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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_737/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 4. November 2014  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Eichenberger,    und Rechtsanwalt Claudio Helmle, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Gesundheit, Kranken- und Unfallversicherung, Schwarzenburgstrasse 165, 3003 Bern,  
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, vom 29. September 2014. 
 
 
In Erwägung,  
dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mit Verfügung vom 25. April 2014 die bestehende Limitierung für das Arzneimittel B.________ in der Spezialitätenliste (SL) erweiterte (Ziff. 1), den Publikumspreis neu festsetzte (Ziff. 2), die Limitierungsänderung mit einer Auflage (Rückerstattung allfälliger Mehreinnahmen an die gemeinsame Einrichtung nach Art. 18 KVG) verband (Ziff. 3) und die Veröffentlichung der Änderungen entsprechend den Ziffern 1 und 2 im einschlägigen Bulletin vorsah (Ziff. 6), 
dass die A.________ AG als Zulassungsinhaberin für B.________ am 22. Mai 2014 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einreichte und beantragte, Ziff. 3 der Verfügung vom 25. April 2014 sei aufzuheben und die Sache im Sinne der Erwägungen an das BAG zurückzuweisen (Verfahren C-2799/2014), 
dass die Erweiterung der Limitation/Indikation und die Preisanpassung nach unten für B.________ im Bulletin ........ des BAG vom ........ publiziert und per 1. Juni 2014 vollzogen wurde (aktuell aufgeführt in der SL), 
dass das BAG in seiner Vernehmlassung beantragte, es sei festzustellen, dass die Beschwerde in Bezug auf Ziff. 1 bis 6, eventualiter Ziff. 1 und 2 des Dispositivs der Verfügung vom 25. April 2014 aufschiebende Wirkung habe, dies nachdem die A.________ AG im Rahmen eines Zwischenverfahrens (C-3498/2014, erledigt durch Entscheid vom 21. Juli 2014) darum ersucht hatte, dem Rechtsmittel in Bezug auf Ziff. 1 und 2 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung die aufschiebende Wirkung zu entziehen, 
dass der Instruktionsrichter des Bundesverwaltungsgerichts mit Zwischenverfügung vom 29. September 2014 den Antrag auf Entzug der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde abwies und feststellte, der Beschwerde vom 23. Juni 2014 (recte: 22. Mai 2014) komme aufschiebende Wirkung zu (Ziff. 1), 
dass die A.________ AG Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben hat mit dem hauptsächlichen Rechtsbegehren, die Zwischenverfügung vom 29. September 2014 sei aufzuheben und der Beschwerde vom 22. Mai 2014 die aufschiebende Wirkung in Bezug auf Ziff. 1 und 2 des Dispositivs der Verfügung vom 25. April 2014 zu entziehen; eventualiter sei die Streitsache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen, 
dass das BAG beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, 
dass das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen anwendet (Art. 106 Abs. 1 BGG), ohne an die Rechtsauffassungen der Verfahrensbeteiligten gebunden zu sein, dies namentlich auch in Bezug auf die Frage, ob die Voraussetzungen für einen auf Feststellung lautenden Entscheid mit Blick auf den Devolutiveffekt der Beschwerde gegeben sind, 
dass es sich beim angefochtenen Entscheid um einen - selbständig eröffneten - Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG handelt, die Beschwerde somit nur zulässig ist, wenn das angefochtene Erkenntnis einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder wenn deren Gutheissung sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b, welche Bestimmung hier von vornherein ausser Betracht fällt), 
dass unter den Parteien umstritten ist, ob ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG gegeben ist, 
dass das BAG mit der Publikation der Erweiterung der Limitation/Indikation und des neuen (Fabrikabgabe-) Preises im einschlägigen Bulletin und der Aufführung in der SL die Vergütung des Arzneimittels B.________ im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für Versicherte und Krankenversicherer ab 1. Juni 2014 bis zur nächsten Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre (Art. 65d KVV) am 1. November 2014 verbindlich festlegte, 
dass damit das Bundesamt, wie es selber einräumt, Ziff. 1 und 2 des Dispositivs der Verfügung vom 25. April 2014 vollzog, ohne einer allfälligen Beschwerde die aufschiebenden Wirkung zu entziehen (Art. 55 Abs. 1 und 2 erster Teilsatz VwVG i. V. m. Art. 37 VVG), 
dass der Suspensiveffekt der Beschwerde die angefochtene Verfügung integral beschlägt, wie das Bundesverwaltungsgericht im Entscheid vom 21. Juli 2014 (unter Hinweis auf Regina Kiener, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2008, Rz. 8 zu Art. 55 VwVG) erkannt hat, 
dass es unter diesen Umständen einzig um die Wiederherstellung der (durch den Vollzug von Ziff. 1 und 2 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung faktisch entzogenen) aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gehen konnte, und zwar im Sinne einer anderen vorsorglichen Massnahme nach Art. 56 VwVG (vgl. dazu etwa Urteil 2C_309/ 2008 vom 13. August 2008 E. 3.1 mit Hinweisen)  und mit vertauschten Parteirollen, was die Vorinstanz verkannt hat,  
dass insbesondere die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung für oder gegen den Entzug der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde die Schutzfunktion dieses Instituts (Kiener, a.a.O., Rz. 2 zu Art. 55 VwVG) in ihr Gegenteil verkehrt, 
dass bedrohte Interessen, die laut Art. 56 VwVG einstweilen sicherzustellen sind, nicht ersichtlich sind, 
dass das - vom Bundesverwaltungsgericht höher gewichtete - Interesse (der Versicherten, der Ärzteschaft und der Krankenversicherer) daran zu wissen, mit welchen Limitierungen und zu welchem Preis B.________ während des Beschwerdeverfahrens bezogen werden kann, offensichtlich keiner vorsorglichen Massnahmen ruft, 
dass weiter die einzig angefochtene Ziff. 3 des Dispositivs der Verfügung vom 25. April 2014 (Rückerstattung allfälliger Mehreinnahmen an die gemeinsame Einrichtung nach Art. 18 KVG; Art. 65f Abs. 3 KVV) insofern in einem engen sachlichen Zusammenhang mit Ziff. 1 und 2 stehen, als ohne die Auflage weder die Erweiterung der Limitation/Indikation (Ziff. 1; Art. 65f Abs. 1 KVV) noch die Senkung des (Fabrikabgabe-) Preises (Ziff. 2; Art. 65f Abs. 2 KVV) bewilligt worden wären, 
dass dies die Partei kraft Dispositionsgrundsatz bei der Anhebung von Beschwerde nicht daran hindert, Ziff. 3 zum alleinigen Streitgegenstand eines Beschwerdeverfahrens zu machen, dessen Ausdehnung auf weitere in der Verfügung geregelte, aber nicht angefochtene Rechtsgestaltungen die nach der Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen zu beachten hat (BGE 110 V 48 E. 3c S. 51 f.), einschliesslich der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 62 VwVG i. V. m. Art. 37 VGG
dass jedenfalls dann, wenn die allfällige Rückerstattungspflicht im Grundsatz unbestritten ist, ebenso der voraussichtliche Mehrumsatz im Zeitraum von zwei Jahren ab der Limitierungsänderung als gleichzeitig bestimmende Grösse für die Senkung des (Fabrikabgabe-) Preises und Faktor für die Berechnung des Rückerstattungsbetrages, was hier zutrifft, die Auflage in Ziff. 3 als eigenes Rechtsverhältnis im anfechtungs- und streitgegenständlichen Sinne (vgl. BGE 125 V 413) zu betrachten ist, 
dass als Folge davon Ziff. 1 und 2 des Dispositivs der Verfügung vom 25. April 2014 bei Nichtanfechtung vorbehältlich der Wiedererwägung lite pendente nach Art. 58 Abs. 1 VwVG, was hier nicht geschah, in formelle Rechtskraft erwachsen sind, wobei die Beseitigung der damit einhergehenden Rechtsbeständigkeit nicht Prozessthema ist, 
dass somit das Bundesverwaltungsgericht nicht auf das Feststellungsbegehren des BAG betreffend aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen die Verfügung vom 25. April 2014 eintreten durfte, da auch ein gutheissender Entscheid von vornherein nicht Grundlage für die Rückgängigmachung der Erweiterung der Limitation/Indikation und der damit verbundenen Preissenkung sein konnte, 
dass nach dem Gesagten die angefochtene Zwischenverfügung mit sich irreversibel auswirkenden schweren formellen Mängeln behaftet ist, was in der konkreten Verfahrenslage einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil gleichkommt, und daher aufzuheben ist, 
dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 29. Oktober 2014, aufgrund der Vernehmlassung des BAG erscheine eine einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits betreffend den Entzug der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wahrscheinlich, kein Grund für eine Sistierung des Verfahrens darstellt und das diesbezügliche Gesuch daher abzuweisen ist, 
dass mit dem Entscheid in der Sache das Gesuch um superprovisorische Massnahmen gegenstandslos wird, 
dass das unterliegende Bundesamt keine Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 4 BGG), der obsiegenden Beschwerdeführerin jedoch eine Parteientschädigung zu bezahlen hat (Art. 68 Abs. 2 BGG), 
 
 
erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, vom 29. September 2014 wird aufgehoben. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. November 2014 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler