Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
[AZA 7] 
B 98/00 Gb 
 
III. Kammer 
 
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und nebenamtlicher 
Richter Maeschi; Gerichtsschreiberin Bucher 
 
Urteil vom 5. November 2001 
 
in Sachen 
S.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Reto Caflisch, Rennweg 10, 8001 Zürich, 
 
gegen 
BVG-Sammelstiftung der Rentenanstalt, General Guisan-Quai 40, 8002 Zürich, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
A.- S.________, geboren 1955, war vom 8. Juli 1991 bis 
31. Januar 1992 bei der Firma X.________ AG als Verkaufs-Aussendienstmitarbeiter tätig und über den Arbeitgeber bei der BVG-Sammelstiftung der Rentenanstalt (nachfolgend Stiftung) berufsvorsorgerechtlich versichert. Am 1. November 1991 kündigte er die Stelle auf Ende Februar 1992, worauf das Arbeitsverhältnis in gegenseitigem Einvernehmen auf den 
31. Januar 1992 aufgelöst wurde unter sofortiger Freistellung von den dienstlichen Aufgaben. Das dem Versicherten zustehende Freizügigkeitsguthaben wandelte die Stiftung in eine Freizügigkeitspolice um. Ab Februar 1992 bezog S.________ Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Am 3. Februar 1994 meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 19. Juni 1995 sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Zürich ab 1. Januar 1995 eine ganze Rente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 100 % zu. Auf ein Gesuch um Wiedererwägung der Verfügung und Zusprechung einer Rente mit Wirkung ab 1. November 1992 trat die IV-Stelle am 19. Juni 1997 nicht ein. Bereits am 4. Mai 1996 hatte S.________ bei der Stiftung die Ausrichtung einer "Vollinvaliditätsrente" mit Wirkung ab 1. Februar 1992 beantragt, was von der Vorsorgeeinrichtung wegen fehlender Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses und während der Nachdeckungsfrist von 30 Tagen abgelehnt wurde. 
 
 
 
B.- Am 6. Januar 1999 liess S.________ gegen die Stiftung Klage erheben mit dem Hauptantrag, die Vorsorgeeinrichtung sei zu verpflichten, ihm ab 4. November 1992 eine volle Invalidenrente und ab 7. Juni 1993 eine Kinderzusatzrente auszurichten. Zur Begründung brachte er im Wesentlichen vor, die zur Invalidität führende Arbeitsunfähigkeit sei im November 1991 und damit in einem Zeitpunkt eingetreten, als er bei der Stiftung versichert gewesen sei, weshalb diese leistungspflichtig sei. 
Mit Entscheid vom 5. Oktober 2000 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Klage ab. 
 
C.- S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Stiftung zu verpflichten, ihm ab 
4. November 1992 eine volle Invalidenrente und ab 7. Juni 1993 eine Kinderzusatzrente auszurichten; es seien die aufgelaufenen Rentenleistungen nach Massgabe der gesetzlichen Vorschriften der Teuerung anzupassen und die zu bezahlenden Rentenbetreffnisse ab Datum der Klageeinleitung mit 5 % zu verzinsen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Stiftung beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
Das Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich nicht vernehmen. 
 
D.- Im Instruktionsverfahren hat das Eidgenössische Versicherungsgericht die Akten der Arbeitslosenversicherung beigezogen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Im vorinstanzlichen Entscheid werden die nach Gesetz und Rechtsprechung für den Anspruch auf Invalidenleistungen gemäss Art. 23 BVG und die Bindung der Vorsorgeeinrichtungen an den durch die Invalidenversicherung ermittelten Invaliditätsgrad und Rentenbeginn geltenden Regeln zutreffend dargelegt, weshalb darauf verwiesen werden kann (vgl. BGE 120 V 108 Erw. 3c mit Hinweisen). Das Gleiche gilt für die Grundsätze über die Leistungspflicht der bisherigen Vorsorgeeinrichtung für eine erst nach dem Austritt des Versicherten eingetretene Invalidität (vgl. BGE 120 V 116 Erw. 2b und 117 Erw. 2c). 
 
2.- Die IV-Stelle hat dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 19. Juni 1995 eine ganze Rente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 100 % ab 1. Januar 1995 zugesprochen. 
Der verfügte Rentenbeginn ist unangefochten geblieben. Erst nach Ablehnung des BVG-Rentenbegehrens durch die Beschwerdegegnerin am 17. Mai 1996/20. März 1997 hat der Beschwerdeführer am 26. März 1997 ein Wiedererwägungsgesuch gestellt und beantragt, es sei ihm eine Rente bereits ab 
1. November 1992 auszurichten. Die IV-Stelle ist auf das Begehren nicht eingetreten, was ebenfalls unangefochten geblieben ist. Der Rentenbeginn wurde von der Invalidenversicherung damit rechtskräftig auf den 1. Januar 1995 festgesetzt, was praxisgemäss auch für den Anspruch auf Invalidenleistungen gemäss BVG verbindlich ist, soweit der Entscheid der Invalidenversicherung nicht offensichtlich unhaltbar ist (BGE 120 V 109 Erw. 3c). 
 
3.- a) Der Beschwerdeführer macht geltend, auf den von der Invalidenversicherung ermittelten Rentenbeginn könne schon deshalb nicht abgestellt werden, weil der Rentenanspruch nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG frühestens in dem Zeitpunkt entstehe, in dem der Versicherte während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens zu 40 % arbeitsunfähig gewesen sei. Aus dem Umstand, dass ihm eine ganze Invalidenrente ab 1. Januar 1995 zugesprochen worden sei, könne daher höchstens abgeleitet werden, ab welchem Zeitpunkt die IV-Stelle die Arbeitsunfähigkeit als invaliditätsrelevant bzw. rentenbegründend betrachtet habe. Dagegen könne daraus nicht geschlossen werden, dass die Arbeitsunfähigkeit, welche zur rentenbegründenden Invalidität geführt habe, erst im Januar 1994 eingetreten sei. 
Mit dieser Argumentation übersieht der Beschwerdeführer, dass die für den Rentenbeginn bei langdauernder Krankheit nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG geltende Wartezeit von einem Jahr praxisgemäss jedenfalls schon dann als eröffnet gilt, wenn die Arbeitsunfähigkeit 25 % erreicht (BGE 121 V 268 Erw. 3b mit Hinweis). Entgegen den Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde trifft es daher nicht zu, dass die für den Anspruch in der beruflichen Vorsorge wesentliche Frage nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beurteilung des Rentenanspruchs in der Invalidenversicherung ohne Bedeutung war. 
b) Der Beschwerdeführer bringt des Weiteren vor, auf den Entscheid der Invalidenversicherung könne nicht abgestellt werden, weil dieser in den ärztlichen Beurteilungen keine Stütze finde. Weder Dr. med. M.________ noch die MEDAS hätten sich in ihren Berichten konkret zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit geäussert. Wenn Dr. med. M.________ der IV-Stelle die Ausrichtung einer Rente ab 1. Januar 1994 empfohlen habe, sei er von einer Arbeitsunfähigkeit spätestens ab 1. Januar 1993 ausgegangen. Weshalb die IV-Stelle die Wartezeit erst am 1. Januar 1994 als eröffnet erachtet habe, könne nicht nachvollzogen werden und erweise sich als offensichtlich falsch. Dies auch im Hinblick auf die Angaben der Medizinischen Begutachtungsstelle, welche im Gutachten vom 21. März 1995 zwar keine Ausführungen zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit mache, im MEDAS-Statistikformular aber eine Verminderung der Arbeitsfähigkeit ab 1992 angebe. 
Die Auslegung, welche der Beschwerdeführer dem Bericht des Dr. med. M.________ vom 23. August 1994 geben will, findet in den Akten keine Stütze. Die Empfehlung des Dr. 
med. M.________, dem Versicherten ab 1. Januar 1994 eine Invalidenrente auszurichten, ist in Zusammenhang mit dem im Bericht zitierten Zeugnis des Dr. med. R.________ zu sehen, welcher eine Arbeitsunfähigkeit ab Januar 1994 wegen reaktiver Depression bestätigt hatte. Dafür, dass Dr. med. 
M.________ bei seiner Beurteilung davon ausging, eine relevante Arbeitsunfähigkeit habe bereits seit 1. Januar 1993 bestanden, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Hinsichtlich des Beginns der Arbeitsunfähigkeit sind auch von der vom Beschwerdeführer beantragten Zeugenbefragung mit Dr. med. 
R.________, der den Versicherten nach dessen Angaben nur einmal sah, lediglich eine Momentaufnahme machte und den Patienten an Dr. phil. A.________ verwies, keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, weshalb in antizipierter Beweiswürdigung auf diese Beweismassnahme zu verzichten ist (vgl. 
BGE 124 V 94 Erw. 4b, 122 V 162 Erw. 1d, 119 V 344; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4b). Eine Arbeitsunfähigkeit ab 
1. Januar 1993 würde zudem zu keinem anderen Ergebnis führen, weil das Arbeitsverhältnis bereits auf Ende Januar 1992 aufgelöst wurde und die Nachdeckungsfrist gemäss Art. 10 Abs. 3 BVG in der bis 31. Dezember 1994 geltenden Fassung dreissig Tage nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses endete. Was die Angabe im Statistikblatt der MEDAS betrifft, ist der Vorinstanz darin beizupflichten, dass hierauf allein nicht abgestellt werden kann. Es lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten, dass der von der Invalidenversicherung angenommene Beginn der relevanten Arbeitsunfähigkeit offensichtlich unhaltbar ist. 
 
4.- a) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der früheren Rechtsvertreterin bei Dr. med. G.________, Spezialarzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen vom 7. April 1998 und 
5. November 1999. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, der Versicherte leide an einer Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und paranoiden Zügen. Ein eindeutiger Beginn der Arbeitsunfähigkeit lasse sich nicht genau festlegen. Es sei jedoch davon auszugehen, dass anlässlich des Stellenantritts bei der Firma X.________ AG am 8. Juli 1991 noch volle Arbeitsfähigkeit bestanden habe, auch wenn zunehmend besondere Randbedingungen (Arbeitsplatz ohne Mitarbeiterkontakt und ohne ständige Kontrollen) hätten erfüllt sein müssen. Nach einem Vorgesetztenwechsel und damit verbundenen Änderungen in den Arbeitsbedingungen sei es zu einer eigentlichen Dekompensation der Persönlichkeitsstörung gekommen. 
Der Versicherte habe sich in seiner Unabhängigkeit bedroht gefühlt und mit vielfältigen psychischen und körperlichen Symptomen reagiert, die rasch zu einer Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit (und zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses) geführt hätten. 
Dass es beim Beschwerdeführer aufgrund veränderter Bedingungen am Arbeitsplatz zu einer Dekompensation der vorbestandenen Persönlichkeitsstörung gekommen ist, erscheint aufgrund der Akten als glaubhaft. Es fehlen aber hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass bereits in jenem Zeitpunkt eine längerdauernde und erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit eingetreten ist. Der Beschwerdeführer hat sich am 12. Februar 1992 zur Arbeitsvermittlung bei der Arbeitslosenversicherung gemeldet und sich um eine Ganztagsbeschäftigung beworben. Am 25. Februar 1992 hat er einen Antrag auf Arbeitslosenentschädigung gestellt und angegeben, voll arbeitsfähig zu sein. In der Folge hat er sich stets als voll vermittlungsfähig bezeichnet und ab 
3. Mai 1993 einen von der Arbeitslosenversicherung finanzierten Kurs zum Informatik-Projektassistenten besucht. 
Nach den Akten der Arbeitslosenversicherung war er vom 7. 
bis 13. Juni 1993 zu 100 % und ab 14. Juni 1993 zu 50 % für ca. zwei Wochen arbeitsunfähig (Zeugnis Dr. med. 
B.________ vom 14. Juni 1993). Weitere Angaben über krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeiten während der Bezugsdauer der Arbeitslosenentschädigung finden sich nicht. Eine ärztliche Behandlung wegen des psychischen Leidens fand nach den Angaben des Beschwerdeführers erst Ende 1993/Anfang 1994 (und damit nach der im Oktober 1993 erfolgten Aussteuerung bei der Arbeitslosenversicherung) statt. Ab dem 
1. Januar 1994 war er laut verschiedenen Arztzeugnissen zufolge reaktiver Depression zu 100 % arbeitsunfähig und beanspruchte Taggelder des Krankenversicherers. Der Beschwerdeführer ging damit selbst davon aus, dass bis Ende 1993 keine wesentliche Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit bestanden hatte und eine solche erst zu Beginn des Jahres 1994 eingetreten ist, wie die Invalidenversicherung angenommen und dem Rentenentscheid zugrunde gelegt hat. 
 
b) Was Dr. med. G.________ zu den Auswirkungen von Persönlichkeitsstörungen auf die Fähigkeit des Betroffenen zur Einsicht ins Krankheitsbild betrifft, leuchtet ein, vermag im vorliegenden Fall aber zu keinem andern Ergebnis zu führen. Zum einen fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer mangels Einsicht in den Krankheitszustand seine Arbeitsfähigkeit gegenüber der Arbeitslosenversicherung zu Unrecht bejaht hätte. Zum andern hat er sowohl gegenüber der Arbeitslosenversicherung als auch im Verfahren betreffend Leistungen der Krankenversicherung eindeutig bewiesen, dass er, nötigenfalls vertreten durch einen Rechtsanwalt, durchaus in der Lage war, seine Interessen gezielt wahrzunehmen. Bei der Artisana Kranken- und Unfallversicherung, bei welcher er für Krankenpflege und Spitalzusatz versichert war, schloss er auf den 1. Juli 1993 eine Taggeldversicherung von Fr. 125.- ab dem 31. Tag ab und bezog ab anfangs 1994 Leistungen, die er in der Folge mangels Anspruchsberechtigung teilweise zurückzuerstatten hatte (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 4. August 1997, K 164/96). Dass sich nicht nur der Beschwerdeführer keine Rechenschaft über eine bestehende Arbeitsunfähigkeit gegeben haben soll, sondern sich auch die Ärzte, welche sich im Zusammenhang mit den Leistungsbegehren gegenüber der Arbeitslosenversicherung und der Krankenversicherung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu äussern hatten, die geltend gemachte Arbeitsunfähigkeit nicht erkannt haben, ist nicht anzunehmen. 
Es vermag deshalb nicht zu überzeugen, wenn Dr. med. 
G.________ zum Schluss gelangt, es sei als krankheitsbedingt anzusehen, dass der Beschwerdeführer sich nicht bereits früher als arbeitsunfähig erachtet und sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug gemeldet habe. Mit der Vorinstanz ist daher festzustellen, dass die Festsetzung des Rentenbeginns (bzw. der relevanten Arbeitsunfähigkeit) durch die Invalidenversicherung nicht als offensichtlich unzutreffend zu betrachten ist, weshalb die Vorsorgeeinrichtung den Leistungsanspruch zu Recht verneint hat. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 5. November 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: