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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.231/2003 /kra 
 
Urteil vom 2. September 2003 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Kolly, Ersatzrichterin Brahier, 
Gerichtsschreiber Kipfer Fasciati. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Maître Gilles Crettol, case postale 3199, 1211 Genève 3, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft Oberwallis, Gebreitenweg 2, Postfach 540, 3930 Visp. 
 
Gegenstand 
Grobe Verletzung von Verkehrsregeln; Strafzumessung, 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis, Strafgerichtshof I, vom 
19. Mai 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 17. September 2001 um 14.15 Uhr fuhr X.________ am Steuer seines Personenwagens auf der Passstrasse vom Simplonpass in Richtung Simplon-Dorf. Vor ihm fuhr ein Lastwagen mit Anhänger. In der langgezogenen Rechtskurve zwischen der Engelochgalerie und der Posthaltestelle "Maschihuis" setzte er zum Überholen des Lastwagens an. Als er auf der Höhe des Anhängerzuges war, kam ihm ein Fahrzeug entgegen. Der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeugs war gezwungen, eine Vollbremsung einzuleiten und an den rechten Strassenrand auszuweichen. X.________ musste ebenfalls voll bremsen. Weil der Führer des Lastwagens weiterfuhr, gelang es X.________, wieder auf seine Fahrbahn einzuschwenken. Eine Frontalkollision konnte nur wegen der schnellen Reaktion des bergwärts fahrenden Automobilisten und wegen des richtigen Verhaltens des Lastwagenführers verhindert werden. 
B. 
Auf Grund dieses Vorfalls erklärte der Untersuchungsrichter für das Oberwallis X.________ mit Strafbefehl vom 28. Dezember 2001 der schweren Verkehrsregelverletzung schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 14 Tagen sowie zu einer Busse von Fr. 1'200.--. 
 
Auf Einsprache X.________s hin bestätigte der Bezirksrichter von Brig am 22. Oktober 2002 den Strafbefehl des Untersuchungsrichters im Schuld- und im Strafpunkt. 
 
Die darauf erhobene Berufung wies das Kantonsgericht des Kantons Wallis am 19. Mai 2003 ab. 
C. 
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP). Der Kassationshof ist an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde gebunden (Art. 277bis Abs.1 BStP; BGE 126 IV 65 E. 1 mit Hinweisen). Die Qualifizierung des Fahrmanövers als grobe Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG ist nicht umstritten. Hingegen macht der Beschwerdeführer - wie bereits vor Kantonsgericht - eine Verletzung von Art. 63 StGB geltend. Eine Gefängnisstrafe von zwei Wochen erscheine in Würdigung aller Umstände als extrem hart und unverhältnismässig. Auf eine Freiheitsstrafe neben der Busse sei zu verzichten. 
2. 
2.1 Der Richter misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen (Art. 63 StGB). Fest steht, dass sich der Begriff des Verschuldens auf den gesamten Unrechts- und Schuldgehalt der konkreten Straftat beziehen muss und dass bei der Tatkomponente insbesondere folgende Faktoren zu beachten sind: das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Herbeiführung dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit der der Täter gehandelt hat, und die Beweggründe des Schuldigen, die Art. 63 StGB ausdrücklich erwähnt. Die Täterkomponente umfasst das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren. 
 
Dem Sachrichter ist also einerseits vorgeschrieben, welche massgeblichen Gesichtspunkte er für die Zumessung der Strafe zu berücksichtigen hat. Andererseits steht ihm innerhalb des Strafrahmens bei der Gewichtung der einzelnen zu beachtenden Komponenten von der Natur der Sache her ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Der Kassationshof des Bundesgerichts kann daher in das Ermessen auf Nichtigkeitsbeschwerde hin, mit der ausschliesslich eine Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werden kann (Art. 269 BStP), nur eingreifen, wenn das kantonale Gericht den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn es von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn es wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hat (vgl. BGE 127 IV 101 E. 2c; 125 IV 1 E. 1; 123 IV 150 E. 2a mit Hinweisen). 
2.2 Die Vorinstanz stellt einleitend fest, dass sie in Berufungsfällen nicht ohne triftige Begründung vom erstinstanzlich ausgefällten Strafmass abweiche, wenn es die Schuldsprüche im Wesentlichen bestätige, weil der erstinstanzliche Richter bei der Strafzumessung über ein gewisses Ermessen verfüge. Vorliegend habe der Bezirksrichter die für die Strafzumessung geltenden Grundsätze beachtet, weshalb keine Gründe vorlägen, von der verhängten Strafe abzuweichen. Sie verweist insoweit auf den Entscheid des Bezirksrichters. Überdies führt sie die verschuldensmässig belastenden Momente ausdrücklich an: Das Fahrmanöver sei rücksichts- und verantwortungslos gewesen, zumal der Beschwerdeführer zum Überholen angesetzt habe, obwohl ihm die Sicht auf den Gegenverkehr verdeckt gewesen sei. Es sei nur wegen der ausgezeichneten Reaktion der anderen beteiligten Lenker nicht zu einer Frontalkollision gekommen. Er habe mit seiner Fahrweise eine erhebliche konkrete Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer geschaffen. 
 
Eine Gefängnisstrafe von zwei Wochen liegt in dem für schwere Verkehrsregelverletzungen vorgesehenen Strafrahmen von drei Tagen bis zu drei Jahren Freiheitsentzug (Art. 90 Ziff. 2 SVG). 
 
Das Kantonsgericht prüft das Verschulden des Beschwerdeführers. Es nennt dabei die vom Gesetz und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für die Strafzumessung vorgeschriebenen Kriterien entweder selbst oder es weist zur Begründung auf die entsprechende Passage im Entscheid des Bezirksrichters hin. Es ist nicht ersichtlich, dass es in seiner Würdigung von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen wäre oder dass es wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hätte. 
Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe vermögen diesen Befund nicht zu erschüttern. Grosse Teile der Beschwerdeschrift gelten dem Vergleich des angefochtenen Urteils mit anderen kantonalen oder bundesgerichtlichen Urteilen aus dem Bereich des Strassenverkehrsrechts. Aus diesem Vergleich kann der Beschwerdeführer jedoch nichts zu seinen Gunsten ableiten, zumal in diesen Entscheiden grösstenteils andere Sachverhalte zu beurteilen waren. Zudem ist die Schlussfolgerung nicht haltbar, die der Beschwerdeführer aus den besprochenen Urteilen zieht: Es entspricht weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung, dass nicht vorbestrafte Täter nur in Extremfällen neben einer Busse zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden dürfen. 
Auch die weiter geltend gemachten Gründe fallen nicht oder nicht wesentlich ins Gewicht: So kann es den Beschwerdeführer nicht entlasten, dass das Überholen nach der Engelochgalerie grundsätzlich erlaubt gewesen wäre, weil es unter den konkreten Umständen eben mangels hinreichender Sicht verboten war (Art. 35 Abs. 2 SVG). Dasselbe gilt für den angeführten Umstand, wonach sich der Beschwerdeführer bei seinem Beifahrer erkundigt hatte, ob die Gegenfahrbahn frei sei. Entgegen seinem Vorbringen kann schliesslich auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Vorinstanz den tadellosen Leumund des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt hätte. Eine Gefängnisstrafe von zwei Wochen ist angesichts der wenigstens grobfahrlässig geschaffenen erheblichen und konkreten Gefahr für höchste Rechtsgüter Dritter jedenfalls im Ergebnis nicht unverhältnismässig hart. Eine Ermessensverletzung liegt somit nicht vor. 
2.3 Die Beschwerde ist demnach abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Staatsanwaltschaft Oberwallis und dem Kantonsgericht Wallis, Strafgerichtshof I, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 2. September 2003 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: