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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_920/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 5. Oktober 2016  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________ GmbH, 
vertreten durch A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, Erste Staatsanwältin, Grenzacherstrasse 8, 4132 Muttenz, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (unbefugte Datenbeschaffung usw.), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 7. Juni 2016. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Am 10. Februar 2014 erstattete die Beschwerdeführerin bei der Polizei Basel-Landschaft Strafanzeige gegen eine unbekannte Täterschaft wegen unbefugter Datenbeschaffung und unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem. Die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft stellte das Verfahren am 15. Januar 2015 ein. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft am 10. März 2015 ab. Auf die dagegen eingereichte Beschwerde trat das Bundesgericht am 15. April 2015 nicht ein (Urteil 6B_331/2015). 
Am 28. Juli 2015 erstattete die Beschwerdeführerin Strafanzeige gegen den leitenden Staatsanwalt des Kantons Aargau und den Präsidenten des Obergerichts und der Justizleitung des Kantons Aargau wegen unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem und Sachbeschädigung. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau nahm die Strafanzeige am 10. August 2015 nicht an die Hand. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Aargau am 17. November 2015 ab, soweit darauf eingetreten wurde. 
Mit Eingabe vom 16. Oktober 2015 erstattete die Beschwerdeführerin bei der Polizei Basel-Landschaft gegen einen Angestellten der Swisscom Strafanzeige wegen Beihilfe zu unbefugtem Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem und Sachbeschädigung. Die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft nahm das Verfahren am 8. April 2016 nicht an die Hand. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft (auch) unter dem Gesichtswinkel von Art. 323 Abs. 1 StPO mit Beschluss vom 7. Juni 2016 ab. 
Die Beschwerdeführerin beantragt vor Bundesgericht, es seien der Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft und die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft aufzuheben. Diese sei anzuweisen, eine Untersuchung zu eröffnen bzw. wieder aufzunehmen. Eventualiter sei der Beschluss des Kantonsgerichts vom 10. März 2015 (recte wohl 7. Juni 2016) aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz "zur erneuten Entscheidung nach Möglichkeit der Replik" zurückzuweisen. 
 
2.  
Mit der Beschwerde in Strafsachen kann auch die Verletzung von Verfassungsrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Die von der Beschwerdeführerin zusätzlich erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist ausgeschlossen (Art. 113 BGG). 
 
3.  
Anfechtbar ist nur der Beschluss des Kantonsgerichts (Art. 80 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten, soweit die Aufhebung der Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft verlangt wird. 
 
4.  
Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur legitimiert, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat die Privatklägerin nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden Zivilansprüche geltend gemacht. Die Privatklägerin hat vor Bundesgericht aber jedenfalls darzulegen, auf welche Zivilforderung sich der angefochtene Entscheid inwiefern auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der angezeigten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen). 
Die Beschwerdeführerin führt nur aus, sie sei als geschädigte Person und Adressatin des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ihren Rechten betroffen und deshalb legitimiert (Beschwerde, S. 2). Indessen sagt sie nicht, auf welche konkrete Zivilforderung sich der angefochtene Entscheid inwiefern auswirken könnte. Auch aus der Natur der angezeigten Straftaten ergibt sich nicht ohne Weiteres, um welche Zivilforderung es gehen könnte (so schon Urteil 6B_331/2015 vom 15. April 2015 E. 3). Auf die Beschwerde ist mangels hinreichender Begründung der Beschwerdelegitimation nicht einzutreten. 
 
5.  
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerin die Verletzung jener Parteirechte geltend machen, die ihr nach dem kantonalen Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung bedeutet. Unzulässig sind allerdings Rügen, deren Beurteilung von der Prüfung der Sache nicht getrennt werden kann und die im Ergebnis auf eine materielle Prüfung des angefochtenen Entscheids hinauslaufen (BGE 141 IV 1 E. 1.1; 136 IV 41 E. 1.4). 
 
5.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Die Vorinstanz habe beim Beschuldigten eine Stellungnahme zur Beschwerde eingeholt. Sie, die Beschwerdeführerin, habe sich dazu aufgrund des geschlossenen Schriftenwechsels nicht äussern können.  
Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV umfasst auch das Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu äussern zu können (sog. Replikrecht: BGE 133 I 98 E. 2.1 S. 99), und zwar unabhängig von deren Entscheidrelevanz (BGE 138 I 154 E. 2.3.3 S. 157). Zur Wahrung des Replikrechts genügt es, dass den Parteien die Eingaben zur Information (Kenntnisnahme, Orientierung) zugestellt werden, wenn von ihnen, namentlich von anwaltlich Vertretenen oder Rechtskundigen, erwartet werden kann, dass sie unaufgefordert Stellung nehmen (BGE 138 I 484 E. 2.4 S. 487; vgl. auch: BGE 138 III 252 E. 2.2 S. 255). Nach der Zustellung zur Kenntnisnahme ist das Gericht gehalten, eine angemessene Zeitspanne mit dem Entscheid zuzuwarten. Vor Ablauf von zehn Tagen darf es im Allgemeinen nicht von einem Verzicht auf das Replikrecht ausgehen (Urteil 2C_469/2014 vom 9. Dezember 2014 E. 2.2), hingegen nach 20 Tagen schon (vgl. Urteil 5D_81/2015 vom 4. April 2016 E. 2.3.3 f. mit ausführlicher Wiedergabe der bundesgerichtlichen Rechtsprechung). 
Diese aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör fliessenden Vorgaben hat die Vorinstanz eingehalten: Sie hat der Beschwerdeführerin die Stellungnahme des Beschuldigten zur Beschwerde mit Verfügung vom 10. Mai 2016 zur Kenntnisnahme zugestellt. Mit dem Hinweis darauf, dass der Schriftenwechsel geschlossen sei, hat sie von der Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels abgesehen (vgl. Art. 390 Abs. 2 StPO). Die Vorinstanz hat mit ihrem Entscheid sodann bis zum 7. Juni 2016 zugewartet. Die im kantonalen Verfahren anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin reichte weder Gegenbemerkungen ein noch ersuchte sie um eine Frist zur Stellungnahme. Die Vorinstanz durfte daher nach Ablauf fast eines Monats davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Replikrecht nicht mehr Gebrauch machen wolle. Das rechtliche Gehör ist nicht verletzt. Die Rüge ist unbegründet. 
 
5.2. Das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe nicht im Detail geprüft, ob sich aus der Stellungnahme des Beschuldigten neue Tatsachen oder Beweismittel im Sinne von Art. 323 Abs. 1 StPO ergeben, zielt im Ergebnis auf eine materielle Prüfung des angefochtenen Entscheids ab. Damit ist sie nicht zu hören. Soweit die Beschwerdeführerin im Übrigen Grundrechtsverletzungen wie Verstösse gegen Art. 13 EMRK (wirksame Beschwerde), Missachtung der Privatsphäre (Art. 8 und 13 EMRK, Art. 17 UNO-Pakt II) sowie "unfaire Behandlung von KMU und Schweizer Bürgern gegenüber Staatsangestellten" (Art. 5, 8, 9, 29, 30, 35, 36 BV, Art. 6 und 13 EMRK, Art. 14 UNO-Pakt II) geltend macht, genügen ihre Ausführungen den Voraussetzungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. So ist z.B. gestützt auf ihre Vorbringen nicht ersichtlich, inwieweit Art. 13 EMRK verletzt oder das Verfahren unfair gewesen sein könnte.  
 
6.  
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Nach der Rechtsprechung können juristische Personen grundsätzlich keine unentgeltliche Rechtspflege beanspruchen; sie sind nicht arm oder bedürftig, sondern bloss zahlungsunfähig oder überschuldet und haben in diesem Fall die gebotenen gesellschafts- und konkursrechtlichen Konsequenzen zu ziehen (Urteil 6B_261/2014 vom 4. Dezember 2014 E. 4 mit Hinweis auf BGE 131 II 306 E. 5.2.1). Das Gesuch wäre im Übrigen auch deshalb abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Kosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Oktober 2016 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill