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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_477/2010 
 
Urteil vom 5. November 2010 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Stadelmann, 
Gerichtsschreiber Winiger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Eidgenössische Steuerverwaltung. 
 
Gegenstand 
MWST; Margenbesteuerung (1. Quartal 2001 bis 4. Quartal 2005), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 27. April 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ betreibt als Inhaber eines Zweirad-Fachgeschäfts Handel mit neuen und gebrauchten Motorrädern, Mofas und Fahrrädern. Er ist seit dem 1. Januar 1995 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) eingetragen. 
 
B. 
Im Februar und April 2006 führte die ESTV eine Kontrolle durch. Gestützt darauf machte sie vom 1. Quartal 2001 bis zum 4. Quartal 2005 eine Steuernachforderung in der Höhe von Fr. 71'351.-- zuzüglich Verzugszins geltend. Zur Begründung brachte sie im Wesentlichen vor, der Steuerpflichtige habe im Rahmen von Ankäufen von gebrauchten Fahrzeugen die Vorsteuer zu Unrecht geltend gemacht und beim Verkauf auf seinen Rechnungen die Steuer - ohne Hinweis auf die Margenbesteuerung - offen ausgewiesen. Mit Einspracheentscheid vom 21. April 2008 hielt die ESTV an ihrer Auffassung fest. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 27. April 2010 ab. 
 
C. 
Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erhebt X.________ mit Eingabe vom 30. Mai 2010 Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, der Einspracheentscheid der ESTV vom 21. April 2008 und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2010 seien aufzuheben. 
 
Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf eine Stellungnahme und die ESTV schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2010 repliziert der Beschwerdeführer auf die Stellungnahme der ESTV. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist dort mit seinen Begehren unterlegen. Er ist durch den angefochtenen Entscheid daher besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten (vgl. jedoch E. 1.2.2 hiernach). 
1.2 
1.2.1 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Trotzdem obliegt es dem Beschwerdeführer, sich in seiner Beschwerde sachbezogen mit den Darlegungen im angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Die Begründung muss dabei in der Rechtsschrift selbst enthalten sein; Verweise auf andere, insbesondere vor Vorinstanzen eingereichte Rechtsschriften sind unbeachtlich (vgl. BGE 131 III 384 E. 2.3 S. 387 f.; 130 I 290 E. 4.10 S. 302; je mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
1.2.2 Die Begründung des Beschwerdeführers vermag diesen Anforderungen nur zum Teil genügen. So erfüllt etwa der Verweis auf die in den Vorverfahren gemachten Einwände die Anforderungen nicht. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Erwägungen der Vorinstanz seien "überhaupt nicht verständlich" und für seinen Fall "überhaupt nicht relevant", erschöpfen sich seine Ausführungen in rein appellatorischer Kritik, auf welche das Bundesgericht nicht eintritt. Bei der gegenüber Laienbeschwerden üblichen wohlwollenden Betrachtungsweise kann der Beschwerde immerhin entnommen werden, dass der Beschwerdeführer die Anwendung der sogenannten Pragmatismusbestimmungen (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 bzw. 45a aMWSTGV; eingefügt am 24. Mai 2006; AS 2006 2353) für sich in Anspruch nimmt. Insofern ist auf die Beschwerde einzutreten. 
Unzulässig ist das Rechtsmittel jedoch, soweit es sich gegen den Einspracheentscheid der ESTV richtet, da dieser durch das vorinstanzliche Urteil ersetzt worden ist und als mitangefochten gilt (sog. Devolutiveffekt; vgl. BGE 129 II 438 E. 1 S. 441). 
 
1.3 Die hier zu beurteilenden Sachverhalte wurden alle vor Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (MWSTG; SR 641.20) am 1. Januar 2010 verwirklicht. Auf das vorliegende Verfahren sind deshalb grundsätzlich noch die Bestimmungen des alten Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (aMWSTG; AS 2000 1300) und der zugehörigen Verordnung vom 29. März 2000 (aMWSTGV; AS 2000 1347) anwendbar (vgl. Art. 112 f. MWSTG). 
 
2. 
2.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid verbindlich festgestellt, dass der Beschwerdeführer von nicht mehrwertsteuerpflichtigen Privatpersonen diverse Occasionsfahrzeuge erworben und auf dem Einkaufspreis einen Vorsteuerabzug vorgenommen habe, ohne dass die Verkäufer ihm die Mehrwertsteuer belastet hätten. Beim Weiterverkauf habe er auf seinen Rechnungen die Mehrwertsteuer mit dem Vermerk "inkl. 7,6%" offen auf dem vollen Verkaufspreis ausgewiesen (angefochtenes Urteil E. 4). Durch sein Vorgehen habe der Beschwerdeführer gegen Art. 37 Abs. 4 aMWSTG verstossen und damit die Möglichkeit verspielt, die Margenbesteuerung gemäss Art. 35 aMWSTG zur Anwendung kommen zu lassen. Weiter hat die Vorinstanz erkannt, dass der Beschwerdeführer aus den sog. Pragmatismusbestimmungen von Art. 14 Abs. 2 Satz 2 bzw. 45a aMWSTGV nichts zu seinen Gunsten ableiten könne. Der Beschwerdeführer beruft sich indessen im Wesentlichen auf die erwähnten Pragmatismusbestimmungen und macht geltend, durch die - im Übrigen nicht bestrittene - Nichteinhaltung der Formvorschriften sei für den Bund kein Steuerausfall entstanden. 
 
2.2 Gemäss Art. 14 Abs. 2 Satz 2 aMWSTGV wird bei Vorliegen eines Hinweises auf die Steuer und die Margenbesteuerung die Margenbesteuerung dennoch zugelassen, wenn erkennbar ist oder die steuerpflichtige Person nachweist, dass für den Bund kein Steuerausfall auf Grund dieses Mangels entstanden ist. Art. 45a aMWSTGV hält in allgemeiner Weise fest, dass allein auf Grund von Formmängeln keine Steuernachforderung erhoben werde, wenn erkennbar ist oder die steuerpflichtige Person nachweist, dass durch die Nichteinhaltung einer Formvorschrift des Gesetzes oder dieser Verordnung für die Erstellung von Belegen für den Bund kein Steuerausfall entstanden ist. Diese Vorschriften sind entgegen dem allgemeinen Grundsatz (vgl. E. 1.3 hiervor) auch auf noch hängige Verfahren betreffend früherer Perioden anwendbar (vgl. BGE 133 II 153 E. 6.1 S. 163). 
 
2.3 Mit seinen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, dass der angefochtene Entscheid gegen Bundesrecht verstösst: 
Die Vorinstanz durfte zunächst den Schluss ziehen, dass für den Anwendungsbereich der Margenbesteuerung Art. 14 Abs. 2 Satz 2 aMWSTGV in Bezug auf Art. 45a aMWSTGV lex specialis bildet (vgl. BGE 133 II 153 E. 6.1 S. 162 f.). Ebenso wenig zu beanstanden ist die Folgerung der Vorinstanz, nur wenn kumulativ auf die Steuer und die Margenbesteuerung hingewiesen werde, stehe es dem Steuerpflichtigen überhaupt zu, nachträglich den Beweis des fehlenden Steuerausfalls zu führen (angefochtenes Urteil E. 4.3.1). Im vorinstanzlichen Urteil wird sodann verbindlich festgestellt (vgl. Art. 105 BGG), dass bei den fraglichen Rechnungen kein gleichzeitiger Hinweis auf die Differenzbesteuerung vorgenommen worden sei. Daraus hat die Vorinstanz zu Recht den Schluss gezogen, dass Art. 14 Abs. 2 Satz 2 aMWSTGV hier nicht zur Anwendung gelangen kann. Die Berufung des Beschwerdeführers auf Art. 45a aMWSTGV scheitert daran, dass diese Bestimmung einzig Formmängel betrifft; materiellrechtliche Vorschriften oder Mängel (darunter fallen Art. 35 Abs. 1 und 37 Abs. 4 aMWSTG) bleiben davon unberührt (vgl. BVGE 2007/25 E. 6.1 S. 301). Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer auf die von ihm vorgenommene Rechnungsstellung zu behaften ist und die Vorinstanzen in den vorliegend bestrittenen Fällen die Anwendung der Margenbesteuerung zu Recht verweigert haben. 
Weiter kann der Beschwerdeführer mit dem (sinngemässen) Hinweis auf die - erst seit dem 1. Januar 2010 in Kraft stehenden - Bestimmungen über den fiktiven Vorsteuerabzug (Art. 28 Abs. 3 MWSTG bzw. Art. 62 ff. MWSTV) nichts zu seinen Gunsten ableiten (vgl. oben E. 1.3). 
 
3. 
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu entrichten (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Eidgenössischen Steuerverwaltung und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 5. November 2010 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Zünd Winiger