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[AZA 7] 
I 31/00 Ge 
 
IV. Kammer 
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; 
Gerichtsschreiber Signorell 
 
Urteil vom 5. Oktober 2000 
 
in Sachen 
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, Bern, Beschwerdeführer, 
gegen 
Winterthur Versicherungen, Direktion Zürich, Brandschenkestrasse 24, Zürich, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Schwyz, 
betreffend T.________, 1950, vertreten durch Fürsprecher Dr. Alfred Werlen, Belvédère 47, Zufikon 
 
A.- Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens (24. April 1997) sprach die IV-Stelle Schwyz mit Verfügung vom 24. Dezember 1998 T.________ rückwirkend ab 1. Mai 1996 eine einfache halbe Invalidenrente zu, welche durch die Ausgleichskasse des Kantons Zürich auszuzahlen ist. Die Winterthur Versicherungen (als Rechtsnachfolgerin der Neuenburger Versicherungen) stellten am 14. Dezember 1998 einen Verrechnungsantrag für die Rentennachzahlung in der Höhe von Fr. 14'088.-. In einer weiteren Verfügung vom 13. August 1999 wies die IV-Stelle Schwyz dieses Verrechnungsbegehren ab. 
 
 
B.- Mit Entscheid vom 17. November 1999 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz die von den Winterthur Versicherungen hiegegen erhobene Beschwerde gut und bewilligte die Verrechnung für den gesamten Betrag. 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Aufhebung des kantonalen Entscheids. 
Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme, die IV-Stelle Schwyz beantragt Abweisung (recte ebenfalls: Gutheissung) der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz schliesst auf teilweise Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und Reduktion der Verrechnung auf Fr. 3456.-, die Winterthur Versicherungen auf Abweisung, eventuell Reduktion der Verrechnung auf Fr. 9761.-. 
T.________ hat sich nicht geäussert. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt (BGE 121 V 18 Erw. 2), hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
2.- Nach Abs. 1 von Art. 85bis IVV (in der seit 1. Januar 1999 geltenden Fassung) können Arbeitgeber, Einrichtungen der beruflichen Vorsorge, Krankenversicherungen, öffentliche und private Fürsorgestellen oder Haftpflichtversicherungen mit Sitz in der Schweiz, welche im Hinblick auf eine Rente der Invalidenversicherung Vorschussleistungen erbracht haben, verlangen, dass die Nachzahlung dieser Rente bis zur Höhe ihrer Vorschussleistung verrechnet und an sie ausbezahlt wird (Satz 1); vorbehalten bleibt die Verrechnung nach Art. 20 AHVG (Satz 2); die bevorschussenden Stellen haben ihren Anspruch mit besonderem Formular frühestens bei der Rentenanmeldung und spätestens im Zeitpunkt der Verfügung der IV-Stelle geltend zu machen (Satz 3). Als Vorschussleistungen gelten u.a. vertraglich oder aufgrund eines Gesetzes erbrachte Leistungen, soweit aus dem Vertrag oder dem Gesetz ein eindeutiges Rückforderungsrecht infolge Rentennachzahlung abgeleitet werden kann (Art. 85bis Abs. 2 lit. b IVV). 
 
3.- a) Streitig und zu prüfen ist, ob sich aus den massgeblichen Allgemeinen Versicherungsbestimmungen (AVB) der Neuenburger Versicherungen zur kollektiven Taggeldversicherung (Ausgabe 06.92) oder aus einer vertraglichen Vereinbarung ein eindeutiges Rückforderungsrecht im Sinne von Art. 85bis Abs. 2 lit. b IVV ergibt. 
 
aa) Die Vorinstanz hiess die von den Winterthur Versicherungen erhobene Beschwerde gut im Wesentlichen mit der Begründung, Art. B 4 Abs. (1 und) 4 der AVB enthielten ein "eindeutiges Rückforderungsrecht" im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen. Unter dem Randtitel "Leistungen Dritten" lautet der einschlägige Abs. 4: 
"Steht der Rentenanspruch einer staatlichen oder betrieblichen 
Versicherung noch nicht fest, und erbringt 
die Neuenburger das versicherte Taggeld, kann sie ab 
Beginn des Rentenanspruchs die zuviel erbrachten Leistungen 
zurückfordern.. " 
bb) Der Anspruch auf die in Art. 85bis IVV vorgesehene Drittauszahlung geht weit über den blossen Rückerstattungsanspruch hinaus, welcher einem Versicherungsträger wegen unrechtmässigen Leistungsbezuges - etwa aus Gründen der Überversicherung - gegenüber dem Versicherten zusteht. Die Drittauszahlung setzt nicht nur die materiellrechtliche Begründetheit der Rückforderung und die Rückkommensvoraussetzungen (BGE 110 V 176) voraus, sondern geht mit einem Schuldner- und Gläubigerwechsel einher, welcher die Verrechnung von Nachzahlung und Rückforderung erst möglich macht. Ein gegenüber der Invalidenversicherung bestehender direkter Rückerstattungsanspruch muss deshalb vertraglich oder dann normativ (vgl. etwa Art. 48 Abs. 5ter des Beamtengesetzes) festgehalten sein, damit von einem "eindeutigen Rückforderungsrecht" gesprochen werden kann (SZS 2000 S. 380). 
 
cc) Im Urteil SZS 2000 S. 379 hatte das Eidgenössische Versicherungsgericht eine AVB-Bestimmung, deren Wortlaut sich mit Art. B 4 Abs. 4 der AVB der Neuenburger Versicherungen deckt, im Hinblick auf ein geltend gemachtes Verrechnungsrecht eines privaten Versicherers zu beurteilen. 
Es erwog mit einlässlicher Begründung, dass diese kein "eindeutiges Rückforderungsrecht" im Sinne von Art. 85bis Abs. 2 lit. b IVV beinhalte. Denn ein derart formuliertes Rückforderungsrecht richte sich nur gegen den Versicherten selbst, nicht aber gegen den ebenfalls Leistungen erbringenden Sozialversicherungsträger und sei deshalb nicht geeignet, ein direktes Rückforderungsrecht gegenüber der nachträglich leistenden Invalidenversicherung zu begründen. 
Besondere Verhältnisse wie im nicht veröffentlichten Urteil W. vom 3. Dezember 1993 (I 405/92), in welchem das Eidgenössische Versicherungsgericht die Drittauszahlung trotz fehlender ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage bestätigen konnte, weil der Leistungsbezug nur unter ausdrücklichem Vorbehalt der Verrechnung mit einer später für die gleiche Zeit zugesprochenen Invalidenrente erfolgt war, sind nicht ersichtlich. 
 
dd) Da die Versicherte auf ein Ersuchen der Ausgleichskasse um Erteilung des Einverständnisses zur Verrechnung ablehnend und auf ein solches der Winterthur Versicherungen nicht geantwortet hatte, liegt auch kein vertragliches eindeutiges Rückforderungsrecht vor. 
 
ee) Der Entscheid des kantonalen Gerichts ist daher aufzuheben. 
 
b) Bei dieser Rechtslage braucht nicht weiter geprüft zu werden, in welchem betragsmässigen Umfang eine Verrechnung zulässig wäre. 
 
4.- Da nicht der Anspruch auf Versicherungsleistungen zu beurteilen war, ist das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht kostenpflichtig (Umkehrschluss aus Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten von der unterliegenden Winterthur Versicherungen zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird 
der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons 
Schwyz vom 17. November 1999 aufgehoben. 
 
II.Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden den Winterthur Versicherungen auferlegt. 
III. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wird über 
 
eine Parteientschädigung an T.________ für das 
kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des 
letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, T.________, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und der IV-Stelle 
 
 
Schwyz zugestellt. 
Luzern, 5. Oktober 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: