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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_180/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 3. Mai 2016  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin, 
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 28. Januar 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Verfügung vom 8. Mai 2014 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich u.a. gestützt auf das Gutachten der ABI Ärztliches Begutachtungsinstitut GmbH, vom 24. Juni 2013 den Anspruch des A.________ auf eine Rente der Invalidenversicherung. 
 
B.   
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde des A.________ hob das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. Januar 2016 die Verfügung vom 8. Mai 2014 auf und stellte fest, er habe vom 1. September 2007 bis 30. November 2008 Anspruch auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, es sei ihm ab 1. September 2007 eine unbefristete volle (recte: ganze) Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter sei ihm vom 1. September 2007 bis 30. November 2008 eine "volle" Rente zuzusprechen, im Übrigen der Entscheid vom 28. Januar 2016 aufzuheben und die Sache an die IV-Stelle zur erneuten interdiszplinären Begutachtung zurückzuweisen; subeventualiter sei ihm vom 1. September 2007 bis 30. November 2008 eine "volle" Rente und ab 1. Dezember 2008 eine Vierteslrente der Invalidenversicherung zuzusprechen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Streitgegenstand bildet aufgrund der Begehren in der Beschwerde der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Rente der Invalidenversicherung ab 1. Dezember 2008 (BGE 133 II 35 E. 2 S. 38; 125 V 413 E. 1b S. 414; Art. 107 Abs. 1 BGG). 
 
2.   
Das kantonale Sozialversicherungsgericht hat den von der Beschwerdegegnerin ermittelten Invaliditätsgrad von 26 % ab August 2008 bestätigt. Der Invaliditätsbemessung durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG i.V.m. Art. 28a Abs. 1 IVG) hat es eine Arbeitsfähigkeit von 80 % (vollzeitlich mit vermehrten Pausen) in einer angepassten Tätigkeit gemäss dem ABI-Gutachten vom 24. Juni 2013 zugrunde gelegt. Beim Invalideneinkommen, berechnet auf der Grundlage der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2010 des Bundesamtes für Statistik (LSE 10; grundlegend BGE 124 V 321), hat es keinen Abzug vom Tabellenlohn nach BGE 126 V 75 vorgenommen. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer bestreitet den Beweiswert des Administrativgutachtens aus neuro-otologischer, orthopädischer und psychiatrischer Sicht und rügt, damit zusammenhängend, eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes durch Beschwerdegegnerin und Vorinstanz (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG; BGE 136 V 376 E. 4.1.1 S. 377; 133 V 196 E. 1.4 S. 200). 
 
3.1. Die Vorinstanz hat einlässlich dargelegt, dass die Expertise aus neuro-otologischer Sicht beweiskräftig ist. Dabei ist sie auch auf die diesbezüglichen Einwendungen in der Beschwerde eingegangen und hat sie entkräftet. Der Beschwerdeführer äussert sich mit keinem Wort dazu, womit er seiner Begründungspflicht nicht genügt (Art. 42 Abs. 2 BGG; (BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; Urteil 2C_413/2014 vom 11. Mai 2014 E. 2.1). Indem er sodann unter Hinweis auf den Bericht des Dr. med. B.________ vom 21. Mai 2012 und dessen Fachgebiet Orthopädie das Gutachten aus orthopädischer Sicht als nicht überzeugend und als mangelhaft bezeichnet, gibt er lediglich seine eigene Sichtweise wieder, womit er unzulässige appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung übt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356). Dasselbe gilt in psychiatrischer Hinsicht, soweit er vorbringt, es sei nicht ersichtlich, weshalb trotz korrelierender Diagnosen die Experten einen anderen Grad der Arbeitsfähigkeit attestierten als die Ärzte des Medizinischen Zentrums C.________ im Bericht vom 20. September 2012. Vielmehr sei auf deren nachvollziehbare Einschätzung abzustellen.  
 
3.2. Im Weitern wurde zwar das ABI-Gutachten vom 24. Juni 2013 erstellt, bevor mit Urteil 9C_492/2015 vom 3. Juni 2015 (BGE 141 V 281) die mit BGE 130 V 352 begründete Rechtsprechung zum invalidisierenden Charakter pathogenetisch-ätiologisch unklarer syndromaler Beschwerdebilder ohne nachweisbare organische Grundlage, insbesondere anhaltende somatoforme Schmerzstörungen nach ICD-10 F45.4, geändert und präzisiert worden ist. Dies bedeutet indessen nicht, dass die nach altem Verfahrensstandard eingeholte Expertise per se den Beweiswert verlöre und auf die an den Foerster-Kriterien orientierte Einschätzung der Arbeitsfähigkeit nicht abgestellt werden könnte, weil rein spekulativ gemutmasst werde, trotz geklagter Beschwerden sei dem Versicherten zumutbar, die nötige Willensanstrengung aufzubringen, um zu 80 % einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, wie vorgebracht wird. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der erhobenen Rügen zu prüfen, ob das Gutachten auch im Lichte der neuen Rechtsprechung - gegebenenfalls im Kontext mit weiteren fachärztlichen Berichten - eine schlüssige Beurteilung erlaubt oder nicht (BGE 141 V 281 E. 8 S. 309).  
 
3.2.1. Die ABI-Gutachter stellten u.a. die Diagnosen (mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit) leichte bis mittelgradige depressive Episode ICD-10 F32.0/32.1) und (ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit) chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41). Aufgrund der depressiven Symptomatik sei die Arbeitsfähigkeit um 20 % eingeschränkt. Es kann offen bleiben, ob und inwieweit bei einem solchen Beschwerdebild die neue Rechtsprechung gemäss BGE 141 V 281 zu berücksichtigen ist. Danach fällt jedenfalls die Anerkennung einer rentenbegründenden Invalidität nur in Betracht, wenn die Aktenlage ein stimmiges Gesamtbild zeichnet, das auf eine therapeutisch nicht angehbare  funktionelle Behinderung schliessen lässt (Konsistenz; BGE 141 V 281 E. 4.4 S. 303).  
 
3.2.2. Dagegen spricht vorliegend das im Rahmen der klinisch-orthopädischen Untersuchung beobachtete, gemessen an den Befunden nicht adäquate Schmerzverhalten mit Symptomausweitung und Selbstlimitation (Urteil 9C_826/2015 vom 13. April 2016 E. 3.1.1). Bereits 2008 und 2010 hatten die Ärzte des Unfallversicherers von "im Ausmass nicht mit Unfallfolgen erklärbarer Belastungsintoleranz" gesprochen, und auch Dr. D.________, Psychiater, erwähnte u.a. eine Motivationslosigkeit des Beschwerdeführers. Es kommt dazu, dass nach den Feststellungen der Gutachter der Beschwerdeführer die Schmerzmittel nicht in der von ihm angegebenen Dosierung einnahm. Weiter befindet sich der Beschwerdeführer zwar seit Jahren in ambulanter Behandlung. Gemäss dem psychiatrischen Gutachter ist das (bisherige) Scheitern der therapeutischen Bemühungen indessen einzig mit der ausgeprägten subjektiven Krankheitsüberzeugung zu erklären, wegen der körperlichen Beschwerden nicht mehr arbeiten zu können. Umgekehrt liessen sich die geklagten Schlafstörungen, welche wesentlich zum angespannten Verhältnis zu seiner Ehefrau beitrügen, mit einer Optimierung der antidepressiven Therapie günstig beeinflussen. Unter diesen Umständen kann nicht von einem überwiegend wahrscheinlich therapieresistenten depressiven Geschehen gesprochen werden, was klar gegen den invalidisierenden Charakter der Störung spricht (Urteil 9C_13/2016 vom 14. April 2016 E. 4.2). Schliesslich sind die gute Beziehung zu den Söhnen, der regelmässige Kontakt mit den ebenfalls in der Schweiz ansässigen Geschwistern und ihren Familien sowie das Fehlen von Hinweisen auf das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung zu erwähnen. Diese Umstände sprechen für das Vorhandensein von genügenden psychischen Ressourcen, um die Restarbeitsfähigkeit von 80 % in angepassten Tätigkeiten erwerblich zu verwerten (BGE 141 V 281 E. 4.3.2-3 und E. 4.4.1 S. 302 f.).  
 
4.   
Ebenfalls rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz gestehe ihm zu Unrecht keinen (Leidens-) Abzug nach BGE 126 V 75 zu. Auf seine diesbezüglichen Vorbringen ist indessen nicht einzugehen, da sie jegliche Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen, weshalb ein Abzug nicht gerechtfertigt sei (E. 5.2 des angefochtenen Entscheids), vermissen lassen (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; Urteil 2C_413/2014 vom 11. Mai 2014 E. 2.1). 
 
5.   
Im Übrigen wird die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung nicht bestritten. Die Beschwerde ist somit unbegründet. 
 
6.   
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. Mai 2016 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Glanzmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler