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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 114/03 
 
Urteil vom 3. Juli 2003 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Grunder 
 
Parteien 
X.________, 1946, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin lic.iur. K.________, 
 
gegen 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, Hirschengraben 19, 6003 Luzern, Beschwerdegegner, 
 
Sachverhalt: 
Der 1946 geborene X.________ liess gegen einen Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 11. Juli 2002 beim Verwaltunsgericht des Kantons Luzern Beschwerde einreichen und das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung stellen, welches das kantonale Gericht mit Verfügung vom 25. April 2003 wegen fehlender Bedürftigkeit abwies. 
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt X.________ die Aufhebung des kantonale Zwischenentscheids und die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im vor- und letztinstanzlichen Verfahren beantragen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Der kantonale Entscheid über die Verweigerung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gehört zu den Zwischenverfügungen, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Er ist daher selbstständig beim Eidgenössischen Versicherungsgericht anfechtbar (Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 und 2 lit. h VwVG sowie Art. 97 Abs. 1 und Art. 128 OG; BGE 100 V 62 Erw. 1, 98 V 115; RKUV 2000 Nr. KV 119 S. 154 Erw. 1). 
1.2 Im Beschwerdeverfahren über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege durch das kantonale Versicherungsgericht sind keine Versicherungsleistungen streitig, weshalb das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen hat, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG; BGE 100 V 62 Erw. 2). 
1.3 Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neue tatsächliche Behauptungen aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen). 
2. 
2.1 Gemäss Art. 61 Satz 1 des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 bestimmt sich das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht unter Vorbehalt von Art. 1 Abs. 3 VwVG nach kantonalem Recht. Lit. f dieser Bestimmung sieht vor, dass das Recht, sich verbeiständen zu lassen, gewährleistet sein muss (Satz 1). Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt (Satz 2). Mit Inkraftsetzung des neuen Rechts ist der im Wortlaut mit Art. 61 lit. f ATSG übereinstimmende Art. 108 Abs. 1 lit. f UVG aufgehoben worden. Damit hat sich inhaltlich nichts geändert und die bisherige Rechtsprechung zu Art. 108 Abs. 1 lit. f UVG hat weiterhin Geltung. 
2.2 Das kantonale Gericht hat die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für die Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung (BGE 124 V 309 Erw. 6), insbesondere zum Begriff der Bedürftigkeit und der Massgeblichkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über das Gesuch (BGE 108 V 269 Erw. 4), zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. Entscheidend ist, dass die Grenze für die Annahme von Bedürftigkeit im Sinne der Regeln über die unentgeltliche Verbeiständung höher liegt als diejenige des betreibungsrechtlichen Existenzminimums. Bei der Prüfung der prozessualen Bedürftigkeit geht es um die Frage, ob und inwieweit einer Partei zugemutet werden kann, zur Wahrung ihrer Interessen neue Verpflichtungen einzugehen oder entsprechende Verfügungen treffen zu müssen. Wohl dürfen von der Gesuch stellenden Person gewisse Opfer verlangt werden; sie soll aber nicht gezwungen werden, sich in eine Notlage zu begeben und die für den Prozess notwendigen Mittel dadurch zu beschaffen, dass sie anderen dringenden Verpflichtungen nicht nachkommt. Für die Annahme der prozessualen Bedürftigkeit genügt es, dass die Gesuch stellende Person nicht über mehr Mittel verfügt, als zur Bestreitung eines normalen, bescheidenen Familienunterhalts nötig sind. Dabei sind nicht nur die Einkommenssituation, sondern vielmehr die gesamten finanziellen Verhältnisse ausschlaggebend. Zu berücksichtigen sind daher u.a. auch fällige Steuerschulden (RKUV 2000 Nr. K 119 S. 155 Erw. 2, 1996 Nr. U 254 S. 208 Erw. 2; vgl. auch BGE 124 I 2 Erw. 2a). 
3. 
3.1 Die Vorinstanz ermittelte für den vermögenslosen Beschwerdeführer ein betreibungsrechtliches Existenzminimum von Fr. 1'133.50 (Grundbetrag von Fr. 775.-; Mietzins von Fr. 300.-; Stromkosten von Fr. 25.-; der persönliche AHV-Beitrag für Nichterwerbstätige von Fr. 33.50). Unter Berücksichtung eines Zuschlags von 15 % zum Grundbetrag von Fr. 116.25 ergaben sich anrechenbare Auslagen in Höhe von Fr. 1'249.75. Diesem prozessualen Notbedarf stellte sie die Einnahmen (Invalidenrente der Unfall- und Invalidenversicherung sowie Ergänzungsleistungen) von insgesamt Fr. 1'986.- gegenüber. 
3.2 Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, die Vorinstanz habe bei der Ermittlung des Notbedarfs zu Unrecht die Hälfte des Grundbetrags von Fr. 1'550.- für zwei in einer dauernden Hausgemeinschaft zusammenlebende erwachsene Personen eingesetzt. Er sei am 1. November 2002 bei seinem Bruder und dessen Ehefrau eingezogen, weil er den Mietzins seiner eigenen Wohnung nicht mehr habe bezahlen können, sei aber ständig auf der Suche nach einem geeigneten neuen Objekt. Es könne nicht von einer auf Dauer angelegten Hausgemeinschaft gesprochen werden, weshalb der Grundbetrag von Fr. 1'100.- für einen alleinstehenden Schuldner einzusetzen sei. Die Vorinstanz hat sich bei ihren Ermittlungen an die nach Art. 93 SchKG aufgestellten Richtlinien der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz vom 24. November 2000 gehalten, die vom Kanton Luzern übernommen worden sind (Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide, LGVE 2000 I Nr. 52). Danach soll bei einer dauernden, festen Hausgemeinschaft vom Grundbetrag für Ehepaare (Fr. 1'550.-) ausgegangen werden, während bei einer bloss vorübergehenden oder nur lockeren Hausgemeinschaft der Grundbetrag für einen alleinstehenden Schuldner (Fr. 1'100.-) eingesetzt werden soll (LGVE 2001 I Nr. 47). Die Annahme der Vorinstanz lässt sich nicht als bundesrechtswidrig bezeichnen. Sie hält sich einerseits im Rahmen der erwähnten Richtlinien. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass der Grundbetrag von Fr. 1'100.- für alleinstehende Schuldner angesichts der tatsächlichen Verhältnisse eindeutig zu hoch erscheint, berücksichtigt man die Kostenersparnisse, die das Zusammenleben in einer Wohngemeinschaft mit sich bringen (Essen, Strom, Gebühren für Telefon und Television u.a.). Daher hat die Vorinstanz das ihr zustehende Ermessen bei der Festlegung des Grundbetrags weder überschrittten noch missbraucht (siehe Erw. 1.2). 
Hinsichtlich der geltend gemachten Aufrechnung der Krankenkassenprämie auf der Ausgabenseite wird auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen, wonach der Beschwerdeführer gemäss Verfügung der Ausgleichskasse Luzern vom 7. Januar 2003 mit der Ergänzungsleistung auch die Krankenversicherungsprämie erhält. 
3.3 Mit dem im kantonalen Verfahren eingereichten Formular "Unentgeltliche Rechtspflege" hat der Beschwerdeführer die Aufrechnung der Quellensteuer geltend gemacht, die er aber weder beziffert noch belegt hat. Unter diesen Umständen wäre die Vorinstanz gemäss Art. 61 lit. c ATSG verpflichtet gewesen, Beweismittel von Amtes wegen zu erheben und den Beschwerdeführer aufzufordern, Belege einzureichen. Es liegt daher insoweit eine Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen vor (siehe Erw. 1.3), weshalb es sich bei der letztinstanzlich aufgelegten Abrechnung der Quellensteuer für das Jahr 2002 der Steuerverwaltung des Kantons Luzern nicht um ein unzulässiges Novum handelt. Nach der Rechtsprechung (BGE 90 III 34) ist bei Arbeitnehmern, die der Quellensteuer unterliegen, bei der Berechnung der pfändbaren Quote vom Lohn auszugehen, der tatsächlich ausbezahlt wird. Diese Praxis muss auch Geltung haben bei der Ermittlung des prozessualen Notbedarfs, weil die Grenze für die Annahme der Bedürftigkeit als eine der Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung über dem beitreibungsrechtlichen Existenzminimum liegt (siehe Erw. 2.2). Aus der Abrechnung der Steuerverwaltung ist zu ersehen, dass im Jahre 2002 die Renten monatlich gekürzt um die Quellensteuer (im Umfang von 10 %) ausbezahlt worden sind. Für die Beurteilung, ob Bedürftigkeit vorliegt, sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege massgebend (BGE 108 V 269 Erw. 4). Es kann aber davon ausgegangen werden, dass auch bei Ausfällung des vorinstanzlichen Entscheids vom 25. April 2003 die Invalidenrente und die Ergänzungsleistung gekürzt um die Quellensteuer ausbezahlt worden sind, sodass auf der Einkommensseite ein Betrag von Fr. 1'788.- (Fr. 1'986.- abzüglich 10 %) einzusetzen ist. Verglichen mit dem Notbedarf von Fr. 1'249.75 verbleibt ein Überschuss von Fr. 534.-, der es dem Beschwerdeführer erlaubt, die Anwaltskosten innert angemessener Frist zu tilgen (vgl. RKUV 2000 Nr. KV 119 S. 156 Erw. 3c). Der Entscheid des kantonalen Gerichts vom 25. April 2003 ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden. 
4. 
Gemäss Praxis (RKUV 2000 Nr. KV 119 S. 157 Erw. 4) werden in Verfahren, welche die Frage der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das kantonale Gerichtsverfahren zum Gegenstand haben, keine Gerichtskosten erhoben. Mangels Bedürftigkeit ist das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung für das letztinstanzliche Verfahren abzuweisen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 152 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 3. Juli 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: