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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_96/2010 
 
Urteil vom 3. Mai 2010 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Maillard, 
Gerichtsschreiberin Schüpfer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
L.________, vertreten durch 
Rechtsanwalt Daniel Ehrenzeller, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Helsana Unfall AG, Versicherungsrecht, Zürichstrasse 130, 8600 Dübendorf, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 25. November 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1954 geborene L.________ arbeitete als Versicherungsberater bei der Firma C.________. Am 8. November 2001 meldete er der Helsana Unfall AG (nachfolgend Helsana), bei welcher er unter anderem obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert war, dass er sich am 15. Oktober 2001 in den Ferien beim Fussballspielen am rechten Knie verletzt habe. Eine MRI-Untersuchung zeigte einen Riss des Meniskus-Hinterhorns und eine Arthrose mit Chondromalazien in der Trochlea, an der Patellarückfläche und am Femurcondylus bei einem Zustand nach multiplen Knieoperationen aufgrund eines Motorradunfalls im Jahre 1977 (recte: 1976). Am 7. Dezember 2001 wurde eine diagnostische Arthroskopie mit Knorpelglättung und einer Teilmeniskektomie durchgeführt. 
 
Wegen einer gesundheitlichen Verschlechterung im Oktober 2002 - insbesondere wegen Rückenbeschwerden - absolvierte der Versicherte im Dezember 2002 eine stationäre Rehabilitation in der Klinik K.________. Es folgten weitere Untersuchungen und Behandlungen bei einer attestierten Arbeitsunfähigkeit von 50 %. Die Helsana liess L.________ durch Dr. med. O.________, Oberarzt Kniechirurgie an der Klinik B.________, begutachten. Gemäss Expertise vom 17. Mai 2004 stellte das Ereignis vom 15. Oktober 2001 eine erneute Traumatisierung des vorgeschädigten Kniegelenkes dar. Wenngleich das aktuelle MRI verglichen mit demjenigen im November 2001 nur eine geringe Progredienz der arthrotischen Veränderungen aufzeige, müsse doch beim zuvor beschwerdearmen Versicherten von einer richtungsgebenden Verschlimmerung durch das Unfallereignis ausgegangen werden. Der Vorzustand sei nicht erreicht; die angestammte Arbeit als Aussendienstmitarbeiter sei den Beschwerden optimal angepasst und die Arbeitsfähigkeit werde auf 50 % geschätzt. Mit Verfügung vom 14. Juni 2007 stellte die Helsana ihre Taggeldleistungen auf den 1. April 2007 ein und richtete eine Integritätsentschädigung von Fr. 16'020.-, entsprechend einer Integritätseinbusse von 15 %, aus. Im Rahmen des darauf folgenden Einspracheverfahrens holte die Versicherung bei Dr. med. M.________, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, ein Aktengutachten ein. Gemäss dessen Expertise vom 21. August 2008 sei der Status quo sine längst erreicht. Die aktuellen Beschwerden seien auf die beträchtliche vorbestehende Arthrose des rechten Knies zurückzuführen. Mit Einspracheentscheid vom 20. März 2009 bekräftigte die Helsana, dem Unfall vom 15. Oktober 2001 komme für die anhaltenden Kniebeschwerden keine Bedeutung mehr zu und es würden keine weiteren Versicherungsleistungen mehr ausgerichtet. 
 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 25. November 2009 ab. 
 
C. 
L.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, es sei ihm in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides bis Ende Februar 2007 ein Taggeld von 70 % und anschliessend eine Rente von 50 % auszurichten; eventuell sei ein Obergutachten anzuordnen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2. 
Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen über die Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG), den Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung im Allgemeinen (Art. 6 Abs. 1 UVG) sowie auf Taggeld und Invalidenrente (Art. 16 und 18 UVG) im Besonderen zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausführungen zu den nach der Rechtsprechung für den Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung geltenden Voraussetzungen des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (BGE 129 V 177 E. 3.1 und 3.2 S. 181). Gleiches gilt zum Wegfall des ursächlichen Zusammenhangs und damit des Leistungsanspruchs der versicherten Person bei Erreichen des Status quo sine vel ante (SVR 2009 UV Nr. 3 S. 9, 8C_354/2007 E. 2.2) und zu dem im Sozialversicherungsrecht bei der Beantwortung von Tatfragen üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 122 V 157 E. 1c S. 160 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
Streitig ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf Taggeld beziehungsweise Rentenleistungen ab dem 1. April 2007. 
 
3.1 Das kantonale Gericht hat erwogen, die Unfallversicherung habe ihren Entscheid zu Recht auf das Gutachten des Dr. med. M.________ vom 21. August 2008 gestützt. Demnach sei der Status quo sine zum Zeitpunkt der Leistungseinstellungen längst erreicht gewesen. Die gesundheitlichen Beschwerden am rechten Knie seien vollständig auf den Vorzustand zurückzuführen, womit es zwischen diesen und dem Unfall vom 15. Oktober 2001 keinen natürlichen Kausalzusammenhang mehr gäbe. Weiter wird im angefochtenen Entscheid ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in seiner angestammten Tätigkeit als Aussendienstmitarbeiter einer Versicherungsgesellschaft trotz seiner Beschwerden am rechten Knie voll arbeitsfähig, weshalb auch keine Erwerbsunfähigkeit vorliege. 
 
3.2 Der Beschwerdeführer bringt insbesondere vor, die Vorinstanz habe zu Unrecht einzig auf das Gutachten es Dr. med. M.________ abgestellt und nicht begründet, weshalb es die Beurteilung des Dr. med. O.________, der degenerative Vorzustand im rechten Knie habe sich durch das Ereignis vom 15. Oktober 2001 richtunggebend verschlimmert, ausser Acht gelassen habe. Das kantonale Gericht habe sein rechtliches Gehör verletzt, indem es davon abgesehen habe, ein Obergutachten über die Frage des Status quo sine einzuholen. Zudem sei der vorinstanzliche Entscheid in Bezug auf die zu Grunde gelegte Arbeitsfähigkeit widersprüchlich, da er einerseits auf das Gutachten des Dr. med. M.________ abstelle, andererseits aber nicht berücksichtige, dass dieser die Hälfte der gesamthaft attestierten Arbeitsunfähigkeit von 50 % den Kniebeschwerden zuordne. 
 
4. 
4.1 Dr. med. O.________ legt in seinem Gutachten vom 17. Mai 2004 dar, die insbesondere patellofemoral ausgeprägte Gonarthrose (beginnend auch im medialen Kompartiment) sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis im Jahre 1976 zurückzuführen. Nach jahrelangem beschwerdearmem Verlauf sei es durch das Unfallereignis am 15. Oktober 2001 zu einer erneuten Traumatisierung des vorgeschädigten rechten Kniegelenkes gekommen. Wenngleich das im Zeitpunkt der Begutachtung aktuelle MRI nur eine unwesentliche Progredienz der arthrotischen Veränderungen zeige, müsse doch bei dem zuvor beschwerdearmen Versicherten von einer richtungsgebenden Verschlimmerung durch diesen Unfall ausgegangen werden. Es sei somit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer durch diesen Unfall aktivierten posttraumatischen Gonarthrose auszugehen; der Vorzustand sei nicht erreicht. 
Dr. med. M.________ hält im Gutachten vom 21. August 2008 dafür, das Fortschreiten (vgl. Bericht der Klinik B.________ vom 25. Juni 2006) der sekundären Gonarthrose rechts sei nicht als Spätfolge aus dem Jahre 2001 zu betrachten. Vielmehr stelle die aktuelle Schädigung den schicksalsmässigen Verlauf der bereits am 15. Oktober 2001 vorhandenden Arthrose dar. Der Versicherte beklage seit Jahren nicht mehr die Folgen der Meniskusläsion, sondern die Beschwerden von Seiten der fortschreitenden Patellofemoralarthrose und medialen Femorotibialarthrose. 
 
4.2 Auf den ersten Blick widersprechen sich diese zwei Gutachten. Es gilt indessen zu berücksichtigen, dass Dr. med. O.________ auf die Frage nach dem Status quo ante/sine antwortete, der Unfall vom 15. Oktober 2001 habe zu einer richtungsgebenden Verschlimmerung geführt, so dass ein Vorzustand im Sinne eines Status quo ante nicht erreicht worden sei. Die Frage, wie der Verlauf der unbestreitbar vorbestehenden massiven arthrotischen Veränderungen im Kniegelenk ohne den Schlag auf dieses Knie im Rahmen eines Fussballspieles gewesen wäre (Status quo sine), lässt dieser Arzt damit aber unbeantwortet. Die "richtunggebende Verschlimmerung" begründet er lediglich mit der vor dem Unfall bestehenden Beschwerdearmut, nicht aber mit dem Vergleich objektiver Daten wie beispielsweise Röntgenbildern. Dr. med. M.________ andererseits macht in Bezug auf den Heilungsverlauf vor allem theoretische Ausführungen. Bei einem sonst arthrosefreien Kniegelenk benötige eine arthroskopische Meniskussanierung rund 3 bis 4 Wochen für die Abheilung; bei gleichzeitig vorhandenem Knorpelschaden im Sinne einer vorbestehenden Arthrose könne der Verlauf verzögert sein und 2 bis 3 Monate betragen. Dieser Arzt macht seinerseits also keine Angaben darüber, ob ein Schlag (gegnerischer Spieler mit Stollenschuhen) auf ein arthrotisch vorgeschädigtes Knie eine Teilursache für dauerhafte Schmerzen sei. 
 
Von der beantragten Rückweisung zur weiteren Abklärung der Frage, ob sich der Vorzustand durch den Unfall richtunggebend verschlimmert hat, oder ob der Status quo sine bis spätestens Ende März 2007 erreicht war, kann indessen abgesehen werden, wenn davon auszugehen ist, dass die Kniebeschwerden keinen Einfluss auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit haben, was nachfolgend zu prüfen ist. 
 
5. 
Das kantonale Gericht hat erwogen, es sei bezüglich der vorliegend einzig relevanten Kniebeschwerden nicht nachvollziehbar, inwiefern der Beschwerdeführer dadurch in seiner angestammten Tätigkeit als Aussendienstmitarbeiter einer Versicherungsgesellschaft in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sei. Dieser Beurteilung kann gefolgt werden. Bereits in einem nicht vorliegenden, aber im Gutachten des Dr. med. O.________ angeführten Bericht der Dr. med. S.________, Fachärztin FMH für Arbeitsmedizin, Psychosomatik und psychosoziale Medizin APPM vom 27. November 2003 wird dargelegt, der Versicherte sei aus arbeitsmedizinischer Sicht für wechselbelastende Tätigkeiten ohne Einschränkung arbeitsfähig. Die Arbeit als Versicherungsagent entspricht in idealer Weise den Vorgaben einer dem Knieleiden angepassten Tätigkeit. Davon gehen alle behandelnden und begutachtenden Ärzte aus. Dr. med. O.________, auf dessen Beurteilung im Gutachten vom 17. Mai 2004 sich der Beschwerdeführer beruft, begründet nicht, inwiefern die Arbeitsfähigkeit durch die Kniebeschwerden eingeschränkt sein sollte. Auch der Beschwerdeführer selbst legt mit keinem Wort dar, inwiefern ihn die Kniebeschwerden an einer vollzeitlichen Tätigkeit hindern würden und weshalb die vorinstanzliche Feststellung, er sei in seiner angestammten Tätigkeit ohne Leistungseinschränkung und damit voll arbeitsfähig, nicht den Tatsachen entspreche. Spätestens ab dem Zeitpunkt der Leistungseinstellung hatte keine Arbeits- und damit auch keine Erwerbsunfähigkeit vorgelegen. Die Beschwerde ist daher abzuweisen. 
 
6. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten vom Beschwerdeführer als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 3. Mai 2010 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Schüpfer