschwerdeführers - ausgewiesen sei, zu stellen sei, bedürfe keiner weiteren Erörterungen. Wie schon das Bezirksgericht erwogen habe, wäre ein erneuter Wechsel von Schule und Wohnumfeld für die Entwicklung der Kinder, welche beide schulische Probleme hätten, nicht sinnvoll und deshalb zu vermeiden. Auch A.________ sei deshalb in Bestätigung des angefochtenen Entscheides unter die elterliche Sorge der Beschwerdegegnerin zu stellen. 
 
2.2 Die tatsächlichen Feststellungen für die Zuteilung des Sorgerechts sind für das Bundesgericht verbindlich und können vom Beschwerdeführer nicht (mehr) in Frage gestellt werden (E. 1.2.2). Das Bundesgericht greift in diesen Ermessensentscheid nur ein, wenn einschlägige Kriterien (nebst der Erziehungsfähigkeit Stabilität und Kontinuität) grundlos ausser Betracht geblieben oder offenkundig falsch gewichtet worden sind, oder wenn die Zuteilung auf Überlegungen abgestützt worden ist, die unter dem Gesichtswinkel des Kindeswohls bedeutungslos sind oder gegen die bundesgerichtlichen Grundsätze verstossen (BGE 117 II 353 E. 3 S. 355; 115 II 317 E. 2 S. 319). Da der Beschwerdeführer keines der massgeblichen Kriterien gestützt auf die obergerichtlichen Feststellungen, sondern mit davon abweichenden Tatsachenbehauptungen zu seinen Gunsten umzustossen versucht, erweisen sich seine Rügen als unbegründet, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann. 
 
3. 
Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das betreffende Gesuch abzuweisen ist. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
2. 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, A.________, B.________ und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 2. Juli 2010 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: 
 
Hohl Schett